Spruch:
Für die pfandweise Beschreibung (§ 1101 ABGB.) genügt die unter Beweis gestellte Behauptung der Klägerin, daß der eingeklagte Betrag als Zinsrückstand aushafte. Der Antrag ist nur dann abzuweisen, wenn die Klage nicht schlüssig ist
Entscheidung vom 6. April 1965, 4 Ob 524/65
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:
Oberlandesgericht Graz
Text
Die Klägerin brachte gegen den Beklagten eine Mietzinsklage über 21.156.50 S samt Nebengebühren samt Antrag auf pfandweise Beschreibung gemäß § 1101 ABGB. ein. Sie gab in der Klage im wesentlichen an und stellte unter Beweis, sie habe mit Wirkung vom 1. Juli 1960 ihre im Hause G., R.-Straße 50, gelegene Eigentumswohnung dem Beklagten als Hauptmieter um den vereinbarten monatlichen Mietzins von 1200 S in Bestand gegeben. Für die durch Kriegseinwirkung erforderlich gewordene Wiederherstellung dieses Hauses habe der Wohnhaus-Wiederaufbaufonds finanzielle Hilfe in Form eines Darlehens geleistet, von welchem auf die Klägerin als Wohnungseigentümerin 189.227.88 S entfielen. Auf Antrag des Beklagten sei es sohin am 24. Jänner 1961 vor dem Schlichtungsamt des Magistrats G. zu einer Vereinbarung zwischen den Streitteilen gekommen, derzufolge der Monatsmietzins mit einem Pauschalbetrag von 800 S festgesetzt wurde. In der (in der Klage wörtlich wiedergegebenen) Vereinbarung heiße es: "Festgestellt wird, daß diese Vereinbarung am Mietobjekt haftet und gemäß § 15 (8) und (9) WWG. für die Laufzeit des Fondsdarlehens gültig ist." Es sei zufolge dieser Vereinbarung der ursprünglich vereinbarte Monatszins von 1200 S zuzüglich Nebenkosten und Gebühren auf den Pauschalzins von 800 S einverständlich und mit Wissen der zur Entscheidung über den vom Beklagten gestellten Mietzinsfeststellungsantrag berufenen Behörde für die Dauer des am Mietobjekt haftenden Fondsdarlehens herabgesetzt worden. Da die Klägerin von der begünstigten vorzeitigen Rückzahlung des auf sie entfallenden Fondsdarlehensanteiles Gebrauch gemacht und am 30. Mai 1961 bzw. 24. April 1962 die Löschung des bezüglichen Pfandrechtes erwirkt habe, sei der Beklagte wiederum verpflichtet, den ursprünglich vereinbarten Monatsmietzins von 1200 S zu entrichten. Da er diesfalls mit Differenzbeträgen für die Zeit vom 1. Dezember 1961 bis 30. November 1964 von zusammen 21.156.50 S im Rückstand sei, sei er nicht nur zur Nachzahlung verpflichtet, sondern die Klägerin sei auch berechtigt, im Sinne des § 1101 ABGB. die pfandweise Beschreibung des eingebrachten Wohnungsinventars zu begehren.
Das Erstgericht bewilligte die beantragte pfandweise Beschreibung.
Das Rekursgericht änderte infolge Rekurses des Beklagten den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß es den Antrag auf pfandweise Beschreibung abwies. Entgegen der Auffassung des Beklagten erfordre der Antrag auf pfandweise Beschreibung gemäß § 1101 ABGB. weder eine Bescheinigung der Zinsforderung noch eine Gefahrbescheinigung. Die pfandweise Beschreibung könne daher bewilligt werden, wenn aus den Klagsangaben schlüssig hervorgehe, daß der Beklagte Bestandnehmer sei, Fahrnisse eingebracht habe und mit dem Bestandzins im Rückstand sei. Die Schlüssigkeit der Klage sei alleinige und ausreichende Voraussetzung für die Bewilligung der pfandweisen Beschreibung. Im vorliegenden Fall fehle es der Klage aber an der erforderlichen Schlüssigkeit. Das Bestandverhältnis zwischen den Streitteilen sei nach den Bestimmungen des Wohnhaus-Wiederaufbaugesetzes i. d. F. der Nov. BGBl. Nr. 154/1958 zu beurteilen. § 15 (9) WWG. bestimme, daß die mit Fondshilfe wiederhergestellten Wohnungen den Bestimmungen des Mietengesetzes mit den in den folgenden Abs. 10 - 15 getroffenen Abänderungen unterliegen. § 15 WWG. befasse sich mit den Leistungen des Fonds, insbesondere auch mit den rechtlichen Folgen der Gewährung und der Rückzahlung der für die Wiederherstellung der durch Kriegseinwirkung beschädigten oder zerstörten Wohnhäuser bewilligten Darlehen. Während Abs. 4 des § 15 WWG, sich mit der Rückzahlungspflicht und der Rückzahlungsdauer sowie mit den Annuitäten langfristiger Darlehen (100 bzw. 75 Jahre) und der Abs. 5 sich mit den Bestimmungen über sogenannte geringfügige Darlehen beschäftige, normiere der Abs. 7 die Möglichkeiten einer vorzeitigen Rückzahlung und deren Begünstigung durch Ermäßigung der Darlehensschuld. Die Abs. 10 - 15 regelten sohin die Zusammensetzung und die Höhe des jährlichen Hauptmietzinses, der wiederum in Prozenten ausgedrückt werde und durch die Kosten, die für die Wiederherstellung des Mietobjektes aufgewendet wurden, beeinflußt sei. Abs. 12 des § 15 WWG. bestimme, daß der Prozentsatz dieser Hauptmietbestandteile sich nach der Rückzahlungsdauer der Fondsdarlehen richte, und Abs. 18 enthalte die zwingende Norm, daß bei der Berechnung des Mietzinses die Rückzahlung höherer als der ursprünglich festgesetzten Teilbeträge des Fondsdarlehens, die hiedurch erwirkte Ermäßigung desselben und seine vorzeitige Rückzahlung außer Betracht zu bleiben hätten. Sowohl aus diesem Wortlaut als auch nach dem Sinn dieser gesetzlichen Bestimmungen ergebe sich die Absicht des Gesetzes, daß der Mietzins bei den durch das WWG. erfaßten Mietobjekten sich nicht nur nach der Höhe, sondern auch nach der normalen Rückzahlungsdauer des Fondsdarlehens richte, so daß einerseits der Mieter bei vorzeitiger Rückzahlung des Darlehens durch den Vermieter keinerlei Ermäßigung des Mietzinses begehren und damit die Begünstigungen der vorzeitigen Rückzahlung durch den Vermieter schmälern könne, daß aber andererseits der Vermieter ebensowenig befugt sei, den Mietzins nach vorzeitiger Rückzahlung zu erhöhen und damit eine doppelte Begünstigung, nämlich eine Darlehensermäßigung gegenüber dem Fonds und gleichzeitig auch noch eine Mietzinserhöhung gegenüber dem Mieter, für sich in Anspruch zu nehmen. Der Mietzins unterliege daher für die gesamte, ursprünglich festgesetzte Laufzeit des Fondsdarlehens den Beschränkungen der Abs. 9 ff. des § 15 WWG. Selbst die Parteien hätten offenbar diese Schlußfolgerung bei Abschluß ihrer Vereinbarung vom 24. Jänner 1961 vor dem Schlichtungsamt des Magistrates G. im Auge gehabt, wenn sie bestimmten, daß die Höhe des Monatsmietzinses für die Laufzeit des Fondsdarlehens mit 800 S begrenzt wird, da nach den Klagsangaben, insbesondere den Daten der Löschungsquittung im Zeitpunkt des Abschlusses dieser Vereinbarung, noch keine vorzeitige Rückzahlung erfolgt war und daher der Ausdruck "Laufzeit" sich nur auf die im WWG. normierten Tilgungsfristen von 100 bzw. 75 Jahren habe beziehen können, zumal den Bestimmungen des § 15 WWG. zwingender Charakter zukomme. Es ergebe sich demnach, daß trotz vorzeitiger Rückzahlung des Fondsdarlehens durch die Klägerin der Mietzins für den Beklagten noch immer den Bestimmungen des WWG. bzw. der darauf fußenden Vereinbarung vom 24. Jänner 1961 unterliege, woraus wiederum abzuleiten sei, daß das Begehren auf Zahlung des erhöhten ursprünglichen Zinses von 1200 S bzw. der bei der Zahlung von monatlich 800 S sich ergebenden Differenz derzeit im Gesetze keine Stütze finde. Das Klagebegehren erweise sich demnach als unschlüssig, und es fehle der pfandweisen Beschreibung die rechtliche Grundlage.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Klägerin Folge und stellte den bewilligenden Beschluß des Erstgerichtes wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Mietzinskläger hat das Recht, daß die vom Mieter in den Bestandgegenstand eingebrachten Fahrnisse "nach eingereichter Klage auf sein Verlangen sogleich gerichtlich beschrieben werden sollen". Es bedarf weder der Bescheinigung eines Anspruches noch der Glaubhaftmachung einer Gefahr (MietSlg. 3722). Die Klägerin ist daher bei Durchsetzung ihres Rechtes auf pfandweise Beschreibung nicht etwa verhalten, vorerst ihren Anspruch auf Bezahlung des eingeklagten Zinsbetrages näher zu erhärten. Es genügt die unter Beweis gestellte Behauptung, daß der eingeklagte Betrag als Zinsrückstand aushafte. Nicht aber ist vom Gerichte vorerst zu überprüfen, ob diese Behauptung auch zutrifft.
Nur wenn die Klage, wie das Rekursgericht vermeint, wirklich nicht schlüssig wäre, wenn also die Klägerin durch Nichtanführung von den Anspruch erst begrundenden oder durch Beifügung von den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen ihren in der Klage geltend gemachten Anspruch selbst verneint hätte, könnte der Antrag auf pfandweise Beschreibung abgewiesen werden. Dies trifft aber hier nicht zu.
Die Klägerin hat behauptet, mit dem Beklagten ursprünglich einen Mietzins von 1200 S pro Monat vereinbart zu haben. Sie hat weiter behauptet, vor dem Schlichtungsamt des Magistrates der Stadt G. eine weitere Vereinbarung getroffen zu haben, daß der Mietzins "für die Laufzeit des am Mietobjekt haftenden Fondsdarlehens" einverständlich herabgesetzt worden sei und daß die Fondsdarlehen bereits zurückgezahlt seien. Der Ausdruck "für die Laufzeit des Fondsdarlehens" ist allerdings nicht eindeutig. Was die Parteien unter diesem Ausdruck verstanden haben bzw. für welche Zeit sie den Mietzins einverständlich herabsetzen wollten, wird Gegenstand des Rechtsstreites sein. Erst wenn feststeht, was die Parteien vor dem Schlichtungsamt des Magistrates der Stadt G. vereinbaren wollten, wird darüber abgesprochen werden können, ob überhaupt eine Vereinbarung vorliegt und inwiefern die allenfalls getroffene Vereinbarung gültig ist, zumal ja die Klägerin in der Klage nur von einer gütlichen Einigung im Sinne des § 36 (3) MietG. und nicht von einer rechtskräftigen und daher die Parteien und das Gericht bindenden Entscheidung der Gemeinde im Sinne dieser Gesetzesstelle spricht.
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