OGH 4Ob61/52

OGH4Ob61/5210.6.1952

SZ 25/160

Normen

Betriebsrätegesetz §25
Betriebsrätegesetz §25

 

Spruch:

Die einmalige Verständigung des Betriebsrates gewährt die Befugnis zu wiederholten Kündigungserklärungen. Nur die Verständigung des richtigen Betriebsrates ist wirksam, da der Angestellten- und der Arbeiterbetriebsrat zwei verschiedene Organe sind.

Entscheidung vom 10. Juni 1952, 4 Ob 61/52.

I. Instanz: Arbeitsgericht Linz; II. Instanz: Landesgericht Linz.

Text

Die beiden Untergerichte haben festgestellt, daß die dem Beklagten von der Klägerin am 27. Juli 1949 mitgeteilte Kündigung seines Dienstverhältnisses zum 15. September 1949 rechtswirksam ist und daß das Dienstverhältnis mit 15. September 1949 beendet wurde. Sie haben dementsprechend die Widerklage des Beklagten, der seine Gehaltsbezüge für die Zeit vom 1. Oktober 1949 bis 31. August 1951 einklagt, abgewiesen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten und Widerklägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Untergerichte haben festgestellt, daß der Angestelltenbetriebsrat am 13. Juli von der Absicht, dem Beklagten zu kundigen, verständigt wurde. Am 20. Juli wurde der Kläger mit einer 14tägigen Frist gekundigt. Der Beklagte hat unter Hinweis darauf, daß er als Angestellter zu behandeln sei, Widerspruch erhoben. Am 27. Juli 1949 hat die Klägerin sich diesem Standpunkt angepaßt und eine neuerliche Kündigung für den 15. September 1949 ausgesprochen. Die Bezüge wurden dem Beklagten jedoch dann bis 30. September 1949 ausbezahlt.

Der Oberste Gerichtshof hält entgegen der vom Verwaltungsgerichtshof (Z. 2017/49) ausgesprochenen gegenteiligen Rechtsmeinung in Übereinstimmung mit der Entscheidung SZ. XXIV/44 daran fest, daß der Dienstgeber durch die Verständigung des Betriebsrates auch die Befugnis zu wiederholten Kündigungserklärungen zu verschiedenen Terminen erhält, wenn nur der enge zeitliche und sachliche Zusammenhang die Kündigungserklärungen als gleichgerichtete Erklärungen zur Erledigung eines Kündigungsfalles erscheinen läßt. Diese Voraussetzung ist immer dann gegeben, wenn eine Kündigungserklärung mit einer verfehlten Kündigungsfrist durch eine Kündigungserklärung mit einer ordnungsmäßigen Kündigungsfrist ersetzt wird.

Die Revision macht geltend, es handle sich hier aber deswegen um einen neuen Kündigungsfall, weil bei der ersten Kündigung sowohl der Dienstgeber, als auch der Angestellten- und der Arbeiterbetriebsrat der irrigen Meinung waren, der Beklagte sei ein Arbeiter. Es ist nun sicher richtig, daß nur die Verständigung des richtigen Betriebsrates die Voraussetzungen nach § 25 Betriebsrätegesetz erfüllt. Denn der Angestellten- und der Arbeiterbetriebsrat bilden zwei verschiedene Organe, die nur unter Umständen zur Erledigung gewisser Fragen zusammentreten (§ 11 Abs. 4 BRG. und § 47 BRGO.), unter denen die Zustimmung zur Kündigung im Gesetz nicht genannt wird. Ungeklärt ist es allerdings, welche Argumente dafür maßgebend sind, ob die Zustimmung des einen oder des anderen Betriebsrates einzuholen ist, ob es im Zweifelsfalle also auf denjenigen Betriebsrat ankommt, bei dessen Wahl der Beschäftigte oder sein Vorgänger oder sonst Gleichgestellte nach der Wahlliste teilzunehmen hatten, ob es auf die Anmeldung zur Sozialversicherung oder auf die zivilrechtliche Unterstellung unter das Angestelltengesetz ankommt. Es muß bei dieser Unsicherheit gewiß dem Dienstgeber freigestellt bleiben, beide Betriebsräte, u. zw. allenfalls auch bei einer gemeinsamen Verhandlung mit beiden Betriebsräten, zu verständigen.

Im gegebenen Fall haben die Untergerichte festgestellt, daß der Obmann des Angestelltenbetriebsrates verständigt wurde. Daß statt des Angestelltenbetriebsrates aus einem der oben erwähnten Gründe der Arbeiterbetriebsrat verständigt werden sollte, wurde nicht behauptet. Ein Irrtum des Angestelltenbetriebsrates darüber, daß der Kläger ein Arbeiter sei, wäre belanglos. Es genügt die Verständigung des richtigen Betriebsrates, um der Kündigung die rechtliche Wirksamkeit zu verleihen. Die Entscheidungen der Untergerichte beruhen also auf richtigen rechtlichen Erwägungen.

Bei dieser Sachlage ist es ohne Belang, ob die Erwägung des Berufungsgerichtes, dem Angestelltenbetriebsrat hätte es bekannt sein müssen, daß es sich bei dem Beklagten um einen Angestellten des Hauptmagazins handelt, zutreffend ist oder ob sie auf einer Aktenwidrigkeit beruht, weil es auf diesen Umstand überhaupt nicht ankommt.

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