OGH 4Ob67/95

OGH4Ob67/9518.9.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F*****, vertreten durch Dr.Michael Graff, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. (nunmehr richtig:) Dr.Roland G*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der A***** Gesellschaft mbH, 2. K***** Gesellschaft mbH & Co KG, *****, 3. K***** Gesellschaft mbH, ***** die beiden letzteren vertreten durch Dr.Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 480.000), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 24.April 1995, GZ 5 R 22/95-14, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 13.Dezember 1994, GZ 24 Cg 522/94m-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird, soweit er die zweit- und die drittbeklagte Partei betrifft, nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der zweit- und der drittbeklagten Partei die mit S 22.671 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin S 3.778,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Zweitbeklagte ist Medieninhaberin der "Neuen Kronen Zeitung" und der "Oberösterreich-Krone"; sie kündigte am 19. und 20.November 1994 in der "Oberösterreich-Krone" an:

Diese Aktion wurde in Zusammenarbeit mit der (früheren) Erstbeklagten A***** GmbH durchgeführt.

Die klagende Vereinigung zur Förderung wirtschaftlicher Interessen von Reisebüros begehrt zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung ab sofort zu verbieten, Gratis-Städteflugreisen für alle Abonnenten der Oberösterreich-Krone anzukündigen und/oder zu gewähren. Die (ehemalige) Erstbeklagte handle sittenwidrig zu Zwecken des Wettbewerbes gegenüber den mit ihr im Wettbewerb stehenden Reisebüros. Die Zweitbeklagte, deren Komplementärin die Drittbeklagte ist, unterstütze als Mitveranstalterin bewußt als Gehilfin die sittenwidrige Handlung der Erstbeklagten.

Sämtliche Beklagte beantragen die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Die zweit- und die drittbeklagte Partei wandten ua ein, daß sie nicht Gehilfen im Sinn des UWG seien. Die Zweitbeklagte habe nie im Bewußtsein eines allfälligen Wettbewerbsverstoßes durch die Erstbeklagte gehandelt. Die Drittbeklagte hafte nicht für allfällige Unterlassungspflichten der Zweitbeklagten.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die beanstandete Aktion verstoße nicht gegen die guten Sitten.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es billigte die Rechtsauffassung des Erstgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluß erhobene Revisionsrekurs der Klägerin ist derzeit, soweit er die Erstbeklagte betrifft, nicht zu behandeln, weil das Verfahren infolge Eröffnung des Konkurses mit Beschluß des L*****, insoweit gemäß § 7 Abs 1 KO unterbrochen ist (s dazu MR 1991, 28 - TELE UNO I).

Im übrigen, also soweit es den Sicherungsantrag gegen die Zweit- und die Drittbeklagte angeht, ist der Revisionsrekurs zwar mangels Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu einem vergleichbaren Sachverhalt zulässig, aber nicht berechtigt.

Gegenstand des von der klagenden Interessenvertretung von Reisebüros geltend gemachten Unterlassungsanspruches ist die Veranstaltung einer Gratisreise durch das von der (früheren) Erstbeklagten betriebene Reisebüro. Die Klägerin stützt ihren Anspruch gegen die Zweit- und die Drittbeklagte, welche als Medieninhaber nicht Mitbewerber von Reisebüros sind, auf die Behauptung, sie förderten wissentlich den unlauteren Wettbewerb der Erstbeklagten als Gehilfen.

Nach ständiger Rechtsprechung richtet sich im Wettbewerbsrecht der Unterlassungsanspruch zunächst gegen den Rechtsverletzer, also den unmittelbaren Täter ("Störer"); das ist derjenige, von dem die Beeinträchtigung ausgeht und auf dessen maßgeblichen Willen sie beruht. Da der (unmittelbare) Rechtsverletzer aber häufig nicht allein tätig wird, kann der Unterlassungsanspruch auch gegen jeden Dritten gerichtet werden, der den Wettbewerbsverstoß eines anderen durch sein Verhalten gefördert oder überhaupt erst ermöglicht hat, also insbesondere gegen Mittäter, Anstifter und Gehilfen (Hohenecker/Friedl, Wettbewerbsrecht 94; Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2 I 286; Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz 44 f;

Gamerith, Wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche gegen "Gehilfen", WBl 1991, 305 ff [306] mwN aus dem Schrifttum; ÖBl 1983, 144 - Tagesausflug nach München; ÖBl 1984, 135 - Superaktionsspanne;

ÖBl 1988, 78 - Heilkräuter aus dem Garten Gottes; ÖBl 1991, 101 - Einstandsgeschenk; ÖBl 1995, 84 - Telefonstudien uva).

"Gehilfe" im Sinne dieser Rechtsprechung ist, wer den Täter bewußt fördert (Hohenecker/Friedl aaO; Gamerith aaO 311 f und 313 f; ÖBl 1991, 101 - Einstandsgeschenk; ÖBl 1995, 84 - Telefonstudien ua). Die Haftung des Gehilfen nach Wettbewerbsrecht setzt aber neben der Erfüllung dieses Begriffsmerkmals selbstverständlich weiters voraus, daß in seiner Person - abgesehen von der anderen Art seines Tatbeitrages - alle haftungsbegründenden Tatbestandselemente des betreffenden Wettbewerbsverstoßes verwirklicht werden (Gamerith aaO 307 und 311).

Zu den Tatbestandsmerkmalen der Wettbewerbsverstöße, insbesondere auch des hier von der Klägerin herangezogenen § 1 UWG, gehört das Handeln zu Zwecken des Wettbewerbes. Das setzt ua voraus, daß die Wettbewerbshandlung subjektiv von der entsprechenden Wettbewerbsabsicht getragen ist (SZ 55/111 = ÖBl 1983, 127 - Immobilienmakler-Abgabeprovision; MR 1991, 243 - Anstaltsambulatorium mwN). Die Frage des Bestehens einer solchen (subjektiven) Wettbewerbsabsicht ist eine Tat- und keine Rechtsfrage (ÖBl 1990, 18 - Mafiaprint uva; zuletzt etwa ÖBl 1994, 111 - Götzzitat). Bei einer Handlung wettbewerblichen Charakters ist freilich die Wettbewerbsabsicht zu vermuten (ÖBl 1991, 21 - I Arch II mwN). Das trifft vor allem auf solche Handlungen zu, die ein Unternehmer zur Förderung eigenen Wettbewerbes begeht (Gamerith aaO 313).

Zu Zwecken des Wettbewerbes handelt aber auch, wer den Wettbewerb eines anderen fördern will (ÖBl 1981, 45 - Griechenland-Reisen uva). Bei der Förderung fremden Wettbewerbs ist die Wettbewerbsabsicht nicht zu vermuten, sondern vom Kläger zu beweisen (ÖBl 1991, 15 - Abwerbung mwN; ÖBl 1994, 30 = MR 1994, 35 - VÖZ-Rabatt uva), sofern nicht eine typisch auf die Förderung fremden Wettbewerbs gerichtete Handlung vorliegt (ÖBl 1991, 237 - Ski-Kindergarten; MR 1995, 31 - WM-Verleihaktion ua).

Ist der Gehilfe nicht ausnahmsweise selbst der Nutznießer des beanstandeten Wettbewerbsverstoßes (vgl ÖBl 1977, 35 - Rohrpostanlage, in welchem Fall der Haupttäter fremden, der die Beihilfe Leistende aber eigenen Wettbewerb gefördert hat [Gamerith aaO 308]), sondern - wie in der Regel - Förderer fremden Wettbewerbs, dann wird seine Wettbewerbsabsicht nach dem Gesagten nicht vermutet (Gamerith aaO 313); vielmehr ist sie vom Kläger zu beweisen. Das Tatbestandsmerkmal der Absicht, fremden Wettbewerb zu fördern, ist enger als das für den Gehilfen begriffswesentliche Erfordernis der "bewußten" Förderung des unmittelbaren Täters (Gamerith aaO 313).

Im vorliegenden Fall ist der Klägerin zweifellos darin zuzustimmen, daß sich die Zweit- und die Drittbeklagte als Medieninhaber dessen bewußt waren, daß die in ihrer Zeitung angekündigte Gratis-Flugreiseaktion (auch) den Wettbewerb des erstbeklagten Reisebüros fördern sollte. Daß sie aber in der Absicht gehandelt hätten, diesen Wettbewerb ihrer Vertragspartnerin zu fördern, hat die Klägerin nicht behauptet, wurde nicht festgestellt und ist im Verfahren nicht hervorgekommen. Für eine solche Annahme fehlen auch alle Anhaltspunkte. So wie es auf der Hand liegt, daß die (frühere) Erstbeklagte die Aktion allein im eigenen wirtschaftlichen Interesse durchgeführt hat, ohne daß es ihr darauf angekommen wäre, gerade den Absatz der "Neuen Kronen Zeitung" zu fördern (4 Ob 51/95), so tritt es auch klar zu Tage, daß die Zweit- und die Drittbeklagte ihren eigenen wirtschaftlichen Erfolg und nicht die Unterstützung der Erstbeklagten im Auge hatten. Jedenfalls stand bei ihrer Mitwirkung an der Veranstaltung die Verfolgung des eigenen wirtschaftlichen Interesses gegenüber dem Eingriff in die Wettbewerbslage zwischen dem für sie branchenfremden Reisebüro und dessen Mitbewerbern so sehr im Vordergrund, daß die damit zwangsläufig verbundene Förderung fremden Wettbewerbs nur eine unbeabsichtigte Nebenwirkung war, die für die Annahme der Absicht, fremden Wettbewerb zu fördern, nicht ausreicht (Gamerith aaO 315 f; vgl ÖBl 1979, 70 - Glasware).

Da die Klägerin die Absicht der Zweit- und der Drittbeklagten, den Wettbewerb der Erstbeklagten zu fördern, nicht behauptet, geschweige denn bescheinigt hat, wurde der gegen diese beiden Beklagten gerichtete Sicherungsantrag jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Prüfung der Frage, ob die (frühere) Erstbeklagte einen Wettbewerbsverstoß begangen hat, kann daher diesmal unterbleiben.

Dem Revisionsrekurs war daher, soweit er die Zweit- und die Drittbeklagte betrifft, ein Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 4 EO, §§ 41, 50 Abs 1, § 52 ZPO.

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