OGH 4Ob509/94

OGH4Ob509/9425.1.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Redl, Dr.Griß und Dr.Pimmer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Margaretha W*****, vertreten durch die Sachwalterin Edeltraud R*****, diese vertreten durch Dr.Johann Tischler, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Annemarie K*****, vertreten durch Dr.Kurt Dellisch, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Aufhebung eines Vertrages (Streitwert S 300.000) infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 29.November 1993, GZ 1 R 240/93-9, womit der Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 20.Oktober 1993, GZ 22 Cg 192/93i-5, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres unzulässigen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit Notariatsakt vom 21.10.1992 schenkte die Klägerin der Beklagten ihre Eigentumswohnung auf den Todesfall, räumte ihr ein Vorkaufsrecht ein und verpflichtete sich, die Eigentumswohnung zu Lebzeiten der Beklagten ohne deren ausdrückliche Zustimmung weder zu belasten noch zu veräußern noch zu vermieten. In einem Nachtrag zum Schenkungsvertrag vereinbarten die Streitteile, daß die Beklagte die Klägerin im erforderlichen Umfang zu pflegen habe.

Die Klägerin begehrt, den im Urteilsantrag näher bezeichneten Notariatsakt vom 21.10.1992 und den Nachtrag vom 3.12.1992 aufzuheben. Sie bewertete den Streitgegenstand mit S 300.000 und brachte die Klage beim Landesgericht Klagenfurt ein.

Die Beklagte beantragt, die sachliche Unzuständigkeit des Landesgerichtes Klagenfurt auszusprechen und die Rechtssache an das nicht offenbar unzuständige Bezirksgericht Klagenfurt oder an das Bezirksgericht Völkermarkt zu überweisen. Das angerufene Gericht sei sachlich unzuständig. Der Streitgegenstand sei nach § 60 Abs 2 JN mit dem Einheitswert der Eigentumswohnung zu bewerten. Dieser betrage S

56.823.

Das Erstgericht wies die Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit zurück.

Gegenstand der Klage sei ein Anwartschaftsrecht auf das Eigentum an einer Wohnung; der Vertrag wirke sich auch insofern auf den Grundbuchsstand aus, als auf Grund des Urteils das im Grundbuch zugunsten der Beklagten einverleibte Vorkaufsrecht zu löschen sein werde. Gemäß § 60 Abs 2 JN sei daher der Einheitswert maßgebend; dieser liege unter S 100.000.

Das Rekursgericht trug dem Erstgericht nach Aufhebung des Beschlusses auf, unter Abstandnahme von dem herangezogenen Zurückweisungsgrund das gesetzmäßige Verfahren über die Klage fortzusetzen. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

§ 60 Abs 2 JN sei nur anzuwenden, wenn eine Liegenschaft streitverfangen sei. Die Klägerin fordere jedoch die Aufhebung eines Vertrages, in dem sie (ua) der Beklagten ein Vorkaufsrecht einräume und sich verpflichte, die Liegenschaft weder zu belasten noch zu veräußern noch zu vermieten. Streitgegenstand sei daher die Aufhebung eines Vertrages über obligatorische Ansprüche, so daß § 60 JN nicht anzuwenden sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt werde.

Rechtliche Beurteilung

Der angefochtene Beschluß ist zwar inhaltlich abändernd, der Revisionsrekurs ist aber dennoch unzulässig.

Gemäß § 45 JN idF des Art II Z 14 ZVN BGBl 1983/135 sind nach Eintritt der Streitanhängigkeit getroffene Entscheidungen, mit denen ein Gericht seine sachliche Zuständigkeit bejaht, unanfechtbar; solche, mit denen es seine sachliche Unzuständigkeit ausspricht, nur dann, wenn das Gericht, das nach dieser Entscheidung sachlich zuständig wäre, seinen Sitz nicht in derselben Gemeinde hat. Schon der Abs 1 der bis 30.4.1983 geltenden Fassung hatte angeordnet, daß Entscheidungen eines Gerichtshofes erster Instanz nicht deshalb angefochten werden können, weil für die Rechtssache die Zuständigkeit eines anderen Gerichtshofes oder eines anderen Bezirksgerichtes begründet ist. Erklärtes Ziel der Neufassung war es, Zuständigkeitsstreitigkeiten weiter zurückzudrängen (EB zur RV 669 BlgNR 15. GP 32). Der JA hat die Bestimmung neu formuliert, um noch klarer auszudrücken, daß die Bejahung der sachlichen Zuständigkeit nie angefochten werden kann (AB 1337 BlgNR 15. GP 3). Gericht iS des § 45 JN ist auch ein Gericht zweiter Instanz. Eine bejahende Zuständigkeitsentscheidung ist daher auch dann unanfechtbar, wenn sie von einem Gericht zweiter Instanz gefällt wurde (Fasching, LB2 Rz 231; EvBl 1986/113; JBl 1987, 792 mit Anm von Fink).

Das Rekursgericht hat den Zurückweisungsbeschluß des Erstgerichtes aufgehoben und dem Erstgericht die Fortsetzung des gesetzmäßigen Verfahrens aufgetragen. Es hat damit die sachliche Zuständigkeit des Erstgerichtes bejaht. Diese Entscheidung ist gemäß § 45 JN unanfechtbar.

Der Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.

Der Ausspruch über die Kosten beruht auf §§ 40, 50 ZPO.

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