OGH 4Ob63/23b

OGH4Ob63/23b25.4.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Schwarzenbacher und MMag. Matzka sowie die Hofrätinnen Mag. Istjan, LL.M., und Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr. H*, 2. Mag. M* und 3. Dr. C*, alle Rechtsanwälte, *, gegen die beklagte Partei Dr. C*, Rechtsanwältin, *, wegen Räumung, über den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 22. Februar 2023, GZ 38 R 262/22v‑21, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 22. September 2022, GZ 9 C 150/22z‑7, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0040OB00063.23B.0425.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Zivilverfahrensrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung aus anderen Gründen

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die klagenden Rechtsanwälte sind Hauptmieter von Geschäftsräumlichkeiten, in denen sie ihren Beruf ausüben. Sie begehren von der beklagten ehemaligen Regiegemeinschaftskollegin die Räumung der von ihr in diesen Räumlichkeiten benützten Büro- und Sekretariatsräumen.

[2] Die Beklagte bestritt die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Erstgerichts.

[3] Das Erstgericht wies die Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit zurück, weil keine Eigenzuständigkeit nach § 49 Abs 2 Z 5 JN vorliege.

[4] Das Rekursgericht hob diesen Beschluss auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf, ohne einen Ausspruch nach § 527 Abs 2 ZPO zu treffen.

[5] Die Beklagte erhebt dagegen „außerordentlichen“ Revisionsrekurs, worin sie darauf verweist, ihr sei der Rekurs der Kläger gegen die Klagszurückweisung nicht zugestellt worden, wodurch sie keine Gelegenheit gehabt habe, eine Rekursbeantwortung zu erstatten; der Beschluss des Rekursgerichts sei wegen Verletzung ihres rechtlichen Gehörs nichtig.

Rechtliche Beurteilung

[6] Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

[7] 1.1. Wird ein angefochtener Beschluss in zweiter Instanz aufgehoben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen, so ist nach § 527 Abs 2 ZPO ein Rekurs dagegen nur zulässig, wenn das Rekursgericht dies ausgesprochen hat.

[8] 1.2. Diese Regelung gilt nur für „echte“ Aufhebungsbeschlüsse, nicht aber für solche Beschlüsse, die zwar nach dem Wortlaut ihres Spruchs aufheben, ihrem Sinn und ihrer Funktion nach aber eine Abänderung bedeuten, weil in der Kassation des erstgerichtlichen Beschlusses zugleich auch schon die abschließende Entscheidung über die Unzulässigkeit oder Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung liegt (vgl RS0007218; RS0044037; RS0044035).

[9] 1.3. Ein „echter“ Aufhebungsbeschluss liegt vor, wenn eine Frage, über die eine selbständige Entscheidung zu ergehen hat, vom Gericht zweiter Instanz nicht abschließend erledigt wurde, sondern dazu eine neuerliche Entscheidung des Erstgerichts ergehen soll (vgl RS0044037 [T9, T13, T15]), wobei es auf die Gründe für die Aufhebung nicht ankommt (RS0044102).

[10] 2. Hier liegt ein solcher „echter“ Aufhebungsbeschluss vor, weil das Rekursgericht über die Unzuständigkeitseinrede der Beklagten nicht inhaltlich entschied, sondern die dazu ergangene erstinstanzliche Entscheidung wegen Fehlens ausreichender Feststellungen zur Beurteilung der Frage aufhob, ob die Verträge zwischen den Streitteilen genügend bestandrechtliche Elemente enthielten, um den Zuständigkeitstatbestand des § 49 Abs 2 Z 5 JN zu verwirklichen.

[11] 3.1. Mangels Ausspruchs des Rekursgerichts nach § 527 Abs 2 ZPO ist daher ein weiterer Rechtszug an den Obersten Gerichtshof ausgeschlossen.

[12] 3.2. Ist aber – wie hier – der angefochtene Beschluss des Rekursgerichts einer Nachprüfung durch den Obersten Gerichtshof gänzlich entzogen, ist dessen Anrufung auch dann ausgeschlossen, wenn eine Nichtigkeit oder ein ähnlich schwerer Verfahrensverstoß der zweitinstanzlichen Entscheidung behauptet wird (vgl RS0017279 [insb T2]; RS0041942 [insb T9, T11, T13]).

[13] 3.3. Der Revisionsrekurs ist daher als absolut unzulässig zurückzuweisen, wobei der Beklagten im fortgesetzten Verfahren zudem ohnedies umfassend rechtliches Gehör zukommt.

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