Spruch:
Die Entlassung beendet, auch wenn ein wichtiger Grund nicht vorliegt, das Dienstverhältnis mit sofortiger Wirkung, es sei denn, daß ein besonderer Entlassungs- oder Kündigungsschutz besteht
OGH 16. November 1976, 4 Ob 68/76 (LG Salzburg 31 Cg 19/76; ArbGer Salzburg Cr 313/75)
Text
Die klagende Partei behauptet, der Beklagte sei verpflichtet, die ihm als Dienstwohnung zur Verfügung gestellte Liegenschaft mit dem Reihenhaus A 3 in Salzburg, S-Straße 6 EZ 1378 KG H binnen 14 Tagen zu räumen und ihr geräumt zu übergeben, weil das Dienstverhältnis mit 28. Feber 1975 durch eine begrundete fristlose Entlassung seitens der klagenden Partei beendet worden sei.
Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens, da die Entlassung unbegrundet gewesen und der Beklagte nicht verpflichtet sei, die Dienstwohnung vor Ablauf der vorgesehenen Vertragszeit, das sei der 31. August 1976, zu räumen. Überdies habe die klagende Partei ihm vertraglich die Möglichkeit eingeräumt, das als Dienstwohnung zur Verfügung gestellte Reihenhaus im Falle einer Auflösung des Dienstverhältnisses käuflich zu erwerben. Die klagende Partei habe es ihm aber trotz seiner Aufforderung dazu bisher nicht zu einem tragbaren Preis angeboten. Der Beklagte sei daher auch aus diesem Gründe nicht verpflichtet, die Dienstwohnung zu räumen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte fest: Nach vorausgegangenen Besprechungen mit dem Beklagten wurde am 27. Mai 1971 der Anstellungsvertrag abgeschlossen, wobei bezüglich der Dauer des Dienstvertrages vereinbart war, daß dieser zunächst für die Dauer von fünf Jahren abgeschlossen werde und sich um weitere fünf Jahre verlängere, wenn er nicht vorher gekundigt wird. Bezüglich der Dienstwohnung wurde vereinbart, daß sich die klagende Partei verpflichtet, dem Beklagten eine Dienstwohnung im Ausmaße von zirka 100 m2 zur Verfügung zu stellen, wobei bereits bei Anschaffung der Wohnung darauf Rücksicht genommen werden soll, daß der Beklagte diese Wohnung später selbst erwerben könne. Die Benützung der Dienstwohnung war integrierender Bestandteil des Dienstvertrages, ebenso die Verpflichtung der klagenden Partei, daß diese Wohnung bei Ausscheiden des Beklagten von diesem käuflich erworben werden könne. Am 29. Juni 1971 fand dann eine Aufsichtsratssitzung der klagenden Partei statt, in welcher unter anderem über den Dienstvertrag des Beklagten sowie über die Dienstwohnung gesprochen wurde. Dem Geschäftsführer wurde damals aufgetragen, die Textierung des endgültigen Dienstvertrages mit dem Aufsichtsrat abzustimmen, wobei man versuchen solle, im Einvernehmen mit dem Beklagten die Dauer des Dienstvertrages auf zwei Jahre mit einer einjährigen Kündigungsfrist zu beschränken. In dieser Aufsichtsratssitzung gab der damalige Geschäftsführer Dr. G die Aufklärung, daß der Beklagte beabsichtige, die Dienstwohnung später zu erwerben und daß daher die jetzige Wohnungsbeschaffung nur eine Vorfinanzierung darstelle. Grundsätzlich gab es dagegen, daß der Beklagte später die Wohnung von der klagenden Partei erwerben sollte, keine Bedenken. Es gab aber damals keine einheitliche Meinung, zu welchem Wert der Beklagte die Wohnung seinerzeit erwerben sollte. Die Frage des Wertes blieb in dieser Aufsichtsratssitzung demnach offen.
Im Juli und August 1971 wurden sodann von Dr. G verschiedene Anbote für Eigentumswohnungen und für Mietwohnungen eingeholt. Nachdem es auch über einen Vorschlag des Beklagten hinsichtlich des Ankaufes eines Einfamilienhauses zu keiner Einigung kam, wurde von der beklagten Partei in einer weiteren Aufsichtsratssitzung vom 17. Juli 1972 beschlossen, daß die klagende Partei das Haus Salzburg, S-Straße Nr. 6 EZ 1378, KG H, käuflich erwerben wird und der Beklagte seinerzeit, wenn es den Interessen der Gesellschaft nicht entgegenstehe, dieses Haus bei Beendigung des Dienstverhältnisses zu einem Preis, der für ihn tragbar wäre, kaufen könne. Der Vorschlag, dem Beklagten die laufende Miete auf den Kaufpreis anzurechnen, wurde abgelehnt. Das Mietverhältnis sollte mit der aktiven Dienstzeit des Beklagten enden. An eine vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses dachte dabei niemand. Anfallende Reparaturen sollten zu Lasten des Beklagten gehen. Aufsichtsrat Dr. H hielt es damals für unerläßlich, einen Dienstwohnungsvertrag bei einem Notar errichten zu lassen, der mit einer Anwartschaft zum Kaufe des Hauses durch den Beklagten kombiniert werden sollte. Zu dieser Errichtung eines Dienstwohnungsvertrages durch einen Notar ist es in der Folge jedoch nicht gekommen. In der Folgezeit ist auch über den seinerzeitigen Verkaufspreis des Hauses mit dem Beklagten nicht mehr gesprochen worden. Die folgenden Verhandlungen, die zu einer Änderung des Dienstvertrages laut Schreiben vom 19. Dezember 1973 führten, hat ausschließlich Direktor K mit dem Beklagten geführt. Tendenz dieser Vorgespräche war die Änderung des Dienstvertrages mit dem Beklagten hinsichtlich der Kündigungs- und Verlängerungsklausel, sowie die Frage des Wohnraumes, weil zwischenzeitig die klagende Partei das gegenständliche Haus gekauft und dem Beklagten als Dienstwohnung zur Verfügung gestellt hatte. Außer Zweifel stand dabei, daß der Beklagte, wenn er dies wünsche, das Haus erwerben könne, und zwar zu Bedingungen, die für die klagende Partei tragbar sind. Dabei sollte der Beklagte das Haus bei jeder Beendigung des Dienstverhältnisses erwerben können; an eine Entlassung oder eine Möglichkeit einer Entlassung wurde damals nicht gedacht.
Am 19. Dezember 1973 fand eine Besprechung mit dem Beklagten statt, an der auf Seiten der klagenden Partei Direktor K, der heutige Geschäftsführer Hermann Sch. und Dr. G teilnahmen. In dieser Besprechung erfolgte eine Vereinbarung bezüglich der Abänderung des Dienstvertrages mit dem Beklagten betreffend die Dauer des Dienstvertrages und die Dienstwohnung. Der Inhalt dieser Vereinbarung wurde schriftlich niedergelegt und von den Streitteilen unterfertigt. Bezüglich der Dauer des Dienstvertrages wurde vereinbart, daß dieser für die Dauer von 5 Jahren mit Wirkung ab 1. September 1971 abgeschlossen wird und sich jeweils um weitere 2 Jahre verlängert, wenn er nicht vorher unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist gekundigt wird. Bezüglich der Dienstwohnung wurde die Vereinbarung getroffen, daß die klagende Partei dem Beklagten ein neu errichtetes Reihenhaus als Dienstwohnung zur Verfügung stellt, wobei der Beklagte die Betriebskosten für dieses Reihenhaus zu tragen habe. Der Beklagte verpflichtete sich, dieses Haus bzw. die Dienstwohnung zu räumen, falls das Dienstverhältnis mit der klagenden Partei von einem der Teile aufgelöst wird. Die Räumung der Wohnung hat bei Kündigung des Dienstverhältnisses durch den Beklagten innerhalb von 6 Monaten, bei Kündigung durch die klagende Partei innerhalb von 12 Monaten ab dem Zeitpunkte der Kündigung zu erfolgen. Bezüglich des Erwerbes des Hauses vereinbarten die Streitteile, daß sowohl im Falle einer vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses als auch im Falle der Pensionierung dem Beklagten die Möglichkeit eingeräumt wird, dieses Reihenhaus zu dem dann zu ermittelnden Preis und Bedingungen zu erwerben.
Am 28. Feber 1975 wurde der Beklagte fristlos entlassen. In der Folge kam es zwischen der klagenden Partei, die für das Haus keine Verwendung hatte, und dem Beklagten, der ein Interesse am Erwerb des Hauses bekundete, zu Gesprächen und zu einem Schriftwechsel. Bis heute konnte keine Einigung bezüglich des Kaufpreises erzielt werden.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß jede, ob zu Recht oder zu Unrecht ausgesprochene, Entlassung, abgesehen von einem besonderen Kündigungs-(Entlassungs)schutz, den Räumungsanspruch der klagenden Partei begrunde. Dem stehe auch die Vereinbarung vom 19. Dezember 1973 nicht entgegen, da für den Fall der Entlassung des Beklagen nicht vorgesehen war, ihm die Wohnung für die vertragsmäßig vorgesehenen Fristen weiterhin zu belassen. Aber auch ein allfälliges Recht des Beklagten zum Erwerb der zu räumenden Liegenschaft stehe dem Räumungsanspruch der klagenden Partei nicht entgegen, da dieses nicht die Räumungsverpflichtung des Beklagten ausschließe, sondern nur allfällige Schadenersatzansprüche des Beklagten offen lasse.
Über Berufung des Beklagten hob das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf und trug diesem neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es vertrat die Auffassung, daß bei einem vertraglichen Ausschluß der freien Kundbarkeit eine ungerechtfertigte Entlassung das Dienstverhältnis nicht aufhebe. Nach dem Feststellungen des Erstgerichtes sei im vorliegenden Fall mit dem Beklagten ein Dienstverhältnis auf die Dauer von 5 Jahren beginnend ab 1. September 1971 abgeschlossen, also mit ihm ein "unkundbares" Dienstverhältnis vereinbart worden, das bis zum Ablauf des 31. August 1976 befristet gewesen sei, und daher, wenn die fristlose Entlassung unbegrundet war, trotz des Ausspruches der Entlassung bis zu diesem Zeitpunkt weiter bestehe. In diesem Falle könne auch die Räumung der Dienstwohnung vor diesem Zeitpunkt nicht verlangt werden. Daß der Beklagte in einem Rechtsstreit, in dem er Ansprüche wegen der ungerechtfertigten Entlassung geltend machte, selbst den Standpunkt eingenommen habe, daß das Dienstverhältnis durch diese beendet worden sei, ändere daran nichts, weil diese Rechtsansicht des Beklagten für den vorliegenden Rechtsstreit unerheblich sei. Es sei vielmehr erforderlich, die zur Frage der Berechtigung der Entlassung aufgestellten Prozeßbehauptungen zu prüfen und die dazu angebotenen Beweise aufzunehmen. Die allenfalls dem Beklagten eingeräumte Möglichkeit, die zu räumende Liegenschaft im Falle einer Lösung des Dienstverhältnisses käuflich zu erwerben, stehe dem Räumungsbegehren nicht entgegen, weil das "Kaufanwartschaftsrecht" des Beklagten zu unbestimmt sei, da der Preis der zu kaufenden Liegenschaft nicht bestimmt und auch nicht bestimmbar sei. Es sei nicht Absicht der Parteien gewesen, daß der Beklagte die Liegenschaft zum "wirklichen Gegenwert" kaufe, es sollte vielmehr bei der Festlegung des Preises auf die Dauer des Dienstverhältnisses, die Dienstleistung des Beklagten für die klagende Partei und andere Umstände Bedacht genommen werden. Der Beklagte könne aus dieser unbestimmten Zusage noch keine Rechte ableiten.
Der Oberste Gerichtshof gab den Rekursen beider Partein nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Beklagte teilt die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß zwischen den Streitteilen vertraglich ein Ausschluß der freien Kundbarkeit vereinbart und daher das Dienstverhältnis durch die Entlassung, wenn sie unbegrundet war, nicht aufgelöst worden sei. Es sei aber zwischen den Streitteilen auch vereinbart worden, daß der Beklagte das Wohnhaus, das ihm als Dienstwohnung überlassen worden war, bei Beendigung des Dienstverhältnisses aus welchem Gründe immer jedenfalls käuflich erwerben könne. Der Kaufpreis sei auf Grund der zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarung jedenfalls bestimmbar. Es sei überdies noch zu prüfen, wann eine Räumungsverpflichtung des Beklagten eintreten konnte, weil eine Kündigung, welche nach den getroffenen Vereinbarungen die Räumungsfrist auslösen konnte, überhaupt nicht erfolgte. Selbst wenn man annehme, daß der Ausspruch der fristlosen Entlassung den Ausspruch einer Kündigung in diesem Zusammenhang ersetze, so könnte diese doch erst mit Ablauf der vereinbarten Dauer des Dienstverhältnisses, also am 31. August 1976, wirksam werden, sodaß die Räumung der Dienstwohnung erst 1 Jahr nach diesem Zeitpunkt, also zum 31. August 1977, verlangt werden könnte. Die klagende Partei könne die Räumung auch nicht verlangen, bevor die vereinbarungsgemäß vorgesehene Frist für Verhandlungen über den Erwerb der Liegenschaft durch den Beklagten abgelaufen sei. Die klagende Partei wendet sich gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß im vorliegenden Fall die freie Kundbarkeit des Dienstverhältnisses vertraglich ausgeschlossen worden sei und daher die Entlassung, wenn sie unbegrundet war, das Dienstverhältnis nicht zum Zeitpunkt der Entlassungserklärung, sondern erst zum Zeitpunkt des vorgesehenen Vertragsendes aufgelöst habe. Weiters rügt sie, daß aus dem Vorbringen des Beklagten im Rechtsstreit über die wegen der nach seiner Behauptung ungerechtfertigten Entlassung erhobenen Ansprüche, wonach das Dienstverhältnis zum 28. Feber 1975 beendet worden sei, nicht ein Erklärungswillen des Beklagten dahin abgeleitet worden sei, daß auch er die Beendigung des Dienstverhältnisses zu diesem Zeitpunkt wolle.
Diesen Ausführungen kommt insoweit Berechtigung zu, als sie sich gegen die Auffassung des Berufungsgerichtes wenden, daß im vorliegenden Fall die Entlassungserklärung das Dienstverhältnis nicht beendet habe, wenn die Entlassung ungerechtfertigt erfolgte und daher die Berechtigung der Entlassung geprüft werden müsse. Richtig ist, daß nach neuerer Rechtsprechung und Lehre und vertraglicher Ausschluß der freien Kundbarkeit dem Dienstnehmer eine ähnliche Stellung einräumt wie eine gesetzliche Kündigungs- oder Entlassungsbeschränkung und daher bei seinem Vorliegen eine ungerechtfertigte Entlassung das Dienstverhältnis nicht zum Zeitpunkt der Entlassungserklärung beendet. Diese Ansicht wurde
ausführlich in der Entscheidung 4 Ob 47/64 (ArbSlg. 7940 = SZ 37/70
= JBl. 1964/573 = EvBl. 1964/388 = Soz I A d 577) begrundet. Darin
wird zunächst darauf verwiesen, daß die Rechtsprechung, wonach auch eine ungerechtfertigte Entlassung das Dienstverhältnis beende, sofern nicht ein "besonderer" gesetzlicher Kündigungs- oder Entlassungsschutz (wie etwa nach dem Mutterschutzgesetz) bestehe, darauf beruhe, daß "im Normalfall" die Entlassung im eine nach § 20 AngG jederzeit zulässige Kündigung umgedeutet werden könne. Der § 29 AngG sehe für diesen Fall vor, daß der Dienstnehmer seine Entgeltansprüche "bis zum Ablauf der bestimmten Vertragszeit oder der Kündigungsfrist" behält. Eine solche Umdeutung sei nicht möglich, wenn wegen des Bestandes eines gesetzlichen Kündigungs- oder Entlassungsschutzes einer jederzeitige Kündigung nicht möglich sei. Das müsse aber auch dann gelten, wenn dem Dienstnehmer durch einen vertraglichen Ausschluß freier Kundbarkeit ähnliche Rechte wie durch eine gesetzliche Kündigungs- oder Entlassungserschwerung eingeräumt wurden, weil auch damit "die Möglichkeit normaler Vertragsauflösung" ausgeschlossen werde. Diese Entscheidung hat im Schrifttum mehrfach Zustimmung gefunden, wobei diese aber immer darauf abgestellt war, daß vertraglich eine "normale" Beendigung des Dienstverhältnisses ausgeschlossen war und diese Vereinbarung dieselbe Wirkung haben müsse, wie ein "besonderer" gesetzlicher Kündigungs- oder Entlassungsschutz (Schwimann, ZAS 1969, 124; Bydlinski, JBl. 1964, 575; Mayer - Maly, Österreichisches Arbeitsrecht, 144; Martinek - Schwarz, AngG[3] 353, 414). Der in dieser Entscheidung vertretenen Rechtsauffassung ist auch die Rechtsprechung gefolgt (ArbSlg. 8732, 9258; 4 Ob 74/75). Es wird aber bereits in der Entscheidung 4 Ob 47/64 ausdrücklich hervorgehoben, daß Bestimmungen des Angestelltengesetzes (§ 29 Abs. 1: "unbeschadet weitergehenden Schadenersatzes", § 31 Abs. 1:
"allfällige weitere Schadenersatzansprüche", § 34 Abs. 1:
"Ersatzansprüche .... im Sinne der §§ 28 und 29. ferner
Ersatzansprüche ... im Sinne des § 31") die Auslegung zulassen, daß
die im § 29 Abs. 1 AngG gewährten Ansprüche auf das Entgelt für den Zeitraum einerseits, "der bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses durch Ablauf der bestimmten Vertragszeit" oder andererseits, "der durch ordnungsgemäße Kündigung durch den Dienstgeber" hätte verstreichen müssen, Schadenersatzansprüche sind und bei dieser Auslegung in den im § 29 Abs. 1 AngG geregelten beiden Fällen (Auflösung eines auf bestimmte Zeit geschlossenen oder eines durch normale ordnungsgemäße Kündigung lösbaren Dienstverhältnisses ohne Zeitbestimmung) nicht geltend gemacht werden könnte, daß das zu Unrecht gelöste Dienstverhältnis weiterbestehe. Diese beiden Fälle entsprächen den im AngG (§§ 19 Abs. 1 und 20 Abs. 1) enthaltenen - "normalen Gründen für die Beendigung des Dienstverhältnisses". Die im § 29 Abs. 1 AngG festgelegten Rechtsfolgen für bestimmte Fälle könnten jedoch auf andere rechtliche Gestaltungen nicht bezogen werden. Diese "andere rechtliche Gestaltung" wird in einer Vereinbarung gesehen,wonach das Dienstverhältnis nicht aus den im Gesetz vorgesehenen "normalen" Gründen, sondern nur aus "besonderen" Gründen gelöst werden kann, dem Dienstnehmer also ein "besonderer" Kündigungs- oder Entlassungsschutz vertraglich eingeräumt wurde. Nur für diese Fälle wird in der angeführten Entscheidung ausgesprochen, daß eine ungerechtfertigte Entlassung durch den Dienstgeber das Dienstverhältnis - so wie bei Bestand eines "besonderen" gesetzlichen Kündigungs- oder Entlassungsschutzes - nicht beendet. Tatsächlich war im Fall dieser Entscheidung und in jenen Fällen, in denen die darin vertretene Auffassung geteilt wurde, eine "besondere" Vereinbarung hinsichtlich der Lösbarkeit des Dienstverhältnisses, die den Dienstnehmer gegenüber der "normalen" gesetzlichen Beendigungsmöglichkeit des Dienstverhältnisses besserstellte, getroffen worden. Im Fall der Entscheidung 4 Ob 47/64 war vereinbart gewesen, daß ein auf unbestimmte Zeit eingegangenes Dienstverhältnis nur aus einem wichtigen Grund gelöst werden könne; das Dienstverhältnis konnte daher weder durch Ablauf der Zeit, für die es eingegangen wurde (§ 19 Abs. 1 AngG), noch durch (freie) Kündigung (§ 20 Abs. 1 AngG) beendet werden. Dasselbe gilt für den Fall der Entscheidung ArbSlg. 8732, weil dort vereinbart war, daß für das Dienstverhältnis eine Vertragsbedienstetenordnung gelten soll, die ausdrücklich vorsah, daß eine Entlassung bei Nichtvorliegen eines Gründes unwirksam sei. Die Entscheidungen ArbSlg. 9258 und 4 Ob 74/75 betrafen Fälle, in denen das Dienstverhältnis vereinbarungsgemäß nur einseitig, nämlich, zugunsten des Dienstnehmers (bis zu einem bestimmten Ereignis), unkundbar war. Auch in diesen Fällen lag somit weder ein (beiderseitig) frei kundbares Dienstverhältnis noch eines auf bestimmte Zeit vor, weil bei einem solchen die vereinbarte Vertragszeit beide Teile bindet. Der Dienstnehmer war daher auch in diesen Fällen gegenüber den "normalen" (gesetzlichen) Lösungsmöglichkeiten bessergestellt, so daß aus diesem Gründe angenommen wurde, es sei ein "besonderer" Kündigungsschutz des Dienstnehmers vertraglich festgelegt worden.
Das trifft aber im vorliegenden Fall nicht zu.
Das Berufungsgericht hat allerdings in seiner Entscheidung wiederholt ausgeführt, es sei mit dem Beklagten ein Dienstverhältnis "unkundbar" auf 5 Jahre abgeschlossen worden, andererseits jedoch ausdrücklich erklärt, daß es hinsichtlich der Vereinbarungen über die Dauer des Dienstverhältnisses von den "in diesem Punkt unbekämpft gebliebenen" Feststellungen des Erstgerichtes ausgehe. Das Erstgericht hat aber ausdrücklich festgestellt, daß eine Vereinbarung der Unkundbarkeit nicht getroffen wurde. Das Erstgericht hat vielmehr unter Berufung auf die Beweisergebnisse, insbesondere in Übereinstimmung mit den schriftlichen Vertragsausfertigungen Beilage B und F, den Inhalt der Vereinbarungen über die Dauer des Dienstverhältnisses dahin festgestellt, daß das Dienstverhältnis auf die Dauer von fünf Jahren ab 1. September 1971 abgeschlossen wird und es sich verlängere, wenn es nicht vorher unter den näher festgehaltenen Bestimmungen gekundigt wird (As 91, 99). Diese Feststellungen werden vom Berufungsgericht hinsichtlich der ersten Vereinbarung (vom 27. Mai 1971) auch so wiedergegeben. Die in der Folge vom Berufungsgericht gebrauchte Wendung, der Dienstvertrag sei auf die Dauer von fünf Jahren "unkundbar" abgeschlossen worden, ist daher, da das Berufungsgericht von den Feststellungen des Erstgerichtes offensichtlich nicht abgehen wollte, nicht als Tatsachenfeststellung dahin, daß die Parteien die Unkundbarkeit des Dienstverhältnisses für diese Zeit ausdrücklich vereinbart hätten, sondern nur als Hinweis darauf anzusehen, daß der Dienstvertrag (zunächst) auf bestimmte Zeit eingegangen wurde und sich daraus (von Gesetzeswegen) die Folge ergeben, daß er während dieser Zeit durch eine (freie) Kündigung nicht aufgelöst werden konnte. Es liegt somit nach dem festgestellten Sachverhalt eine Vereinbarung eines Dienstverhältnisses für eine bestimmte Zeit - mit Verlängerungsmöglichkeit - vor, zu der keine "besondere" (zusätzliche) Vereinbarung über eine Erschwerung der Auflösungsmöglichkeiten im Sinne einer über den "normalen" gesetzlichen Schutz hinausgehenden Sicherung des Dienstnehmers getroffen wurde. In diesem Fall treten bei einer ungerechtfertigten Entlassung die Rechtsfolgen des § 29 AngG, der diese für den "Normalfall" regelt, ein.
Darnach beendet aber eine Entlassung, auch wenn ein wichtiger Grund nicht vorliegt, das Dienstverhältnis mit sofortiger Wirkung (Floretta - Spielbüchler - Strasser, Arbeitsrecht I, 177, 209;
Floretta - Strasser, Kom. zum Arbeitsverfassungsgesetz[2], 679,;
Mayer - Maly, Österreichisches Arbeitsrecht, 143; Martinek - Schwarz, Angestelltengesetz[3], 414, 509; Adler - Höller - Klang[2] V, 347; ArbSlg. 6255, 7675, 7889, 8669, 9259 u. a.). Die in der Entscheidung SZ 24/280 vertretene Auffassung, daß bei einem Dienstverhältnis auf bestimmte Zeit eine ungerechtfertigte Entlassung allgemein keine Beendigungswirkung habe, wurde in der Folge ausdrücklich nicht aufrecht erhalten (ArbSlg. 6255) und nur mehr in der Entscheidung ArbSlg. 8732 - ohne Erwähnung der gegenteiligen Rechtsprechung (wie z. B. ArbSlg. 6596, 7889, 8669; SZ 31/105) und ohne nähere Begründung - bezogen. Der Entscheidung SZ 24/280 entgegen der späteren Rechtsprechung zu folgen, besteht umso weniger Anlaß, als die dort bezogene Belegstelle (Adler - Klang[1] 323) durch die entsprechende Stelle in der zweiten Auflage des Klang-Kommentars (V 347) überholt ist.
Wurde aber das Dienstverhältnis des Beklagten unabhängig von der Berechtigung der Entlassung mit dem Zeitpunkt, zu dem ihm die Entlassungserklärung zukam, aufgelöst, so steht ihm kein Anspruch mehr zu, die Dienstwohnung im Rahmen der Erfüllung des Dienstvertrages durch die klagende Partei weiter zu benützen. Er ist vielmehr auf einen Schadenersatzanspruch verwiesen. Nach herrschender Auffassung (Martinek - Schwarz, AngG[3] 510; ArbSlg. 6596, 7889, 9259 u. a.) sind auch die im § 29 AngG genannten Ansprüche Schadenersatzansprüche.
Der mehrfach daraus gezogene Schluß, daß der Dienstnehmer deswegen die Weiterbenützung einer Dienstwohnung "bis zum fiktiven Ende des Dienstverhältnisses" nicht mehr verlangen könne (ArbSlg. 6541, 6596, 7464, 7451, 7889 u. a.) kann aber in dieser Allgemeinheit nicht geteilt werden. Er läßt nämlich die - in der angeführten Rechtsprechung nicht behandelte - Bestimmung des § 1323 ABGB außer Betracht, wonach, um den Ersatz eines verursachten Schadens zu leisten, "alles in den vorigen Stand zurückversetzt, oder, wenn dies nicht tunlich ist, der Schätzwert vergütet werden" muß. Der Schadenersatzanspruch geht daher primär auf Naturalersatz. Der Wiederherstellungsbefehl des Gesetzes ist allerdings nicht wörtlich zu nehmen. Es genügt vielmehr, wenn eine im wesentlichen gleiche Lage (Ersatzlage) hergestellt wird. Der Geschädigte kann daher auch die Verurteilung des Schädigers zur Herstellung einer im wesentlichen gleichen Lage begehren, z. B. die Verschaffung einer der durch Verschulden des Schädigers verlorengegangenen Wohnung entsprechenden Ersatzwohnung (Wolff - Klang[2] VI, 120; Ehrenzweig, System[2] II/1, 65; Koziol - Welser, Grundriß des Bürgerlichen Rechtes[3] I, 297; Koziol, Haftpflichtrecht I, 130; Koziol, ÖJZ 1971, 460; Rummel, JBl. 1974, 207; SZ 5/138, 26/155; MietSlg. 19 024, 24 201; EvBl. 1954/328; RZ 1960, 45; 1970, 187; 5 Ob 287/74 u. a.). Für den Grundsatz, daß der Schadenersatzanspruch primär auf Naturalersatz geht, macht es keinen Unterschied, ob der Schaden durch deliktisches Handeln oder durch Vertragsverletzung zugefügt wurde. Auch in letzterem Fall richtet sich der Schadenersatzanspruch nach den Bestimmungen der §§ 1323, 1324 ABGB (Koziol, Haftpflichtrecht I, 29).
Der Anspruch des Geschädigten auf Weiterbenützung der Wohnung aus dem Titel des Schadenersatzes unterscheidet sich allerdings nicht nur in seiner rechtlichen Grundlage, sondern auch in der praktischen Auswirkung vom Erfüllungsanspruch, weil der Erfüllungsanspruch unbedingt besteht, ein Naturalersatz gemäß § 1323 ABGB aber nur dann zu leisten ist, wenn die "Zurückversetzung in den vorigen Stand" tunlich ist. Wenn diese Voraussetzung nicht zutrifft - und erst dann - ist der Ersatz in Geld zu leisten. Eine Untunlichkeit des Naturalersatzes ist dann anzunehmen, wenn das Interesse des Schädigers, den Ersatz auf andere Weise zu leisten (durch Geldersatz) das Interesse des Geschädigten, den Ersatz gerade in dieser Weise (durch Naturalersatz) zu erhalten, wesentlich übersteigt (Wolff - Klang[2] VI, 119; Koziol - Welser, Grundriß[3] I, 297; Koziol Haftpflichtrecht I, 136; EvBl. 1973/247; ZVR 1959/173; ZBl. 1935/45 u. a.).
Dies bedeutet, daß bei ungerechtfertigter Auflösung eines Dienstvertrages, der die Grundlage für die Benützung einer Wohnung war, vom Dienstnehmer grundsätzlich auch die Weiterbenützung dieser Wohnung verlangt werden kann. Voraussetzung dafür ist allerdings, daß diese Form des Naturalersatzes des durch die ungerechtfertigte Auflösung des Dienstverhältnisses zugefügten Schadens tunlich ist, was nach der Lage des Falles insbesondere auch unter Berücksichtigung der größeren oder geringeren Enge der Beziehung zwischen Wohnungsbeistellung und Arbeitsleistung, zu beurteilen ist. Da diese Frage im bisherigen Verfahren nicht geprüft wurde, ist das Verfahren erster Instanz tatsächlich mangelhaft geblieben, so daß die Aufhebung des Urteiles des Erstgerichtes durch das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht erfolgte. Zu prüfen wird allerdings in diesem Zusammenhang auch noch sein, welche Bedeutung dem Umstand zukommt, daß die vereinbarte Dauer - des Dienstvertrages, die grundsätzlich auch die Dauer des Schadenersatzanspruches wegen Verletzung der Verpflichtung der klagenden Partei, dem Beklagten die Benützung der Dienstwohnung zu gestatten bestimmt, bereits abgelaufen ist. Die rechtlichen Folgerungen können erst nach Prüfung des Vorbringens der Parteien und Feststellungen des entsprechenden Sachverhaltes gezogen werden, sodaß derzeit dazu noch nicht Stellung genommen werden kann. Dem Rekurs der klagenden Partei war aber im Ergebnis ein Erfolg zu versagen.
Dem Rekurs des Beklagten kann zunächst in seiner Auffassung nicht gefolgt werden, daß es zur Verhinderung der im Vertrag als möglich vorgesehenen Verlängerung des Dienstverhältnisses einer formellen Kündigung bedurft hätte. Die Unrichtigkeit dieser Auffassung ergibt sich daraus, daß die von der klagenden Partei ausgesprochene Entlassungserklärung unzweifelhaft ihre Absicht, das Dienstverhältnis (jedenfalls) zu beenden, zum Ausdruck brachte und das Dienstverhältnis dadurch mit dem Zeitpunkt der Entlassungserklärung unabhängig von ihrer Berechtigung bereits beendet wurde.
Zu Unrecht beruft sich der Beklagte auch auf die "Vereinbarung", wonach ihm die Möglichkeit eingeräumt wurde, im Falle einer Auflösung des Dienstverhältnisses das Reihenhaus, zu dem dann zu ermittelnden Preis und den festzulegenden Bedingungen zu erwerben. Mit Recht haben die Untergerichte darauf verwiesen, daß dieser "Vereinbarung" die für eine Verbindlichkeit - als Kaufvertrag - erforderliche Bestimmtheit fehlt. Schon aus den Ausführungen des Beklagten in seinem Rekurs, wonach der Verkehrswert die Grundlage des Kaufpreises sein sollte, von welchem dann unter Berücksichtigung der Dauer des Dienstverhältnisses, der Arbeitsleistung des Beklagten und ähnlicher Umstände Abstriche zu machen gewesen wären, so daß es zu einem für beide Teile tragbaren Preis gekommen wäre, dieser Spielraum durch beiderseitige Verhandlungen auszufüllen gewesen wäre und dann, wenn es zu keiner einvernehmlichen Preisfestlegung gekommen wäre, der Preis durch das Gericht "unter Berücksichtigung aller billigen Umstände" festzusetzen gewesen wäre, lassen deutlich erkennen, daß der vom Beklagten zu zahlende Preis weder bestimmt noch bestimmbar war. Auch nach den getroffenen Feststellungen haben die Parteien über die Höhe des vom Beklagten zu zahlenden Preises weder eine Vereinbarung getroffen noch objektiv feststellbare Anhaltspunkte für dessen Ermittlung festgelegt. Die Parteien haben sich eine Vereinbarung darüber vielmehr ausdrücklich vorbehalten und zu erkennen gegeben, daß nicht der "normale Preis", sondern ein Betrag gezahlt werden sollte, der die Höhe des Verkehrswertes der Liegenschaft nicht erreichte. Ist aber der Preis für eine zu kaufende Sache nicht wenigstens bestimmbar, haben sich vielmehr die Parteien die Vereinbarung darüber ausdrücklich vorbehalten, liegt ein verbindlicher Vertrag noch nicht vor, so daß daraus auch nicht das Recht auf Benützung der zu kaufenden Sache abgeleitet werden kann (Ehrenzweig[2] II/1, 12, 406; Gschnitzer, Schuldrecht Besonderer Teil und Schadenersatz, 16; Koziol - Welser, Grundriß I[3], 236; JBl. 1976, 41; SZ 44/73; 31/148 u. a.). Da nach dem festgestellten Sachverhalt die Streitteile nach der Entlassung des Beklagten über den Kauf des Reihenhauses durch ihn zwar verhandelt haben, sich aber über den Preis nicht einigen konnten, steht auch das dem Beklagten eingeräumte "Anwartschaftsrecht" dem Räumungsbegehren nicht entgegen.
Es war daher auch dem Rekurs des Beklagten ein Erfolg zu versagen.
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