European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E122722
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Gemäß § 62 Abs 1 AußStrG ist gegen einen im Rahmen des Rekursverfahrens ergangenen Beschluss der Revisionsrekurs nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt.
2. Der Entscheidung über die Übertragung der Obsorge auf den Kinder‑ und Jugendhilfeträger (KJHT) kommt im Einzelfall keine grundsätzliche Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG zu, wenn dabei ausreichend auf das Kindeswohl Bedacht genommen wurde (RIS‑Justiz RS0115719 [T2, T16]; RS0007101 [T8, T11, T21]) und keine leitenden Rechtsprechungsgrundsätze verletzt werden (RIS‑Justiz RS0115719 [T1]; RS0097114 [T9]).
3. Entgegen dem Standpunkt der Eltern ist den Vorinstanzen auch keine Fehlbeurteilung unterlaufen, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit oder der Einzelfallgerechtigkeit korrigiert werden müsste. Die Vorinstanzen haben die ihrer Entscheidung zugrunde gelegte Annahme einer konkreten Gefährdung des Wohls der Minderjährigen im Fall des Verbleibs bei den Eltern – sorgfältig und nachvollziehbar – mit massiven Erziehungs- und Betreuungsmängeln begründet. Die getroffenen Feststellungen zur Erziehungs- und Förderkompetenz der Eltern, Fürsorgeverhalten, Wahrnehmung und Aufmerksamkeit gegenüber dem kindlichen Befinden, zu den Auswirkungen der Defizite (von erheblichen Entwicklungsverzögerungen bis hin zu körperlicher Gewalt) und zur mangelnden Problemeinsicht der Eltern bieten eine in rechtlicher Hinsicht verlässlich überprüfbare Sachverhaltsgrundlage und rechtfertigen die übereinstimmende Beurteilung der Vorinstanzen.
4. Es trifft zwar zu, dassim Pflegschaftsverfahren ein vom Rekursgericht verneinter Mangel des Verfahrens erster Instanz, wie hier das von den Eltern gerügte Unterbleiben der Aktualisierung des eingeholten Sachverständigengutachtens, einen Revisionsrekursgrund bilden kann, wenn das die Interessen des Kindeswohls erfordern (RIS‑Justiz RS0050037 [T1, T4, T7]; RS0030748 [T2, T5, T18]). Ausreichende Gründe für eine ausnahmsweise Durchbrechung dieser Anfechtungsbeschränkung im Interesse des Kindeswohls zeigt der Revisionsrekurs aber nicht auf. Die Frage, welche Beweisaufnahmen notwendig sind, bevor das Gericht eine (Obsorge‑)Entscheidung treffen kann, ist grundsätzlich einzelfallbezogen (5 Ob 10/18h mwN; RIS‑Justiz RS0114147 [T1]). Nach der Aktenlage ist nicht zu erkennen, aufgrund welcher konkreten, bisher noch nicht berücksichtigten Umstände die (neuerliche) Ergänzung des Gutachtens erforderlich geworden sein soll.
5. Mangels einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG war der Revisionsrekurs daher zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 letzter Satz AußStrG).
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