OGH 4Ob49/10z

OGH4Ob49/10z11.5.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Prof. Mag. S***** S*****, vertreten durch Dr. Thaddäus Schäfer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Tirol Milch reg GenmbH, Innsbruck, Valiergasse 15, vertreten durch Schwarz Schönherr Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 30.000 EUR), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 17. Dezember 2009, GZ 2 R 186/09h‑28, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 19. Mai 2009, GZ 59 Cg 156/08d‑20, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2010:0040OB00049.10Z.0511.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.678,68 EUR (darin 279,78 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte produziert und vertreibt Milch und Milchprodukte. Nach einer Fusion im Herbst 1991, an der die Beklagte beteiligt war, wünschte ihr damals für Marketing zuständiger Geschäftsführer einen neuen Marktauftritt der Beklagten. Nachdem eine firmeninterne Ausschreibung zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis geführt hatte, vergab die Beklagte mit Schreiben vom 6. 2. 1992 den Auftrag an den Kläger, der ein Designbüro mit dem Schwerpunkt der Entwicklung von Produkt- und Unternehmensmarken betreibt. In Erfüllung dieses Auftrags entwarf der Kläger das im Anhang dieser Entscheidung abgebildete Logo „Tirol Milch“. Das Auftragsschreiben der Beklagten lautet auszugsweise:

„Betreff: Bestätigung für Ankauf Ihrer Wortbildmarke TIROL MILCH und Auftrag für die Gestaltung sämtlicher Geschäftsdrucksachen sowie für die Verpackungsgestaltung sämtlicher u.a. Produkte.

Sehr geehrter [Kläger]! Wir beziehen uns auf Ihr Angebot vom 14.12.1991 und 14.1.1992 und auf die zwischen Ihnen und dem Unterzeichneten geführten Gespräche und Verhandlungen und erteilen Ihnen hiemit den Auftrag für das neue Corporate Design der Tirol Milch und dessen Umsetzung auf allen Geschäftsdrucksachen und Verpackungen unseres Hauses. Der Auftrag umfaßt folgende Leistungen und folgendes Entgelt: 1. Copyright für Wortbildmarke räumlich und zeitlich uneingeschränkt ÖS 80.000,- 2. Gestaltung der Geschäftsdrucksachen, Fahrzeuge etc. ÖS 20.000,- 3. Erstellung eines C.I.-Manuals mit den Richtlinien der Gestaltung ÖS 21.000,- 4. Verpackungsgestaltung [...] ÖS 205.000,- 5. Der Zeitaufwand für Fahren und Nebenarbeiten [...] wird abgegolten durch ein monatliches Entgelt in Höhe von ÖS 7.000,-, und zwar vorerst für die Zeit vom 1.2. - 31.7.1992; das sind ÖS 42.000,-, Auftragssumme ÖS 368.000,-. Nicht in dieser Auftragssumme enthalten sind Satz- und Lithokosten [...]. “

Das vom Kläger entworfene Logo besteht aus einem stilisierten Berg vor blauem Himmel mit gelber Sonne und dem Firmenschlagwort der Beklagten. Als Hintergrundfarbe wählte der Kläger den blauen Farbton „Pantone Process Blue“, er beabsichtigte damit, Signale von Schönwetter, blauem Himmel, weißen Bergen und Sonne an den Konsumenten zu senden. Für die Auswahl der Farbe gab es auch einen technischen Hintergrund: Das die Verpackung herstellende Unternehmen konnte bei dieser Farbe eine Garantie für die Farbtreue abgeben. Die Verwendung einer „nachtblauen“ Farbe als Hintergrund wäre für den Kläger nicht in Frage gekommen; er ist der Auffassung, dies hätte andere als die beabsichtigten Empfindungen vermittelt. Über das Auftragsschreiben hinaus trafen die Streitteile keine weiteren Vereinbarungen; die Frage einer künftigen autonomen Umgestaltung des Logos durch die Beklagte stellten sich die damals handelnden Personen nicht. Der damalige Geschäftsführer der Beklagten ging allerdings davon aus, dass die Beklagte als „Eigentümerin“ des Logos das Recht erworben habe, damit nach Belieben zu verfahren, sofern sie es für notwendig erachte. Im Zuge der Vertragsbesprechungen machte der Kläger keine konkreten Einschränkungen zur Verwendung des Logos. Er verstand die Vereinbarung dahin, dass die Beklagte das Logo räumlich und zeitlich uneingeschränkt nutzen dürfe, sie aber kein allumfassendes Werknutzungsrecht einschließlich dem Recht erworben habe, die Marke zu verändern; eine ausdrückliche Zustimmung oder Zusage in letzterem Sinn erteilte er nicht. Seit 1999 verwendet die Beklagte das Logo mit der Hintergrundfarbe des (dünkleren) blauen Farbtons „Pantone 293“. Diese Farbänderung erfolgte ohne Zustimmung des Klägers im Zuge eines neuen Werbekonzepts der Beklagten; die Beklagte erhoffte sich durch die dunklere Hintergrundfarbe eine deutlichere Unterscheidung von anderen Produkten auf dem Markt. Hätte man den Kläger um seine Zustimmung gefragt, hätte er sich einer Veränderung der Hintergrundfarbe nicht jedenfalls widersetzt, sondern Überlegungen angestellt und Tests vorgenommen. Der Kläger hätte allerdings keine Abänderung auf einen im Vergleich zum ursprünglichen Farbton wesentlich dunkleren Farbton vorgenommen oder einer solchen Veränderung zugestimmt, weil er meint, dass damit der Zweck seiner ursprünglichen Werbebotschaft verändert worden wäre. Der (neue) Farbton „Pantone 293“ ist wesentlich rötlicher, unbunter und deutlich schwarzhältiger als der vom Kläger gewählte Farbton „Pantone Process Blue“. Der Unterschied zwischen den beiden Hintergrundfarben ist bei unmittelbarer Gegenüberstellung beider Farben deutlich wahrnehmbar.

In der folgenden Abbildung entspricht das linke Bild dem veränderten Logo, das rechte Bild dem vom Kläger entworfenen Logo:

 

Der Kläger begehrte, der Beklagten aufzutragen, es ab sofort zu unterlassen, die vom Kläger geschaffene [näher beschriebene] Wort-Bild-Marke „TIROLMILCH“ ohne vorherige Zustimmung des Klägers in einer der Öffentlichkeit zugänglichen Art selbst oder durch Dritte in veränderter Form, insbesondere in veränderter Farbgebung, zu verwenden. Der Kläger habe der Beklagten nur das Recht eingeräumt, die von ihm geschaffene Wort-Bild-Marke zur Gestaltung von Drucksorten und Verpackungen zu verwenden. Die Beklagte habe das Logo eigenmächtig durch Austausch der Hintergrundfarbe verändert und verwende es in abgeänderter Form für ihren Marktauftritt. Der vom Kläger gewählte Farbton stehe für Natur, Frische, Gesundheit und Vertrauen und besitze eine besondere Strahlkraft, während der abgeänderte Farbton warm, passiv, zurückhaltend, dunkel, schwer, satt, behäbig und stumpf sei. Der ohne Zustimmung des Klägers erfolgte Austausch der Hintergrundfarbe sei ein Eingriff in die Werkintegrität und verletze § 21 Abs 1 UrhG.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie sei aufgrund des ihr eingeräumten umfassenden Werknutzungsrechts zu einer leichten Abänderung des Farbtons des Logos berechtigt. Auch habe ihr der Kläger zumindest schlüssig das Recht eingeräumt, im Laufe der Zeit erforderliche Anpassungen und Weiterentwicklungen des Logos vorzunehmen. Die Änderung verletze keine Urheberpersönlichkeitsrechte des Klägers und sei durch den Ausnahmetatbestand des § 21 Abs 1 zweiter Satz UrhG gedeckt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die Beklagte verfüge über das ausschließliche Werknutzungsrecht am Logo des Klägers. Dieser habe weder ausdrücklich noch konkludent in die Änderung der Hintergrundfarbe eingewilligt. Die Änderung gehe über die nach § 21 Abs 1 zweiter Satz UrhG zulässigen Veränderungen hinaus, weil sie den Gesamteindruck des Logos wesentlich verändere, und bedürfe daher der ‑ hier fehlenden ‑ Zustimmung des Urhebers.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, dass es das Klagebegehren abwies; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zum Umfang der Befugnis des Werknutzungsberechtigten, den Ton der Hintergrundfarbe eines Logos abzuändern, zulässig sei. Die Beklagte verfüge zwar über das ausschließliche Werknutzungsrecht am vom Kläger geschaffenen Logo, ein Bearbeitungsrecht sei ihr aber weder ausdrücklich noch konkludent eingeräumt worden; ein solches ergebe sich auch nicht aus der bloßen Verwendung des Begriffs „Copyright“. Das Werknutzungsrecht umfasse auch ändernde Eingriffe des Nutzungsberechtigten in das Werk, die für den praktischen Zweck der von den Vertragsparteien ins Auge gefassten Werknutzungen erforderlich seien. Das Farbempfinden der Konsumenten, an die sich die Beklagte mit der Gestaltung ihrer Verpackungen und dem vom Kläger entworfenen Logo wende, sei nicht statisch, sondern unterliege dem Zeitgeist. Die Beklagte müsse auf Strömungen des Zeitgeists mit geringfügigen Veränderungen der Hintergrundfarbe des Logos reagieren können. Eine solche Veränderung sei im Geschäftsverkehr üblich und müsse vom Kläger hingenommen werden. Die Zahl der Farben, die das Publikum unterscheiden könne, sei niedrig; eine Veränderung der Hintergrundfarbe eines Logos von einem helleren zu einem dunkleren Blauton werde vom Publikum bei Waren des täglichen Bedarfs allenfalls im Zuge der Umstellung bewusst oder unbewusst wahrgenommen, jedoch nicht als wesentliche Änderung des Logos angesehen. Auch sei das auf der Verpackung abgebildete Logo im Vergleich zur Gesamtverpackung klein dimensioniert, weshalb der Farbauftritt der Gesamtverpackung weit mehr im Vordergrund stehe als die bloße Hintergrundfarbe des Logos. Durch die beanstandete Farbveränderung habe der wesentliche gestalterische Kern des Logos (ein stilisierter weißer Berg und eine gelbe Sonne vor blauem Hintergrund) keine tiefgreifende Veränderung erfahren. Die Farbveränderung sei für den praktischen Zweck der von den Vertragsparteien ins Auge gefassten Werknutzung erforderlich, überschreite die Grenzen zur Entstellung nicht und verletze keine berechtigten Interessen des Urhebers. Die Änderung könne deshalb nach den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuchen nicht untersagt werden.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.

Der Kläger macht geltend, die Veränderung der Hintergrundfarbe sei eine wesentliche Änderung des Logos, die durch Art und Zweck der Werknutzung nicht erforderlich und allein aus Gründen einer Reaktion auf den „Zeitgeist“ ohne Zustimmung des Urhebers nicht gerechtfertigt sei.

1. Nach § 21 Abs 1 UrhG dürfen auch von dem zur Werknutzung Berechtigten an dem Werk selbst, an dessen Titel oder an der Urheberbezeichnung keine Kürzungen, Zusätze oder andere Änderungen vorgenommen werden, soweit nicht der Urheber einwilligt oder das Gesetz die Änderung zulässt. Zulässig sind insbesondere Änderungen, die der Urheber dem zur Benutzung des Werks Berechtigten nach den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuchen nicht untersagen kann, namentlich Änderungen, die durch die Art oder den Zweck der erlaubten Werknutzung gefordert werden.

2. Diese dem Schutz des Urheberpersönlichkeitsrechts dienende Vorschrift soll verhindern, dass ein Werk ‑ außerhalb der gesetzlichen Ausnahmen ‑ der Öffentlichkeit in einer anderen Form dargeboten wird, als dies dem Willen des Urhebers entspricht. Das Änderungsverbot wirkt gegen jedermann, also namentlich auch gegen die Personen, die das Recht erworben haben, das Werk auf eine dem Urheber vorbehaltene Art zu benutzen. Die Gewährung des Rechts, ein Werk zu nutzen, erstreckt sich im Zweifel somit nicht auf Bearbeitungen; die „Weiterentwicklung“ eines (wenn auch vollendeten) Werks durch seinen Besteller ist mangels gegenteiliger Vereinbarung unzulässig (4 Ob 159/99g = MR 1999, 282 = ÖBl 2000, 130 [krit. Kucsko] - Zimmermann FITNESS mwN).

3. Nach den Gesetzesmaterialien wäre ein starres Festhalten am Änderungsverbot auch im Falle der vertragsmäßigen Einräumung von Werknutzungsrechten mit der Auslegungsregel des § 914 ABGB nicht vereinbar, dass Verträge so zu verstehen sind, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht; Gleiches gilt für freie Werknutzungen [vgl § 57 Abs 1 UrhG]. In beiden Fällen werden die Art und der Zweck der erlaubten Werknutzung eine große Rolle spielen. Hienach notwendige Änderungen werden nach den den redlichen Verkehr beherrschenden Grundsätzen stets als erlaubt anzusehen sein (EB 1936).

4. Der Verweis in § 21 Abs 1 UrhG auf die für die Auslegung von Verträgen maßgebende Vorschrift des § 914 ABGB macht deutlich, dass die Zulässigkeit von Änderungen bei einer Nutzung auch im Hinblick auf den Inhalt der geschlossenen Vereinbarung ‑ unter Berücksichtigung der Verkehrssitte ‑ zu prüfen ist. Bei der Beurteilung wird auch der Gestaltungsgrad und die Art des betreffenden Werks zu berücksichtigen sein (Walter, Österreichisches Urheberrecht I 454).

5. Der Senat hat es für zulässig erachtet, dass das Logo eines Fitnessstudios auch ohne Zustimmung des Urhebers vom Werknutzungsberechtigten durch einen ‑ nicht in den Vordergrund tretenden ‑ Zusatz, der auf einen eingetretenen Eigentümerwechsel hinweist, geringfügig und behutsam ergänzt wird. Unternehmenskennzeichen (zu denen auch Logos zählen) sind geschäftliche Individualisierungsmittel, die ihrem Inhaber dazu dienen, sein Unternehmen, seine Waren oder Leistungen von andern Unternehmern und deren Angebot abzuheben. Dem Abnehmer werden Signale geliefert, die es ihm ermöglichen, sich in der Fülle verschiedener Waren und Leistungen zurechtzufinden und ohne nähere Prüfung diejenige zu wählen, mit der er bisher gute Erfahrungen gemacht hat oder (etwa aufgrund der Werbung) zu machen hofft. Geschäftliche Kennzeichen können deshalb für ihren Inhaber einen erheblichen wirtschaftlichen Wert verkörpern, insbesondere dann, wenn das Publikum mit dem Zeichen günstige Erwartungen verknüpft. Es ist deshalb im Fall eines Eigentumswechsels ‑ ähnlich wie im Firmenrecht ‑ zulässig, im Fall der Übernahme eines bestehenden Logos dieses geringfügig und behutsam durch einen Hinweis auf den Eigentümerwechsel zu ergänzen, weil dies durch die Art und den Zweck der erlaubten Werknutzung (nämlich der Verwendung des Logos als Unternehmensbezeichnung im geschäftlichen Verkehr) gefordert wird. Eine derartige Veränderung bedarf gemäß § 21 Abs 1 zweiter Satz UrhG nicht der Zustimmung des Urhebers (4 Ob 159/99g = MR 1999, 282 = ÖBl 2000, 130 [krit. Kucsko] - Zimmermann FITNESS mwN).

5.1. Es ist nicht möglich, den Umfang des in § 21 Abs 1 UrhG normierten Änderungsrechts, also jener Änderungen, die der Urheber dem zur Nutzung des Werks Berechtigten nach den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuchen nicht untersagen kann, nach generell abstrakten Kriterien zu bestimmen (Briem, Ist die Verletzung von Urheberpersönlichkeitsrechten ein Kavaliersdelikt? GRURInt 1999, 936, 940). Es bedarf einer Interessensabwägung im Einzelfall zwischen dem Werkschutz als zentraler Bestimmung des Urheberpersönlichkeitsrechts und dem Gebrauchsinteresse des Nutzungsberechtigten, bei der vor allem auf die Kriterien der Art und Intensität des Eingriffs, der Gestaltungshöhe des Werks (seines künstlerischen Rangs) und seines konkreten Gebrauchszwecks Bedacht zu nehmen ist.

5.2. Jede Nutzung stellt ein Werk in einen technisch-ökonomischen Gebrauchszusammenhang, der die Erhaltung der ursprünglichen Werkgestalt in ihrer absoluten Reinheit in den seltensten Fällen erlaubt. Der Gebrauchszweck eines Werks tritt umso deutlicher hervor, je mehr das Werk nicht nur dem künstlerisch‑ästhetischen Genuss, sondern auch praktischen Zwecken dient. Da der Urheber bei der Verwertung seines Werks in der Regel auf die Mithilfe von Werknutzern angewiesen ist, müssen deren Nutzungs- und Gebrauchsinteressen sowie die Sachzwänge im Rahmen der Interessensabwägung gebührend berücksichtigt werden (Dietz in Schricker, Urheberrecht³ § 14 Rz 28; ähnlich Bullinger in Wandtke/Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrecht³ § 14 Rz 18).

5.3. Eine besondere Interessenlage besteht im Bereich der für die Werbung geschaffenen Werke. Stärker als in anderen Bereichen sind hier die finanziellen und betriebswirtschaftlichen Interessen der Nutzungsberechtigten, die sich auf täglich veränderte Situationen einstellen müssen, zu berücksichtigen. Auch in diesem Bereich sind jedoch vom Nutzungszweck nicht gedeckte willkürliche, insbesondere von rein ästhetisch-künstlerischen Erwägungen geleitete Eingriffe in das Werk dem Urheber in der Regel nicht zumutbar (Dietz aaO Rz 31 mwN). Sinn und Wesen des benutzten Werks dürfen auf keinen Fall entstellt werden (dies gilt gemäß § 21 Abs 3 UrhG auch bei Einwilligung des Urhebers zur Änderung sowie gemäß § 57 Abs 1 UrhG bei freier Werknutzung, vgl 4 Ob 51/94 = SZ 67/70 = MR 1994, 200 [Walter] = ÖBl 1994, 285 ‑ Hundertwasserhaus).

6.1. Das vom Kläger geschaffene Logo ist unstrittig eine eigentümliche geistige Schöpfung, also ein Werk der bildenden Künste iSd § 3 UrhG, und zwar in Form einer Gebrauchsgrafik. Es verkörpert als geschäftliches Kennzeichen einen erheblichen wirtschaftlichen Wert für die nutzungsberechtigte Beklagte und dient nach dem vertraglich vereinbarten Zweck dem Marktauftritt der Beklagten, also deren Werbung im weiteren Sinn. Die vorgenommene Änderung des Logos betrifft allein den Farbton der Hintergrundfarbe (dünkleres Blau als beim Original), lässt jedoch den wesentlichen gestalterischen Kern des Logos (stilisierter weißer Berg, gelbe Sonne und weißes Firmenschlagwort vor blauem Hintergrund) unberührt und bewirkt keine Entstellung des Werks. Die Änderung erfolgte im Zuge eines neuen Werbekonzepts der Beklagten, die sich durch die dunklere Hintergrundfarbe eine deutlichere Unterscheidung von anderen Produkten auf dem Markt erhoffte und diente demnach finanziellen und betriebswirtschaftlichen Interessen der Nutzungsberechtigten, die auf geänderte Marktbedingungen reagiert hat.

6.2. Unter diesen Umständen überwiegen die Interessen der beklagten Werknutzungsberechtigten an der Veränderung des Logos, handelt es sich dabei doch um einen behutsamen Eingriff in ein Werk geringerer Gestaltungshöhe, der durch Art und Zweck der vertraglich eingeräumten Werknutzung erforderlich geworden ist. Dem Berufungsgericht ist daher zuzustimmen, dass diese Veränderung durch den Ausnahmetatbestand des § 21 Abs 1 zweiter Satz UrhG gedeckt ist und deshalb keiner Zustimmung des Urhebers bedarf. Der Revision kann somit kein Erfolg beschieden sein.

6.3. Allgemein gilt: Der Umfang des in § 21 Abs 1 UrhG normierten Änderungsrechts ist im Rahmen einer Abwägung der Interessen zwischen dem Werkschutz als Urheberpersönlichkeitsrecht und dem Gebrauchsinteresse des Nutzungsberechtigten vor allem an Hand der Kriterien der Art und Intensität des Eingriffs, der Gestaltungshöhe des Werks (seines künstlerischen Rangs) und seines konkreten Gebrauchszwecks zu bestimmen. Bei für die Werbung geschaffenen Werken fallen die finanziellen und betriebswirtschaftlichen Interessen der Nutzungsberechtigten besonders ins Gewicht. Sinn und Wesen des benutzten Werks dürfen durch die Änderung jedoch auf keinen Fall entstellt werden.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.

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