Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben; dem Rekursgericht wird eine neuerliche Entscheidung über den Rekurs des Antragsgegners aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Antragstellerin hat beim Bezirksgericht Zagreb eine Klage auf Scheidung ihrer am 2.11.1969 mit dem Antragsgegner geschlossenen Ehe eingebracht.
Mit dem vorliegenden, am 3.10.1983 beim Erstgericht überreichten Antrag begehrt sie, dem Antragsgegner mit einstweiliger Verfügung das Betreten der ehelichen Wohnung in Wien 2., Untere Augartenstraße 4/5/15, ab dem Tag der Zustellung dieses Beschlusses zu verbieten. Der Antragsgegner habe sie mehrfach mit dem Umbringen bedroht und sie auch schon zweimal aus der Wohnung ausgesperrt; er habe ihr damit ein weiteres Zusammenleben in dieser Wohnung - an welcher sie ein dringendes Wohnbedürfnis habe - unerträglich gemacht. Der Antragsgegner hat sich gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung ausgesprochen und das Vorbringen der Antragstellerin bestritten.
Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung und sprach aus, daß dieses Verbot bis zur rechtskräftigen Beendigung des zwischen den Parteien beim Bezirksgericht Zagreb anhängigen Ehescheidungsverfahrens gelte. Das Bescheinigungsverfahren habe die Richtigkeit der Behauptungen der Antragstellerin ergeben; die Ausweisung des Antragsgegners im Sinne des § 382 Z 8 lit b EO sei das einzige Mittel, um der Antragstellerin den notwendigen Schutz ihrer physischen und psychischen Integrität zu gewährleisten. Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes S 15.000,-, nicht aber S 300.000,- übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof nicht zulässig sei. Die Antragstellerin habe es unterlassen, in ihrem Sicherungsbegehren die Zeit, für welche die einstweilige Verfügung in Antrag gebracht wird, iS des § 389 Abs 1 Satz 1 EO genau zu bezeichnen. Dieser inhaltliche Mangel des Sicherungsantrages stehe einer Bewilligung der einstweiligen Verfügung entgegen. Die Vorgangsweise des Erstgerichtes, welches sich darüber hinweggesetzt und im angefochtenen Beschluß die Geltungsdauer der einstweiligen Verfügung gleichsam nach eigenem Gutdünken festgelegt habe, verstoße gegen den - gemäß § 78 EO auch im Exekutionsverfahren anzuwendenden - § 405 ZPO. Da das Sicherungsbegehren schon aus diesem Grund abgewiesen werden müsse, brauche auf die Rekursausführungen des Antragsgegners nicht eingegangen zu werden.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Wiederherstellung der erstgerichtlichen einstweiligen Verfügung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Antragsgegner, welchem gemäß § 508 a Abs 2, § 528 Abs 2 ZPO die Beantwortung dieses Rechtsmittels freigestellt wurde, beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht bei seiner Entscheidung von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist (§ 502 Abs 4 Z 1 ZPO); er ist deshalb auch berechtigt:
Richtig ist, daß gemäß § 389 Abs 1 Satz 1 EO die gefährdete Partei schon bei der Antragstellung die Zeit, für welche die einstweilige Verfügung begehrt wird, 'genau zu bezeichnen' hat. Der Zeitraum, für den die einstweilige Verfügung getroffen werden soll, kann dabei nicht nur mit einem bestimmten Kalendertag, sondern auch durch Anführung eines Ereignisses, eines Vorfalles oder eines Umstandes begrenzt werden, bis zu dessen Eintritt der gefährdeten Partei die Sicherung zugute kommen soll, also etwa mit der Rechtskraft des Urteils in einem für die einstweilige Verfügung maßgeblichen Verfahren oder mit jenem Zeitpunkt, in dem eine Forderung mit Zwangsvollstreckung geltend gemacht werden kann (so ÖBl.1955, 3 und die beiden nichtveröffentlichten Entscheidungen 5 Ob 113,114/75 und 5 Ob 504/81, ferner Heller-Berger-Stix, Komm z EO 4 , 2842; im gleichen Sinn auch die Fragenbeantwortung zu § 375 EO). Der Ansicht des Rekursgerichtes, daß eine Mißachtung der Vorschrift des § 389 Abs 1 Satz 1 EO einen inhaltlichen, die Erlassung der einstweiligen Verfügung hindernden Mangel des Sicherungsantrages besgründe, kann jedoch nicht gefolgt werden. Wie der Oberste Gerichtshof gleichfalls schon in ÖBl.1955, 3
ausgesprochen hat, hat das Gericht gemäß § 391 Abs 1 Satz 1 EO die Zeit, für welche es die einstweilige Verfügung bewilligt, von Amts wegen zu bestimmen, ohne dabei an die Anträge der Parteien gebunden zu sein; es hat deshalb die Fristbestimmung erforderlichenfalls auch ohne Antrag der gefährdeten Partei beizusetzen. Ob das Gericht dabei auch über eine von der gefährdeten Partei beantragte Frist hinausgehen darf (so Heller-Berger-Stix aaO 2803; gegenteilig ÖBl. 1965, 105), braucht hier nicht weiter erörtert zu werden. Eine von der überschreitung des Sicherungsbegehrens durch eine amtswegige Zeitbestimmung liegt nämlich jedenfalls dann nicht vor, wenn die gefährdete Partei zwar das Ereignis, dessen Eintritt die Geltungsdauer der einstweiligen Verfügung begrenzen soll, nicht ausdrücklich genannt hat, dieser Zeitpunkt aber ihrem Vorbringen in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zu entnehmen ist (ebenso bereits 5 Ob 504/81). Letzteres trifft auch diesmal zu, läßt doch das Sach- und Beweisvorbringen der Antragstellerin zweifelsfrei erkennen, daß sie die Bewilligung des abgesonderten Wohnortes durch Ausweisung des Antragsgegners aus der ehelichen Wohnung (zumindest) bis zur rechtskräftigen Entscheidung über ihr beim Bezirksgericht Zagreb eingebrachtes Scheidungsbegehren anstrebt. Daß dieser Scheidungsprozeß vor einem ausländischen Gericht geführt wird, steht der beantragten einstweiligen Verfügung nicht entgegen, weil § 382 Z 8 lit b EO ganz allgemein von einem 'Verfahren auf Scheidung.....der Ehe' spricht, ohne dabei zwischen inländischen und ausländischen Prozessen dieser Art zu unterscheiden, und im übrigen bisher auch keine Umstände hervorgekommen sind, die der Anerkennung eines allfälligen Scheidungserkenntnisses des Bezirksgerichtes Zagreb im konkreten Fall entgegenstünden (§ 24 der 4. DVEheG). Erweist sich damit aber der vom Rekursgericht herangezogene Abweisungsgrund als nicht stichhältig, dann müssen die Rechtsmittelausführungen des Antragsgegners sachlich geprüft werden. Dem berechtigten Revisionsrekurs war daher Folge zu geben, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung über den Rekurs ON 10 aufzutragen. Dabei wird insbesondere auch auf die - erstmals in der Revisionsrekursbeantwortung vorgebrachte - Behauptung des Antragsgegners Bedacht zu nehmen sein, wonach die Scheidungsklage der Antragstellerin in der Zwischenzeit 'ab- bzw. zurückgewiesen' worden sei.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO in Verbindung mit den §§ 78 und 402 Abs 2 EO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)