Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Erstkläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 5.897,85 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 514,35 Umsatzsteuer und S 240,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Erstkläger begehrt 1.) die Zahlung eines Betrages von S 15.166,-- brutto samt Anhang, 2.) die Feststellung, daß der Kläger gegenüber der beklagten Partei auf Grund des bis zum 31. Dezember 1987 aufrechten Dienstvertrages Anspruch auf Bezahlung eines monatlichen Gehaltes von S 5.000,-- brutto und auf Bezahlung von zwei Sonderzahlungen habe, 3.) die Feststellung, daß der Kläger nach Beendigung des Dienstverhältnisses am 31.Dezember 1987 Anspruch auf vier Gehälter Abfertigung in der Höhe eines Monatsgehaltes von S 5.000,-- brutto sowie Anspruch auf 4/12 des 13. und 14.Bezuges habe, und 4.) hilfsweise die Zahlung eines (weiteren) Betrages von S 243.349,05 samt Anhang für den Fall, daß die Zweitklägerin Elvira A mit einem gleichen Begehren unterliege.
Der Erstkläger brachte zur Begründung seines Begehrens im wesentlichen vor, er sei seit 1976 Angestellter der beklagten Partei mit einem Bruttogehalt von zuletzt S 5.000,-- monatlich gewesen. Er habe mit der beklagten Partei einen bis 31.Dezember 1986 unkündbaren Dienstvertrag geschlossen und sei wegen einer vereinbarten sechsmonatigen Kündigungsfrist erst zum 31.Dezember 1987 kündbar. Bei einer Besprechung am 3.Jänner 1984 sei er vom Geschäftsführer der beklagten Partei aufgefordert worden, einen als Druckkostenbeitrag einkassierten Betrag von S 14.000,-- in den nächsten Tagen an Dkfm.C auszufolgen, was er auch zugesagt habe. Dkfm.C sei jedoch in den folgenden Tagen für ihn nicht erreichbar gewesen. Bereits am 9.Jänner 1984 sei die grundlose Entlassung des Klägers ausgesprochen worden. Der Kläger verlange daher die fälligen Gehälter und Sonderzahlungen bis Mai 1984 und die Feststellung seiner künftigen Ansprüche. Das Eventualbegehren begründete der Kläger nicht näher.
Die beklagte Partei beantragte, das Klagebegehren abzuweisen, und wendete ein, der Erstkläger habe die Weisung, den Betrag von S 14.000,-- noch am 3.Jänner 1984 zurückzuzahlen, nicht befolgt und versucht, Mitarbeiter zu einem Konkurrenzunternehmen abzuwerben. Die Gegenforderung von S 14.000,-- werde kompensando eingewendet. Außer Streit steht, daß die Entlassung dem Erstkläger am 9. Jänner 1984 zugegangen ist.
Das Erstgericht stellte mit Teilurteil fest, daß 'die Klagsforderung' des Erstklägers und die Gegenforderung der beklagten Partei mit je S 1.750,-- samt Anhang zu Recht bestehen, und wies das Zahlungs- und die Feststellungsbegehren des Erstklägers ab. Die Entscheidung über sein Eventualbegehren sowie über die Ansprüche der Zweitklägerin behielt es der Endentscheidung vor. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:
Der Kläger hat Anzeigen für die beklagte Partei in den Bezirksjournalen geworben und Gelder kassiert. Diese wurden innerhalb weniger Tage abgeliefert. Am 3.Jänner 1984 gab der Erstkläger auf Frage des Geschäftsführers der beklagten Partei zu, daß er Schecks über S 14.000,-- kassiert habe. über Aufforderung, diese abzugeben, erklärte er, er habe das Geld (gemeint: die Schecks) schon seit ca.10 Tagen eingelöst. Der Geschäftsführer der beklagten Partei forderte den Kläger auf, noch am selben Tag den Betrag von S 14.000,-- bei ihm oder bei Renate D abzugeben. Der Erstkläger versprach dies. Obwohl Renate D und der Geschäftsführer am 3.Jänner und an den zwei folgenden Arbeitstagen im Büro und ihre Arbeitsplätze dem Erstkläger bekannt waren und dieser ganz in der Nähe wohnt, hat er das Geld bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz nicht bezahlt. Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, die unterlassene Ablieferung des inkassierten Geldbetrages durch längere Zeit und trotz ausdrücklicher Weisung stelle einen Entlassungsgrund dar. Dem Erstkläger stünden Gehalt und Sonderzahlungen bis 9. Jänner 1984 im Betrag von S 1.750,-- zu, die offene Gegenforderung von S 14.000,-- übersteige aber diesen Betrag bei weitem. Leistungsbegehren und Feststellungsbegehren seien daher infolge berechtigter Entlassung abzuweisen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Erstklägers nicht Folge. Es verhandelte die Streitsache gemäß § 25 Abs 1 Z.3 ArbGG von neuem und traf dieselben Feststellungen wie das Erstgericht. Rechtlich führte es aus, der Erstkläger habe die zutreffende rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes, daß der Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit vorliege, nicht bekämpft. Die Entlassung sei auch nicht verspätet, weil ein Dauerverhalten des Klägers vorliege.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit den Anträgen, es im Sinne der Klage abzuändern oder es aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Det Kläger wendet sich ausschließlich gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, die Entlassung sei rechtzeitig erfolgt. Er meint, die beklagte Partei hätte unmittelbar nach dem 3.Jänner 1984 die Entlassung aussprechen müssen. Daß sie dies nicht getan habe, habe ihn in der Meinung bestärkt, daß das Verlangen auf sofortige Ablieferung des Geldes nicht so streng gemeint gewesen sei. Dem kann nicht beigepflichtet werden.
Der Kläger hat die ihm von Kunden übergebenen Schecks nicht abgeliefert, sondern selbst eingelöst und trotz Aufforderung durch den Gesellschafter der beklagten Partei den Erlös an die beklagte Partei nicht einmal bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz abgeführt. Daß dieses Verhalten einen Entlassungsgrund darstellte, bestreitet der Kläger nicht. Die Entlassung war aber auch rechtzeitig. Es kann dahingestellt bleiben, ob hier - wie das Berufungsgericht meint - ein Dauerverhalten vorliegt. Entlassungsgründe sind nämlich zwa grundsätzlich unverzüglich geltend zu machen. Der Dienstgeber darf mit der Ausübung des Entlassungsrechtes nicht wider Treu und Glauben so lange warten, daß der Angestellte aus diesem Zögern auf einen Verzicht des Dienstgebers auf die Geltendmachung des Entlassungsgrundes schließen muß. Er soll nicht ungebührlich lange über sein weiteres Schicksal im Unklaren gelassen werden (Martinek-Schwarz, Angestelltengesetz 6 543 f; Arb 9091; RdA 1984, 233 mwN ua.). Der Grundsatz der qnverzüglichen Geltendmachung darf jedoch nicht überspitzt werden (Martinek-Schwarz 544, 589 f; RdA 1984, 233 uva.). Ob eine Entlassung rechtzeitig oder verspätet vorgenommen wurde, läßt sich nur nach den Umständen des Einzelfalles beurteilen (Arb 9606; RdA 1984, 233 ua.)
Das Entlassungsrecht geht jedoch nicht verloren, wenn der Arbeitgeber etwas zuwartet, um dem Angestellten die Möglichkeit zu geben, einen gesetzten Entlassungsgrund zu beseitigen (Martinek-Schwarz aaO 589 mwN).
Im vorliegenden Fall ist von Bedeutung, daß der Geschäftsführer der beklagten Partei den Kläger zwar am Dienstag, dem 3.Jänner 1984, aufgefordert hat, das Geld noch am selben Tag abzuführen. Freitag, der 6.Jänner 1984, war ein Feiertag. Der ihm nächstfolgende Arbeitstag war nach dem eigenen Vorbringen des Klägers Montag, der 9. Jänner 1984, an welchem Tag der Kläger das mit 5.Jänner 1983 datierte Entlassungsschreiben erhalten hat. Daß die beklagte Partei die Entlassung des Klägers nicht sofort nach Ablauf des 3. Jänner 1984 aussprach, sondern diesem auch noch die Möglichkeit gab, an den beiden folgenden Arbeitstagen das Geld abzuliefern, und erst nach Verstreichen dieser Frist die Entlassung aussprach, führte unter diesen Umständen nicht zur Verwirkung des Entlassungsrechtes. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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