Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revision selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Hartmut S*** war bis Ende Dezember 1984 als Rauchfangkehrergeselle beim Kläger beschäftigt. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 11. April 1985, 8 Vr 828/85-11, wurde er des Verbrechens des schweren Betruges schuldig erkannt, weil er in der Zeit vom 3. Jänner bis 7. Februar 1985 in Graz in neun Angriffen mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, die Angestellten der S*** S*** durch die Vorgabe,
Inhaber und Verfügungsberechtigter zu sein, sowie durch Nachmachung der Unterschrift des Kontoinhabers Otto T*** (= des Klägers) auf den Auszahlungsscheinen zu Handlungen, nämlich zur Auszahlung von insgesamt S 220.860,-- verleitet habe, die den Kläger als Kontoinhaber in seinem Vermögen in dieser Höhe schädigten. Die S*** S*** ersetzte dem Kläger in der Folge
S 216.000,--; der bei Hartmut S*** sichergestellte Betrag von
S 1.360,-- wurde dem Kläger ausgefolgt. Den Differenzbetrag von
S 3.500,-- sprach das Oberlandesgericht Graz als Berufungsgericht dem Kläger gemäß § 369 Abs 1 StPO zu.
Die Beklagte und Hartmut S*** kannten einander seit Jänner 1984. Im Jänner 1985 übergab Harmut S*** der Beklagten S 60.000,--, die er vom Konto des Klägers behoben hatte, mit der Äußerung, er schenke ihr diesen Betrag, sie müsse nichts zurückzahlen. In den folgenden Tagen lud er die Beklagte wiederholt zum Essen ein und kaufte ihr Kleider sowie einen Pelzmantel; insgesamt betrug der Aufwand, den Hartmut S*** für die Beklagte aus den vom Konto des Klägers behobenen Beträgen machte, rund S 90.000,--. Hartmut S*** unterrichtete die Beklagte nicht darüber, woher diese Geldbeträge stammten.
Ein gegen die Beklagte wegen fahrlässigen Ansichbringens, Verheimlichens oder Verhandelns von Sachen gemäß § 165 StGB eingeleitetes Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft Graz eingestellt.
Mit der Behauptung, daß die Beklagte über die finanziellen Verhältnisse Hartmut S*** habe Bescheid wissen müssen und die Beträge jedenfalls ohne entsprechende Kritik an sich genommen und für sich verwendet habe, begehrt der Kläger von der Beklagten S 39.820,-- sA (ON 25 und 26). Die Beklagte habe einerseits vom Nichteigentümer erworben und sich andererseits ungerechtfertigt bereichert. Ihr stehe kein Eigentum an den zugewendeten Geldbeträgen zu; der Rückersatz werde "aus welchem Titel auch immer" begehrt (ON 1). S*** habe insgesamt S 257.860,-- vom Konto des Klägers behoben (ON 25 u. 26).
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Zwischen ihr und Hartmut S*** habe nur eine oberflächliche nette Bekanntschaft bestanden; die finanziellen Verhältnisse S*** seien nicht besprochen worden. Sie sei zwar über seine Großzügigkeit verwundert gewesen; er habe ihr aber erklärt, daß er ein bescheidenes Leben führe und sich einiges habe ersparen können. Diese Angaben seien geeignet gewesen, jeglichen Verdacht zu beseitigen und jeden Zweifel zu zerstreuen. Die Beklagte habe gutgläubig erworben und sei Eigentümerin der ihr zugewendeten Gegenstände und Geldbeträge geworden.
Der Erstrichter verurteilte die Beklagte zur Zahlung von S 36.320,-- samt 4 % Zinsen seit 24. Mai 1985 und wies das Mehrbegehren - insoweit rechtskräftig - ab. Er stellte zusätzlich zu dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt noch fest, daß die Beklagte den ihr von S*** geschenkten Betrag von S 60.000,-- dazu verwendet habe, den von ihr gewünschten PKW zu kaufen. Die Beklagte habe alle Geschenke völlig kritiklos angenommen. Sie habe gewußt, daß das von S*** für sie aufgewendete Geld nicht aus seinen Ersparnissen stamme; zumindest hätte sie dies aus den Umständen erkennen müssen. Rechtlich meinte der Erstrichter, daß man grundsätzlich nur dann Eigentum an einer Sache erlangen könne, wenn man diese vom Eigentümer selbst oder doch von demjenigen erwerbe, der zumindest die Befugnis habe, über die Sache zu verfügen; davon gebe es allerdings Ausnahmen, nach denen auch ein Eigentumserwerb vom Nichtberechtigten möglich sei. Auf § 367 ABGB könne sich aber die Beklagte mangels Redlichkeit und Entgeltlichkeit des Rechtsgeschäftes nicht berufen; auch nach § 371 ABGB habe die Beklagte, weil sie schlechtgläubig gewesen sei, nicht Eigentum erworben. Der Kläger habe somit als wahrer Eigentümer das Recht, die Sachen, hier also das Geld, herauszuverlangen. Das Mehrbegehren von S 3.500,-- sei jedoch im Hinblick auf den Zuspruch im Strafverfahren abzuweisen.
Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab und sprach aus, daß die Revision nicht zulässig sei. Es stellte nach Beweiswiederholung den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und fand keine Anhaltspunkte dafür, daß der Beklagten die Gutgläubigkeit beim Erwerb des ihr zugewendeten abgesprochen werden könnte.
Rechtlich führte es aus:
Auf sein Eigentumsrecht könne der Kläger seinen Anspruch nicht gründen: Mit dem Geldinstitut habe ihn als Kontoinhaber ein bloß obligatorisches Rechtsverhältnis verbunden; aus dieser Geschäftsverbindung sei er der Kreditunternehmung gegenüber berechtigt und verpflichtet gewesen. Dieses aus einem Schuldverhältnis entspringende Verfügungsrecht könne nicht zu einer Eigentumsklage legitimieren.
Bei allseitiger rechtlicher Beurteilung des Sachverhaltes sei zu prüfen, ob der Beklagten ein Bereicherungs- oder ein Schadenersatzanspruch zustehe. Das Bereicherungsrecht habe die Aufgabe, ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen rückgängig zu machen; dabei sei zu untersuchen, ob die Bereicherung durch eine Leistung des Verkürzten oder in sonstiger Weise herbeigeführt wurde. Während eine Leistung eine bewußte Zuwendung des Verkürzten an einen anderen voraussetze - und damit hier ausscheide -, sei für die Rückführung einer Bereicherung in sonstiger Weise wesentlich, daß eine Sache (im weiteren Sinn des § 285 ABGB, also auch Geld) zum Nutzen eines anderen verwendet wurde. Dieser Verwendungsanspruch stehe aber gegen einen gutgläubigen Erwerber nicht zu. Nach den Regeln des Schadenersatzes könnte die Beklagte nur dann für das Vergehen S*** haften, wenn sie davon Kenntnis gehabt hätte, dies sei aber unbewiesen geblieben. Fehle es somit am Erfordernis eines Verschuldens der Beklagten, so sei die Frage, ob der Kläger tatsächlich einen Schaden erlitten habe, nicht zu prüfen. Gegen dieses Urteil wendet sich die außerordentliche Revision des Klägers mit dem Antrag, das Ersturteil wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil die für den Ausgang des Rechtsstreites entscheidende Frage, ob ein Verwendungsanspruch gegen den gutgläubigen Empfänger von Bargeldbeträgen besteht - soweit überblickbar - noch nicht Gegenstand der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes war; die Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO liegen demnach vor.
Die Revision ist aber nicht berechtigt.
Gegen die - rechtliche - Schlußfolgerung des Gerichtes zweiter Instanz, daß die Beklagte auf Grund der festgestellten Umstände keinen Grund gehabt habe, Verdacht zu schöpfen, daß Hartmut S*** die ihr geschenkten Geldbeträge auf verbrecherische Weise erlangt habe, wendet sich der Kläger nicht; dabei handelt es sich, da es auf die Umstände des Einzelfalles ankommt, auch nicht um eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO.
Nach § 371, zweiter Fall, ABGB erwirbt der Empfänger von Geld (-zeichen) daran Eigentum, sofern nur die allgemeinen Voraussetzungen der Übereignung, also Rechtsgrund und Übergabe, erfüllt sind. Das gilt nach ganz herrschender Auffassung auch bei unentgeltlichem Erwerb (Klang in Klang2 II 232; Ehrenzweig, System2 I/2, 190; Frotz, Gutgläubiger Mobiliarerwerb und Rechtsscheinprinzip, Kastner-FS 1972 147; Koziol-Welser8 II 78; F.Bydlinski, Mißbräuchliche Verfügungen über Bankkonten und Verwendungsansprüche des Kontoberechtigten; QuHGZ 1981 H 3, 51 ff 53; dagegen nur Spielbüchler, Der Dritte im Schuldverhältnis 230 f); die Richtigkeit dieser Auffassung ergibt sich schon daraus, daß § 371 ABGB im Gegensatz zu § 367 ABGB nicht vom Erwerb gegen Entgelt spricht. Die Beklagte hat infolge dessen an dem von ihr im guten Glauben von Hartmut S*** entgegengenommenen Bargeld in der Höhe von S 60.000,-- Eigentum erworben. Nach Lehre und Rechtsprechung entfällt der Verwendungsanspruch des § 1041 ABGB dann, wenn die Vermögensverschiebung gerechtfertigt ist; das ist nicht nur dann der Fall, wenn sie durch einen Vertrag zwischen dem Verkürzten und dem Bereicherten, sondern auch dann, wenn sie durch das Gesetz gedeckt ist (Stanzl in Klang2 IV/1 909 f;
Koziol-Welser8 I 384; Rummel in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 1041;
vgl. SZ 43/98; SZ 44/14 u.a.). Auf Grund dieser Erwägung hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß der Inhaber eines für kraftlos erklärten Wertpapieres gegen denjenigen, der den das Recht aus dem Papier nunmehr verkörpernden Kraftloserklärungsbeschluß von einer Mittelperson käuflich erworben hat, keinen Verwendungsanspruch hat (JBl 1970, 476), weil in diesem Fall der Käufer (originär) Eigentum erworben hat.
Dem Schutzzweck der Gutglaubensvorschriften entspricht es, gegen den gutgläubigen sachenrechtlichen Erwerber des Eigentums auch den obligatorischen Verwendungsanspruch des ehemaligen Eigentümers auszuschließen; das gilt auch für den Gutglaubenserwerb nach § 371 ABGB (Bydlinski aaO 53; Koziol-Welser aaO). Selbst wenn also der Kläger - was das Berufungsgericht schon zutreffend verneint hat - Eigentümer der Geldscheine gewesen wäre, die Hartmut S*** der Beklagten geschenkt hat, könnte er mit seinem Verwendungsanspruch nicht durchdringen; umso weniger kann im vorliegenden Fall dieser Anspruch bejaht werden.
Demnach kann zwar nicht allgemein gesagt werden, daß ein gutgläubiger Erwerber nicht nach § 1041 ABGB in Anspruch genommen werden könnte, besteht doch dieser Anspruch grundsätzlich auch gegen den redlichen Besitzer (Stanzl aaO 918; SZ 55/12 u.a.); die Verwendungsklage ist aber ausgeschlossen, wenn der gute Glaube zum Eigentumserwerb geführt hat.
Den Feststellungen der Vorinstanzen ist nicht eindeutig zu entnehmen, ob Hartmut S*** die aus den rechtswidrigen Abhebungen vom Konto des Klägers finanzierten Anschaffungen - wie insbesondere den Pelzmantel und die Kleider - zunächst selbst gemacht hatte, um die Sachen dann der Beklagten zu schenken, oder ob er ihr das Geld geschenkt hatte, mit dem sie dann (in seiner Gegenwart) die Gegenstände gekauft hat. Sollte das letztere zutreffen, dann hätte die Beklagte nach dem oben Gesagten Eigentum an dem Bargeld kraft guten Glaubens (§ 371, zweiter Fall, ABGB) erworben; im ersten Fall hingegen wäre keine Sache des Klägers, sondern eine solche Hartmut S*** für die Beklagte verwendet worden, so daß auch hier ein Verwendungsanspruch des Klägers nicht in Frage käme. Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Urteils.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.
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