Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß Punkt 2. des Beschlusses des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Text
Begründung
In der Verlassenschaftssache nach dem am 25.Juni 1979 verstorbenen Harald A wurde den geschiedenen Ehegattinnen des Erblassers Inge A und Dagmar A, die gegen die Verlassenschaft vertragliche Unterhaltsansprüche haben, die Nachlaßseparation bewilligt und Rechtsanwalt Dr. Alfred B zum Separationskurator bestellt. Die Nachlaßseparation wurde auch nach Einantwortung des Nachlasses am 1. September 1983 zur Sicherung und Befriedigung der Separationsgläubiger aufrecht erhalten (vgl. Weiss in Klang 2 III 1024). Zu dem abgesonderten Nachlaß gehört auch ein aus Erlösen eines Liegenschaftsverkaufes angelegten Sparbuches Nr. 0010-14.728 der C Neunkirchen-Gloggnitz-Ternitz (im folgenden: D Neunkirchen), das sich am 2.März 1984 im Depot der genannten Sparkasse befand und einen Einlagenstand von S 4,570.858,26 hatte. Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 16.Dezember 1983 wurde dieses Sparbuch zu Gunsten des Bezirksgerichtes Neunkirchen gesperrt. Mit Beschluß desselben Gerichtes vom 2.März 1984, E 1396/84 wurde der Separationsgläubigerin Dagmar A zur Hereinbringung eines Unterhaltsrückstandes von S 668.183,60 und der Kosten ihres Antrages gegen Hans Martin A als Alleinerben und gegen den separierten Nachlaß nach Harald A folgende Exekution bewilligt:
'I. Pfändung der der verpflichteten Partei gegen den Drittschuldner
C Neunkirchen-Gloggnitz-Ternitz,/ Neunkirchen, Hauptplatz 2, in deren Verwahrung sich das Sparbuch Nr. 0010-014.728 (Verlassenschaft A Harald, Kauf E, Anderkonto Dr. A. B) Bezirksgericht Neunkirchen zu
A 372/79 als Verwahrschaftsgericht auf Grund des Vergleiches vom 3.12.1973
des Kreisgerichtes Wiener Neustadt 1 Cg 317/73 angeblich zustehenden Unterhaltsforderung für die Zeit vom 1.1.1982 bis inclusive Dezember 1983 im Betrage von S 668.183,60
II. überweisung der gepfändeten Forderung zur Einziehung des unter
I.
genannten Sparbuches bis zur Höhe der vollstreckbaren Forderung unbeschadet etwa früher erworbener Rechte dritter Personen .....'
Dem Drittschuldner wurde verboten, zur Berichtigung der gepfändeten Forderung oder auf Abschlag dieser Forderung an die verpflichtete Partei Zahlung zu leisten.
Dieser Beschluß wurde dem Erstgericht als Verlassenschaftsgericht am 2. März 1984 und der C Neunkirchen mit E-Form 281 als Drittschuldnerin zugestellt, die mitteilte, nur mit Bewilligung des Gerichtes Auszahlungen vornehmen zu können.
Das Erstgericht wies mit Beschluß vom 21.März 1984, A 372/79-93, die C Neunkirchen an, von dem genannten Sparbuch einen Teilbetrag von S 674.071,72 (S 668.183,60 und S 5.888,12 Kosten) an den Vertreter der Separationsgläubigerin Dagmar A zu überweisen. Dieser Betrag wurde noch vor Rechtskraft des Beschlusses durch die C Neunkirchen zur Auszahlung gebracht.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Separationsgläubigerin Inge A gegen diese Auszahlungsverfügung des Erstgerichtes Folge und hob diese ersatzlos auf. Es war der Ansicht, daß die Pfändung und überweisung eines Sparkassenbuches nach den §§ 296, 304 f EO durch Erlag bei Gericht nach Aufnahme eines Pfändungsprotokolles, sowie nachfolgende überlassung zu erfolgen habe. Die 'Einziehung des Sparbuches bis zur Höhe der vollstreckbaren Forderung' sei begrifflich unmöglich. Dem Exekutionsbewilligungsbeschluß könne nicht zweifelsfrei entnommen werden, wer Drittschuldner sei, welche Forderung gepfändet und überwiesen werden solle und welche Handlung der (gemeinte) Drittschuldner in Erfüllung des Bewilligungsbeschlusses zu setzen habe. Der Exekutionsbewilligung könne daher nicht entnommen werden, daß das Erstgericht verpflichtet gewesen wäre, aus dem genannten Sparbuch einen Betrag von S 674.071,72 zur überweisung zu bringen. Infolge der Mängel des Exekutionsbewilligungsbeschlusses habe das Verlassenschaftsgericht nicht verläßlich beurteilen können, in welcher Weise es tätig werden müsse. Das Erstgericht sei somit nicht als Drittschuldner tätig geworden. In seiner Funktion als Verlassenschaftsgericht sei es aber nicht seine Aufgabe gewesen, für die Befriedigung von Gläubigern zu sorgen.
Gegen diese Entscheidung erhebt die Separationsgläubigerin Dagmar A Revisionsrekurs.
Obwohl die angefochtene Auszahlungsverfügung bereits durchgeführt war, als Inge A Rekurs an die zweite Instanz erhob, war sie durch den erstgerichtlichen Beschluß beschwert, weil dessen Beseitigung mit bindender Wirkung zur Klarstellung geeignet war, ob dem Verlassenschaftsgericht überhaupt die Befugnis zu einer derartigen Verfügung zukomme (vgl. SZ 53/86).
Rechtliche Beurteilung
Ihr Rechtsmittel war daher zulässig. Dieses Klarstellungsinteresse kommt - nunmehr im gegenteiligen Sinn - auch der Revisionsrekurswerberin zu.
Ihr Rechtsmittel ist daher zulässig. Es ist auch berechtigt.
§ 812 ABGB nennt als Maßnahmen für die Vornahme der Absonderung der Verlassenschaft von dem Vermögen des Erben unter anderem die gerichtliche Verwahrung oder Verwaltung durch einen Kurator. Im vorliegenden Fall wurde der aus dem Liegenschaftsverkauf verbliebene Resterlös auf das Konto des Separationskurators überwiesen. Der Betrag wurde aber nicht seiner freien Verwaltung überlassen, sondern ein Sparbuch angelegt und dieses ins Depot der C Neunkirchen gegeben und zu Gunsten des Verlassenschaftsgerichtes gesperrt. Bei dieser Verfügung handelte es sich um einen gerichtlichen Erlag im Sinne des § 286 GeO, der nicht nur bei den in § 285 Abs. 1 GeO genannten Stellen erfolgen kann. Gemäß § 285 Abs. 2 GeO können vielmehr gerichtlich gesperrte Sparbücher auch bei der Sparkasse, die die Sparbücher ausgestellt hat, in Verwahrung gegeben oder belassen werden. Das Gericht, für das ein solcher Erlag geschieht, ist (als 'Verwahrschaftsgericht') allein berechtigt, über den Erlagsgegenstand (das 'Verwahrnis') zu verfügen (§ 285 Abs. 3 GeO; JBl. 1959, 46). Die Exekutionsbewilligung betraf daher ein gerichtliches Verwahrnis. Das Erstgericht war als Verwahrschaftsgericht Drittschuldner (Heller-Berger-Stix 2293; SZ 15/88; SZ 47/95; vgl. auch SZ 49/108). Die Pfändung des Anspruches auf Ausfolgung eines Verwahrnisses (hier: eines Einlagebuches im Sinne des § 296 Abs. 1 EO) ist durch Zustellung des gerichtlichen Verbotes an das Verwahrschaftsgericht als bewirkt anzusehen. Im Exekutionsgesuch ist daher das Verwahrschaftsgericht als Drittschuldner anzuführen (§ 310 GeO).
Im vorliegenden Fall wurde zwar die C Neunkirchen als Drittschuldner angeführt, aber im Antrag auch beigefügt, daß das Bezirksgericht Neunkirchen Verwahrschaftsgericht des bei der Sparkasse verwahrten Sparbuches sei. Der Ansicht des Rekursgerichtes, daß damit der Drittschuldner nicht zweifelsfrei bezeichnet worden sei, kann nicht gefolgt werden. Es ist wohl richtig, daß § 54 Abs. 1 Z 3 EO als Inhalt von Exekutionsbewilligungsanträgen bei Exekutionen auf das Vermögen unter anderem die Bezeichnung der Vermögensteile, auf welche Exekution geführt werden soll, vorschreibt und damit bei Forderungspfändungen der Bezeichnung des Drittschuldners besondere Bedeutung zukommt. Grundsätzlich ist der Dritte so zu bezeichnen, daß an seiner Identität kein Zweifel aufkommen kann (3 Ob 69/83; 2 Ob 542/83; 4 Ob 22/84). Der Oberste Gerichtshof hat aber auch ausgesprochen, daß dem Erfordernis des § 54 Abs. 1 Z 3 EO nach Bezeichnung des Exekutionsobjektes bei einer Forderungspfändung entsprochen ist, wenn sowohl der Drittschuldner als auch der Verpflichtete ohne weiteres hätte erkennen können, welche Forderung in Exekution gezogen wird, und daß an die Bezeichnung des Drittschuldners kein besonders strenger Maßstab zu legen ist, wenn den Parteien des Exekutionsverfahrens und dem Drittschuldner klar war, wer gemeint ist (SZ 51/157; 2 Ob 542/83; 4 Ob 22/84). Im vorliegenden Fall konnten Zweifel daran, welche Forderung in Exekution gezogen wurde, nicht entstehen. Allen Beteiligten war durch die Zustellung der in Vollziehung der Nachlaßseparation ergangenen Beschlüsse des Verlassenschaftsgerichtes bekannt, daß bei der C Neunkirchen als Bestandteil des separierten Nachlasses jenes gerichtlich gesperrte Sparbuch verwahrt wurde, das im Exekutionsantrag durch Angabe der Nummer richtig bezeichnet wurde. Im Exekutionsantrag ist überdies auch der Vorgang, durch den es zur Anlegung dieses Sparbuches kam, richtig bezeichnet. Es konnte daher auch dadurch kein Irrtum entstehen, daß die betreibende Partei dort, wo der Rechtsgrund der Forderung gegen den Drittschuldner näher anzugeben ist, irrtümlich nochmals den Anspruch, wegen dessen die Exekution stattfinden soll, also den Exekutionstitel zitierte. Das Verlassenschaftsgericht konnte daher dem Exekutionsbewilligungsbeschluß zweifelsfrei entnehmen und hat auch richtig entnommen, daß es (wegen der verfügten Sperre des Sparbuches) Drittschuldner ist. Als Drittschuldner hätte das Verwahrschaftsgericht mit Rekurs gegen das Zahlungsverbot allenfalls auch geltend machen können, daß die Pfändungsbewilligung nicht dem Gesetz entsprach (SZ 51/157). Dies ist aber nicht geschehen, sodaß der Exekutionsbewillligungsbeschluß so, wie er erlassen wurde, in Rechtskraft erwachsen ist. Damit ist auch die ausgesprochene überweisung rechtskräftig geworden (vgl. Heller-Berger-Stix 2231). Damit war die Tätigkeit des Exekutionsgerichtes abgeschlossen. Die von der Rekurswerberin Inge A in ihrem Rechtsmittel an die zweite Instanz geltendgemachte Ansicht, die Auszahlungsverfügungen des Gerichtes seien nicht im Rahmen der Separationskuratel, sondern im Exekutionsverfahren zu treffen gewesen, ist verfehlt. Die Einbringung der überwiesenen Forderung ist Sache des betreibenden Gläubigers, den die überweisung zur Einziehung gemäß § 308 Abs. 1 EO ermächtigt, namens des Verpflichteten vom Drittschuldner die Entrichtung des im überweisungsbeschlusse bezeichneten Betrages nach Maßgabe des Rechtsbestandes der gepfändeten Forderung zu begehren. Dem Erstgericht standen daher als Verwahrschaftsgericht die Rechte und Pflichten eines Drittschuldners zu (vgl. SZ 47/95). Auf Grund des Rechtsmittels der Inge A gegen die Auszahlungsverfügung des Erstgerichtes und auf Grund des nunmehr gegen die Aufhebung dieser Verfügung durch das Rekursgericht erhobenen Rechtsmittels der Dagmar A ist nur zu prüfen, ob das Erstgericht auf Grund seiner Stellung als Drittschuldner die der betreibenden Gläubigerin überwiesene Forderung zu bezahlen hatte. Die von Inge A dagegen angeführten Gründe (verhältnismäßige Kürzung der konkurrierenden Unterhaltsforderungen wegen der Gefahr unzureichender Deckung im separierten Nachlaß; Verringerung des Unterhaltsanspruches der Dagmar A infolge önderung des Ehegattenunterhaltsrechtes) richten sich gegen den aufrechten Bestand des Exekutionstitels. Dem Drittschuldner stehen aber aus dem Verhältnis des Verpflichteten zum betreibenden Gläubiger keine Einwendungen zu. Der Drittschuldner kann insbesondere nicht geltend machen, daß die Forderung des betreibenden Gläubigers gegen den Verpflichteten (teilweise) erloschen sei. Nur der Verpflichtete kann deswegen Oppositionsklage erheben (Heller-Berger-Stix 2228, 2231; SZ 11/121; SZ 15/159; EvBl. 1969/362 ua). Das Erstgericht handelte somit bei der Vornahme der angefochtenen Auszahlungsverfügung im Rahmen seiner Pflichten als Drittschuldner, sodaß sein Beschluß wiederherzustellen ist.
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