Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, der Zweitbeklagten die mit S 12.247,20 bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin S 2.041,20 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Kläger ist Kostüm- und Bühnenbildner. Von der Erstbeklagten wurde ihm die kostümbildnerische Ausstattung von "Cosi fan tutte" und "Les Contes d'Hoffmann" übertragen. Die gegenseitigen Rechte und Pflichten wurden im Vertrag vom 2.2.1987 festgelegt. § 4 und § 9 dieses Vertrages lauten:
"§ 4
1) Die fertigen Kostümentwürfe und Reproduktionen der Entwürfe gehen in das Eigentum des S*****theaters über.
2) Das S*****theater ist nicht verpflichtet, von den Entwürfen Gebrauch zu machen.
§ 9.
Bei Fernseh- und Videofilmaufzeichnungen bzw Produktionen behält der Vertragspartner das Recht auf eine angemessene Honorarbeteiligung. Dieses Honorar hängt vom Charakter der Aufnahme bzw Aufzeichnung ab. Aufzeichnungen für public relations-Zwecke sind honorarfrei bis zu 3 Minuten Sendedauer. Darüber hinaus hat der Vertragspartner mit den jeweiligen Produktionsfirmen die Honorarvereinbarung zu treffen.
Für eine Aufzeichnung oder andere multivisionelle Verwendung hat der Vertragspartner das Anrecht von mindestens 30 % des im § 3 (1) vereinbarten Honorares auf Wertbasis der Premiere zu erhalten."
Die Erstbeklagte gestattete der Zweitbeklagten, Fotografien von nach den Entwürfen des Klägers gestalteten Marionetten für eine Inseratenkampagne zu verwenden. In den Inseraten wurde für die "S***** Nachrichten" geworben; im Inserat wurde auf das "S*****theater" und auf den Fotografen hingewiesen.
Der Kläger begehrt zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung ab sofort das Vervielfältigen, Verbreiten und sonstige Verwenden der vom Kläger entworfenen und unter seiner Anleitung für die Opern "Cosi fan tutte" und "Les Contes d'Hoffmann" hergestellten Marionetten, soweit diese Verwendung nicht ausdrücklich durch den zwischen dem Kläger und der Erstbeklagten abgeschlossenen Vertrag vom 2.2.1987 vereinbart wurde, zu verbieten; insbesondere der Zweitbeklagten zu untersagen, derartige Marionetten zum Zweck der Eigenwerbung zu verwenden.
Der Kläger habe der Erstbeklagten weder das sonstige Verwenden, Veröffentlichen oder Verwerten der kostümbildnerischen Ausstattung erlaubt; er habe ihr insbesondere nie das Recht übertragen, über seine Rechte gegenüber Dritten zu verfügen. Die Beklagten hätten daher durch ihre Inseratenkampagne die Rechte des Klägers verletzt. Sie hätten seine Ansprüche konstitutiv anerkannt.
Die Beklagten wenden Unzulässigkeit des Rechtsweges ein und beantragen, den Sicherungsantrag abzuweisen. Die Erstbeklagte stellte den Eventualantrag, die einstweilige Verfügung nur gegen Erlag einer Sicherheitsleistung von 1 Mill.S zu erlassen. Der Rechtsweg sei unzulässig, weil der Vertrag vom 2.2.1987 eine Schiedsklausel enthalte. In der Sache selbst wendet die Erstbeklagte ein, dem Kläger sei bekannt gewesen, daß die Erstbeklagte Abbildungen von Marionetten, die mit den von ihm entworfenen Kostümen bekleidet waren, auch für Werbezwecke verwendet habe; der Kläger habe dagegen niemals Einwendungen erhoben. Mit der Übertragung des Eigentums an den Entwürfen sei, wie § 9 des Vertrages zeige, ein Werknutzungsrecht eingeräumt worden. Mit der Werbekampagne sei eine erhebliche Eigenwerbung für die Erstbeklagte verbunden gewesen.
Wäre der Erstbeklagten kein Werknutzungsrecht eingeräumt worden, dann wäre § 28 Abs 2 Z 2 UrhG anzuwenden. Die Kostüme seien Arbeiten des Kunstgewerbes, die auf Bestellung bzw im Dienst eines gewerblichen Unternehmens geschaffen wurden, das zur Ausübung seiner Rechte nicht verpflichtet sei; die Erstbeklagte könne daher ihre Werknutzungsrechte ohne Einwilligung des Urhebers übertragen. Der Zweitbeklagten sei im übrigen nur eine genau spezifizierte Verwertungsmöglichkeit unentgeltlich gestattet worden. Der Kläger hätte seine Zustimmung nur aus einem wichtigen Grund verweigern dürfen; ein solcher liege nicht vor. Die Kostümentwürfe seien kein Werk im Sinne des Urheberrechtsgesetzes. Durch die vom Kläger beantragte einstweilige Verfügung wäre die Erstbeklagte in der Verwertung der in Rede stehenden Rechte erheblich behindert; es sei daher eine Sicherheitsleistung von 1 Mill.S aufzuerlegen.
Nach dem Vorbringen der Zweitbeklagten sei ihr vom damaligen Geschäftsführer der Erstbeklagten bestätigt worden, daß diese mit dem Eigentum an den Kostümentwürfen und Reproduktionen sämtliche urheberrechtlichen Nutzungsrechte übertragen erhalten habe. Die Vertragsbestimmung, wonach das Eigentum übertragen werde, bedeute nichts anderes als die Mitübertragung sämtlicher urheberrechtlicher Werknutzungsrechte. § 9 des Vertrages hätte keinen Sinn, wenn urheberrechtliche Nutzungsrechte nicht übertragen worden wären.
Das Erstgericht wies den gegen die Erstbeklagte gerichteten Sicherungsantrag wegen Unzulässigkeit des Rechtesweges zurück; den gegen die Zweitbeklagte gerichteten Sicherungsantrag wies es ab.
Der Rechtsweg sei unzulässig, weil § 6 des Vertrages eine - für die Erstbeklagte verbindliche - Schiedsklausel enthalte. Das typische Werknutzungsrecht im Zusammenhang mit den Kostümentwürfen des Klägers sei das Recht, nach den Entwürfen Marionetten anzufertigen. Es liege in der Natur der Sache, daß die Marionetten für Aufführungen eingesetzt und von solchen Aufführungen Fotografien, Filme etc angefertigt und veröffentlicht würden. Die Erstbeklagte dürfe daher für ihre Aufführungen mit Lichtbildern der von ihr nach den Entwürfen des Klägers hergestellten Marionetten werben. Ein Zweifelsfall im Sinne des § 33 Abs 2 UrhG liege nicht vor. Der Kläger behalte nach § 9 des Vertrages nur das Recht, in ganz bestimmten Fällen am Honorar beteiligt zu werden. Die beanstandete Werbung sei auch eine Werbung für die Erstbeklagte. Daß die Erstbeklagte mit Fotografien ihrer Marionetten werben würde, habe dem Kläger klar sein müssen; er hätte daher das Verbot einer solchen Verwendung oder eine Honorarbeteiligung ausdrücklich vereinbaren müssen. Dem Vergleichsanbot der Beklagten vom 28.7.1982 sei kein konstitutives Anerkenntnis zu entnehmen.
Das Rekursgericht hob den Beschluß des Erstgerichtes auf, soweit der Sicherungsantrag gegen die Erstbeklagte zurückgewiesen wurde, und trug dem Erstgericht auf, in der Sache zu entscheiden; die Abweisung des gegen die Zweitbeklagte gerichteten Sicherungsantrages wurde bestätigt. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes hinsichtlich des bestätigenden Beschlusses S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Das Vorliegen einer Schiedsvereinbarung mache nicht den Rechtsweg unzulässig, sondern das angerufene Gericht sachlich unzuständig. Im Provisorialverfahren sei aber § 387 Abs 1 EO anzuwenden, wonach für die Erlassung der einstweiligen Verfügung jenes Gericht zuständig ist, bei dem der Prozeß in der Hauptsache zur Zeit des ersten Antrages anhängig ist.
Durch den Vertrag vom 2.2.1987 habe sich der Kläger seines Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechtes nach §§ 15, 16 UrhG begeben. Wenn auch der Werknutzungsberechtigte im Zweifel nicht mehr Rechte erwerbe, als für den praktischen Zweck der vorgesehenen Werknutzung notwendig erscheint, spreche doch der Vertrag eindeutig für die Richtigkeit der Auffassung des Erstgerichtes. § 9 des Vertrages setze es geradezu als selbstverständlich voraus, daß die Erstbeklagte als Eigentümerin der Kostümentwürfe diese auch über die eigentlichen Aufführungen im Marionettentheater hinaus nutzen dürfe. Aufführungen wären auch möglich gewesen, wenn der Erstbeklagten das Eigentum an den Entwürfen nicht übertragen worden wäre. Auch in der Übertragung des Eigentums als des Vollrechtes schlechthin komme der umfassende Charakter der Werknutzungsrechte der Erstbeklagten zum Ausdruck. Die Zweitbeklagte könne sich daher auf die von der Erstbeklagten erteilte Zustimmung berufen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Klägers. Der Rechtsmittelwerber beantragt, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß die einstweilige Verfügung erlassen werde; in eventu stellt er einen Aufhebungsantrag.
Die Zweitbeklagte beantragt, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
Im vorliegenden Fall geht es um die Frage, ob die Übertragung des Eigentums an Kostümentwürfen und Reproduktionen dieser Entwürfe das Recht einschließt, Fotografien der mit den Kostümen bekleideten Puppen für (fremde) Werbezwecke zu verwenden. Die Bedeutung dieser Frage geht über den Einzelfall hinaus; sie ist weder im Vertrag zwischen dem Kläger und der Erstbeklagten noch im Gesetz so klar gelöst, daß es keiner höchstgerichtlichen Rechtsprechung bedürfe.
Der Kläger ist Urheber von Kostümentwürfen, deren Werkcharakter nicht mehr strittig ist. Die Entwürfe sind nach dem Vertrag zwischen dem Kläger und der Erstbeklagten in deren Eigentum übergegangen. Eigentum ist die Befugnis, mit der Substanz und den Nutzungen einer Sache nach Willkür zu schalten und jeden anderen davon auszuschließen (§ 354 ABGB). Das Urheberrecht verwendet den Begriff "Eigentümer" nicht:
Träger des ausschließlichen Rechtes, das Werk auf die im Gesetz aufgezählten Arten zu verwerten, ist der Urheber (§§ 14 ff UrhG). Er kann anderen gestatten, das Werk auf einzelne oder alle nach §§ 14 bis 18 UrhG dem Urheber vorbehaltenen Verwertungsarten zu nutzen (Werknutzungsbewilligung: § 24 Abs 1 Satz 1 UrhG); diese Befugnis kann er einem anderen auch mit ausschließlicher Wirkung einräumen (Werknutzungsrecht: § 24 Abs 1 Satz 2 UrhG; siehe Kucsko, Urheberrecht3, 29 f). Überträgt der Urheber einem anderen das "Eigentum" an seinem Werk, dann ist damit in der REgel die umfassendste Rechtseinräumung, nämlich die Einräumung eines Werknutzungsrechtes, gewollt.
Der Kläger hat also der Erstbeklagten ein Werknutzungsrecht an seinen Kostümentwürfen eingeräumt. Welchen Umfang dieses Recht hat, ist eine Frage der Auslegung. § 33 UrhG enthält Auslegungsregeln: Nach § 33 Abs 1 UrhG erstreckt sich, wenn nicht das Gegenteil vereinbart ist, die Gewährung des Rechtes, ein Werk zu benutzen, nicht auf Übersetzungen und andere Bearbeitungen, die Gewährung des Rechtes, ein Werk der Literatur oder Tunkunst zu vervielfältigen, nicht auf die Vervielfältigung des Werkes auf Bild- oder Schallträgern sowie die Gewährung des Rechtes, ein Werk zu senden, nicht auf das Recht, das Werk während der Sendung oder zum Zweck der Sendung auf Bild- oder Schallträgern festzuhalten; in der Übertragung des Eigentums an einem Werkstück ist im Zweifel die Einräumung eines Werknutzungsrechtes oder die Erteilung einer Werknutzungsbewilligung nicht enthalten (§ 33 Abs 2 UrhG). Diese Auslegungsregeln und die übrigen in §§ 34 bis 36 UrhG enthaltenen Vorbehalte zugunsten des Urhebers lassen ebenso wie die Hinweise im § 26 UrhG auf die Grenzen des Werknutzungsrechtes den allgemeinen Grundsatz erkennen, daß das Ausmaß der Befugnisse, die der Werknutzungsberechtigte durch den Werknutzungsvertrag erhält, im Zweifel nicht weiter reicht, als es für den praktischen Zweck der ins Auge gefaßten Werknutzung erforderlich erscheint (Peter, Urheberrecht, MGA 21 Anm 2 zu § 26). Bei der Auslegung ist daher der Zweck des Vertrages entscheidend (ÖBl 1982, 52; zu der - in Österreich nicht herrschenden - "Zweckübertragungstheorie" siehe Kucsko aaO 30 mwN).
Zweck des vorliegenden Vertrages ist es, der Erstbeklagten die Herstellung von Kostümen nach Entwürfen des Klägers und deren Verwendung für Aufführungen ihres Marionettentheaters zu ermöglichen. Entgegen den Behauptungen des Rechtsmittelwerbers ist der Erstbeklagten nicht das Eigentum an den vom Kläger hergestellten Marionetten, sondern an Kostümentwürfen und damit gerade nicht an Werkstücken übertragen worden, so daß § 33 Abs 2 UrhG nicht anzuwenden ist. Als kommerzielles Unternehmen muß die Erstbeklagte für ihre Aufführungen werben; ein wirksames und unabdingbares Werbemittel sind dabei Abbildungen der Marionetten. Das der Erstbeklagten übertragene Werknutzungsrecht muß daher das Recht einschließen, das Werk dadurch im Sinne des § 15 UrhG zu vervielfältigen, daß sie es fotografieren läßt und die Bilder zu Werbezwecken verwendet. Daß es im wirtschaftlichen Interesse der Erstbeklagten liegt, für ihre Aufführungen möglichst kostengünstig zu werben, bedarf keiner weiteren Begründung; sie erreicht dieses Ziel, wenn, wie hier, die Zweitbeklagte in einer Inseratenkampagne durch das Veröffentlichen von Abbildungen der Marionetten unter Hinweis auf die Erstbeklagte für ihre Zeitung, damit gleichzeitig aber auch für das Theater der Erstbeklagten wirbt. Auch eine solche Verwertung ist daher vom Zweck des Vertrages mitumfaßt; auch das ihr zugrunde liegende Recht ist mit der Übertragung des "Eigentums" an den Kostümentwürfen und den Reproduktionen der Entwürfe auf die Erstbeklagte übergegangen.
Diese Auslegung wird auch durch § 9 des Vertrages gestützt: Daß der Kläger für einen bestimmten Verwertungsfall, nämlich die Herstellung von Fernseh- und Videofilmaufzeichnungen bzw Produktionen, ausgenommen Aufzeichnungen für Werbezwecke bis 3 Minuten Sendedauer, seinen Anspruch auf eine angemessene Honorarbeteiligung "behält", zeigt, daß die Parteien die Rechtsübertragung in § 4 des Vertrages nicht auf das Recht beschränken wollten, die Kostüme herzustellen und bei Aufführungen des Marionettentheaters zu verwenden, hätten sie sich doch andernfalls nicht mit einer Honorarregelung begnügen können, sondern auch die Rechte für diesen Verwertungsfall übertragen müssen. Die Vorinstanzen haben daher richtig erkannt, daß die Zweitbeklagte mit dem Veröffentlichen der Abbildungen kein Ausschließlichkeitsrecht des Klägers verletzt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 402, 78 EO, §§ 41, 50, 52 ZPO.
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