Spruch:
Der Revision der Beklagten wird teilweise Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung insgesamt, einschließlich des in Rechtskraft erwachsenen Teiles, wie folgt zu lauten hat:
"Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin S 230.000,-- samt 12,5 % Zinsen seit 20.4.1993 zu zahlen.
Das Mehrbegehren, die Beklagte sei schuldig, der Klägerin S 770.000,-- samt 18 % Zinsen seit 20.4.1993 und 5,5 % Zinsen aus S 230.000,-- seit 20.4.1993 zu zahlen, wird abgewiesen.
Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit S 50.986,80 bestimmten anteiligen Verfahrenskosten (darin S 8.490,64 USt und S 61,60 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen." Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit S 31.171,25 bestimmten anteiligen Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 5.195,21 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
2. den
Beschluß
gefaßt:
Die am 19.1.1995 zur Post gegebene Revisionsbeantwortung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Text
Entscheidungsgründe:
Pietro della L***** betreibt in W***** eine Cafeteria, eine Pizzeria und einen Eissalon. Bis zum 31.12.1990 wurde das Unternehmen in der Rechtsform einer OHG betrieben, deren Gesellschafter Pietro della L***** und seine Schwester Elisabeth zu gleichen Teilen waren. Vom 1.1.1991 an führte Pietro della L***** den Betrieb als Einzelunternehmen; die OHG stellte ihre Geschäftstätigkeit ein und wurde mit 8.1.1994 gelöscht. Die Geschwister della L***** und ihre Mutter waren Gesellschafter der D*****GesellschaftmbH, die bis zum 29.2.1992 in der L*****-City einen Eisstand betrieb. Die D*****GesellschaftmbH stellte ihre Geschäftstätigkeit mit 1.3.1992 ein und befindet sich derzeit in Liquidation. Elisabeth della L***** führte bis 1993 einen Kosmetiksalon, der 1991 zwar schon verschuldet war, aber noch genug Mittel für ihren Lebensunterhalt abwarf.
Im Herbst 1991 waren die OHG, die D*****GesellschaftmbH und Pietro della L***** persönlich bei der Klägerin hoch verschuldet. Pietro della L***** haftet für insgesamt rund 4 Mio. Schilling. Über sein Vermögen wurde 1991 das Konkursverfahren eröffnet. Um das Unternehmen während des Konkursverfahrens weiterführen zu können, benötigte er S 130.000. Diesen Betrag brachte die Beklagte als seine damalige Freundin und nunmehrige Lebensgefährtin für ihn auf, indem sie bei der Länderbank (Bank A*****) ein Darlehen aufnahm. Pietro della L***** strebte einen Zwangsausgleich an. In diesem Zusammenhang gab es mehrere Besprechungen mit der Klägerin, die im Konkursverfahren ihre Gesamtforderung von S 4 Mio. geltend gemacht hatte.
Die Gespräche wurden für die Klägerin von Dr.Franz D*****, dem Filialleiterstellvertreter der Zweigstelle L***** geführt. Dr.Franz D***** erklärte, daß die Klägerin einem Zwangsausgleich nicht zustimmen werde, wenn es Pietro della L***** nicht gelinge, eines seiner Unternehmen (weitgehend) schuldenfrei zu stellen. Er schlug vor, daß Elisabeth della L***** ihren Kosmetiksalon verkaufen und den Erlös der OHG zur Verfügung stellen solle. Elisabeth della L***** war jedoch dazu nicht bereit. In einer weiteren Besprechung am 19.12.1991 wurde der Plan erörtert, daß die Klägerin der Beklagten einen Kredit von S 1,940.000 gewähren solle. Von diesem Betrag solle die Beklagte S 130.000 erhalten, um das bei der Bank A***** aufgenommene Darlehen zurückzahlen zu können; S 100.000 sollten dazu verwendet werden, Verbindlichkeiten der D*****GesellschaftmbH bei der T***** Sparkasse abzudecken; S 210.000 sollten auf Sparbücher eingezahlt werden, um die Zahlung der erster sieben Kreditraten zu sichern. S 1,5 Mio. sollten schließlich dazu verwendet werden, die Verbindlichkeiten der OHG um diesen Betrag zu vermindern, indem die Beklagte als Schuldnerin an die Stelle der OHG trat. Die Beklagte solle als Sicherheit zwei Blankoakzepte samt Widmungserklärung übergeben, Elisabeth della L***** eine Wechselbürgschaft übernehmen.
Die Beklagte war damals arbeitslos. Sie erklärte wiederholt, den Kredit nicht übernehmen zu können, weil sie ihn nicht einmal dann zurückzahlen könnte, wenn sie eine Arbeit hätte. Dr.Franz D***** erklärte wiederholt, daß die Klägerin einem Zwangsausgleich nicht zustimmen werde, sollte die Verbindlichkeit der OHG nicht um S 1,5 Mio. verringert werden. Die Beklagte leistete schließlich die gewünschten Unterschriften und sagte, sie tue das für ihren Freund.
Auf Grund des Kreditvertrages wurde für die Beklagte ein Konto eröffnet, das ein Guthaben von S 1,940.000 aufwies. Dr.Franz D***** ließ die Beklagte auf einem Barauszahlungsbeleg bestätigen, S 1,810.000 zu Lasten ihres Kontos erhalten zu haben. Von diesem Betrag wurden S 1,5 Mio. dem Konto der D***** OHG gutgeschrieben und auch der Rest so verwendet, wie es besprochen worden war. Die auf dem Konto der Beklagten verbliebenen S 130.000 wurden auf das Darlehenskonto der Beklagten bei der Bank A***** überwiesen.
Bei der Klägerin erhält jeder Kunde bei der Kontoeröffnung eine Tagesauszugsmappe, der die allgemeinen Geschäftsbedingungen beiliegen. Die für die ersten sieben Kreditraten eröffneten Sparbücher wurden bei der Klägerin hinterlegt. Das Sparguthaben wurde bestimmungsgemäß verwendet; sonstige Kreditrückzahlungen wurden nicht geleistet.
Mit Schreiben vom 13.1.1993 stellte die Klägerin den Kreidt fällig. Per 19.4.1993 hafteten auf dem Konto der Beklagten S 2,075.491,47 aus. Im Konkursverfahren über das Vermögen von Pietro della L***** erhielt die Klägerin die Zwangsausgleichsquote von S 800.000, welche auf Grundlage ihrer - auch nach der Umschuldung nicht eingeschränkten - Forderungsanmeldung von S 4 Mio. berechnet wurde.
Die Klägerin begehrt S 1 Mio. samt 18 % Zinsen seit 20.4.1993. Sie habe der Beklagten einen Kredit eingeräumt, der mit S 2,075.491,47 unberichtigt aushafte. Vorsichtshalber werde nur S 1 Mio. geltend gemacht. Die Beklagte habe ursprünglich beabsichtigt, den Kosmetiksalon von Elisabeth della L***** zu erwerben. Zu diesem Zweck sei ihr der Kredit eingeräumt worden; die Initiative zur Umschuldung sei nicht von der Klägerin ausgegangen. Die Ausgleichsquote sei im Konkursverfahren über das Vermögen von Pietro della L***** bezahlt worden; zwischen der persönlichen Verpflichtung von Pietro della L***** und dem klagsgegenständlichen Keditvertrag bestehe keine Beziehung.
Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen.
Sie habe den Kreditbetrag nie erhalten. Der Klägerin sei bekannt gewesen, daß die Beklagte den Kredit nicht zurückzahlen könne. Die Umschuldung sei von der Klägerin ausgegangen, die ansonsten dem Zwangsausgleich nicht zugestimmt hätte. Die Beklagte sei überrumpelt worden. Ihr sei gesagt worden, daß ihr Lebensgefährte das Geschäft zusperren müsse, weil die Klägerin dem Zwangsausgleich nicht zustimmen werde, sollte sie die Schuld nicht übernehmen. Durch die Annahme und die Erfüllung des Zwangsausgleiches sei die gesamte Forderung der Klägerin getilgt worden.
Das Erstgericht sprach der Klägerin S 130.000 samt 12,5 % Zinsen seit 20.4.1993 zu, das Mehrbegehren wies es ab.
Die von der Beklagten erklärte subjektive Unmöglichkeit, den Vertrag zu erfüllen, mache den Vertrag nicht ungültig. Die Einwilligung in einen Vertrag müsse aber ernstlich sein. Daran fehle es, wenn eine Partei erkläre, den Vertrag nicht abschließen zu wollen und nicht erfüllen zu können. Die mangelnde Abschluß- und Bindungsabsicht der Beklagten sei der Klägerin gegenüber ausdrücklich erklärt worden; allerdings nur für den Kreditbetrag, der den Teilbetrag von S 130.000 übersteige. In diesem Umfang habe die Beklagte offenbar einen Kreditvertrag abschließen wollen, sei sie dadurch doch von ihrer Verpflichtung gegenüber der Bank A***** befreit worden. Fehlte es auch in diesem Umfang an einem wirksamen Kreidtvertrag, so stünde der Klägerin ein Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB zu.
Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es dem Klagebegehren zur Gänze stattgab. Das Berufungsgericht sprach aus, daß die Revision nicht zulässig sei.
Die nach § 869 ABGB erforderliche Ernstlichkeit sei beim Vertragsabschluß vorgelegen. Der Vertragsunterzeichnung sei ein eingehendes Gespräch vorausgegangen. Der Plan sei im einzelnen dargelegt und erörtert worden. Die Beklagte habe ihre Unterschrift nach einigen Überlegungen und Überredungen geleistet. Eine "Überrumpelung" habe die Beklagte nur darin erblickt, daß sie sich in einem einzigen Gespräch habe entschließen müssen, die Schuld zu übernehmen, um eine Sperre des Geschäftes ihres Lebensgefährten zu verhindern. Letztlich habe die Beklagte den Kreditvertrag unterfertigt.
Nach den Feststellungen sei der Beklagten der Kreditbetrag zugekommen. Daß die Verfügungen zuvor mit der Klägerin abgesprochen gewesen seien, vermöge daran nichts zu ändern. Letztlich habe die Beklagte über die Kreditvaluta verfügt. Durch die Unterwerfung unter die allgemeinen Geschäftsbedingungen sei der begehrte Zinssatz Vertragsinhalt geworden.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen den den Zuspruch von S 130.000 sA übersteigenden Teil dieser Entscheidung gerichtete Revision der Beklagten ist zulässig und teilweise berechtigt. Die Klägerin hat am 16.1.1995 und am 19.1.1995 neuerlich eine Revisionsbeantwortung zur Post gegeben. Nach ständiger Rechtsprechung steht aber jeder Partei - mit einer hier nicht interessierenden Ausnahme - nur ein Schriftsatz zu (RdW 1987, 54; EvBl 1989/93 = NRsp 1989/64 ua; Kodek in Rechberger, ZPO vor § 461 Rz 12), so daß die "zweite" Revisionsbeantwortung zurückzuweisen war.
Die Beklagte macht geltend, daß die mit der Klägerin getroffenen Vereinbarungen gegen die zwingende Bestimmung des § 150 Abs 5 KO verstießen. Im übrigen sei die Beklagte nur zur Rückzahlung jenes Betrages verpflichtet, den sie tatsächlich erhalten habe. Da die Beklagte bei Vertragsabschluß über kein Einkommen und kein Vermögen verfügt habe, sei ihre Einwilligung in den Kreditvertrag nicht ernstlich gewesen.
Als Konsensualvertrag ist der Kreditvertrag mit der Willenseinigung zustandegekommen (Koziol in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht II Rz 1/6; SZ 35/125; HS 9321/3). Die Erklärung der Beklagten, den Kreditvertrag abschließen zu wollen, war trotz ihres Hinweises auf ihre schlechte Einkommens- und Vermögenslage ernstlich iS des § 869 ABGB. Ernstlich ist die Erklärung, wenn sie, aus der Sicht eines redlichen Erklärungsempfängers, auf die Herbeiführung von Rechtsfolgen gerichtet ist (Rummel in Rummel, ABGB2 § 869 Rz 4). Die Beklagte hat bei Unterfertigung des Kreditvertrages "nach einigen Überlegungen und Überredungen" erklärt, dies für ihren Freund zu tun. Ihr war daher bewußt, daß sie damit eine Verpflichtung einging.
Die Kreditvaluta wurde gemäß den Vereinbarungen mit der Beklagten verwendet. Letztlich hat daher die Beklagte über den Kreditbetrag verfügt und ihn damit auch erhalten.
Gemäß § 150 Abs 5 Satz 1 KO ist eine Vereinbarung des Gemeinschuldners oder anderer Personen mit einem Gläubiger, wodurch diesem vor Abschluß des Zwangsausgleiches oder in der Zeit zwischen dem Abschluß und der Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses besondere Vorteile eingeräumt werden, ungültig. Die Ungültigkeit ist von Amts wegen zu berücksichtigen, weil es sich um kein dem Schuldner gewährtes Anfechtungsrecht, sondern um eine im öffentlichen Interesse aufgestellte zwingende Rechtsvorschrift handelt (WBl 1988, 161 mwN).
Die Klägerin hat ihre Zustimmung zum Zwangsausgleich im Konkursverfahren über das Vermögen von Pietro della L***** von der Bereitschaft der Beklagten abhängig gemacht, den klagegegenständlichen Kreditvertrag abzuschließen. Die Kreditvaluta wurde zum größten Teil dazu verwendet, einen Teil der Verbindlichkeiten, für die Pietro della L***** haftete, umzuschulden. Die Beklagte hat nur einen Teilbetrag von S 130.000 dazu verwendet, eigene - wenn auch für Pietro della L***** eingegangene - Schulden abzudecken. Mit einem Teilbetrag von S 100.000 wurden Verbindlichkeiten der D*****GesellschaftmbH bei der T***** Sparkasse beglichen. Der - nach Sicherstellung der ersten sieben Rückzahlungsraten verbleibende - Restbetrag von S 1,500.000 wurde dem Kreditkonto der D***** OHG gutgebucht. Demnach hat die Beklagte mit dem weitaus überwiegenden Teil des ihr eingeräumten Kredites letztlich eine Schuld übernommen, die die D***** OHG gegenüber der Klägerin hatte. Damit wurden der Klägerin als einer Konkursgläubigerin vor Abschluß des Zwangsausgleiches besondere Vorteile eingeräumt, hat sie doch für S 1,500.000 ihrer Forderung von insgesamt S 4 Mio. die (Mit)Haftung der Beklagten erhalten. Eine solche Vereinbarung ist nach § 150 Abs 5 KO ungültig.
Die Beklagte hat bereits in erster Instanz geltend gemacht, daß die Klägerin ihre Zustimmung zum Zwangsausgleich von der Umschuldung abhängig gemacht habe. Sie hat damit einen Sachverhalt behauptet, der den Tatbestand des § 150 Abs 5 Satz 1 KO erfüllt. Nach dieser Bestimmung sind den Gläubiger begünstigende Vereinbarungen ungültig.
§ 150 Abs 5 Satz 2 KO räumt einen Rückforderungsanspruch ein, wenn aufgrund einer ungültigen Vereinbarung oder aufgrund eines zur Verdeckung einer solchen Vereinbarung eingegangenen Verpflichtungsverhältnisses etwas geleistet wurde. Diese Bestimmung wäre im vorliegenden Fall nur anzuwenden, wenn die Beklagte den Kreditbetrag ganz oder teilweise zurückgezahlt hätte. Da sie aber bisher noch keine Leistung erbracht hat, hätte sie entgegen der Auffassung der Klägerin auch keine Gegenforderung geltend machen können und demnach auch nicht geltend machen müssen.
Der zwischen den Streitteilen zustande gekommene Kreditvertrag ist daher wegen Gläubigerbegünstigung so weit ungültig, als der Klägerin als einer Konkursgläubigerin dadurch besondere Vorteile zugekommen sind. Soweit die Kreditvaluta dazu verwendet wurde. Verbindlichkeiten der Beklagen bei der Bank A***** und der D*****GesellschaftmbH bei der T***** Sparkasse abzudecken, ist der Klägerin kein Vorteil erwachsen. In diesem Umfang ist der Kreditvertrag daher gültig und die Beklagte zur Rückzahlung verpflichtet.
Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Der Revision war teilweise Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 43, 50 ZPO. Die Beklagte hat in erster Instanz mit 77 % obsiegt, mit 23 % ist sie unterlegen. Sie hat daher Anspruch auf Ersatz von 54 % ihrer Kosten und von 77 % ihrer Barauslagen. Im Rechtsmittelverfahren hat die Beklagte mit rund 88 % obsiegt, mit rund 12 % ist sie unterlegen. Sie hat daher insoweit Anspruch auf Ersatz von 76 % ihrer Kosten. Barauslagen sind der Beklagten im Rechtsmittelverfahren nicht erwachsen, weil ihr Verfahrenhilfe durch Befreiung von der Pauschalgebühr für das Revisionsverfahren gewährt wurde.
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