Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit S 8.767,99 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin sind S 1.920,- an Barauslagen und S 622,54 an Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerinnen sind die eingeantworteten Erben nach dem am 7.10.1982 tödlich verunglückten Josef A. Dieser war vom 15.8.1975 bis zu seiner am 2.7.1982 ausgesprochenen Entlassung Angestellter im Unternehmen der beklagten Partei. Die Klägerinnen behaupten, Josef Brandlmayr sei ungerechtfertigt entlassen worden, und begehren aus diesem Rechtsgrund die Zahlung eines Betrages von insgesamt S 162.100,34 sA. an Kündigungsentschädigung, Abfertigung und Urlaubsentschädigung.
Die beklagte Partei beantragte Klagsabweisung. Josef A habe ohne Kenntnis der beklagten Partei ein Konkurrenzunternehmen gegründet und bei aufrechtem Arbeitsverhältnis versucht, Kunden und Arbeitnehmer der beklagten Partei für sein eigenes Unternehmen abzuwerben.
Die Klägerinnen behaupten demgegenüber, die beklagte Partei habe von der beabsichtigten Unternehmensgründung Kenntnis gehabt und ihr zugestimmt.
Das Erstgericht wies das gesamte Klagebegehren ab. Es traf folgende wesentliche Feststellungen:
Josef A arbeitete bei der beklagten Partei zunächst als Monteur und schließlich als Baustellenleiter. Er äußerte bereits von Beginn seiner Tätigkeit an die Absicht, sich in der Branche der beklagten Partei selbständig zu machen. Diese Absicht war im Unternehmen der beklagten Partei, welche die Montage und Fertigung von Industrieanlagen durchführt, allgemein bekannt. Im Jahre 1981 bekundete er in einem mit einem Geschäftsführer der beklagten Partei geführten Gespräch sein Interesse an einer Beteiligung am Unternehmen der beklagten Partei. Als der Geschäftsführer auf die damit verbundenen Schwierigkeiten hinwies, erklärte A, er werde dann eben etwas anderes unternehmen. Im Herbst 1981 teilte er dem zweiten Geschäftsführer der beklagten Partei, Hermann G, mit, er wolle sich selbständig machen und werde den Geschäftsführer, wenn er seinen Plan tatsächlich verwirklichen sollte, rechtzeitig informieren. In der Folge führte A Gespräche mit Arbeitskollegen, wobei er sie gelegentlich fragte, ob sie nicht bei ihm arbeiten würden, wenn er sich selbständig gemacht habe. Mit seinem Arbeitskollegen H führte er ein solches Gespräch im Jahr 1980 und neuerlich im Frühjahr 1982. Anläßlich dieses zweiten Gespräches forderte er diesen Arbeitskollegen wieder auf, für ihn zu arbeiten, wenn er sich selbständig gemacht habe; er sagte ferner, er habe schon Aufträge in Aussicht. Anfangs 1982 forderte er Herbert I auf, für ihn zu arbeiten, wenn er sich selbständig mache. Dem Ing.J teilte er mit, es werde bald zu einer Verwirklichung seiner Pläne kommen, ohne hiebei einen bestimmten Zeitpunkt oder eine bestimmte Form ausdrücklich zu erwähnen. Zu Beginn des Jahres 1982 teilte er einem Arbeitskollegen mit, er habe zwar noch keine Aufträge, wolle aber nur mehr auf einen längerdauernden Auftrag warten. Tatsächlich bemühte er sich bereits um Aufträge. So versuchte er im Jahr 1981 einen Auftrag der K L zu erhalten; dieser Auftrag wurde dann aber der beklagten Partei erteilt. Er bemühte sich ferner, während seines Aufenthaltes in Deutschland mit dem M - N Kontakte aufzunehmen, und erkundigte sich über mögliche Aufträge.
Mit Beschluß der Generalversammlung der 'Anna O mbH vom 12.2.1982 wurde deren Gesellschaftsvertrag dahin geändert, daß der Firmenwortlaut in 'IFO Rohrleitungsbau Gesellschaft mbH' umgeändert, der Sitz dieser Gesellschaft von Wien nach Timelkam verlegt und Josef A zum Geschäftsführer bestellt wurde.
Die beklagte Partei wurde davon nicht in Kenntnis gesetzt, weil Josef A beabsichtigte, die Tätigkeit der neuen Gesellschaft erst Ende 1982 oder anfangs 1983 aufzunehmen, und weil er bis Herbst 1982 bei der beklagten Partei weiterhin beschäftigt sein wollte. Er beabsichtigte, in der Zwischenzeit Geräte anzuschaffen, sich um eine Büroausstattung zu kümmern und Firmen anzuschreiben. Die neue Gesellschaft nahm ihre Tätigkeit vorerst nicht auf. Der Geschäftsführer der beklagten Partei Hermann G erfuhr erstmals am 1.7.1982 aus dem Zentralblatt für die Eintragung in das Handelsregister von der Bestellung des Josef A P Geschäftsführer der vorerwähnten Gesellschaft sowie daß deren Unternehmensgegenstand die Verlegung von Rohrleitungen sei. Die beklagte Partei hat Josef A nie eine Zustimmung zur Führung eines Konkurrenzunternehmens erteilt. Am 2.7.1982 sprach Hermann G die Entlassung des Josef A mündlich aus. Dieser hatte am 23.11.1981 eine Prüfung in Gasschweißen und am 29.4.1982 die TüV-Prüfung für Argon-Schweißen auf Kosten der beklagten Partei abgelegt, Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, Josef A habe ohne Einwilligung seines Arbeitgebers ein selbständiges kaufmännisches Unternehmen betrieben; die Entlassung sei daher aus dem Grunde des § 27 Z 3 AngG, erster Tatbestand, gerechtfertigt.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil nur teilweise dahin ab, daß es der Erstklägerin einen Teilbetrag von S 4.939,34 und der Zweitklägerin einen Teilbetrag von S 2.469,66, jeweils samt Anhang, an Urlaubsabfindung zusprach; im übrigen bestätigte es das erstgerichtliche Urteil. Das Berufungsgericht führte das Verfahren gemäß dem § 25 Abs1 Z 3 ArbGG neu durch und traf die gleichen Feststellungen wie das Erstgericht. Es billigte dessen rechtliche Beurteilung und hielt die Entlassung im Hinblick auf die Versuche des Josef A, Arbeitnehmer der beklagten Partei abzuwerben und Aufträge im selben Geschäftszweig zu erhalten, auch aus dem Grunde des § 27 Z 1 AngG für gerechtfertigt.
Gegen den bestätigenden Teil dieser Entscheidung richtet sich die aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision der Klägerinnen mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Anfechtungsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs3 ZPO; mit der Mängelrüge werden Feststellungsmängel rechtlicher Art geltend gemacht, die Feststellungen über die Abwerbungsversuche sind durch die Verfahrensergebnisse jedenfalls in Form von auf Beweiswürdigung beruhenden Schlußfolgerungen gedeckt).
Die den Gegenstand der Revisionsausführungen zur unrichtigen rechtlichen Beurteilung bildende Frage, ob das vom Berufungsgericht festgestellte Verhalten des Josef A einen Entlassungsgrund im Sinne des § 27 Z 3 AngG, erster Tatbestand, erfüllt, kann angesichts der fehlenden Feststellungen über die die Annahme einer Angestellteneigenschaft im Sinne des § 1 AngG (hier: höhere nicht kaufmännische Dienste) rechtfertigenden Tätigkeiten des Verstorbenen sowie der Fraglichkeit des Zeitpunktes der Versuche des Josef A, Aufträge zu erhalten, auf sich beruhen. Das festgestellte Verhalten rechtfertigt nämlich die Entlassung aus dem Grunde des § 27 Z 1 AngG. dritter Tatbestand. Unter diesen Tatbestand fällt jede Handlung oder Unterlassung eines Angestellten, die mit Rücksicht auf ihre Beschaffenheit und auf ihre Rückwirkung auf das Arbeitsverhältnis den Angestellten des dienstlichen Vertrauens seines Arbeitgebers unwürdig erscheinen läßt, weil dieser befürchten muß, daß der Angestellte seine Pflichten nicht mehr getreulich erfüllen werde, so daß dadurch die dienstlichen Interessen des Arbeitgebers gefährdet sind. Entscheidend ist, ob das Verhalten des Angestellten nach den gewöhnlichen Anschauungen der beteiligten Kreise als so schwerwiegend angesehen werden muß, daß das Vertrauen des Arbeitgebers derart heftig erschüttert wird, daß ihm eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Hiefür genügt Fahrlässigkeit; Schädigungsabsicht oder ein Schadenseintritt sind nicht erforderlich. Entscheidend ist das Vorliegen der Vertrauensverwirkung (Arb.9091, 10.017 ua; Kuderna,
Das Entlassungsrecht, 88 f mwH; Martinek-Schwarz, AngG 6 604 f). Diese Voraussetzungen einer Vertrauensverwirkung liegen hier vor. Josef A ist nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen nicht nur als geschäftsführender Gesellschafter in ein Konkurrenzunternehmen der beklagten Partei eingetreten; er hat überdies versucht - wenn auch zum Teil noch vor Abschluß des Gesellschaftsvertrages - Aufträge im Geschäftszweig der beklagten Partei zu erhalten, und hat Arbeitnehmer der beklagten Partei teils gefragt, ob sie in sein Unternehmen eintreten wollen, teils hat er sie dazu aufgefordert. Er hat damit Abwerbungsversuche zum Nachteil seines Arbeitgebers unternommen. Ein solches Verhalten gefährdet, wie nicht erst näher begründet werden muß, ernsthaft die dienstlichen Interessen des Arbeitgebers und ist geeignet, sein Vertrauen zu diesem Arbeitnehmer derart zu erschüttern, daß ihm eine Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann. Daß die Handlungen zum Teil noch vor der Gründung eines selbständigen Unternehmens vorgenommen wurden und insoweit als bloße Vorbereitungshandlungen die Voraussetzungen des Entlassungstatbestandes des § 27 Z 3 AngG. erster Tatbestand, nicht erfüllen, ändert an ihrem vertrauensverwirkenden Charakter im Sinne des § 27 Z 1 AngG, erster Tatbestand, nichts. Feststellungen über die Art und Weise, in der Josef A versucht hat, Aufträge zu erhalten, sind entgegen der Meinung der Klägerinnen nicht erforderlich. Es genügt die Feststellung, daß er versucht hat, Aufträge von namentlich genannten Unternehmen zu erhalten. Da die Klägerinnen einen verspäteten Ausspruch der Entlassung nicht behauptet haben und derartige Feststellungen auch nicht getroffen wurden, ist von der Rechtzeitigkeit der Entlassung auszugehen. Eine Zustimmung der beklagten Partei zu dem Versuch, Arbeitskollegen abzuwerben und Aufträge zu erhalten, wurde nicht einmal behauptet. Die bloße Kenntnis der beklagten Partei von der allgemeinen Absicht des Josef A, ein selbständiges Unternehmen zu gründen, ist für die rechtliche Beurtelung ohne Belang, weil sich diese Kenntnis nicht auf die vorgenannten Versuche und auch nicht darauf erstreckte, daß ihr Arbeitnehmer während des aufrechten Arbeitsverhältnisses ein selbständiges Unternehmen gründen werde. Josef A hat überdies nach den Feststellungen dem Geschäftsführer der beklagten Partei ausdrücklich eine rechtzeitige Verständigung von der Gründung eines eigenen Unternehmens zugesagt, ohne diese Zusage dann eingehalten zu haben.
Da die noch offenen Klagsansprüche davon abhängen, daß die Entlassung ungerechtfertigt war, diese Voraussetzung aber nicht vorliegt, hat das Berufungsgericht das abweisliche erstgerichtliche Urteil in diesem Umfang mit Recht bestätigt.
Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.
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