Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 14.293,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 2.382,30 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist das größte steirische Werbeunternehmen; sie ist im Besitz mehrerer Gewerbeberechtigungen, darunter auch jener für das gebundene Gewerbe einer fachlichen Tätigkeit als Werbeberater.
Der Beklagte betreibt gleichfalls ein Werbeunternehmen; er ist Inhaber von Gewerbescheinen für die freien Gewerbe als Werbegraphiker und als Werbungsvertreter. Im amtlichen Telefonbuch bezeichnet sich der Beklagte als "Werbeunternehmer". Er ist auch auf Grund eines am 30.3.1989 geschlossenen Werkvertrages Generalrepräsentant der W***** Plakatierungs- und Werbegesellschaft mbH für ganz Österreich. Dieses Unternehmen beschäftigt sich - ebenso wie die Klägerin - mit dem Aufstellen und Anbringen von Werbeplakaten und besitzt den Gewerbeschein eines Werbeunternehmers gemäß § 1 c Abs 4 GewO 1859.
Der Beklagte ließ in der ab 6.6.1990 erschienenen Juni-Ausgabe des Steiermarkmagazins "K*****" eine zweiseitige (DIN A 3) Anzeige und in den Ausgaben der "K***** Zeitung" vom 20.6. und 6.7.1990 je eine halbseitige Anzeige mit folgendem Text einschalten:
"Team of Kernasenko - Wir planen Ihre Plakatkampagne unübersehbar mit Ankünder-Perspektiven-Werbeunion."
Im Fachstatut3 (1987) des Fachverbandes Werbung der Bundeswirtschaftskammer werden die Berufsbilder nachstehender Gewerbe wie folgt umschrieben:
1) Berufsbild des gebundenen Gewerbes Werbeberater (§ 103 Abs 1 lit b Z 54 GewO 1973):
"Aufgabe des Werbeberaters ist, Auftraggeber bei der Planung und Durchführung ihrer Werbung zu beraten. Die Tätigkeit wechselt von der gelegentlichen einmaligen bis zur alle Werbemaßnahmen eines Werbungtreibenden umfassenden Beratung.
Der Arbeitsbereich des Werbeberaters umfaßt insbesondere alle Leistungen im Zusammenhang mit der
- Erstellung der Marketing-, Kommunikations- und Werbekonzeption,
- Budgetierung,
- Marktforschung, Verhaltensforschung usw.,
- verbalen und audio-visuellen Kreation der Werbemittel,
- Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen, Herstellung von Werbemitteln aller Art einschließlich von Packungen,
- Gestaltung von Werbemaßnahmen,
- Mediaselektion,
- Überwachung und Kontrolle von Werbemaßnahmen.
Werbeberater können im Rahmen ihrer Tätigkeit auch für weitere, die Werbung eines Auftraggebers relevanten Aktivitäten, wie etwa innerbetriebliche Werbemaßnahmen, Public Relations, Sales Promotions usw., wirksam sein.
Der Werbeberater darf keinerlei Vergütungen Dritter annehmen, er berät unabhängig von Medien und Zulieferern. Der Werbeberater ist zur absolut vertraulichen Behandlung aller sich aus dem Beratungsverhältnis ergebenden Geschäfts- und Betriebsinformationen verpflichtet.
Als Entgelt erhält der Werbeberater für seine Tätigkeit ein Honorar vom Auftraggeber.
Die Ausübung dieses Berufes erfordert grundlegende Kenntnisse wirtschaftlicher Vorgänge, insbesondere umfassendes Wissen auf allen einschlägigen Gebieten der Kommunikation.
Werbeberater dürfen nur für ein Produkt oder eine Dienstleistung gleicher Art in der gleichen Handelsstufe tätig sein. Die Einhaltung dieser Klausel kann mit Zustimmung des Auftraggebers aufgehoben werden, wobei aber bei Tätigkeiten in verschiedenen Handelsstufen Interessenkollisionen zu vermeiden sind.
Der Werbungtreibende übernimmt das Risiko und hat deshalb alle zur Ausführung gelangenden Werbemaßnahmen zu genehmigen."
2) Berufsbild des Ankündigungsunternehmers:
"Inhaber einer Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Berufes Ankündigungsunternehmer stellen gegen Entgelt Werbeträger den Werbungtreibenden zur Verfügung, die den Auftraggebern die Durchführung von optischer, akkustischer sowie audio-visueller Werbung ermöglichen.
Als Tätigkeit der Ankündigungsunternehmer gelten u.a. jede Art der Herstellung, der Bewirtschaftung (Affichierung, Montage, Wartung usw), der Bereitstellung oder Vermietung von
- Plakatflächen,
- Wartehallen,
- Litfaßsäulen,
- Sportstättenwerbung,
- Dauerwerbeflächen,
- Werbeflächen an und in Verkehrsmitteln,
- Schauwerbung,
- Lichtwerbung,
- Luftwerbung,
- elektro-akkustische, audio-visuelle und elektronische Werbung,
- sonstigen Werbeträgern im Bereich der Außenwerbung.
Die Ankündigungsunternehmer erteilen den Auftraggebern über die Eigenart der jeweiligen Werbeträger Auskünfte und führen Aufträge im Rahmen der mit dem Kunden getroffenen Vereinbarungen aus.
Durch den technischen Fortschritt bedingt können sich die Werbeträger verändern. Die Ankündigungsunternehmer sind berechtigt und verpflichtet, Werbeträger in einem behördlich konsensgemäßen Zustand zu errichten und zu erhalten.
Die Leistungen eines Ankündigungsunternehmers werden dem Auftraggeber auf Grund der vom Preisunterausschuß der Paritätischen Kommission für Lohn- und Preisfragen bekanntgegebenen Tarife bzw. vereinbarten Entgelte verrechnet. Die vom Fachverband Werbung herausgegebenen 'Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Außenwerbung' sind die Rechtsgrundlage aller Aufträge an Ankündigungsunternehmen."
3) Berufsbild des Werbungsvertreters:
"Der Werbungsvertreter ist der Werber von Aufträgen für Wirtschaftswerbung im eigenen oder fremden Namen, aber für Rechnung von Zeitungen, Zeitschriften und anderen Druckwerken, von Ankündigungsunternehmern (Plakatierungsunternehmen), Werbungsmittlern, Kinos, Rundfunksendern usw. des In- und Auslandes.
Der Werbungsvertreter führt im Rahmen seiner Tätigkeit aus:
- Auskunftserteilung über die von ihm vertretenen Objekte,
- Werbung von Aufträgen sowie Weiterleitung der Aufträge samt Unterlagen an die Unternehmer, für deren Rechnung die Aufträge geworben wurden,
- Durchführung aller mit der Ausübung des Gewerbes verbundenen Büroarbeiten.
Der Werbungsvertreter muß einschlägige werbefachliche Kenntnisse besitzen, er muß ferner über reichliche Berufserfahrung sowie über gute Kenntnisse auf den Spezialgebieten verfügen, auf die sich seine Werbearbeit erstreckt."
Mit der Behauptung, daß der Beklagte mit der von ihm in den Inseraten angebotenen Planung einer Plakatwerbung für Kunden eine den Werbeberatern vorbehaltene Tätigkeit angekündigt und damit gegen die Gewerbeordnung, zugleich aber auch gegen die guten Sitten im Wettbewerb verstoßen habe, begehrt die Klägerin im verbundenen Akt, welcher allein noch Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, den Beklagten schuldig zu erkennen, im geschäftlichen Verkehr das Ankünden und das Ausüben von Tätigkeiten, die einem Werbeberater im Sinne der Gewerbeordnung 1973 vorbehalten sind, insbesondere das Beraten dritter Personen bei der Planung und Durchführung ihrer Werbung, zu unterlassen; damit verbindet sie ein Begehren auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung.
Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Er habe nur die Planung einer Plakatkampagne für Kunden angekündigt, nicht aber die Planung einer Werbekampagne an sich oder die Plakatgestaltung selbst. Hiezu sei er aber als Werbungsvertreter berechtigt, müsse doch ein solcher als Werber von Aufträgen für Wirtschaftswerbung im eigenen oder fremden Namen die Aufstellzeiten und Aufstellorte der Plakate genau planen, um so eine maximale Werbewirksamkeit erzielen und die richtigen Kundenkreise ansprechen zu können. Ein Werbungsvertreter müsse daher auch im eigenen Namen Werbung betreiben dürfen. Aus seiner Tätigkeit ergebe sich überdies regelmäßig eine enge Zusammenarbeit mit Plakatierungsunternehmen. So sei der Beklagte derzeit in seiner Funktion als Werbungsvertreter auch Generalrepräsentant der W***** Plakatierungs- und Werbegesellschaft mbH. Er habe daher im Inserat auch auf die Zusammenarbeit mit Plakatierungsunternehmen und Werbeagenturen hingewiesen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Der Beklagte habe potentiellen Kunden die Planung ihrer Plakatkampagne angeboten und damit eine beratende Tätigkeit angekündigt, die dem Berufsbild des Werbeberaters entspreche. Nach § 1 Abs 4 GewO 1973 werde das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Personenkreis der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten. Da der Beklagte nur eine Gewerbeberechtigung als Werbungsvertreter, nicht aber eine solche als Werbeberater besitze, habe er mit seiner Werbung gegen § 1 UWG verstoßen.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Die Ankündigung, für einen anderen eine Plakatkampagne zu planen, bedeute notwendigerweise, den anderen über die Plakatkampagne zu informieren, ihn zu beraten, seine Meinung über die für den anderen beste Plakatwerbung zu äußern, also eine Werbestrategie zu entwerfen. Schon das Wort "Plakatkampagne" verweise auf ein gezieltes Vorgehen und erschöpfe sich nicht in einer für die Tätigkeit des Werbungsvertreters typischen Auskunftserteilung oder Beratung. Der Beklagte habe damit - ohne entsprechende Werbeberechtigung - eine den Werbeberatern vorbehaltene Tätigkeit angeboten und so gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG verstoßen. Der Eingriff in den Vorbehaltsbereich einer anderen Gewerbeberechtigung sei ihm auch subjektiv vorwerfbar, weil er als Werbungsvertreter seinen eigenen Tätigkeitsbereich und diejenigen der anderen Gewerbeberechtigungen der Werbebranche kennen müsse.
Gegen das bestätigende Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision des Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Klageabweisung.
Die Klägerin stellt den Antrag, das Rechtsmittel des Beklagten als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen der Meinung der Klägerin schon deshalb zulässig, weil zu der Frage, ob ein Werbungsvertreter und Werbegraphiker, der in Inseraten für Werbungtreibende die Planung einer Plakatkampagne anbietet, damit in den Vorbehaltsbereich des gebundenen Gewerbes gemäß § 103 Abs 1 lit b Z 54 GewO 1973 eingreift, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt; sie ist aber nicht berechtigt.
Die von der Klägerin geltend gemachte und von den Vorinstanzen bejahte Sittenwidrigkeit durch Rechtsbruch beruht auf dem Vorwurf, daß der Beklagte als Mitbewerber bewußt in den gesetzlichen Vorbehaltsbereich einer fremden Gewerbeberechtigung eingegriffen habe, um so im Wettbewerb einen Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen (MR 1988, 102; ÖBl 1989, 122; EvBl 1989/100; ÖBl 1990, 7; ÖBl 1991, 67; MR 1992, 75 uva).
Sofern sich - wie hier - der Umfang der in Rede stehenden Gewerbeberechtigungen nicht aus dem Wortlaut der den Parteien ausgestellten Gewerbescheine im Zusammenhalt mit den einschlägigen Rechtsvorschriften ergibt, sind zur Beurteilung des Umfanges der Gewerbeberechtigung die den einzelnen Gewerben eigentümlichen Arbeitsvorgänge, die verwendeten Roh- und Hilfsstoffe sowie Werkzeuge und Maschinen, die historische Entwicklung und die in den beteiligten gewerblichen Kreisen bestehenden Anschauungen und Vereinbarungen heranzuziehen (§ 29 GewO). Demnach können die Angaben etwa eines Berufslexikons, die Ausbildungsvorschriften, aber auch die - hier von den Parteien vorgelegten - Fachstatuten von Fachgruppen der Kammer der gewerblichen Wirtschaft als Beurteilungsgrundlage verwendet werden (4 Ob 109/91).
Danach gehört aber die Beratung von Werbungtreibenden bei der Planung und Durchführung ihrer Werbung zum Kernbereich des Berufsbildes für das gebundene Gewerbe eines Werbeberaters. Dessen Arbeitsbereich im Rahmen der Beratung seiner Auftraggeber umfaßt (ua) insbesondere die Erstellung einer Werbekonzeption, also eines Werbeplans. Demgegenüber ist der Inhaber einer Gewerbeberechtigung zur Ausübung des freien Gewerbes eines Werbungsvertreters nur der Werber von Aufträgen für Wirtschaftswerbung im eigenen oder fremden Namen, aber für Rechnung des jeweiligen Werbeträgers; er darf im Rahmen seiner Tätigkeit (nur) über die von ihm vertretenen Objekte Auskunft erteilen. Dasselbe gilt für den Inhaber einer Gewerbeberechtigung zur Ausübung des freien Gewerbes eines Ankündigungsunternehmers, welcher den Werbungtreibenden gegen Entgelt Werbeträger zur Verfügung stellt; auch er darf den Auftraggebern (nur) Auskünfte über die Eigenart der jeweiligen Werbeträger erteilen. Desgleichen erschöpft sich die zu den freien Gewerben zählende Tätigkeit eines Werbegraphikers im Entwurf bzw in der Gestaltung visuell wahrnehmbarer Werbemittel (zB von Plakaten, Prospekten, Inseraten) nach den Zielvorstellungen und den vorgegebenen Richtlinien des Auftraggebers (Mache-Kinscher, GewO5, 51 Anm 204; 4 Ob 87/91; vgl auch das Berufsbild des Werbegraphik-Designers gemäß Fachstatut Beilage 21 S 5 f). Den genannten freien Gewerbetreibenden ist daher gemeinsam, daß sie zwar jeweils fachspezifische Auskünfte erteilen, ihre Auftraggeber (Kunden) aber nicht bei der Planung und Durchführung ihrer Werbung beraten, insbesondere für sie keine Werbekonzeption erstellen.
Mit dem beanstandeten Slogan seiner Inserate hat daher der Beklagte keineswegs erkennbar für seine Tätigkeit als Werbungsvertreter oder als Generalrepräsentant eines Ankündigungsunternehmers geworben, sondern Werbungtreibenden die "Planung ihrer Plakatkampagne" angeboten. Das konnte aber von den angesprochenen Interessenten - zumindest auch - dahin verstanden werden, daß er die Planung von Werbekonzepten für einen bestimmten Werbeträger - Plakat - durchführe, wobei die hiefür erforderlichen Plakatflächen von den drei genannten Ankündigungsunternehmen zur Verfügung gestellt würden. Damit hat aber der Beklagte einem größeren Personenkreis eine zum Kernbereich des gebundenen Gewerbes eines Werbeberaters gehörende Tätigkeit angeboten, ohne im Besitz der hiefür erforderlichen Gewerbeberechtigung zu sein; das steht gemäß § 1 Abs 4 GewO 1973 bereits der Ausübung des Gewerbes als Werbeberater gleich. Der Beklagte hat daher gegen die Gewerbeordnung verstoßen. Daß er dabei in der Absicht gehandelt hat, sich einen Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen, liegt auf der Hand; er hat damit zugleich den guten Sitten im Wettbewerb zuwidergehandelt.
Auf eine mangelnde subjektive Vorwerfbarkeit des Gesetzesverstoßes wegen einer vertretbaren Rechtsauffassung über seine Befugnisse hat sich der Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren gar nicht berufen. Sie würde im übrigen im Hinblick auf die klare Abgrenzung der Berufsbilder im Fachstatut jeder Grundlage entbehren.
Auf die der Klägerin erteilte Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung kommt der Beklagte in seinem Rechtsmittel nicht mehr zurück; hier genügt daher der Hinweis auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichtes.
Der Revision des Beklagten mußte somit ein Erfolg versagt bleiben.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)