OGH 4Ob542/89 (4Ob1521/89)

OGH4Ob542/89 (4Ob1521/89)27.6.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Michael S***, Hotelrepräsentant, Weerberg 104 e, vertreten durch Dr.Karl Eppacher, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Franz Xaver O***, Bauunternehmer, Bodenmais, Moosweg 2, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr.Klaus Nuener, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Zuhaltung eines Vertrages (Streitwert zu 18 Cg 32/88 des Erstgerichtes S 31.000; gemäß § 7 RATG S 300.000; Streitwert zu 18 Cg 22/88 des Erstgerichtes S 300.000) infolge ordentlicher und außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 17.März 1989, GZ 4 R 7, 8/89-37, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 28.Oktober 1988, GZ 18 Cg 32/88-31, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

I./ den Beschluß gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision des Klägers wird zurückgewiesen.

II./ zu Recht erkannt:

Der (ordentlichen) Revision des Klägers wird nicht Folge gegeben. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 11.125,80 (darin enthalten S 1.854,30 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger übt das Gewerbe eines Hotelvermittlers (Vermittlung zwischen Hotels und Reisebüros) aus. Am 16.2./23.2.1987 schloß er mit dem Beklagten, der das Hotel "Club Olympia" in der Axamer Lizum betreibt, den vom Kläger verfaßten und als "Hotelrepräsentationsvertrag" bezeichneten Vertrag (Beilage ./A), nach dessen Punkt 1 der Kläger zum "Repräsentanten (Vermittlung von Gästen)" bestellt wurde. Der Kläger verpflichtet sich, das gesamte Hotelbettenkontingent "zu bestmöglichen Konditionen und bei absoluter Belegspriorität" an Reiseveranstalter "zu verkaufen". Der Jahresumsatz sollte mindestens 30 Millionen S betragen. Für den Fall des Abschlusses eines Vermittlungsgeschäftes durch den Kläger wurde eine Provision im Ausmaß von 5 % des durch das vermittelte Geschäft erzielten Bettenumsatzes vereinbart. Der Beklagte verpflichtete sich, dem Kläger alle für die Provisionsabrechnung erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen und insbesondere in die Abrechnungen mit den vermittelten Gästen Einsicht zu gewähren. Der Vertrag enthält ua den Passus: "ST (= Kläger) ist Vermittler und übernimmt für das Inkasso keine Verantwortung".

Vor dem Abschluß dieses Vertrages hatten die Streitteile verschiedene Möglichkeiten der Zusammenarbeit besprochen. Der Kläger hatte dem Beklagten vorgeschlagen, entweder einen Pachtvertrag oder einen sogenannten "Managementvertrag" - der den Kläger hätte berechtigen sollen, das Hotel des Beklagten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zu führen - abzuschließen. In der Folge kamen die Parteien überein, daß der Kläger vorerst als Vermittler für den Beklagten tätig sein solle. Zu einer Änderung des Hotelrepräsentationsvertrages kam es nicht. Als der Kläger dem Beklagten Ende November oder Anfang Dezember 1987 erklärte, daß die organisatorische und die finanzielle Abwicklung nunmehr "über ihn laufen werde", entgegnete der Beklagte, daß er damit nicht einverstanden sei. Die Abrechnung der Provision des Klägers erfolgte vereinbarungsgemäß so, daß der Kläger auf Grund seiner Aufzeichnungen dem Beklagten eine Abrechnung erstellte, die der Beklagte an Hand der tatsächlichen Buchungen überprüfte. Als der Kläger im Dezember 1987 eigenmächtig davon abging und selbst mit den Reisebüros abrechnete, wies der Beklagte die Reisebüros an, direkt mit ihm abzurechnen.

Mit den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen beantragt der Kläger, den Beklagten schuldig zu erkennen,

1. die von ihm vermittelten Gäste im Hotel "Club Olympia" und im Hotel "Club Young Olympia" zu beherbergen (Klagebegehren zu 18 Cg 32/88 des Erstgerichtes) und

2. die Abrechnung (Fakturierung) zwischen ihm und den vom Kläger vermittelten Reisebüros aussschließlich über den Kläger durchzuführen, die Rechnungen und Reisegutscheine (Voucher) aus diesen Geschäftsfällen ausschließlich an den Kläger zum Zweck der Weiterfakturierung an die Reisebüros zu übermitteln und die Reisebüros nicht anzuweisen, direkt mit dem Beklagten zu verrechnen (Klagebegehren zu 18 Cg 22/88 des Erstgerichtes).

Der Kläger hätte die Beherbergungsverträge mit den Reisebüros im eigenen Namen und auf eigene Rechnung abschließen sollen; der Beklagte habe sich verpflichtet, die vom Kläger vermittelten Geschäfte abzuschließen bzw auszuführen. Die Streitteile hätten daher auch vereinbart, daß das "Inkasso" über den Kläger erfolge; der Kläger hätte selbst an die Reisebüros fakturieren sollen, weil nur dadurch eine geordnete Unterbringung der Gäste gewährleistet gewesen sei. Der Kläger sei auch berechtigt gewesen seine Provision von den eingehenden Zahlungen abzuziehen. Seit Ende 1987 habe der Beklagte vereinbarungswidrig von den Reisebüros die direkte Abrechnung mit ihm verlangt und die Gäste jener Reiseveranstalter ausquartiert bzw nicht aufgenommen, die nicht bereit waren mit ihm direkt abzurechnen. Die vom Beklagten ausgesprochene Auflösung des Vertragsverhältnisses sei nicht wirksam. Der Vorwurf, daß der Kläger das Hotel überbelegt habe, treffe nicht zu.

Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klagen. Der Kläger sei im Vertrag ausdrücklich zum Vermittler des Beklagten bestellt worden. Es sei nicht richtig, daß die Verträge über die Unterbringung von Gästen im Hotel des Beklagten mit den Reiseveranstaltern im eigenen Namen und auf Rechnung des Klägers hätten abgeschlossen werden sollen; auch die Abrechnung mit den Reiseveranstaltern hätte der Beklagte selbst vornehmen sollen. Deshalb sei im Vertrag auch vereinbart worden, daß der Beklagte dem Kläger in die Abrechnungen Einsicht zu gewähren habe. Als Vermittler könne der Kläger nicht die Erfüllung der von ihm vermittelten Geschäfte begehren; er habe aber auch keinen vertraglichen Anspruch auf direkte Verrechnung mit den Reiseveranstaltern. Außerdem habe der Beklagte den Hotelrepräsentationsvertrag mit eingeschriebenem Brief vom 16.11.1987 aufgelöst, weil der Kläger mehrfach gegen dessen Bestimmungen verstoßen habe.

Das Erstgericht wies beide Klage ab. Der Kläger sei vom Beklagten beauftragt worden, mit Reiseveranstaltern im Namen und auf Rechnung des Beklagten Verträge über die Unterbringung von Gästen im Hotel des Beklagten zu vermitteln bzw abzuschließen; er sei daher zum Handelsvertreter bestellt worden. Als solchem stehe dem Kläger für seine Tätigkeit nur die Provision zu; Anspruch auf Abschluß der von ihm vermittelten oder auf Ausführung der von ihm abgeschlossenen Geschäfte habe er nicht. Der Kläger sei auch nicht berechtigt, direkt mit den Reiseveranstaltern abzurechnen. Die Streitteile hätten derartige Rechte auch nicht vereinbart.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, soweit er den im Verfahren 18 Cg 32/88 des Erstgerichtes erhobenen Anspruch betrifft, S 300.000 übersteige, soweit er aber den im Verfahren 18 Cg 22/88 des Erstgerichtes erhobenen Anspruch betrifft, zwar S 60.000, nicht jedoch S 300.000 übersteige und die Revision in diesem Verfahren nicht zulässig sei. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung. Auf die Rechtsbeziehung der Streitteile sei gemäß § 36 IPRG österreichisches Recht anzuwenden, weil der österreichische Kläger für seine Vermittlungstätigkeit vom deutschen Beklagten die Provision, also zumindest überwiegend Geld, erhalte. Die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß einem Handelsvertreter gegenüber seinem Geschäftsherrn die geltend gemachten Ansprüche nicht zustünden, treffe zu; weitergehende Vereinbarungen seien nicht erwiesen.

Gegen dieses Urteil richtet sich im Verfahren 18 Cg 32/88 des Erstgerichtes die ordentliche Revision und im Verfahren 18 Cg 22/88 des Erstgerichtes die außerordentliche Revision des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Stattgebung des zu 18 Cg 32/88 des Erstgerichtes erhobenen Anspruches abzuändern und "die Revision im Verfahren 18 Cg 22/88 des Erstgerichtes für zulässig zu erklären".

Der Beklagte beantragt, der ordentlichen Revision nicht Folge zu geben und die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

I. Zur ordentlichen Revision:

Die zutreffende Auffassung des Berufungsgerichtes, daß das HandelsvertreterG dem Handelsvertreter gegenüber seinem Geschäftsherrn keinen Anspruch einräumt, das auftragsgemäß vermittelte Geschäft abzuschließen bzw das vom Handelsvertreter befugterweise abgeschlossene Geschäft auch auszuführen (Ehrenzweig2 II/1, 535 f; Klang2 IV/1, 866; Hämmerle-Wünsch, Handelsrecht3 I 296; Jabornegg, Handelsvertreterrecht und Maklerrecht 233, 281 f), bekämpft der Kläger in seiner Revision nicht mehr. Der Hotelrepräsentationsvertrag sei aber seiner Ansicht nach im Hinblick auf das Schreiben des Beklagten vom 23.3.1987 Beilage B ("Herr S*** ist berechtigt, einen Hotelvertrag abzuschließen und trägt gemeinsam mit mir bei Nichteinhaltung einzelner Vertragspunkte die Verantwortung") und die Parteienaussage des Beklagten in ON 30 S 176 ("Es ist logisch, daß ich mich gegenüber dem Kläger verpflichtet habe, seine Gäste aufzunehmen, da ich ja mit ihm einen Hotelrepräsentationsvertrag abgeschlossen habe") dahin auszulegen, daß sich der Beklagte ihm gegenüber vertraglich verpflichtet habe, vermittelte Geschäfte auch abzuschließen bzw abgeschlossene Geschäfte auch auszuführen. Der Kläger gesteht im Rahmen dieser Ausführungen selbst zu, daß dieses Recht im Vertrag nicht ausdrücklich geregelt wurde. Ausdrückliche, beim Vertragsabschluß darauf gerichtete Parteienerklärungen konnten nicht festgestellt werden; aber auch aus dem Zweck des Vertrages ergibt sich nicht die Absicht der Parteien, dem Kläger ein derartiges Recht einzuräumen. Mit dem Vertrag bestellte der Beklagte den Kläger zu seinem Vertreter. Eine weitergehende Rechtsstellung des Klägers (Pächter oder "Manager") war zwar im Gespräch, sollte aber zunächst nicht eingeräumt werden. Ein über das die Zahlung der Provision hinausgehendes Interesse des Klägers an der Ausführung der durch seine Tätigkeit zustande gekommenen Geschäfte ergibt sich daraus nicht. Die Absicht, eine solche Regelung zu treffen, die über einen reinen Handelsvertretervertrag hinausgehen würde (Jabornegg aaO 233), kann den Parteien, die zunächst nur ein Vertretungsverhältnis begründen wollten, nicht unterstellt werden. Mangels einer solchen Interessenlage besteht aber auch kein Grund, dem Vertrag Wirkungen zuzuerkennen, die über das Gesetz und die Stellung des Klägers als Vertreter hinausgehen. Die (einseitigen) Erklärungen des Beklagten, auf die sich die Revision beruft, beziehen sich nicht auf die beim Vertragsabschluß abgegebenen Erklärungen, so daß sie bei der Auslegung der Vertragsurkunde nicht herangezogen werden können. Mag der Kläger auch im Interesse der Erhaltung seiner Geschäftsbeziehungen zu Reisenveranstaltern an einem derartigen, über das Recht seiner Kunden auf Ausführung der Geschäfte hinausgehenden eigenen Recht interessiert gewesen sein, so hat ein solches Recht im Vertrag jedoch keinen entsprechenden Niederschlag gefunden.

Mit seinen weiteren Revisionsausführungen, der Beklagte habe sein Anbot vom 16.2.1987 (Beil ./A) nicht angenommen, geht der Kläger nicht vom festgestellten Sachverhalt aus: Diese Vertragsurkunde wurde vom Beklagten am 23.2.1987 unterschrieben. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen war der Kläger damals mit allen vom Beklagten vorgenommenen Änderungen (Streichungen) einverstanden. Damit steht aber die volle Einigung der Parteien auf der Basis dieser Urkunde fest.

Der Revision war somit ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Als Kostenbemessungsgrundlage war dabei nur der für das Verfahren 18 Cg 32/88 des Erstgerichtes festgelegte Streitwert (§ 7 RATG) zugrunde zu legen.

II. Zur außerordentlichen Revision:

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes, daß der Kläger keinen Anspruch hat, unter Ausschließung des Beklagten die Unterbringungsleistungen mit den Reiseveranstaltern zu verrechnen, beruht nicht auf der Lösung von Rechtsfragen, sondern liegt ausschließlich - unter Zugrundelegung insoweit ausdrücklicher Feststellungen - im Tatsachenbereich. Die Voraussetzungen für eine außerordentliche Revision im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO sind daher nicht gegeben.

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