Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Das Erstgericht stellte - nach vorausgegangenem Verfahren vor der Schlichtungsstelle - die Hauptmietereigenschaft des Antragstellers an der Wohnung top. Nr. 13 im Hause E*****gasse 9, ***** Wien, fest.
Es stellte unter anderem fest, daß die Erstantragsgegnerin (= Liegenschaftseigentümerin) die im Februar 1980 freigewordene Wohnung top. Nr. 13 zu vermieten beabsichtigte und mit dem seit 1974 in Südafrika befindlichen Zweitantragsgegner (= Sohn der Erstantragsgegnerin) telefonisch den Abschluß eines Hauptmietvertrages über die Wohnung top. Nr. 13 besprach, um diesem die Wohnung für den Fall seiner Rückkehr zur Verfügung zu halten. Beiden war bewußt, daß die Erstantragsgegnerin in der Folge namens des Zweitantragsgegners Untervermietungen durchführen und die daraus erzielten Erträgnisse für ihren (eigenen) Unterhalt bzw. den der unversorgten Halbgeschwister des Zweitantragsgegners verwenden sollte. Nach seiner Rückkehr nach Österreich im Frühjahr 1985 hat der Zweitantragsgegner die Wohnung nicht bezogen, weil er bei seiner Lebensgefährtin wohnte. Die Erstantragsgegnerin hat auf Grund einer ihr erteilten Generalvollmacht im Namen ihres Sohnes mit dem Antragsteller erstmals mit 1. Dezember 1986 einen als Wohnungsuntermietvertrag bezeichneten Mietvertrag auf die Dauer eines Jahres abgeschlossen, dem die Unterfertigung eines gleichlautenden "Wohnungsuntermietvertrages" vom 1. Dezember 1987 folgte. In beiden Vertragsurkunden scheint als Vermieter der Zweitantragsgegner auf und es hat die Erstantragsgegnerin mit dem Zusatz "i.V." unterfertigt. Rechtlich beurteilte das Erstgericht das Verhalten der Antragsgegner dahin, daß ihr Rechtsfolgewillen bei Unterfertigung des Mietvertrages vom 1. Juli 1980 nicht auf die Überlassung der Wohnung gegen Entgelt an den in Süd-Afrika befindlichen Zweitantragsgegner, sondern darauf gerichtet gewesen sei, die Wohnung für einen in Zukunft möglichen Eigenbedarf des Zweitantragsgegners zur Verfügung zu halten, ohne sich der Schwierigkeit einer erschwerten Eigenbedarfskündigung gegen einen anderen Hauptmieter auszusetzen. Der dennoch unterfertigte Mietvertrag stelle ein Scheingeschäft im Sinn des § 916 Abs 1 ABGB dar, weil die Einigung nicht dem Wesen eines Bestandvertrages entspreche.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Sachbeschluß und sprach die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses aus.
Das Rekursgericht billigte die erstgerichtliche Auffassung, daß in dem Vertragszweck, die vorerst nicht zur Überlassung des Gebrauches an den Zweitantragsgegner bestimmte Wohnung durch die Hauseigentümerin zur Bestreitung ihres und ihrer übrigen Kinder Unterhalts, wenn auch formhalber namens des Zweitantragsgegners, vermieten zu lassen und sie obendrein noch bei Bedarf rascher freibekommen zu können, nicht die Schaffung der in § 1090 ABGB umschriebenen Rechtsfolgen eines Mietvertrages gesehen werden könnte. Darin sei etwas anderes als die Überlassung der Wohnung zum Gebrauch gegen Entgelt zu sehen. Eine derartige Einigung zur Reservierung einer Wohnung durch den hiedurch zusätzlich wirtschaftliche Vorteile ziehenden Liegenschaftseigentümer stelle keinen Mietvertrag im Sinne des § 1090 ABGB dar.
Zutreffend sei das Erstgericht auch davon ausgegangen, daß dem Untermieter, der aus einem vor 1982 (Inkrafttreten des MRG) verwirklichten Scheingeschäft seine Hauptmietrechte ableite, das Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 1 MRG zur Verfügung stehe (so MietSlg. 39.236).
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil die Frage, ob der außerstreitige Rechtsweg nach § 37 Abs. 1 Z 1 MRG auch zur Ausschaltung von durch Vorspiegelung eines Hauptmietvertrages verdeckten anderen Geschäften offenstehe, der Klärung durch das Höchstgericht bedürfe.
Gegen den rekursgerichtlichen Sachbeschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegner mit dem Begehren, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß der Antrag des Antragstellers auf Anerkennung als Hauptmieter abgewiesen, in eventu zurückgewiesen werde; mangels Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtsweges möge der angefochtene Sachbeschluß und das ihm vorausgegangene Verfahren als nichtig aufgehoben werden.
Der Antragsteller beteiligte sich nicht am Revisionsrekursverfahren.
Der Revisionsrekurs ist unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 526 Abs. 2 Satz 2 ZPO (iVm § 37 Abs. 3 Z 16 und 18 MRG) ist der Oberste Gerichtshof bei der Prüfung der Zulässigkeit des Rekurses an die Beurteilung des Gerichtes zweiter Instanz über das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage nicht gebunden.
Weder die vom Rekursgericht und von den Antragsgegnern als erheblich angesehene Rechtsfrage betreffend die Zulässigkeit des außerstreitigen Verfahrens nach § 37 Abs 1 Z 1 MRG zur Geltendmachung der Rechte eines Hauptmieters, dem infolge eines vor dem 1. Jänner 1982 abgeschlossenen Scheingeschäftes zwischen Liegenschaftseigentümer und vorgeschütztem Hauptmieter nur Untermietrechte zugebilligt wurden, noch die von den Antragsgegnern als erheblich angesehene Rechtsfrage der unzutreffenden Annahme eines Scheingeschäftes zwischen den Antragsgegnern rechtfertigen die Zulässigkeit des Revisionsrekurses.
Es entspricht bereits ständiger Rechtsprechung
(MietSlg. 39.236 = WoBl. 1988, 110/64; WoBl. 1991, 10/3; jüngst 5 Ob 1022/91), daß die Feststellung von Hauptmietrechten eines angeblichen Untermieters auch dann, wenn der als Scheingeschäft im Sinne des § 916 ABGB zu qualifizierende Vertrag zwischen Hauseigentümer und angeblichem Hauptmieter vor dem 1. Jänner 1982 geschlossen worden ist, im Außerstreitverfahren nach § 37 Abs 1 Z 1 MRG zu erfolgen hat. Dabei macht es keinen Unterschied, ob ein absolutes Scheingeschäft vorliegt oder ob die Vertragspartner bloß ein anderes, wirklich gewolltes Geschäft ("verdecktes Geschäft") verschleiern wollten (s Koziol-Welser, Grundriß I8 115). Zur Klärung dieser Rechtsfrage, die auch von den Vorinstanzen im Sinne der genannten ständigen Rechtsprechung gelöst wurde, bedarf es daher nicht mehr einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes.
Die von den Antragsgegnern aufgeworfene Frage der unzutreffenden Annahme eines Scheingeschäftes rechtfertigt gleichfalls nicht die Zulässigkeit des Revisionsrekurses, weil dieses Problem im wesentlichen im Tatsachenbereich zu lösen ist. Es ist nicht erkennbar, daß die Vorinstanzen bei Beurteilung des von ihnen festgestellten Sachverhaltes die Rechtsregel des § 916 Abs 1 ABGB, der naturgemäß im Einzelfall einen gewissen Beurteilungsspielraum bietet, zu Lasten der Antragsgegner verkannt hätten, so daß auch nicht die Einzelfallgerechtigkeit die Zulässigkeit des Revisionsrekurses erfordert.
Die von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen über das Parteienverhalten, der Schluß von diesen Tatsachen auf einen bestimmten Willen der Parteien (hier: mangelnder Rechtsfolgenwille im Sinne eines Hauptmietvertrages, also Abschluß des so bezeichneten Vertrages zum Schein), gehört in den irrevisiblen Tatsachenbereich (RZ 1991, 46/7). Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die Vorinstanzen die Konklusion über das Vorliegen eines Scheingeschäftes im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zogen. Es ist somit davon auszugehen, daß kein Hauptmietvertrag zwischen den Antragsgegnern besteht, so daß die in ihrer Rechtsmittelschrift angestellten Erwägungen über die Nichtverwirklichung eines Umgehungstatbestandes im Falle des Abschlusses eines Hauptmietvertrages mit Gestattung der Untervermietung, um die Wohnung dem Hauptmieter für später, zB für den Fall der Eheschließung - MietSlg 35.291, zu sichern, im festgestellten Sachverhalt keine Grundlage haben.
Die Feststellungen bieten auch keine Grundlage für die Annahme eines anderen, verdeckten Rechtsgeschäftes, durch das dem Zweitantragsgegner ein obligatorisches Benützungsrecht an dieser Wohnung eingeräumt worden wäre und das daher die Basis für eine Untervermietung sein könnte (s § 2 Abs 2 MRG). Das Vortäuschen eines Hauptmietvertrages zwischen den Antragsgegnern hatte offenbar den Zweck, für unbestimmte Zeit die jederzeitige Freimachung der Wohnung (infolge des dem Untermieter nur eingeschränkt gewährten Kündigungsschutzes) bei zwischenzeitiger Erzielung den zulässigen Hauptmietzins übersteigender Einnahmen durch die Liegenschaftseigentümerin zu ermöglichen.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
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