Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit S 3.309,75 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 257,25 Ust und S 480 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war im seinerzeitigen Modegeschäft der Beklagten vom 20. Oktober 1980 bis 4.März 1981 als Geschäftsführerin und Verkäuferin beschäftigt. Am 4.März 1981 wurde sie vorzeitig entlassen. Sie behauptet, ein wichtiger Grund dazu habe nicht bestanden, weil sie am 4.März 1981 nicht unbegründet dem Dienst ferngeblieben, sondern wegen eines entzündeten Hühnerauges arbeitsunfähig gewesen sei.
Die Klägerin begehrte zuletzt an rückständigem Lohn einschließlich offener Sonderzahlungen, Kündigungs- und Urlaubsentschädigung abzüglich geleisteter Teilzahlungen S 55.220,58 sA. Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens mit der Behauptung, die Klägerin sei am 3. März 1981 bereits zum dritten Mal dem Dienst ohne rechtmäßigen Hinderungsgrund ferngeblieben. Sie habe schon zweimal durch bewußt unwahre Angaben ihr Fernbleiben zu rechtfertigen versucht und sich damit als vertrauensunwürdig erwiesen.
Das Erstgericht hielt im zweiten Rechtsgang die Entlassung für gerechtfertigt und sprach der Klägerin an entlassungsunabhängigen Ansprüchen aus dem laufenden Dienstverhältnis S 15.449,84 sA zu, während es das Mehrbegehren von S 42.603,06 sA abwies. Das Berufungsgericht gab nur der Berufung der Beklagten teilweise, nicht aber jener der Klägerin Folge und sprach der Klägerin - nach Klagseinschränkung - S 11.879,86 brutto sA zu und wies ein Mehrbegehren von S 43.340,72 sA ab.
Das Berufungsgericht verhandelte die Rechtssache gemäß § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG von neuem und stellte folgenden, von den Feststellungen des Erstgerichtes teilweise abweichenden Sachverhalt fest:
Die Klägerin erschien am Dienstag, dem 9.Dezember 1980 nicht zur Arbeit. Am nächsten Tag rechtfertigte sie ihr Fernbleiben damit, daß sie eine Fischvergiftung gehabt habe. Als sie aufgefordert wurde, über diese Erkrankung eine Bestätigung vorzulegen, gab sie zu, nur eine Ausrede gebraucht zu haben. Die Beklagte verwarnte die Klägerin; sie könne frei haben, müsse aber vorher fragen, wenn sie wegbleibe.
Am Freitag, dem 20.Februar 1981 fuhr die Klägerin nach WIEN, um ihre Tochter zum Flughafen zu bringen. Die Beklagte erteilte der Klägerin den Auftrag, am Montag, dem 23.Februar 1981 unbedingt wieder anwesend zu sein und das Geschäft um 9 Uhr aufzusperren, weil sie selbst an diesem Tag dringende Termine in WIEN habe. Am Montag, dem 23. Februar 1981 teilte die Klägerin der Beklagten um 7 Uhr früh telefonisch mit, daß sie sich auf der Fahrt von WIEN nach C auf dem Wechsel befinde, wegen Schneefalls verspäten und erst gegen 9,30 Uhr in C sein werde, um das Geschäft aufzusperren. Die Klägerin hielt diese Zusage aber nicht ein, ohne für die weitere Verspätung irgendwelche Hinderungsgründe nachweisen zu können, und sperrte erst um 14,30 Uhr auf. Die Beklagte erfuhr dies am nächsten Tag und verwarnte die Klägerin unter Androhung der Entlassung im Wiederholungsfalle eindringlich.
Am Faschingmontag, dem 2.März 1981 rief die Klägerin am Abend bei der Schwiegermutter der Beklagten an und teilte ihr mit, sie habe ein Telegramm erhalten, daß ihre Schwägerin nach einem schweren Unfall in Italien im Spital liege. Sie müsse ihre Schwägerin besuchen und werde sich am nächsten Tag von Italien aus telefonisch melden. Dieser behauptete Dienstverhinderungsgrund entsprach jedoch nicht den Tatsachen. Die Klägerin stellte schließlich außer Streit, vom 2.März bis 5.März 1981 nicht in Italien gewesen zu sein, und behauptete zuletzt, sich im Rahmen der Bewerbung um einen Posten bei der Fa. D in E vorgestellt zu haben.
Die Klägerin litt am 2.März 1981 an einem entzündeten Hühnerauge. Sie sagte davon weder zur Beklagten noch zu deren Schwiegermutter etwas. Auch als sich die Klägerin am 5.März 1981 bei der Beklagten telefonisch meldete und behauptete, wieder von Italien zurück zu sein, erwähnte sie von diesen Beschwerden nichts und sagte, daß sie heute wieder ins Geschäft kommen werde. Die Beklagte erwiderte, daß die Klägerin nicht mehr kommen brauche, sie sei bereits abgemeldet. Erst nach der Entlassung begab sich die Klägerin in ärztliche Behandlung und erwirkte Bestätigungen über ihre Arbeitsunfähigkeit. Es kann nicht festgestellt werden, ob die Klägerin durch die Beschwerden am Hühnerauge so beeinträchtigt war, daß sie ihre Arbeit nicht hätte ausüben können. Sie schilderte ihre Beschwerden den behandelnden örzten bewußt übertrieben.
Das Berufungsgericht war der Ansicht, daß auf die Behauptung der Klägerin, sie habe sich vom 2.März bis 5.März 1981 zum Zwecke einer Bewerbung bei der Fa. D in E aufgehalten, nicht eingegangen werden müsse, weil sie durch ihre wiederholten unrichtigen Angaben über die Gründe ihrer Dienstverhinderung vertrauensunwürdig geworden sei. Der Dienstgeber habe einen Anspruch auf wahrheitsgemäße Information über die Gründe einer Dienstverhinderung, um entsprechende Dispositionen treffen zu können. Trotz Gehaltsrückständen sei es der Klägerin zumutbar gewesen, die Beklagte wahrheitsgemäß zu informieren. Ob die Klägerin auch den Entlassungsgrund der pflichtwidrigen verschuldeten erheblichen Unterlassung der Dienstleistung gesetzt habe, brauche nicht geprüft zu werden. Der Klägerin gebühre daher keine Kündigungsentschädigung und anstelle der Urlaubsentschädigung nur die Urlaubsabfindung.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wegen Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision der Klägerin ist nicht berechtigt.
Die Revisionswerberin behauptet das Vorliegen des Nichtigkeitsgrundes des § 477 Abs 1 Z 9 (§ 503 Abs 1 Z 1) ZPO, weil das Urteil des Berufungsgerichtes mit sich selbst in Widerspruch stehe und für die Entscheidung keine (nachvollziehbaren) Gründe angeführt seien. Mit der Wendung des Gesetzes, daß das Urteil mit sich selbst in Widerspruch stehe, ist aber nur ein Widerspruch im Urteilsspruch selbst, nicht aber in den Gründen oder zwischen Spruch und Gründen gemeint (EvBl 1958/11 uva.; Fasching, Zivilprozeßrecht, Rz 1760). Derartige Widersprüche liegen nicht vor. Widersprüche, wie sie die Revisionswerberin zwischen der Begründung des seinerzeitigen Aufhebungsbeschlusses des Berufungsgerichtes und dem nunmehr angefochtenen - auf einer geänderten Tatsachengrundlage beruhenden - Urteil der zweiten Instanz behauptet, können schon begrifflich den Nichtigkeitsgrund eines mit sich selbst im Widerspruch stehenden Urteiles nicht bilden. Abgesehen davon, daß eine mangelhafte und lückenhafte Begründung, ebenso wie ein Verstoß gegen die Logik keine Nichtigkeit bildet (stRspr.; Fasching aaO), liegen derartige Fehler nicht vor, da das Berufungsgericht eingehend begründete, warum es trotz entgegenstehender Aussagen der vernommenen örzte eine Erkrankung, die eine Dienstverhinderung verursachte, nicht als feststellbar annahm. Die Nichtigkeitsrüge der Klägerin stellt nur den Versuch dar, die Beweiswürdigung der zweiten Instanz zu bekämpfen, was auch im arbeitsgerichtlichen Revisionsverfahren unzulässig ist.
Aus denselben Gründen liegt auch die geltend gemachte Mangelhaftigkeit und Aktenwidrigkeit (§ 503 Abs 1 Z 2 und 3 ZPO) nach Beurteilung des erkennenden Senates nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Die Rechtsrüge der Klägerin ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, soweit sie von einer Arbeitsunfähigkeit am 3. und 4.März 1981 ausgeht. Wohl nahm auch das Berufungsgericht eine 'Krankheit' (vgl. zu diesem Begriff Krejci in Rummel, ABGB, Rdz 7 zu § 1154 b) im Sinne eines regelwidrigen Körperzustandes als erwiesen an, doch fordert das Gesetz, daß der Angestellte durch Krankheit an der Leistung seiner Dienste verhindert ist, womit zum Ausdruck gebracht wird, daß die arbeitsrechtliche Bedeutung einer Erkrankung von der durch sie bewirkten Arbeitsunfähigkeit abhängig ist (vgl. Martinek-Schwarz, AngG 6 230). Eine Krankheit wird zwar in aller Regel, muß aber nicht immer (zB bei Bagatellverletzungen, leichten Unpäßlichkeiten etc.) Arbeitsunfähigkeit zur Folge haben, zumal für den arbeitsrechtlichen Krankheitsbegriff, anders als nach § 120 ASVG, die Notwendigkeit der Krankenbehandlung nicht unerläßliches Tatbestandsmerkmal ist (Krejci aao). Das Berufungsgericht würdigte die aufgenommenen Beweise dahin, daß es eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin nicht feststellen könne. Da die Beweislast für einen Rechtfertigungsgrund, der das Entlassungsrecht des Arbeitgebers wegen des ansonsten pflichtwidrigen Fernbleibens des Angestellten von der Arbeit aufhebt, den Angestellten trifft (SZ 51/28 = Arb.9.672; 4 Ob 16/79) ist infolge mißglückter Beweisführung durch die Klägerin von ihrer Arbeitsfähigkeit auszugehen. Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, daß sie auf die Richtigkeit der ausgestellten ärztlichen Bescheinigungen vertrauen durfte, weil diese erst nachträglich und auf Grund einer übertriebenen Schilderung der Beschwerden ausgestellt wurden (vgl.Arb.10.004). Damit steht aber fest, daß die Klägerin, nachdem sie innerhalb weniger Monate wegen zweier ähnlicher Vorfälle von der Beklagten abgemahnt worden war, neuerlich zwei Tage hindurch, also während einer den Umständen nach erheblichen Zeit, die Dienstleistung unter dem wahrheitswidrigen Vorwand einer dringenden, familiär bedingten Dienstverhinderung (§ 8 Abs 3 AngG), also ohne rechtmäßigen Hinderungsgrund unterlassen hat, sodaß ein wichtiger Grund im Sinne des § 27 Z 4 AngG vorlag, der die Beklagte zur vorzeitigen Entlassung berechtigte. Ob das mehrmalige wahrheitswidrige Vorschützen eines nicht gegebenen rechtmäßigen Hinderungsgrundes außerdem den Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit (§ 27 Z 1 letzter Fall AngG) bildet, kann bei dieser Rechtslage auf sich beruhen. Es ist daher auch nicht auf die Frage einzugehen, ob bei der Prüfung der Vertrauensunwürdigkeit der Klägerin auch allfällige damit im Zusammenhang stehenden Pflichtverletzungen der Beklagten in Rechnung zu stellen sind.
Mit der Behauptung, es sei ihr nicht zumutbar gewesen, die Beklagte über den wahren Zweck ihrer Abwesenheit aufzuklären, verkennt die Revisionswerberin die Rechtslage. Da sie sich in ungekündigter Stellung befand, durfte sie zur Vorstellung im Rahmen der Bewerbung um einen anderen Posten nur ihre Freizeit oder einen von der Beklagten bewilligten Urlaub heranziehen. Die Gründe, warum sie Urlaub benötigte, hätte sie freilich der Beklagten nicht bekanntgeben müssen. Die Klägerin ist aber nicht an die Beklagte um Bewilligung eines Urlaubes herangetreten, sondern hat ihr über dritte Personen ausrichten lassen, daß eine dringende Dienstverhinderung eingetreten sei, was den Tatsachen nicht entsprach. Es ist daher, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, ohne Belang, zu welchem tatsächlichen Zweck die Klägerin die zweitägige Abwesenheit vom Dienst nutzte, weil die Entlassung auch dann, wenn sie sich am 3. März 1981 von 8 Uhr bis 10 Uhr bei der Fa. F vorgestellt hätte (siehe die Bestätigung bei ON 53), berechtigt gewesen wäre. Zudem behauptete die Klägerin nicht einmal, wieso sie durch eine derartige Vorstellung in den Vormittagsstunden des 3.März 1981 gehindert gewesen wäre, wenigstens am 4.März 1981 ihren Dienst wieder anzutreten.
Unerheblich ist, ob die Beklagte im Zeitpunkt der Entlassung davon Kenntnis hatte, daß der von der Klägerin gemeldete Grund für ihre Dienstverhinderung wahrheitswidrig war. Nach ständiger Rechtsprechung kann der Dienstgeber auch Umstände als Entlassungsgründe heranziehen, die er erst nach der Entlassung erfahren hat (Arb.8.037, 9.492 uva.).
Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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