OGH 4Ob80/02x

OGH4Ob80/02x9.4.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Dr. Prof. h.c. Thomas D*****, vertreten durch Dr. Kurt Berger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei V***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Herwig Fuchs, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung (Streitwert 36.336,42 EUR), über den "außerordentlichen" Revisionsrekurs der Beklagten gegen des Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 8. Februar 2002, GZ 4 R 18/02z-31, mit dem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 7. Juni 2001, GZ 24 Cg 90/99i-25, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit dem ihr am 4. 10. 1999 zugestellten Beschluss trug das Erstgericht der Beklagten die Erstattung einer Klagebeantwortung auf. Am 4. 11. 1999 langte beim Erstgericht die Klagebeantwortung in einem Briefumschlag ein, auf dem als Postaufgabedatum der 3. 11. 1999 angegeben war (ON 5), nachdem dieser Schriftsatz vorher über Telefax übermittelt und darauf der 3. 11. 1999 als Eingangsdatum vermerkt worden war. Mit Beschluss vom 26. 6. 2000 wies das Erstgericht die Klagebeantwortung als verspätet zurück (ON 13) und erließ auf Antrag des Klägers am gleichen Tag ein der Klage stattgebendes Versäumungsurteil (ON 12). Fristgerecht erhob die Beklagte gegen den Zurückweisungsbeschluss Rekurs und gegen das Versäumungsurteil Berufung sowie Widerspruch. Sie legte jeweils ausführlich dar, dass sie die Klagebeantwortung rechtzeitig, nämlich am 2. 11. 1999, eingebracht habe. Das Gericht zweiter Instanz bestätigte sowohl das Versäumungsurteil (ON 17) als auch den Zurückweisungsbeschluss (ON 18). Die außerordentliche Revision der Beklagten wurde mangels erheblicher Rechtsfrage zurückgewiesen (ON 23).

Am 22. 2. 2001 beantragte die Beklagte die Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses und des Versäumungsurteils. Der Beklagtenvertreter habe die Klagebeantwortung am 2. 11. 1999, dem letzten Tag der Klagebeantwortungsfrist, um 23.25 Uhr mittels Telefax bei der gemeinsamen Einlaufstelle des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien und des Handelsgerichts Wien eingebracht. Da das Telefaxgerät noch nicht auf die Winterzeit umgestellt gewesen sei, sei die Klagebeantwortung als am 3. 11. 1999 um 0.19 Uhr eingelangt aufgeschienen. Die Beklagte habe nach umfangreichen Erhebungen am 9. 2. 2001 herausgefunden, dass das Telefaxgerät erst am 5. 11. 1999 zwischen 12.12 Uhr und 14.09 Uhr umgestellt worden sei. Damit stehe fest, dass die Klagebeantwortung nicht verspätet gewesen sei. Sie sei daher zu Unrecht zurückgewiesen und das Versäumungsurteil sei zu Unrecht erlassen worden. Dieser Fehler sei in analoger Anwendung des § 419 Abs 1 und des § 522 Abs 1 ZPO zu korrigieren. Die durch die frühere Aktenlage gedeckten, aber sachlich unrichtigen Entscheidungen seien aufzuheben. Der Aufhebungsantrag werde auch auf § 530 Abs 1 Z 7 ZPO gestützt.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Weder der Beschluss, mit dem die Klagebeantwortung zurückgewiesen wurde, noch das Versäumungsurteil seien offenbar unrichtig. Damit scheide eine Berichtigung aus. Eine Wiederaufnahme des Verfahrens wäre nur nach seinem Abschluss möglich. Das Verfahren sei aber noch nicht abgeschlossen, weil noch über den Widerspruch der Beklagten gegen das Versäumungsurteil zu verhandeln sei. Die Beklagte habe den Wiederaufnahmegrund auch verspätet geltend gemacht. Der Beklagten wäre aber auch nicht geholfen, wenn angenommen würde, dass die Klagebeantwortung bereits am 2. 11. 1999 eingelangt sei, weil sich das Empfangsfaxgerät im Bezirksgericht Innere Stadt Wien und nicht in der gemeinsamen Einlaufstelle der beiden Gerichte befinde. Allfällige unrichtige Eintragungen im österreichischen Anwaltsverzeichnis könnten daran nichts ändern.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss mit der Maßgabe, dass der Antrag zurückgewiesen werde, und sprach aus, dass der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei. Eine Wiederaufnahme des Verfahrens wegen neuer Tatsachen und Beweismittel wäre zwar grundsätzlich möglich. Die vierwöchige Klagefrist des § 534 Abs 1 ZPO sei jedoch nicht eingehalten worden. Das Telefaxsammeljournal sei dem Rechtsvertreter der Beklagten bereits am 29. 6. 2000 zugegangen. Bereits damit wäre es der Beklagten möglich gewesen, den Zeitpunkt der Zeitumstellung und damit den dem Gericht unterlaufenen Fehler nachzuweisen. Der verspätete Antrag sei zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss gerichtete Revisionsrekurs der Beklagten ist jedenfalls unzulässig.

Gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der angefochtene erstrichterliche Beschluss zur Gänze bestätigt worden ist, es sei denn, dass die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen worden ist. Im vorliegenden Fall hat das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluss trotz Maßgabebestätigung zur Gänze bestätigt, weil bereits das Erstgericht seine Entscheidung (auch) mit der Verspätung des Antrags begründet hat.

Nach Meinung der Beklagten sei die hier vorliegende, vom Rekursgericht bestätigte Zurückweisung des "Wiederaufnahmeantrags" der Zurückweisung einer Klage aus formellen Gründen gleichzuhalten, weil auch hiemit der Rechtsschutz endgültig verweigert wurde. Dem ist nicht zu folgen:

Der hier zu behandelnde Antrag der Beklagten wendet sich gegen die Zurückweisung der Klagebeantwortung, deren zwingende Folge die antragsgemäße Erlassung des Versäumungsurteils war. Der Oberste Gerichtshof hat bereits die analoge Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO auf die Zurückweisung einer Klagebeantwortung als verspätet abgelehnt (SZ 66/118). Das ist zumindest dann völlig unbedenklich, wenn - wie im Fall der SZ 66/118 - dem Beklagten das Recht des Widerspruchs gegen das Versäumungsurteil (§§ 397a, 398 Abs 1 letzter Satz ZPO) zusteht. Das gilt auch hier, zumal die Beklagte den Widerspruch auch tatsächlich erhoben hat.

War aber die die Zurückweisung der Klagebeantwortung bestätigende Entscheidung des Rekursgerichts jedenfalls unanfechtbar, dann kann für die Zurückweisung des Antrags auf Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses nichts anderes gelten. Selbst wenn man diesen auf analoge Anwendung des § 530 ZPO gestützten Antrag als Wiederaufnahmsklage werten wollte, könnte man zu keinem anderen Ergebnis kommen:

In der Entscheidung RZ 1993/94 hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass die Bestätigung der Zurückweisung einer Wiederaufnahmsklage gegen einen Beschluss, mit dem ein Wiedereinsetzungsantrag abgewiesen wurde, jedenfalls unzulässig sei. Er hat dies einerseits damit begründet, der in § 528 Abs 2 Z 2 ZPO genannte Ausnahmefall - "es sei denn, dass die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen worden ist" - beziehe sich nur auf Klagen, mit denen eine Sachentscheidung angestrebt (oder bekämpft) wird, nicht aber auf Klagen, mit denen eine bloße Formalentscheidung bekämpft wird. Andererseits stützt sich die Entscheidung aber auch auf die Erwägung, dass eine Bejahung der Anfechtbarkeit des bestätigenden Beschlusses in diesem Fall zu einem Wertungswiderspruch führen würde, wäre doch die Bestätigung der Zurückweisung oder Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unanfechtbar (insoweit zustimmend Lydia Fuchs, JBl 1993, 197, in ihrer Stellungnahme zu der Entscheidung JBl 2000, 193, welche - unter Zitierung von RZ 1993/64 und Kodek in Rechberger § 528 Rz 3, also offenbar irrtümlich - das Gegenteil ausgesprochen hat, dass nämlich die Ausnahme von der Unanfechtbarkeit bestätigender Beschlüsse des Rekursgerichts nur bei der konformen Zurückweisung von solchen Klagen zur Anwendung komme, mit denen keine Sachentscheidung angestrebt, sondern eine bloße Formalentscheidung bekämpft wird).

Auch der erkennende Senat vertritt die Auffassung, dass der Rechtsmittelzug bei Wiederaufnahmsklagen nicht anders gestaltet sein kann als bei den Entscheidungen, gegen die sich die Wiederaufnahmsklage richtet. Daraus folgt, dass zwar die Ausnahmebestimmung des § 528 Abs 2 Z 2 letzter Halbsatz ZPO - entgegen RZ 1993/64 - auch für die Bestätigung der Zurückweisung von Wiederaufnahmsklagen gegen eine Formalentscheidung zulässig sein kann (so jedenfalls, wenn sich die Wiederaufnahmsklage gegen die Zurückweisung einer Klage wendet), dass aber dann, wenn die angestrebte oder bekämpfte Sachentscheidung im Fall ihrer Bestätigung nicht an den OGH herangetragen werden könnte, das Gleiche auch für die dagegen gerichtete Wiederaufnahmsklage gelten muss.

Aus diesen Erwägungen war der Revisionsrekurs als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen.

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