OGH 4Ob70/04d

OGH4Ob70/04d4.5.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Mag. Vera Noss, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Christian S*****, 2. W***** GmbH, *****, beide vertreten durch Dr. Wolf Heistiger, Rechtsanwalt in Mödling, wegen Unterlassung und 57.237 EUR sA (Streitwert im Sicherungsverfahren 30.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 11. Februar 2004, GZ 5 R 157/03z-12, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das Rekursgericht hat den Beklagten im Sicherungsverfahren verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Kunden der Klägerin mit der Angabe, sämtliche weiteren Aufträge würden hinkünftig über die Zweitbeklagte abgewickelt, die Zweitbeklagte habe mehr Erfahrungen auf dem Gebiet des Speditionswesens - oder mit ähnlichen Äußerungen - abzuwerben oder abzuwerben zu versuchen. Es hielt für bescheinigt, dass der Erstbeklagte Äußerungen im Sinne des Unterlassungsgebots gegenüber Kunden der Klägerin gemacht habe.

Die vom Rekursgericht in der Begründung genannte Entscheidung 4 Ob 461/34, wonach das systematische Abfangen von Kunden eines Mitbewerbers durch die Behauptung, die eigene Ware sei schöner und preiswerter als die des anderen, selbst dann unlauter iSd § 1 UWG sei, falls diese Behauptungen wahr seien, entspricht zwar nicht der nunmehr ständigen Rechtsprechung, die vergleichende Werbung grundsätzlich für zulässig erachtet (ÖBl 2002, 273 - BESTsale uva); das Rekursgericht ist aber aus folgenden Erwägungen zu einem zutreffenden Ergebnis gelangt:

Bei vergleichender Werbung trifft den Werbenden in jedem Fall die Beweislast für die Richtigkeit von in der Werbung enthaltenen Tatsachenbehauptungen (4 Ob 173/02y = wbl 2002, 584 = RdW 2003, 19 - Emmi Vollmilch). Die selbe Beweislastverteilung muss auch für den hier zum Zweck der Kundenabwerbung angestellten Vergleich zweier Unternehmen durch den Abwerbenden ("mehr Erfahrungen") gelten.

Die Klägerin hat es ausdrücklich als unwahr bezeichnet, dass die Zweitbeklagte ihre Leistungen viel billiger anbiete und mehr Erfahrungen auf dem Gebiet des Speditionswesens besitze als sie (Replik vom 14. 5. 2003, ON 4 S. 3). Die Beklagten haben zwar bestritten, dass der Erstbeklagte solche Äußerungen jemals gemacht habe, sie haben jedoch zur inhaltlichen Richtigkeit des vom Erstbeklagten gegenüber Kunden der Klägerin angestellten Leistungsvergleichs zwischen den Unternehmen der Streitteile nichts vorgebracht und auch keine Bescheinigungsmittel zu diesem Thema angeboten. Ist demnach nicht bescheinigt, dass die in Frage stehenden Äußerungen wahr sind, handelt es sich um das Ausspannen von Kunden unter Einsatz verwerflicher Mittel, das als sittenwidrig iSd § 1 UWG zu beurteilen ist (Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht³ § 33 Rz 85 und 88 mwN). Die angefochtene Entscheidung weicht deshalb im Ergebnis nicht von höchstgerichtlicher Rechtsprechung ab.

Ob die beanstandeten Äußerungen des Erstbeklagten im Wege einer Anrufumleitung vom Telefon seines früheren Dienstgebers zu seinem Privatanschluss erfolgt sind, und wie lange diese Umleitung bestanden hat, ist ohne Bedeutung, weil auf diesen besonderen Kommunikationsweg im Unterlassungsgebot nicht Bezug genommen wird.

Im Sicherungsverfahren gilt der Grundsatz, dass die Überprüfung der Beweiswürdigung des erkennenden Richters durch das Rekursgericht (nur) insoweit ausgeschlossen ist, als dieser den Sachverhalt auf Grund vor ihm abgelegter Zeugen- oder Parteienaussagen als bescheinigt angenommen hat (vst Senat SZ 66/164 = EvBl 1994/53; RIS-Justiz RS0012391; Kodek in Angst, EO § 402 Rz 7). Dem persönlich gewonnenen Eindruck des Entscheidungsorgans von den Personen, deren Aussage die Grundlage für die Überzeugung bildet, ob und wie sich ein entscheidungswesentlicher Vorgang tatsächlich zugetragen hat, kommt nämlich die ausschlaggebende Bedeutung zu, die auch dann nicht vernachlässigt werden darf, wenn eine unmittelbare Beweisaufnahme gesetzlich nicht vorgeschrieben war, tatsächlich aber stattgefunden hat (SZ 66/164).

Im Streitfall hat das Erstgericht keine Personalbeweise aufgenommen. Das Rekursgericht war daher ohne Verfahrensverstoß befugt, in Erledigung der Beweisrüge die aufgenommenen Beweismittel einer von der erstinstanzlichen Entscheidung abweichenden Würdigung zu unterziehen, weil es dabei auf den persönlichen Eindruck von Personen nicht ankam.

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