Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Beklagte wurde am 20.9.1992 geboren; sie ist die Tochter von Melanie F*****. Der Kläger hat mit der Kindesmutter am 4.1.1992 geschlechtlich verkehrt. Die Kindesmutter bezeichnete den Kläger als den Vater der Beklagten; der Kläger anerkannte am 3.11.1992 die Vaterschaft.
Der Kläger ist Eistänzer; Melanie F***** Eiskunstläuferin. Sie lernten einander etwa 1988 kennen; im August 1991 nahmen sie intime Beziehungen auf, die Anfang Februar 1992 endeten. Im Mai 1992 teilte Melanie F***** dem Kläger mit, daß sie im fünften Monat schwanger sei.
Der Kläger begehrt die Feststellung, daß das von ihm am 3.11.1992 abgegebene Anerkenntnis der Vaterschaft zur Beklagten rechtsunwirksam ist.
Er habe nunmehr von Umständen erfahren, die die Vermutung seiner Vaterschaft entkräfteten. Ein Bekannter hätte ihm im Dezember 1992 erzählt, bereits im Sommer 1992 von Gerhard W***** erfahren zu haben, daß der Kläger sicher nicht der Vater des Kindes sei, das Melanie F***** damals erwartete. Im Februar 1993 habe Gerhard W***** Monika F***** erzählt, nur Stunden, bevor der Kläger die Beklagte gezeugt haben soll, mit der Kindesmutter geschlechtlich verkehrt zu haben. Wäre dies dem Kläger im November 1992 bekannt gewesen, so hätte er die Vaterschaft nicht anerkannt. Daß seine Vaterschaft nicht wahrscheinlich sei, werde durch medizinische Gutachten nachzuweisen sein.
Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. Nach der gesetzlichen Vermutung sei die Vaterschaft des Klägers wahrscheinlich.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Es stellte zusätzlich zum oben wiedergegebenen Sachverhalt noch fest, daß die Mutter der Beklagten im Dezember 1991 und Jänner 1992 nur mit dem Kläger geschlechtlich verkehrt habe. Die Klage sei rechtzeitig; der Kläger habe aber weder Umstände bewiesen, die gegen die Annahme seiner Vaterschaft sprächen, noch habe er den Beweis erbracht, daß seine Vaterschaft unwahrscheinlicher als die eines anderen Mannes sei.
Das Berufungsgericht hob die Entscheidung des Erstgerichtes auf und verwies die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Das Gericht habe von Amts wegen dafür zu sorgen, daß alle für die Entscheidung wichtigen Tatumstände vollständig aufgeklärt werden. Nach dem bisherigen Stand der Beweiserhebungen seien die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen unbedenklich; es könne aber nicht ausgeschlossen werden, daß das beantragte serologische Sachverständigengutachten zu einer anderen Würdigung der Beweise führen müßte. Da der Untersuchungsgrundsatz gelte, sei das Verfahren mangelhaft geblieben.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung gerichtete Rekurs der Beklagten ist nicht berechtigt.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, daß auch der Untersuchungsgrundsatz das Gericht nicht dazu verpflichte, sämtliche erdenklichen Beweise aufzunehmen. Das Gericht sei weder in seiner freien Beweiswürdigung eingeschränkt noch habe es überflüssige Beweise aufzunehmen. Schon die aufgenommenen Beweise hätten die Klagebehauptungen widerlegt. Da somit der entscheidungswesentliche Sachverhalt geklärt sei, seien weitere Beweisaufnahmen nicht erforderlich.
Gemäß § 164 b ABGB ist die Rechtsunwirksamkeit des Anerkenntnisses
auf Klage des Anerkennenden gegen das Kind (ua dann) festzustellen,
wenn der Anerkennende beweist, daß solche Umstände vorliegen, die die
Vermutung seiner Vaterschaft entkräften und die er zur Zeit der
Anerkennung nicht gekannt hat. Für Streitigkeiten über die
Vaterschaft zu einem unehelichen Kind setzt Art V Z 5 UeKindG
fest, daß das Gericht von Amts wegen für die Aufklärung aller für die
Entscheidung wichtigen Tatumstände zu sorgen hat. Der
Untersuchungsgrundatz gilt daher auch in Verfahren nach § 164 b
ABGB (s Fasching, LB2 Rz 2379; derselbe Komm IV 940; Gamerith, ÖJZ
1972, 57 [60]). Das Gericht hat alle Beweise aufzunehmen, von
denen eine weitere Aufklärung des entscheidungswesentlichen
Sachverhaltes erwartet werden kann, und zwar selbst dann, wenn sie
von keiner Partei beantragt wurden oder wenn sich die Parteien
dagegen ausgesprochen haben. Ist es nämlich Ziel der gerichtlichen
Vaterschaftsfeststellung, die größtmögliche Übereinstimmung mit den
wahren Abstammungsverhältnissen zu erreichen, dann muß ein Maximum
und Optimum an richterlicher Ermittlungstätigkeit gefordert werden
(EvBl 1995/4 mwN).
Diese Forderung ist im Regelfall nicht erfüllt, wenn sich das Verfahren auf die Vernehmung von Zeugen und Parteien beschränkt. Für die Feststellung der Vaterschaft stehen naturwissenschaftliche Methoden zur Verfügung; ihr Ergebnis kann schon seiner Objektivität wegen nicht durch Aussagen ersetzt werden, die naturgemäß von den Interessen und Empfindungen der Betroffenen geprägt sind. Auch wenn nämlich das Gericht durch den Untersuchungsgrundsatz weder in seiner freien Beweiswürdigung beschränkt noch verpflichtet ist, unnötige Beweise aufzunehmen (so die von der Beklagten zitierte Entscheidung des OLG Wien EFSlg 23.205; s auch EFSlg 69.921 = ÖA 1993, 105), ist die Verpflichtung, alle für die Entscheidung wichtigen Tatumstände aufzuklären, regelmäßig nicht erfüllt, solange die durch die Wissenschaft gebotenen Möglichkeiten der Aufklärung der Abstammung nicht genützt sind. Erst dann sind alle Tatumstände geklärt; zu den für die Entscheidung wesentlichen Tatumständen gehört nämlich auch der Umstand, ob derjenige, der die Vaterschaft anerkannt hat, aufgrund wissenschaftlicher Untersuchungen als Vater ausgeschlossen oder nicht ausgeschlossen ist.
Das Berufungsgericht hat dem Erstgericht daher zu Recht aufgetragen, das Verfahren zu ergänzen. Der Kläger hat Umstände behauptet, die in ihm Zweifel an seiner Vaterschaft weckten. Es sind dies Mitteilungen Dritter, die ihm zwar erst nach seinem Anerkenntnis zugekommen sind, aber Vorgänge betreffen, welche sich in dem Zeitraum ereignet haben sollen, in dem die Beklagte gezeugt wurde. Der Kläger stützt seine Klage daher auf Umstände, die nicht erst nach seinem Anerkenntnis entstanden sind. Wie überzeugend die Mitteilungen sind, kann nicht ausschlaggebend sein, weil es für die Zulässigkeit der Klage nach § 164 b ABGB schon ausreichen muß, daß der Anerkennende aufgrund von Umständen, die ihm nach seinem Anerkenntnis bekanntgeworden sind, Zweifel hat, tatsächlich der Vater zu sein. Die Vaterschaft zu einem unehelichen Kind soll ja keine bloße Zahlvaterschaft sein; eine persönliche Beziehung zwischen Vater und Kind wird aber nur entstehen, wenn Zweifel an der Vaterschaft ausgeräumt sind. Dem Kläger muß daher schon aufgrund der von ihm behaupteten Umstände ein berechtigtes Interesse daran zugebilligt werden, die Frage seiner Vaterschaft umfassend geklärt zu erhalten.
Der Rekurs mußte erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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