Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben; die angefochtene einstweilige Verfügung wird dahin abgeändert, daß der den Sicherungsantrag der klagenden Partei abweisende Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 37.780,20 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten 6.296,70 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung
Beide Streitteile betreiben in zahlreichen Filialen in ganz Österreich den Einzelhandel mit Parfümeriewaren.
Am 4.3.1995 waren in der Filiale der Beklagten in W*****, auf eigenen Regalständern oder an der Wand Plakate mit nachstehenden Preisgegenüberstellungen angebracht:Die Plakate enthalten den auffälligen Vermerk "Preiß'n Kracher".
Am 14.3.1995 war in der Filiale der Beklagten in W*****, links vom Eingang ein Schüttkorb mit einem Plakat aufgestellt, das folgende Aufschrift trug:
"Omo Nachfüllpackung
2 x 1,5 kg, sort.
169,80 (durchgestrichen) 139,90"
Mit der Behauptung, daß diese Preisgegenüberstellungen der Beklagten gegen § 2 UWG verstießen, weil daraus nicht deutlich hervorgehe, auf welchen Vergleichspreis Bezug genommen werde, beantragt die Klägerin zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung die Werbung mit Preisgegenüberstellungen zu untersagen, wenn aus ihnen nicht deutlich hervorgeht, auf welche Preise zu Vergleichszwecken hingewiesen wird, all dies insbesondere hinsichtlich der Artikel "Forsana Trinkmahlzeiten, 500 g", "Forsana Diätmahlzeiten, 500 mg", "Fissan Öltücher, Nachfüllung 2 x 120 Stk.", "Moltex Höschenwindeln", "Beba II Milchfertignahrung, 1000 g", "Hipp Menü, 190 g sort.", "Fissan Feuchttücher, Nachfüllung, 150 Stk." und "Omo Nachfüllpackung 2 x 1,5 kg".
Die Beklagte macht im Hinblick auf den zwischen den Streitteilen zu 8 Cg 2/85b des Erstgerichtes anhängigen Rechtsstreit und das damit verbundene Provisorialverfahren das Prozeßhindernis der Streitanhängigkeit geltend; im übrigen beantragt sie die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Die auf Preisschildern in ihren Filialen angekündigten Preisherabsetzungen seien nicht irreführend, weil jedermann klar sei, daß die durchgestrichenen höheren Preise die eigenen regulären Preise der Beklagten waren, was auch zutreffe. Die Klageführung sei sittenwidrig und rechtsmißbräuchlich, weil die Klägerin die Beklagte mit immer neuen Klagen desselben Inhalts "überschütte", obwohl sie selbst ungeniert eine irreführende "statt"-Preis-Werbung betreibe. Ihr fehle daher auch das Rechtsschutzinteresse für die beantragte einstweilige Verfügung, welche überdies wegen mangelnder Dringlichkeit abzuweisen sein werde.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag der Klägerin ab. Die beanstandeten Ankündigungen über Preisherabsetzungen der Beklagten seien nicht irreführend, weil sie vom Publikum nur dahin verstanden würden, daß die durchgestrichenen Vergleichspreise die früheren eigenen Preise der Beklagten waren. Dies umso mehr, als die Plakate jeweils auffällig den Vermerk "Preiß'n Kracher" enthielten und damit ein Bezug auf die von der Beklagten anläßlich des EG-Beitritts Österreichs seit mehreren Monaten betriebene und allgemein bekannte "Werbestrategie" mit sogenannten "Preiß'n Preisen" hergestellt werde.
Das Rekursgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Abgesehen davon, daß das Prozeßhindernis der Streitanhängigkeit für das Provisorialverfahren bei Anhängigkeit des Hauptverfahrens nicht maßgeblich sei, liege es im vorliegenden Fall schon deshalb nicht vor, weil den im Verfahren 8 Cg 2/95b des Erstgerichtes erhobenen Ansprüchen andere Wettbewerbsverstöße der Beklagten zugrunde lägen.
Mit den Preisgegenüberstellungen auf den beanstandeten Plakaten habe die Beklagte gegen § 2 UWG verstoßen, fehle doch die nach der Rechtsprechung erforderliche Erläuterung, auf welche Preise sich die jeweiligen Vergleiche beziehen. Gerade bei Markenartikeln - wie im vorliegenden Fall - sei aber auch an empfohlene Listenpreise zu denken, so daß die sogenannte "Unklarheitenregel" anzuwenden sei. Auch der allfällige Zusammenhang mit einer Preisgestaltung in der europäischen Gemeinschaft besage nichts darüber, welche Preise zu Vergleichszwecken herangezogen wurden. Eine planmäßige, auf die Vernichtung des Konkurrenten angelegte Rechtsverfolgung der Klägerin habe die Beklagte nicht bescheinigt. Eigene gleichartige Wettbewerbsverstöße der Klägerin könnten aber ihr Klagerecht nicht beeinträchtigen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist entgegen der Meinung der Klägerin schon deshalb zulässig, weil das Rekursgericht im Ergebnis von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu Preisgegenüberstellungen abgewichen ist; das Rechtsmittel ist auch berechtigt.
Die Nichtberücksichtigung der Streitanhängigkeit begründet eine Nichtigkeit (Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 7 zu §§ 232, 233 und die dort angeführte Rsp), welche jedoch vom Berufungsgericht verneint worden ist. Auch im Rekursverfahren gilt aber - wie im Revisionsverfahren - der Grundsatz, daß eine vom Rekursgericht verneinte Nichtigkeit nicht mehr an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden kann (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 1 zu § 528 und die dort angeführte Rsp).
In der Sache selbst wendet sich aber die Beklagte zutreffend gegen die Auffassung des Rekursgerichtes, daß sie mit der beanstandeten Plakatwerbung in zwei Filialen gegen § 2 UWG verstoßen habe:
Die Werbung mit Preisgegenüberstellungen, insbesondere mit sogenannten "statt"-Preisen, denen durchgestrichene Preis gleichstehen (ÖBl 1979, 75 - V-Geburtstagsaktion und 128 - Sport-K-Superpreise; ÖBl 1984, 17 - Markisen-Preisknüller ua), ist in Österreich - im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland (s. § 6 e Abs 1 dUWG und Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht17 901, Rz 294 zu § 3 dUWG) - erlaubt, wenn die Umworbenen nicht irregeführt oder verunsichert werden (Fitz/Gamerith, Wettbewerbsrecht 21). Eine derartige Werbung verstößt demnach nach ständiger Rechtsprechung (ua) dann gegen § 2 UWG, wenn mangels näherer Erläuterung, wessen Preise (zB vom Hersteller empfohlener Listenpreis; Preis irgendeines Konkurrenten) zum Vergleich herangezogen werden, eine Irreführung des Käuferpublikums möglich ist. Dabei ist wegen der suggestiven Wirkung einer solchen Werbemethode ein strenger Maßstab anzulegen und im Interesse der angesprochenen Verkehrskreise zu fordern, daß aus dem Wortlaut und aus dem Gesamtbild der als Einheit zu betrachtenden Ankündigung ausreichend deutlich hervorgeht, auf welche Preise jeweils zu Vergleichszwecken hingewiesen wird. Bei einer unklaren Ankündigung muß der Ankündigende die für in ungünstigste Auslegung gelten lassen (Fitz/Gamerith aaO; ÖBl 1979, 75 - V-Geburtstagsaktion und 128 - Sport-K-Superpreise mwN; ÖBl 1984, 17 - Markisen-Preisknüller und 156 - Hi-Fi-Sonderangebot; ÖBl 1989, 144 - Großer Schuhverkauf; MR 1989, 181 - Orientteppiche; WBl 1995, 167 - Eröffnungsangebote uva). Abgesehen von Eröffnungsangeboten (WBl 1995, 167 - Eröffnungsangebote mwN) bringt aber auch ein zeitlich begrenztes Angebot mit "statt"-Preisen oder ähnlichen Wendungen ("bisher.....jetzt"; allenfalls mit Durchstreichen des alten Preises; "bis zu 50 % reduziert") schon deutlich zum Ausdruck, daß auf die bisherigen (Normal-)Preise des Werbenden Bezug genommen wird (Fitz/Gamerith aaO; ÖBl 1979, 75 - V-Geburtstagsaktion und 128 - Sport-K-Superpreise; ÖBl 1986, 66 - Tapetenstudio uva).
Letzteres trifft aber entgegen der Meinung des Rekursgerichtes hier zu: Es ist allgemein bekannt und wird daher von den Kaufinteressenten bereits erwartet, daß Supermärkte, Einkaufszentren und Verkaufsketten immer wieder - oftmals sogar nur in einzelnen Filialen - (zeitlich begrenzte) Preisherabsetzungen durchführen und bei solchen Aktionen einzelne Waren oder Warengruppen verbilligt abgeben. Preisschilder oder Plakate in Geschäften, auf denen jeweils unter Bezugnahme auf einen anderen - durchgestrichenen - Preis die aktuellen neuen Preise bekanntgegeben werden, werden daher vom Publikum nur dahin verstanden, daß die durchgestrichenen Preise die früheren Preise des Werbenden sind, welche herabgesetzt wurden. Infolge dieser weit verbreiteten Praxis fehlt für jede andere Deutung einer solchen Ankündigung auf Preisschildern oder Plakaten in den Geschäften, wie etwa, daß die durchgestrichenen Preise unverbindlich empfohlene Richtpreise der Markenartikelhersteller seien, fehlt jeder Anhaltspunkt, sodaß es einer umfangreichen Gedankenoperation des Lesers bedürfte, um die Ankündigung solcher Preise annehmen zu können; dies entspräche nicht der Auffassung des Durchschnittsinteressenten (ÖBl 1979, 128 - Sport-K-Superpreise; ÖBl 1984, 17 - Markisen-Preisknüller).
Dazu kommt noch, daß die Beklagte mit dem Hinweis auf "Preiß'n Kracher" auf eine Preissenkung anläßlich des EU-Beitritts hingewiesen hat.
Von einer Mehrdeutigkeit der beanstandeten Preisankündigungen kann bei dieser Sachlage entgegen der Meinung des Rekursgerichtes keine Rede sein. Waren aber die beanstandeten Ankündigungen nur dahin zu verstehen, daß die Beklagte in den betreffenden Filialen ihre eigenen - durchgestrichenen - Preise reduziert hatte, dann kann ihr eine irreführende Angabe im geschäftlichen Verkehr (§ 2 UWG) nicht zum Vorwurf gemacht werden, hat doch nicht einmal die Klägerin in Frage gestellt, daß es sich bei den durchgestrichenen Preisen tatsächlich um die früheren Verkaufspreise der Beklagten handelt.
Diese Erwägungen führen bereits dazu, daß in Stattgebung des Revisionsrekurses der den Sicherungsantrag abweisende Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen war; die von der Beklagten erhobenen weiteren Einwendungen müssen daher nicht mehr näher geprüft werden.
Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf §§ 402 Abs 4, 78 EO und §§ 41, 50 Abs 1, § 52 Abs 1 ZPO.
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