OGH 4Ob511/88

OGH4Ob511/8812.4.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*** Baugesellschaft mbH, Gumpoldskirchen, Schillerstraße 13, vertreten durch Dr. Horst Reitböck, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ingeborg W***, Hausfrau, Wien 11., Dommesgasse 9/9/5, vertreten durch Dr. Werner Masser, Dr. Ernst Grossmann, Dr. Eduard Klingsbigl und Dr. Robert Lirsch, Rechtsanwälte in Wien, wegen

S 671.508,40 samt Anhang (Streitwert im Revisionsverfahren S 336.970,35 samt Anhang) infolge Revision beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 24. Juni 1986, GZ 12 R 132/86-154, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 10. Jänner 1986, GZ 40 b Cg 146/80-149, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

I. den

B e s c h l u ß

gefaßt:

Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen. Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

II. zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der klagenden Partei wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, daß die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:

"1. Die eingeklagte Forderung besteht mit S 336.970,36 samt 9 % Zinsen seit 12. Juni 1980 zu Recht;

2. die Gegenforderungen der beklagten Partei bestehen bis zur Höhe der als zu Recht bestehend erkannten Klageforderung nicht zu Recht;

3. die beklagte Partei ist daher schuldig, der klagenden Partei

S 336.970,36 samt 9 % Zinsen seit 12. Juni 1980 binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

4. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei S 334.538,04 samt 12 % Zinsen seit 12. Juni 1980 sowie weitere 3 % Zinsen aus S 336.970,36 seit 12. Juni 1980 zu zahlen, wird abgewiesen.

5. Die Prozeßkosten werden gegeneinander aufgehoben."

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 5.657,85 (darin enthalten S 514,35 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Ernst S***, dessen Erbin die Beklagte ist, bevollmächtigte Ing. Walter J***, für ihn alle Bauherrenagenden zur Fertigstellung eines Einfamilienhauses, das damals im Rohbau stand, wahrzunehmen und insbesondere auch die Bauaufträge in seinem Namen zu erteilen. Ing. Walter J*** hatte die Absicht, die Klägerin mit der Durchführung der Bauarbeiten zu beauftragen; er holte jedoch vorerst Kostenvoranschläge eines anderen Bauunternehmens ein, um sie der Klägerin als Kalkulationsgrundlage zur Verfügung stellen zu können. Die Klägerin übernahm ungeprüft das Leistungsverzeichnis dieser Kostenvoranschläge und unterbot die Preise ihres Konkurrenzunternehmens beträchtlich. Im einzelnen erstellte sie zunächst den Kostenvoranschlag vom 10. Oktober 1978 (Beilage C) über Erd- und Aushubarbeiten sowie Baumeisterarbeiten am Haus und am Schwimmbadgebäude um S 202.400,-- (ohne Umsatzsteuer), den undatierten Kostenvoranschlag Beilage N über die Herstellung einer Massivdecke über dem Schwimmbad, des Betonpflasters im Schwimmbad und des Fassadenverputzes um insgesamt S 90.295,-- (ohne Umsatzsteuer) sowie den weiteren undatierten Kostenvoranschlag Beilage N 1 über die Verkleidung der Wände und Decken im Haus mit Rigipsplatten um S 99.500,-- (ohne Umsatzsteuer), jeweils ohne Gewähr für die Preise. Im Oktober 1978 erteilte Ing. Walter J*** der Klägerin namens des Bauherrn den Auftrag zur Durchführung dieser Arbeiten sowie zur Errichtung einer Garage, und einer Außentreppe sowie weiterer Bauarbeiten im Gelände des Grundstückes. Es wurden zwar zwei Bauverträge unterfertigt, die auf die Auftragssummen von S 330.000,-- (Beilage D) und S 250.000,-- (Beilage E) lauteten und eine Reihe von Klauseln über die Vereinbarung von Pauschalpreisen, Einhaltung von Bauzeiten und die Behandlung von Mehr- oder Minderleistungen enthielten; die vertragschließenden Teile erörterten diese Vertragspunkte jedoch nicht und sahen den schriftlichen Vertragstext auch nicht als verbindlich an. Eine Willensübereinstimmung über den Gegenstand dieser schriftlichen "Pauschalaufträge" kam nicht zustande; es wurde lediglich Willensübereinstimmung darüber erzielt, daß die Klägerin die in den vorhandenen Kostenvoranschlägen genannten Arbeiten und die weiteren bereits genannten Arbeiten, für welche noch keine Kostenvoranschläge vorlagen, durchführen sollte, wobei das gesamte Auftragsvolumen S 580.000,-- betragen sollte. Die schriftlichen Verträge dienten nur der Dokumentation der Auftragserteilung und der ungefähren Auftragssumme.

Am 23. Oktober 1978 erstellte die Klägerin den Kostenvoranschlag für die Herstellung der Garage und einer Außentreppe (Beilage F) um S 218.487,50. An diesem Tag begann sie auch mit der Durchführung der Baumeisterarbeiten. Am 13. Dezember 1978 übergab sie dem Bevollmächtigten des Bauherrn einen weiteren Kostenvoranschlag für die Herstellung der Feuchtigkeitsisolierung und des Wärmeschutzes beim Schwimmbad (Beilage G) um S 162.660,--. Die Erteilung des entsprechenden Auftrages wurde damals im Bautagebuch vermerkt. Im Zuge der Durchführung der Bauarbeiten erteilte Ing. Walter J*** namens des Bauherrn an die Klägerin noch verschiedene Zusatzaufträge betreffend die Kanalisation, ein Trennsystem im Haus, die Geländeplanierung, Stiegen zur Terrasse sowie die Stützmauer beim Eingang.

Termine für die Fertigstellung der Arbeiten wurden nicht vereinbart; die in den schriftlichen Verträgen genannten Termine 30. Dezember 1978 und 31. März 1979 sollten nur "Richtwerte" sein, weil der Leistungsumfang noch nicht zur Gänze feststand und Zusatzaufträge für möglich gehalten wurden. Der Baufortschritt wurde auch nach Maßgabe der vom Bauherrn bevorschußten Mittel gesteuert. In der Folge zog Ing. Walter J*** die Arbeiter der Klägerin tageweise an andere von ihm betreute Baustellen ab. Im September 1979 forderte er die Klägerin auf, die Arbeiten einzustellen, damit sie am Hausbau seiner Frau zügig weiterarbeiten konnte. Bis auf die Verlegung von ca. 10 m2 Rigipsplatten und "kleinere Komplettierungsarbeiten" waren die in Auftrag gegebenen Arbeiten damals fertiggestellt. Zur gänzlichen Fertigstellung der Arbeiten wurde die Klägerin nicht mehr aufgefordert. Die Klägerin übermittelte Ing. Walter J*** am 11. Dezember 1979 eine detaillierte Zusammenstellung ihrer Leistungen und legte am 25. März 1980 die Schlußrechnung über S 1,268.071,75 (ohne Umsatzsteuer) bzw. S 1,496.342,65 (mit Umsatzsteuer). Mit Schreiben vom 19. Februar 1980 teilte Ing. Walter J*** der Klägerin mit, daß nach Prüfung der Teilsummen unter der Voraussetzung des Anerkenntnisses der Regiestunden und der Arbeiten bei den Außenanlagen ein Werklohnanspruch von S 897.786,28 bestehe, von dem aber wegen der vorliegenden Mängel S 160.500,-- abzuziehen seien. Im Hinblick auf die Teilzahlungen von insgesamt S 750.000,-- liege bereits eine Überzahlung vor. In diesesm Schreiben rügte Ing. Walter J*** erstmals Mängel an der Isolierung des Schwimmbades und der Garage, an der Fassade und bei der Verlegung der Gipsplatten. Er forderte die Klägerin auf, diese Mängel binnen 8 Tagen zu beheben; für den Fall der Nichteinhaltung dieser Frist drohte er die Ersatzvornahme an. Die Klägerin nahm keine Verbesserungsarbeiten vor.

Unter Zugrundelegung der angebotenen Preise bzw. angemessener Einheitspreise für die Regiearbeiten erbrachte die Klägerin Bauleistungen um insgesamt S 1,053.410,02 (ohne Umsatzsteuer). Davon entfällt auf die mit dem Kostenvoranschlag Beilage C um S 202.400,-- angebotenen Arbeiten ein Betrag von S 280.831,58. Diese Überschreitung wurde durch Zusatzaufträge zu diesen Arbeiten in der Höhe von S 18.216,80 sowie durch Ausmaßdifferenzen verursacht. Auf die mit Kostenvoranschlag Beilage N um S 90.295,-- angebotenen Arbeiten entfällt ein Betrag von S 104.421,20; diese Überschreitung ist im Ausmaß von S 10.831,-- auf einen Zusatzauftrag (Edelputz) zurückzuführen. Die im Kostenvoranschlag N 1 um S 99.500,-- angebotenen Arbeiten führte die Klägerin dagegen um S 92.143,-- durch. Regiearbeiten wurden im Wert von S 54.885,-- erbracht. Von der Klägerin zu vertretende Mängel an der Fassade, der Verlegung der Gipsplatten und der Kanalisation erfordern Behebungskosten bzw. verursachen eine Wertminderung von insgesamt S 85.000,-- (einschließlich eines üblichen Zuschlages für unvorhergesehene Arbeiten von 15 %).

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung des restlichen Werklohnes von S 671.508,40 samt 12 % Zinsen seit 12. Juni 1980. Die von ihr erstellten Kostenvoranschläge seien nur deshalb überschritten worden, weil die Ausmaße in den ihr zur Verfügung gestellten Voranschlägen zu gering angenommen waren. Dies habe der Vertreter des Bauherrn gewußt; es sei ihm aber auch mitgeteilt worden. Darüber hinaus seien verschiedene Arbeiten nachträglich in Regie vergeben worden. Die Klägerin habe die Arbeiten - mit Ausnahme der Verlegung von zwei bis drei Quadratmeter Gipsplatten, die wegen des Fehlens von Elektroarbeiten noch nicht möglich gewesen sei - fertiggestellt. Sie habe die Baustelle aber auch über Auftrag des Ing. Walter J*** geräumt. Schließlich seien die für die Fortsetzung der Arbeiten erforderlichen Akontozahlungen nicht geleistet worden. Von ihrer Schlußrechnung über S 1,496.324,65 seien nur die tatsächlich geleisteten Akontozahlungen von S 750.000,-- und der Haftrücklaß von S 74.816,25 abzuziehen. Aus dieser Berechnung ergebe sich die eingeklagte Forderung. Allfällige Mängel habe die Klägerin nicht zu vertreten. Dennoch habe sie die Vornahme der Verbesserungsarbeiten aus Kulanzgründen angeboten; die Beklagte habe dies jedoch abgelehnt. Da die Klägerin mit Bankkredit arbeite und dafür 12 % Zinsen zahlen müsse, begehre sie Verzugszinsen in dieser Höhe aus dem Titel des Schadenersatzes. Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Die Klägerin habe die ihr erteilten Aufträge nicht gänzlich erfüllt und die gerügten Mängel nicht behoben; daher sei der Werklohn noch nicht fällig. Die Vornahme der Verbesserungsarbeiten sei allerdings nicht mehr möglich, weil sie die Liegenschaft bereits veräußert habe. Wegen unbehebbarer Mängel sei der Werklohn um S 247.000,-- zu mindern. Überprüfbare Aufstellungen über die Regiestunden und die Ausmaße lägen nicht vor. Die Arbeiten seien um den Fixpreis von insgesamt S 580.000,-- vergeben worden. Weitere Aufträge habe der Bauherr nicht erteilt. Auch die Vornahme von Regiearbeiten habe er nicht schriftlich genehmigt. Die Klägerin habe daher keinen Anspruch auf Entlohnung allfällig erbrachter Mehrleistungen. Die Akontozahlungen seien höher als der tatsächliche Werklohnanspruch. Die in der Schlußrechnung enthaltenen Preise widersprächen den in den Kostenvoranschlägen genannnten Preisen. Diverse verrechnete Leistungen seien nicht erbracht worden bzw. entsprächen nicht der Leistungsbeschreibung. Die Klägerin habe dem Bauherrn die Überschreitung der Kostenvoranschläge auch nicht angezeigt. Die Beklagte wendete die für die Beiziehung von Hilfsarbeitern, Materialbeschaffung und Plattenverlegung aufgewendeten Kosten in der Höhe von insgesamt S540.599,54 als Gegenforderung zur Aufrechnung ein.

Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, der Klägerin S 363.003,14 samt 4 % Zinsen seit 12. Juni 1980 zu zahlen und sprach aus, daß die eingewendeten Gegenforderungen nicht zu Recht bestünden. In rechtlicher Hinsicht bejahte das Erstgericht die Fälligkeit des Werklohnes. Allerdings stünden der Beklagten die angemessenen Kosten der Ersatzvornahme zu, welche den eingeklagten Anspruch minderten. Die Kostenvoranschläge der Klägerin seien ohne Gewähr erstellt worden. Den Kostenvoranschlag vom 10. Oktober 1978 habe die Klägerin beträchtlich überschritten, ohne diese Überschreitung dem Bauherrn rechtzeitig anzuzeigen. Gemäß § 1170 a ABGB habe die Klägerin auf diese Erhöhung, allerdings nur soweit sie über 10 % hinausgehe, keinen Anspruch. Der Werklohnanspruch für die in diesem Kostenvoranschlag enthaltenen Arbeiten betrage daher nur S 242.678,48 (ohne Umsatzsteuer). Die übrigen Kostenvoranschläge seien hingegen nicht bzw. nicht beträchtlich überschritten worden. Einschließlich der mit S 54.885,-- angemessenen Regiearbeiten ergebe sich ein gesamter Werklohn von S 1,015.256,90 (ohne Umsatzsteuer); zuzüglich 18 % Umsatzsteuer und abzüglich der geleisteten Anzahlung von S 750.000,-- sowie der Mängelbehebungskosten und der Wertminderung von insgesamt S 85.000,-- ergebe sich eine restliche Werklohnforderung von S 363.003,14. Die die gesetzlichen Verzugszinsen übersteigenden Zinsen stünden nicht zu, weil die Beklagte an der Zahlungsverzögerung kein grobes Verschulden treffe. Weiters verneinte das Erstgericht den Bestand der ursprünglich aus dem Titel einer Vertragsstrafe bzw. vorprozessualer Kosten (Sachverständigengebühren) geltend gemachten Gegenforderung. Das Berufungsgericht sprach aus, daß die eingeklagte Forderung mit S 336.970,36 zu Recht, die bis zur Höhe der eingeklagten Forderung eingewendeten Gegenforderungen jedoch nicht zu Recht bestünden. Es erkannte die Beklagte schuldig, der Klägerin S 336.970,36 samt 4 % Zinsen seit 12. Juni 1980 zu zahlen und wies das auf Zahlung weiterer S 334.538,04 samt 12 % Zinsen seit 12. Juni 1980 sowie 8 % Zinsen aus S 336.970,36 seit 12. Juni 1980 gerichtete Mehrbegehren ab. Das Berufungsgericht verneinte das Vorliegen von Verfahrensmängeln und übernahm die Feststellungen des Erstgerichts. Rechtlich führte es zu den noch den Gegenstand des Revisionsverfahrens bildenden Fragen folgendes aus:

Rechtliche Beurteilung

1.) Zur Berufung der Klägerin:

Wegen der nicht rechtzeitigen Anzeige der beträchtlichen Überschreitung des Werklohnes für die im Kostenvoranschlag vom 10. Oktober 1978 angebotenen Arbeiten habe die Klägerin keinen Anspruch wegen der Mehrarbeiten. Aus der erst im Zuge des Bauens erlangten Kenntnis, daß die in diesem Kostenvoranschlag angenommenen Ausmaße unrichtig gewesen seien, hätte der Bauherr bzw. dessen Bevollmächtigter nicht darauf schließen müssen, daß eine erhebliche Überschreitung des Kostenvoranschlages unvermeidlich sei. Den Bauherrn habe auch nicht die Pflicht getroffen, sich von sich aus zu vergewissern, ob die Klägerin die in den Kostenvoranschlägen genannten Preise auch einhalten werde. Die Anzeige einer erheblichen Überschreitung diene der Bekanntgabe, daß der Werkunternehmer nicht gewillt sei, das Werk um den veranschlagten Werklohn zu erbringen; dies habe die Klägerin aber unterlassen. Der Bauherr habe mit der Unterfertigung der Bautagebücher dieser Überschreitung auch nicht schlüssig zugestimmt. Bei der Beurteilung, ob eine Überschreitung beträchtlich sei, komme es zwar weniger auf die Überschreitung in einzelnen Posten als auf die Endsumme an; daraus sei für die Klägerin jedoch nichts gewonnen, weil es sich hier nicht um mehrere Positionen eines Kostenvoranschlages, sondern um mehrere Kostenvoranschläge handle, deren einen die Klägerin beträchtlich überschritten habe. Im Fall einer nicht rechtzeitig angezeigten beträchtlichen Überschreitung verliere der Unternehmer jeglichen Anspruch auf angemessene Vergütung der Mehrarbeiten, und zwar nicht nur in jenem Umfang, in dem diese ein noch unbeträchtliches Ausmaß überschreiten.

Die Regieleistungen könnten nur in jenem Ausmaß abgegolten werden, in dem sie festgestellt worden seien.

Da die Klägerin die Verputzarbeiten nicht (unter Verwendung eines Putzgitters) ordnungsgemäß ausgeführt bzw. den Bauherrn nicht - wie dies die ÖNORM B 2110 Pkt. 2.1.3 vorsehe - schriftlich gewarnt habe, daß fehlende Dehnfugen zu Rissen in der Fassade führen könnten, habe ihr das Erstgericht die - unbedenklich festgestellten - Kosten der Behebung der Mängel des Fassadenputzes zu Recht angelastet.

Ein Anspruch auf Ersatz des die gesetzlichen Verzugszinsen übersteigenden Schadens bestünde nur, wenn der Schuldner die Verzögerung der Leistung absichtlich oder grob fahrlässig veranlaßt hätte; dies habe die Klägerin aber nicht behauptet. Weitere als vom Erstgericht zuerkannte Ansprüche stünden der Klägerin daher nicht zu. Die Entscheidungsgründe des Erstgerichtes ließen auch erkennen, daß das nicht als zu Recht bestehend erkannte Begehren abgewiesen werde. Die mangelhafte Fassung des Spruches habe daher behoben werden können.

2.) Zur Berufung der Beklagten:

Das Erstgericht habe § 1170 a Abs. 2 ABGB insoweit unrichtig angewendet, als es der Klägerin trotz des Unterbleibens der rechtzeitigen Anzeige der Überschreitung eines Kostenvoranschlages eine 10 %ige Überschreitung zugesprochen habe; der Unternehmer verliere vielmehr in diesem Fall jeglichen Anspruch auf die Entlohnung der Mehrarbeiten. Daher habe die Klägerin für die im Kostenvoranschlag vom 10. Oktober 1978 genannten Arbeiten einschließlich der dazu nachträglich erteilten Aufträge nur Anspruch auf Zahlung von S 220.616,80. Somit sei das Mehrbegehren von S 26.032,78, das sich aus der Differenz zu dem vom Erstgericht angenommenen Werklohnanspruch von S 242.678,48 ergebe, abzuweisen gewesen.

Gegen die - im Berufungsurteil teils durch Stattgebung der Berufung der Beklagten, teils durch Bestätigung des Urteiles des Erstgerichtes vorgenommene - Abweisung einer Werklohnteilforderung von S 124.016,46 sowie des die gesetzlichen Verzugszinsen übersteigenden Schadens richtet sich die wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision der Klägerin mit dem Antrag, die Entscheidung dahin abzuändern, daß die eingeklagte Forderung mit S 460.986,82 als zu Recht bestehend, die eingewendete Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend erkannt und die Beklagte verurteilt werde, der Klägerin S 460.986,82 samt 12 % Zinsen seit 12. Juni 1980 zu zahlen. Die Beklagte gekämpft mit ihrer Revision das Urteil des Berufungsgerichtes in dem der Klage stattgebenden Teil; sie stellt einen Aufhebungsantrag.

Die Parteien beantragen jeweils, der Revision ihres Gegners nicht Folge zu geben.

I. Die Revision der Beklagten ist verspätet.

Die Revisionsfrist beträgt 4 Wochen von der Zustellung des Berufungserkenntnisses an (§ 505 Abs. 2 ZPO). Nach Wochen bestimmte Fristen enden gemäß § 125 Abs. 2 ZPO mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Im vorliegenden Fall wurde die Ausfertigung der Entscheidung des Berufungsgerichtes dem Vertreter der Beklagten am 24. September 1987, einem Donnerstag, zugestellt. Die Frist für die Erhebung der Revision, welche durch die Postaufgabe gewahrt wird, endete daher am Donnerstag, dem 22. Oktober 1987. Die erst am 23. Oktober 1987 zur Post gegebene Revision der Beklagten ist daher verspätet.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung der Klägerin gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO. Ein Ersatzanspruch nach § 41 ZPO besteht nicht, weil die Klägerin auf die Verspätung des Rechtsmittels der Beklagten nicht hingewiesen hat.

II. Die Revision der Klägerin ist teilweise berechtigt. Die gerügten Verfahrensmängel liegen nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO).

Mit ihrer Rechtsrüge bekämpft die Klägerin zunächst die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß sie wegen der erheblichen Überschreitung des Kostenvoranschlages vom 10. Oktober 1978 (Beilage C) den Anspruch auf die Entlohnung der Mehrarbeiten verloren habe und ihr im Hinblick auf den im Kostenvoranschlag genannten Werklohn und die Erhöhung durch Zusatzaufträge für diese Arbeiten nur ein Teilwerklohn von S 220.616,80 zustehe. Das Argument der Revision, der Bauleiter der Klägerin habe die in den schriftlichen Bauaufträgen festgehaltenen (mit keinem Kostenvoranschlag übereinstimmenden) Beträge als Pauschalpreis aufgefaßt, weshalb kein Anlaß zur Bekanntgabe einer Überschreitung des Kostenvoranschlages bestanden habe, trifft jedoch schon deshalb nicht zu, weil eine Willensübereinstimmung über den Inhalt der schriftlichen "Pauschalaufträge" überhaupt nicht zustande gekommen ist und die schriftlichen Verträge den Feststellungen zufolge bloß der Dokumentation der Auftragserteilung und der ungefähren Auftragssumme dienen sollten; es ist aber auch unlogisch, weil im Fall einer - nicht festgestellten - Pauschalvereinbarung kein Anspruch auf Entlohnung von Mehrleistungen bestünde. Auch das weitere Argument, in der Eintragung der Ausmaßdifferenzen in das Bautagebuch liege die erforderliche Anzeige, ist nicht stichhältig: Der Unternehmer erspart sich nämlich die Anzeige auch dann nicht, wenn die Überschreitung auf Umständen beruht, die allgemein bekannt sind (SZ 26/234), oder wenn der Besteller die Überschreitung aus den Umständen vermuten kann (SZ 34/43); der Besteller kann vielmehr bis zur Verständigung vom Gegenteil davon ausgehen, daß sich der Unternehmer an den Kostenvoranschlag gebunden fühlt (EvBl. 1967/247). Nur dann, wenn der Besteller im Falle eines zusätzlichen oder andersartigen Aufwandes an Arbeit und Material nach den Umständen zweifelsfrei (§ 863 ABGB) einer Vertragsänderung sowohl hinsichtlich des herzustellenden Werkes als auch hinsichtlich des dafür gebührenden Werklohnes zustimmt, wird eine neue Vertragslage geschaffen (JBl. 1983, 150). Solange aber der Besteller aus den Umständen gar nicht annehmen mußte, daß eine Überschreitung des veranschlagten Werklohnes unvermeidlich sei, darf der Unternehmer aus der Hinnahme von Mehrleistungen durch den Besteller noch nicht auf eine Änderung des Vertrages schließen. Unrichtig ist auch die Auffassung der Klägerin, daß die Überschreitung des Kostenvoranschlages auf in der Sphäre des Bauherrn liegenden Umständen beruhte. Grundsätzlich hat zwar jeder Vertragsteil den Zufall zu vertreten, der sich in seiner Sphäre ereignet hat; liegen Umstände, die zu Mehraufwendungen führen, tatsächlich in der Sphäre des Bestellers, dann ist die unverzügliche Rüge einer unvermeidlichen beträchtlichen Überschreitung zur Wahrung des Anspruches auf die Mehrkosten entbehrlich (EvBl. 1986/27). Im vorliegenden Fall hat aber der Bauherr die Ausmaße nicht etwa willkürlich verändert oder der Klägerin die richtigen Ausmaße vorenthalten; er hat lediglich Kostenvoranschläge eines Konkurrenzunternehmens zur Verfügung gestellt, deren Leistungsbeschreibung die Klägerin ohne Prüfung übernommen hat. Die Preisgefahr liegt daher nach wie vor bei der Klägerin. Schließlich trifft es auch nicht zu, daß die Summe aller Kostenvoranschläge für die Beurteilung der Beträchtlichkeit der Überschreitung heranzuziehen sei. Wann eine Überschreitung beträchtlich ist, läßt sich allgemein nicht präzisieren. Es können einzelne Rechnungsposten für sich allein beträchtlich überschritten werden, aber auch nur die Endsumme (EvBl. 1964/319). Somit können geringfügige Überschreitungen einzelner Rechnungsposten insgesamt eine beträchtliche Überschreitung des Kostenvoranschlages ergeben (Krejci in Rummel, ABGB, Rz 24 zu § 1170 a). Selbst wenn man aber mit der Klägerin annehmen wollte, daß im Fall der Erstellung mehrerer Kostenvoranschläge für ein Gesamtvorhaben die Überschreitung an der Summe dieser Kostenvoranschläge zu prüfen wäre, wäre für die Klägerin nichts gewonnen, könnten doch dann nämlich nur solche Kostenvoranschläge zu diesem Zweck zusammengerechnet werden, die nach dem erklärten Parteiwillen für die Herstellung eines einheitlichen Werkes bestimmt waren. Das träfe aber auf nachträgliche Kostenvoranschläge, die erst wegen des später gefaßten Entschlusses des Bauherrn, weitere Arbeiten vornehmen zu lassen, erforderlich wurden, nicht zu. Geht man aber davon aus, daß die Streitteile dem ursprünglichen Auftrag nur 3 Kostenvoranschläge mit einer Gesamtsumme von S 392.195,-- zugrundegelegt hatten, dann erweist sich deren Überschreitung im Hinblick auf den entsprechenden tatsächlichen Leistungsumfang von S 466.564,78 ebenfalls als beträchtlich.

Mit ihren weiteren Revisionsausführungen zu den Regiearbeiten und zur Höhe der für die Behebung vorhandener Mängel erforderlichen Kosten bekämpft die Klägerin in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Vorinstanzen; auf diese Ausführungen ist daher nicht näher einzugehen.

Teilweise im Recht ist die Revision jedoch, soweit sie die Abweisung des die gesetzlichen Verzugszinsen übersteigenden Zinsenbegehrens bekämpft. Nach ständiger Rechtsprechung hat der Gläubiger einer fälligen, nicht bezahlten Geldschuld nach bürgerlichem Recht zwar nur im Fall der von ihm zu beweisenden bösen Absicht oder auffallenden Sorglosigkeit des Schuldners den Anspruch auf den die gesetzlichen Verzugszinsen enstandenen Verzögerungsschaden; nach Handelsrecht ist dieser Anspruch bereits bei leichter Fahrlässigkeit an der Verzögerung gegeben, wobei der Schuldner gemäß § 1298 ABGB zu beweisen hat, an der Erfüllung der Verbindlichkeit ohne Verschulden verhindert worden zu sein (SZ 5/53; SZ 41/166; RdW 1984, 85). Die von der Rechtsprechung vorgenommene Einschränkung dieser Haftung nach bürgerlichem Recht auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit ist in der Lehre kritisiert worden (Koziol-Welser8 I 212; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 1333; Schumacher in Straube, HGB, Rz 10 f zu § 352). ein Eingehen auf diese Kritik ist jedoch im vorliegenden Fall entbehrlich, weil die strengere Haftung des Schuldners für den Verzögerungsschaden nach Handelsrecht nach der Rechtsprechung auch bei einseitigen Handelsgeschäften eintritt (HS 10.656). Die Klägerin, die den Werkvertrag als Formkaufmann im Betrieb ihres Handelsgewerbes abgeschlossen hat, hat daher Anspruch auf den Ersatz des durch die Zahlungsverzögerung verursachten Schadens, weil die Beklagte gar nicht den ihr obliegenden Beweis angetreten hat, ohne Verschulden an der rechtzeitigen Zahlung gehindert worden zu sein. Die Vorinstanzen haben zwar keine Feststellungen über die Höhe jener Bankzinsen getroffen, die die Klägerin durch die wegen des Verzuges der Beklagten vorgenommene Ausweitung ihrer Kreidte zu zahlen hatte; im vorliegenden Verfahrensstadium kann aber der Schaden, der nur die Nebengebühren betrifft, auch nach § 273 Abs. 2 ZPO bemessen werden (SZ 5/157; SZ 5/181). Da auch auf dem Gebiet der Kreditzinsen das Zinsenniveau in den letzten Jahren eher gesunken ist, erscheint hier ein Mittelwert von 9 % Verzugszinsen angemessen.

In teilweiser Stattgebung der Revision der Klägerin war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung der Beklagten gründet sich auf § 43 Abs. 2, § 50 ZPO.

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