OGH 5Ob100/62

OGH5Ob100/6210.5.1962

SZ 35/50

Normen

KO §172
ZPO §190
KO §172
ZPO §190

 

Spruch:

Unzulässigkeit der Unterbrechung des Konkursverfahrens gemäß §§ 190 ZPO., 172 KO.

Entscheidung vom 10. Mai 1962, 5 Ob 100/62.

I. Instanz: Landesgericht Salzburg; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Am 18. Oktober 1961 beantragte der Antragsteller die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Antragsgegners. Er brachte vor, der Antragsgegner schulde ihm laut Wechselzahlungsauftrag des Handelsgerichtes Wien vom 16. Juni 1961 sowie laut Exekutionsbewilligung des Bezirksgerichtes Mittersill vom 3. Juli 1961 33.660 S samt 6% Zinsen seit 16. Mai 1961 sowie Kosten von 295.23 S und von 315.75 S. Es bestehe Gläubigermehrheit und Zahlungsunfähigkeit.

Der Antragsgegner brachte am 7. Februar 1962 beim Handelsgericht Wien eine Klage ein, in der er die Forderung aus dem Wechselzahlungsauftrag bestritt, Nichtigerklärung des der Forderung zugrunde liegenden Rechtsgeschäftes wegen Wuchers und Irreführung sowie Verurteilung des Antragstellers zur Zurückziehung des Konkurseröffnungsantrages begehrte.

Das Erstgericht unterbrach das Verfahren über den Konkurseröffnungsantrag bis zur rechtskräftigen Erledigung des beim Handelsgericht Wien anhängigen Rechtsstreites.

Zufolge Rekurses des Antragstellers hob das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluß auf. Der Antragsteller habe seine Forderung durch den rechtskräftigen Wechselzahlungsauftrag glaubhaft gemacht. Diese Bescheinigung werde durch das Vorbringen des Antragsgegners im Bestreitungsprozeß nicht widerlegt. Es sei daher im Konkursverfahren nicht zu prüfen, welche Erfolgsaussichten jener Klage zuzubilligen seien.

Überdies sei das Konkursverfahren vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht. Das Konkursgericht habe selbst zu entscheiden, ob die Forderung glaubhaft gemacht sei. Eine Unterbrechung nach § 190 ZPO. sei im Konkursverfahren nicht zulässig.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Antragsgegners nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Den Ausführungen des Rekursgerichtes ist in jeder Richtung zuzustimmen. Der betreibende Gläubiger hat gemäß § 71 (1) KO. den Bestand seiner Konkursforderung und die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners glaubhaft zu machen. Dieser Verpflichtung ist er hinsichtlich des Bestandes seiner Forderung durch Vorlage des vollstreckbaren Wechselzahlungsauftrages sowie der rechtskräftigen Fahrnisexekutionsbewilligung vollauf nachgekommen. Den Ausgang des vom Schuldner gegen den Bestand dieser Forderung anhängig gemachten Rechtsstreites abzuwarten und die Entscheidung über den Konkurseröffnungsantrag auf unbestimmte Zeit hinauszuschieben, ist unzulässig.

Mit Recht hat das Rekursgericht darauf verwiesen, daß die Prüfung der Voraussetzungen des § 71 (1) KO. zufolge des das Konkursverfahren beherrschenden Untersuchungsgrundsatzes dem Konkursgericht obliegt sowie daß eine Unterbrechung des Konkursverfahrens nach § 190 ZPO., §§ 172, 173 KO. dem Wesen dieses Verfahrens zuwiderläuft und unzulässig ist. Dies wird sowohl von der österreichischen Lehre und Rechtsprechung (vgl. Bartsch - Pollak I S. 691, GlUNF. 7.124) als auch für die gleichlautende Bestimmung des § 72 der deutschen Konkursordnung von der deutschen Lehre (vgl. Jaeger, Kommentar[8] Anm. 6 zu § 72) vertreten.

Überzeugend ist auch der Hinweis der angefochtenen Entscheidung darauf, daß die Bestimmung des § 190 ZPO. trotz der dem § 172 KO. entsprechenden Bestimmung des § 78 EO. im Exekutionsverfahren gleichfalls keine Anwendung findet (vgl. Neumann - Lichtblau, Kommentar zur EO., S. 316, GlUNF. 91).

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