Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird insoweit bestätigt, als damit der Sicherungsantrag gegenüber der Erstbeklagten abgewiesen wurde; im übrigen wird der Beschluß des Rekursgerichtes dahin abgeändert, daß die Entscheidung zu lauten hat:
Zur Sicherung des Anspruches der Klägerin auf Unterlassung des Verkaufes der Bücher der Serien 'Baedekers Allianz Reiseführer' und 'Baedekers Allianz Taschenbücher' unter dem vom Verleger festgesetzten Ladenpreis wird dem Zweitbeklagten und dem Drittbeklagten verboten, bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils Bücher dieser Serien unter den festgesetzten Ladenpreisen zu verkaufen.
Die Klägerin ist schuldig, der Erstbeklagten die mit S 9.439,65 (darin S 858,15 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekurses ON 3 und die mit S 11.332,20 (darin S 1.030,20 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung ON 13 binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Der Zweitbeklagte und der Drittbeklagte haben die Kosten ihres Rekurses ON 4 und ihrer Revisionsrekursbeantwortung ON 14 selbst zu tragen.
Die Klägerin hat die Kosten ihres Revisionsrekurses ON 12, soweit dieser den Zweitbeklagten und den Drittbeklagten betrifft, vorläufig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Herausgeber und Verleger der Buchserien 'Baedekers Allianz Reiseführer' und 'Baedekers Allianz Taschenbücher', Mairs Geographischer Verlag mit dem Sitz in Ostfildern (Bundesrepublik Deutschland), hat die Klägerin mit dem alleinigen Verkauf und der Auslieferung dieser Buchserien in Österreich betraut. Der gemäß § 4 der 'Verkehrsordnung für den Buch-, Kunst-, Musikalien- und Zeitschriftenhandel in Österreich' (Beilage H; im folgenden:
Verkehrsordnung) in Österreich vom Verleger bestimmte Ladenpreis der 'Baedekers Allianz Reiseführer' beträgt je nach Umfang S 250,-- oder S 310,--, jener der 'Baedekers Allianz Taschenbücher' S 135,-- beziehungsweise (bei einigen Bänden) S 155,--.
Gegenstand des Unternehmens der erstbeklagten Aktiengesellschaft, deren Vorstandsmitglieder der Zweitbeklagte und der Drittbeklagte sind, ist unter anderem der Buch-, Kunst- und Musikalienhandel sowie der Buch-, Kunst- und Musikalienverlag (Beilage A). In ihren Wiener Kaufhäusern 'Gerngroß', 'Steffl' und 'Franz-Josefs-Bahnhof' hat die Erstbeklagte die eingangs erwähnten Buchserien unter dem festgesetzten Ladenpreis, nämlich um S 179,-- (anstelle von S 250,--), S 199,-- (anstelle von S 310,--) und S 89,-- (anstelle von S 135,--) pro Stück verkauft. Ein von der Klägerin beauftragter Testkäufer hat am 19. April 1984 im Kaufhaus 'Franz-Josefs-Bahnhof' einwandfreie Buchausgaben der beiden Serien erworben; die Bücher waren keineswegs 'leicht beschädigt' und wurden dem Testkäufer auch nicht mit einem Hinweis auf eine solche Beschädigung verkauft. In einem Anfang Mai 1984 'an einen Haushalt' versandten Prospekt mit dem Titel 'Geschenks-Ideen zum Muttertag' (Beilage K) bot die Erstbeklagte (ua) unter der rot gedruckten überschrift 'Jetzt im Sonderangebot' die 'Baedekers'-Reiseführer 'statt 250,- nur 179,-' oder 'statt 310,- nur 199,-' sowie die 'Baedekers'-Taschenbücher mit Stadtplan 'statt 135,- nur 89,-' an.
Dabei waren die niedrigeren 'Sonderpreise' durch Zifferngröße und Fettdruck optisch hervorgehoben und überdies vor dem Hintergrund der abgebildeten Bücher in zwei rot umrandeten Kästchen die Preisangaben 'ab 179,-' und 'je 89,-' in schwarzem Fettdruck auf gelbem Untergrund nochmals deutlich herausgestellt.
Nur im Kleinstdruck schien dagegen am unteren Rand der in eckige Klammern gesetzte Hinweis: 'Leicht beschädigt!' auf. Die vom Hauptverband des österreichischen Buchhandels in Wien herausgegebene, seit 24. November 1947 in Geltung stehende Verkehrsordnung (Beilage H) regelt den geschäftlichen Verkehr der Buchhändler Österreichs untereinander; auch kraft Handelsbrauches bestimmt der Verleger den Ladenpreis, an welchen sich der Buchhändler beim Verkauf an den Letztverbraucher zu halten hat. Als Vorstandsmitgliedern der Erstbeklagten war dem Zweitbeklagten und dem Drittbeklagten die Vorgangsweise der Gesellschaft bekannt. Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsbegehrens beantragt die Klägerin, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, Bücher der beiden genannten Serien unter den von der Klägerin festgesetzten Ladenpreisen zu verkaufen. Die von der Erstbeklagten angebotenen Bücher seien durchwegs von erstklassiger Qualität und wiesen nicht die geringsten Mängel auf; mit ihrer gegenteiligen Behauptung verfolge die Erstbeklagte nur die Absicht einer Umgehung der vorgeschriebenen festen Ladenpreise. Die Verkehrsordnung habe Verordnungscharakter; sie sei überdies eine vom Hauptverband des österreichischen Buchhandels festgestellte Usance und damit für den Buchhandel bindend. Verstöße gegen die Verkehrsordnung würden in der Branche als sittenwidrig angesehen; durch die Mißachtung des im Buchhandel geltenden, als Gewohnheitsrecht anzusehenden Systems der festen Ladenpreise verschaffe sich die Erstbeklagte einen ungerechtfertigten, gegen die guten Sitten (§ 1 UWG) verstoßenden Wettbewerbsvorteil. Obgleich die Klägerin gegen ein völlig gleichartiges Verhalten der Erstbeklagten in deren Innsbrucker Zweigniederlassung ('Kaufhaus Tyrol') mit Klage beim Landesgericht Innsbruck vorgegangen sei und dort gegen die Erstbeklagte, Zweigniederlassung Innsbruck, eine einstweilige Verfügung vom 7. Mai 1984 erwirkt habe, habe die Erstbeklagte das beanstandete Verhalten fortgesetzt. Der Zweitbeklagte und der Drittbeklagte hätten von diesen Vorkommnissen spätestens seit der Zustellung der einstweiligen Verfügung am 14. Mai 1984 gewußt, seien aber dennoch nicht dagegen eingeschritten.
Das Erstgericht verbot den Beklagten mit einstweiliger Verfügung, Bücher der Serien 'Baedekers Allianz Reiseführer' und 'Baedekers Allianz Taschenbücher' unter den von der Klägerin nach der Verkehrsordnung vorgeschriebenen festen Ladenpreisen zu verkaufen. Die Verkehrsordnung und die - gleichfalls seit 24. November 1947 in Geltung stehende - 'Verkaufsordnung für den Buch-, Kunst-, Musikalien- und Zeitschriftenhandel in Österreich' (Beilage 7; im folgenden: Verkaufsordnung) hätten Verordnungscharakter. Da es sich um wettbewerbsregelnde Vorschriften handle, verstoße ein Buchhändler, der die in §§ 5 bis 12 der Verkehrsordnung vorgesehenen Ladenpreise in der Absicht unterbietet, sich dadurch einen geschäftlichen Vorteil gegenüber seinen gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen, gegen § 1 UWG. Als unmittelbar Verletzter sei die Klägerin zur Unterlassungsklage gegen die Erstbeklagte legitimiert. Im übrigen folge das Gericht dem von der Klägerin vorgelegten 'Rechtsgutachten zum festen Ladenpreis im österreichischen Buchhandel' von Barfuß, veröffentlicht im 'Anzeiger des österreichischen Buchhandels', Nr. 8/Mitte April 1983 auf Seite 82 ff. Der Zweitbeklagte und der Drittbeklagte hätten für den Wettbewerbsverstoß der Erstbeklagten einzustehen, weil sie als Organe der Aktiengesellschaft trotz Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der Rechtsverletzung nicht dagegen eingeschritten seien. In ihren Rekursen gegen diese einstweilige Verfügung erhoben die Beklagten (ua) unter Hinweis auf die beim Landesgericht Innsbruck und beim Landesgericht Linz anhängigen, völlig gleichartigen Verfahren die Einrede der Streitanhängigkeit.
Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes S 300.000,-- übersteige. Nach der Verkehrsordnung werde der maßgebliche Ladenpreis vom Verleger bestimmt. Da die Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen nicht Verlegerin der hier in Rede stehenden Buchserien sei, könne sie von den Beklagten nicht die Einhaltung von ihr vorgeschriebener Ladenpreise verlangen. Eine entsprechende Verbesserung oder Umformulierung des Sicherungsbegehrens komme schon deshalb nicht in Betracht, weil es nach dem Vorbringen der Klägerin keineswegs klar sei, ob die Fassung der beantragten einstweiligen Verfügung nur auf ein Versehen zurückzuführen sei oder aber die Klägerin die Auffassung vertrete, daß sie als Vertreterin des deutschen Verlegers zur Festsetzung der Ladenpreise im eigenen Namen befugt sei. Schon aus diesem Grund habe der - nicht nur rechtlich unschlüssige, sondern auch 'sinnlose' - Sicherungsantrag der Klägerin abgewiesen werden müssen.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Wiederherstellung der einstweiligen Verfügung des Erstgerichtes abzuändern;
hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagten beantragen, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist teilweise berechtigt.
Wie sich aus dem vom Obersten Gerichtshof beigeschafften Akt 18 Cg 78/85
(früher: 15 Cg 196/84) des Landesgerichtes Innsbruck ergibt, hat dieser Gerichtshof auf Antrag der Klägerin der Erstbeklagten mit einstweiliger Verfügung vom 7. Mai 1984 verboten, Bücher der Serien 'Baedekers Allianz Reiseführer' und 'Baedekers Allianz Taschenbücher' unter den von der Klägerin festgesetzten Ladenpreisen zu verkaufen. Dem dagegen von der Erstbeklagten erhobenen Rekurs hat das Oberlandesgericht Innsbruck mit Beschluß vom 3. Juli 1984 nur insoweit Folge gegeben, als der Klägerin der Erlag einer Sicherheit von S 30.000,-- aufgetragen und zugleich ausgesprochen wurde, daß die einstweilige Verfügung aufgehoben werde, wenn die Sicherheit nicht binnen 14
Tagen nach Zustellung der Rekursentscheidung erlegt werde. Dieser Beschluß ist in Rechtskraft erwachsen, die Klägerin hat die ihr aufgetragene Sicherheit fristgerecht erlegt. Die einstweilige Verfügung ist bisher nicht aufgehoben, über den von der Erstbeklagten erhobenen Widerspruch bisher nicht entschieden worden. Der Klägerin, welche damit schon über einen Exekutionstitel gegen die Erstbeklagte verfügt, welcher keineswegs auf die Zweigniederlassung Innsbruck beschränkt ist, fehlt damit insoweit das Rechtsschutzinteresse für das hier erhobene, der einstweiligen Verfügung des Landesgerichtes Innsbruck wörtlich gleichlautende Sicherungsbegehren (ÖBl. 1979, 81 ua); beklagte Partei ist nämlich - da die Zweigniederlassung einer Aktiengesellschaft keine Rechtspersönlichkeit hat (SZ 40/113; SZ 54/33 ua) - in beiden Fällen nicht die jeweilige Zweigniederlassung, sondern die A. D Kaufhaus-Aktiengesellschaft. Der gegen die Erstbeklagte gerichtete Sicherungsantrag ist daher vom Rekursgericht im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden. Gegenüber dem Zweitbeklagten und dem Drittbeklagten erweist sich das Rechtsmittel der Klägerin hingegen als begründet.
Zunächst kann der Meinung des Rekursgerichtes, daß das Sicherungsbegehren der Klägerin schon wegen Unschlüssigkeit abzuweisen sei, nicht gefolgt werden:
Es trifft zwar zu, daß die Klägerin - entgegen der Klageerzählung - nicht nur im Urteilsbegehren, sondern auch im Sicherungsantrag ein Verbot, 'unter den von der Klägerin festgesetzten Ladenpreisen zu verkaufen', verlangt hat; ihr gesamtes Vorbringen geht aber dahin, daß der Verleger - hier also CS Geographischer Verlag in der Bundesrepublik Deutschland - die Ladenpreise bestimme und die Erstbeklagte die in Rede stehenden Bücher unter diesen festgesetzten Ladenpreisen angeboten und verkauft habe. Im Zusammenhang mit der Klageerzählung kann deshalb der Urteils- und der Sicherungsantrag der Klägerin zwanglos dahin verstanden werden, daß die Ladenpreise der beiden Buchserien von der Klägerin im Einvernehmen mit dem Verleger festgesetzt wurden. Was die Klägerin verlangt, ist daher tatsächlich ein an die Beklagte gerichtetes Verbot, unter den 'vom Verleger festgesetzten' Ladenpreisen zu verkaufen.
Die von den Beklagten in ihren Rekursen erhobene Einrede der Streitanhängigkeit ist nicht begründet. Die Klägerin hat zwar zu 18 Cg 78/85
des Landesgerichtes Innsbruck - hier allerdings nur gegen die Erstbeklagte - und zu 4 Cg 173/84 des Landesgerichtes Linz das gleiche Unterlassungsbegehren wie im vorliegenden Verfahren erhoben. Streitanhängigkeit liegt aber deshalb nicht vor, weil die von der Klägerin bei diesen beiden Gerichtshöfen geltend gemachten Unterlassungsansprüche aus anderen Wettbewerbsverstößen abgeleitet werden als das vorliegende Unterlassungsbegehren und es daher ungeachtet der gleichlautenden Urteils- und Sicherungsanträge an der notwendigen Identität des rechtserzeugenden Sachverhalts fehlt (ÖBl. 1979, 81 ua.).
Die sohin prozeßentscheidende Frage nach der Berechtigung des Verlegers, für seine Bücher einen festen Ladenpreis zu bestimmen, muß nach Ansicht des erkennenden Senates bejaht werden:
Das System der festen Ladenpreise für Bücher wurde im 19. Jahrhundert auf korporativer Ebene durchgesetzt (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht 14 , 835 f § 1 dUWG RN 583; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht 3 , 452;
Bappert-Maunz-Schricker, Verlagsrecht 2 , 162 f). Mit Rücksicht auf die international in dieser Branche geltenden Usancen hat auch § 5 Abs 1 Z 7
des österreichischen Kartellgesetzes 'Verträge über die Bindung des Letztverkäufers im Buch-, Kunst-, Musikalien-, Zeitschriften- und Zeitungshandel an den vom Verleger festgesetzten Ladenpreis' von den Beschränkungen des Kartellgesetzes ausgenommen (Bericht des Handelsausschusses zur Regierungsvorlage des Kartellgesetzes 1951, 382 BlgNR 6. GP 2; Erl.Bem.
zur Regierungsvorlage des Kartellgesetzes 1972, 473 BlgNR 13. GP 30;
Schönherr-Dittrich, Kartell- und Preisrecht 3 , 28 § 5 Anm. 2;
ebenso Kiwe-Stohanzl, Österreichisches Kartellrecht 93 f). Nach den in Österreich auf diesem Gebiet geltenden Bestimmungen der Verkehrsordnung und der Verkaufsordnung, welche vom Verein der österreichischen Buch-, Kunst- und Musikalien-, Zeitungs- und Zeitschriftenhändler (jetzt: Hauptverband des österreichischen Buchhandels) stammen und von dessen Hauptversammlung genehmigt wurden, bestimmt der Verleger den Ladenpreis und die nach der Verkaufsordnung zugelassenen Sonderpreise. Die Klägerin meint, daß es sich bei der Verkehrsordnung um eine allgemein, also auch für Nichtmitglieder des Hauptverbandes des österreichischen Buchhandels verbindliche Verordnung handle, und hat sich in diesem Zusammenhang auf das bereits erwähnte Gutachten von Barfuß im 'Anzeiger des österreichischen Buchhandels' Nr. 8/Mitte April 1983 berufen. Soweit Barfuß dort die Auffassung vertritt, die Verkehrsordnung sei trotz der gegen ihre gehörige Kundmachung als Verordnung bestehenden Bedenken von den Gerichten so lange anzuwenden, als sie der Verfassungsgerichtshof nicht aufgehoben habe, kann ihm schon deshalb nicht gefolgt werden, weil seit der Novelle zum Bundes-Verfassungsgesetz BGBl. 1975/302 klargestellt ist, daß die Gerichte nur an gehörig kundgemachte Verordnungen gebunden sind (JBl 1977, 660 mit weiteren Nachweisen). Im vorliegenden Fall kann jedoch die Frage, ob die Verkehrsordnung durch das Schreiben der Bundeswirtschaftskammer vom 12. Juli 1948 eine Rechtsverordnung geworden ist, ebenso auf sich beruhen wie die weitere Frage nach der gesetzlichen Grundlage einer solchen Verordnung und der für sie vorgeschriebenen 'gehörigen Kundmachung':
Es steht fest, daß die Festsetzung von Ladenpreisen durch den Verleger Handelsbrauch ist. Nun hat zwar der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, daß ein Handelsbrauch ohne vertragliche Bindung nicht genüge, um eine Preisunterbietung sittenwidrig zu machen (SZ 30/85); nach dem hier vom Erstgericht auf Grund des Gutachtens von Barfuß als bescheinigt angenommenen Sachverhalt hat aber die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, Bundesgremium des Handels mit Büchern, Musikalien, Zeitungen und Zeitschriften, mit Schreiben vom 12. Juli 1948 den Landesgremien mitgeteilt, daß die Leitung der Sektion Handel der Bundeskammer auf Antrag des Bundesgremiums zur Hintanhaltung unlauteren Wettbewerbs zwischen den Mitgliedern des Bundesgremiums vorläufig die Verkehrsordnung und die Verkaufsordnung 1947 für alle Mitglieder des Bundesgremiums verbindlich erklärt habe. Verstöße gegen diese Ordnungsvorschriften könnten entsprechend den Bestimmungen des § 139 Abs 2 lit a GewO von der Sektionsleitung auf Antrag des Bundesgremialausschusses mit Ordnungsstrafen geahndet werden; bei beharrlicher Verletzung der Ordnungsvorschriften und wiederholter Bestrafung werde die Sektionsleitung bei der Gewerbebehörde den Entzug der Gewerbeberechtigung zu beantragen haben. Dieser Beschluß der Leitung der Sektion Handel wurde im Heft Nr. 14/1948, S 7, des Anzeigers für den Buch-, Kunst- und Musikalienhandel verlautbart. Da die Erstbeklagte eine Gewerbeberechtigung für den Buch-, Kunst- und Musikalienhandel besitzt, ist sie gemäß § 3 Abs 2 des Handelskammergesetzes BGBl. 1946/182 Mitglied der zuständigen Kammer der gewerblichen Wirtschaft und hier gemäß § 29 Abs 5 des Handelskammergesetzes in Verbindung mit § 37
dieses Gesetzes und § 8 Abs 1 der Fachgruppenordnung BGBl. 1947/233 in der geltenden Fassung Mitglied der Sektion Handel, zu welcher gemäß § 3 Abs 2 Z 13 des der Fachgruppenordnung angeschlossenen Fachgruppenkataloges auch das Bundesgremium des Handels mit Büchern, Kunstblättern, Musikalien, Zeitungen und Zeitschriften gehört. Hat nun die gesetzliche Interessenvertretung in einem veröffentlichten Rundschreiben an ihre Mitglieder den bestehenden Handelsbrauch der festen Ladenpreise mitgeteilt und seine Nichtbeachtung mit Strafsanktionen bedroht, dann ist ein dagegen verstoßendes, in der Absicht, sich dadurch einen Wettbewerbsvorsprung vor den standestreuen Mitbewerbern zu verschaffen, unternommenes Verhalten wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG (Baumbach-Hefermehl aaO 823 f RN 565). Das System der festen Ladenpreise ist nämlich nicht nur eine innerberufsständische Ordnung, die nur den Zweck hat, den Mitgliedern eines Berufsstandes die Weiterverfolgung ihrer Vermögensinteressen in der bisher üblichen Weise zu ermöglichen; für seine Einführung im Buchhandel waren vielmehr vor allem kulturpolitische Gründe maßgebend, soll doch der feste Ladenpreis in Verbindung mit der den Sortimenten gewährten Handelsspanne dazu beitragen, die Angebotsvielfalt des Buchhandels aufrechtzuerhalten (Ulmer aaO). Ein derartiges Rundschreiben der gesetzlichen Interessenvertretung braucht aber die für eine 'gehörige Kundmachung' einer Verordnung notwendigen Voraussetzungen nicht zu erfüllen.
Durch das Unterbieten der von der Klägerin im Einvernehmen mit der deutschen Verlegerin festgesetzten Ladenpreise hat also die Erstbeklagte gegen § 1 UWG verstoßen. Der Zweitbeklagte und der Drittbeklagte haben hievon spätestens durch die Zustellung der einstweiligen Verfügung des Landesgerichtes Innsbruck vom 7. Mai 1984 Kenntnis erlangt. Da sie es als Vorstandsmitglieder der erstbeklagten Aktiengesellschaft unterlassen haben, dagegen einzuschreiten, haben auch sie dem § 1 UWG zuwidergehandelt. Dem Revisionsrekurs der Klägerin mußte daher teilweise Folge gegeben und die einstweilige Verfügung der ersten Instanz, soweit sie sich gegen den Zweitbeklagten und den Drittbeklagten gerichtet hatte, wiederhergestellt werden.
Der Ausspruch über die Kosten des Rekurses und der Revisionsrekursbeantwortung der Erstbeklagten beruht auf §§ 41, 50 ZPO iVm §§ 78, 402 Abs 2 EO, jener über die Kosten des Rekurses und der Revisionsrekursbeantwortung des Zweitbeklagten und des Drittbeklagten auf §§ 40, 50 ZPO iVm §§ 78, 402 Abs 2 EO und schließlich jener über die Kosten des Revisionsrekurses der Klägerin auf § 393 Abs 1 EO.
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