OGH 4Ob3/89

OGH4Ob3/897.2.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** Gesellschaft mbH, Wien 23., Laxenburgerstraße 214, vertreten durch Dr. Ingo Gutjahr, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ernst K***, Radio- und Fernsehhandel, Linz, Wienerstraße 22, vertreten durch Dr. Wilfried Sterrer, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert S 400.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 17. Oktober 1988, GZ 1 R 118/88-26, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 15. Jänner 1988, GZ 8 Cg 193/86-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revision selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin vertreibt in Österreich (u.a.) Video- und Fernsehgeräte der Marke Sony. Der Beklagte betreibt den Einzelhandel mit solchen Geräten. Er ließ in der Ausgabe der "Kronen-Zeitung" vom 18.4.1986 verschiedene Werbeanzeigen einschalten. Eine davon hatte folgenden Wortlaut:

8-mm-VIDEO-CAM-Record

CCD-Autofocus

mit Zubehör

statt 32.980.-

jetzt 29.990.-"

Ferner kündigte der Beklagte dort an:

"SONY

Stereocolor KV 220

nur 12.990.-

Kassaabholpreis"

Der Beklagte hatte allerdings den Auftrag erteilt, in diesem Inserat das letztgenannte Gerät als "KV 2220" zu bezeichnen. Am 17.5.1986 bot die Firma H*** in den "OÖ Nachrichten" einen Sony CCD-V 8 AF-Video 8 Kamerarecorder zu einem Preis von S 28.880 anstelle von S 35.990 an; die Firma F*** warb in der "OÖ Kronen-Zeitung" vom 16.5.1986 mit einem Sony Video 8 CAM-Recorder CCD V 8 zum Preis von S 28.888 anstelle von S 38.790. Im Sommerkatalog 1986 der Firma H*** wurde ein Sony CCD-V 8 AF-Video 8-Kamerarecorder-Set zum Preis von S 29.980 statt um S 39.980 und im Frühjahrs- und Sommerkatalog 1986 der Firma N*** 8-mm-Video-Kamerarecorder der Marken Sanyo, Canon, Pioneer und Yashica um S 29.900 angeboten. In der "Kronen-Zeitung" - Ausgabe für OÖ - vom 18.5.1986 warb die Firma N*** für 8 mm-Video-Movie's der Marken Yashica, Sony, Sanyo und Pioneer zum Preis von jeweils S 28.880. Für alle diese Geräte waren die - identischen - technischen Daten in dieser Anzeige gemeinsam angegeben.

Mit der Behauptung, daß das erste der eingangs wiedergegebenen Inserate des Beklagten mangels einer Angabe, um welchen 8 mm Video-CAM-Recorder es sich handle, eine unüberprüfbare Tatsachenbehauptung sei, die beim Verbraucher den unrichtigen Eindruck besonderer Preiswürdigkeit hervorzurufen geeignet sei, ohne entsprechende Überprüfungsmöglichkeiten zu geben, während das im zweiten Inserat genannte Gerät JV 220 im Sony-Programm überhaupt nicht existiere, so daß die Anpreisung daher beim Verbraucher den unrichtigen Eindruck erwecke, der Beklagte sei imstande, Sony-Stereocolor-Fabrfernsehgeräte besonders günstig zu liefern, begehrt die Klägerin, den Beklagten schuldig zu erkennen, ab sofort die Angabe von "Stattpreisen" hinsichtlich 8 mm Video CAM-Recordern zu unterlassen, sofern er nicht gleichzeitig die genaue Type des Gerätes, für das der "Stattpreis" gewährt wird, bekanntgebe, sowie ab sofort die Ankündigung des Verkaufs von Sony-Stereocolor-"KV 220" zu unterlassen, sofern ein Stereocolorgerät dieser Type gar nicht erzeugt werde; außerdem stellt die Klägerin ein Veröffentlichungsbegehren.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Bei den 8 mm Camera-Videorecordern, die unter den Markennamen Sony, Sanyo, Pioneer und - nur von der Firma N*** - Yashica auf dem Markt angeboten würden, handle es sich um vollkommen identische Geräte mit identischem Zubehör, die alle von der japanischen Firma A*** hergestellt würden; die Bezeichnung "CCD" weise darauf hin, daß es sich um Geräte mit Chips handle. All diese Geräte würden von jedem Unternehmen zum gleichen Preis verkauft, weil sie ja identisch seien; zwischen den verschiedenen Unternehmen bestünden jedoch Preisunterschiede. Während die Geräte zunächst im Frühjahr 1986 um rund S 35.000 angeboten worden seien, sei dann der Preis laufend gesunken. Das erste der beanstandeten Inserate sei durchaus korrekt und könne nur die oben angeführten Geräte betreffen, die infolge vollkommener Identität den gleichen Preis haben müßten. Da die Bezeichnung des Gerätes im zweiten Inserat mit "KV 220" nur auf einen Druckfehler der "Kronen-Zeitung" zurückzuführen sei, habe der Beklagte dafür nicht einzustehen.

Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab. Der Beklagte habe weder gegen die guten Sitten verstoßen (§ 1 UWG) noch irreführende Angaben gemacht (§ 2 UWG). Die Angabe "8 mm-Video-CAM-Recorder Autofocus" umfasse nur bestimmte Geräte, die infolge völliger Identität den gleichen Preis hätten. Der Druckfehler in dem Inserat für das Gerät "Sony-Stereocolor KV 2220" sei dem Beklagten nicht anzulasten. Er habe sich eines Besorgungsgehilfen bedient, für den er nur unter den Voraussetzungen des § 1315 ABGB haftete; diese lägen aber bei der "OÖ Kronen-Zeitung" nicht vor.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes hinsichtlich beider beanstandeter Ankündigungen jeweils S 60.000, weder für sich allein noch insgesamt aber S 300.000 übersteige und die Revision zulässig sei. Abgesehen davon, daß die Klägerin dem Beklagten nicht den Vorwurf mache, durch die Werbung mit einer Preisgegenüberstellung, insbesondere mit "statt-Preisen", irreführende Angaben gemacht zu haben, wäre ein solcher Vorwurf auch nicht berechtigt. Aus der hier zu beurteilenden Ankündigung - "statt .... jetzt..." - zögen die angesprochenen Kaufinteressenten bei unbefangener Betrachtung nur den Schluß, daß der angeführte Stattpreis der früher vom Beklagten selbst verlangte Preis der genannten Camera-Recorder sei. Eine Irreführung des durchschnittlichen Käuferpublikums liege daher nicht vor.

Aber auch in der fehlenden Markenbezeichnung dieses Recorders sei kein Verstoß gegen § 2 UWG zu erblicken: Dieser verbiete zwar irreführende, nicht aber von vornherein auch schon in gewisser Weise unvollständige Angaben. Der Werbende sei grundsätzlich nicht verpflichtet, die von ihm angebotene Ware vollständig zu beschreiben. Eine Irreführung infolge Nichtangabe des Herstellers und/oder der Typenbezeichnung sei allenfalls dann zu bejahen, wenn durch zusätzliche Momente die konkrete Gefahr einer Täuschung der durch die Werbung angesprochenen Verkehrskreise begründet werde. Das treffe etwa dann zu, wenn die Anzeige auf Grund der besonderen Marktverhältnisse geeignet sei, in dem Verbraucher den unrichtigen Eindruck hervorzurufen, es handle sich um bestimmte Geräte mit zusätzlichen technischen Eigenschaften, die sie über die Geräte mit der in der Anzeige angegebenen Grundausstattung nicht unwesentlich hinaushöben. Zur Vermeidung einer Irreführung müsse das Angebot näher konkretisiert werden; das könne jedoch nicht nur durch die Angabe der Typenbezeichnung, sondern auch auf andere Weise, z.B. durch Beschreibung der technischen Ausstattung des Gerätes, geschehen. Keinesfalls sei eine Werbung für Elektrogeräte ohne Typenangabe stets irreführend. Der Beklagte habe in dem einen beanstandeten Inserat zwar für Camerarecorder geworben, ohne den Hersteller, die Marke oder Type anzugeben; er habe jedoch die Geräte in ihrer technischen Ausführung durch Angabe des Systems (Video 8), der Art des Bildwandlers (CCD) und der automatischen Scharfstellung (Autofocus) so weit beschrieben, daß unter Bedachtnahme auf die Baugleichheit zumindest der CCD-Camera-Recorder eine ausreichende Aufklärung des angesprochenen Käuferpublikums vorliege. Dazu komme, daß die von den verschiedenen Einzelhändlern verlangten Preise für die Geräte im Rahmen von S 29.000 bis S 30.000 lägen. Daß die technische Ausstattung der angebotenen CCD-Camera-Recorder wesentliche qualitative Unterschiede aufwiese, die eine besondere Aufklärung des Käuferpublikums erfordert hätte, habe die Klägerin nicht behauptet.

Der Beklagte hafte zwar grundsätzlich auch für Wettbewerbsverstöße, die die von ihm beauftragte "Kronen-Zeitung" bei der Einschaltung des zweiten beanstandeten Inserates begangen habe (§ 18 UWG). Voraussetzung für jeden klagbaren Unterlassungsanspruch nach dem UWG sei aber das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr. Diese sei hier zu verneinen, weil die unrichtige Angabe in dem Inserat nur auf einen Druckfehler zurückzuführen sei. Demnach habe der Beklagte bei der Abfassung des Inseratentextes selbst keinen Wettbewerbsverstoß begangen; vielmehr liege offensichtlich nur ein einmaliges, als leicht zu beurteilendes Versehen eines Angestellten der "Kronen-Zeitung" vor. Diese Umstände schlössen die Gefahr einer Wiederholung gleichartiger Handlungen aus. Darüber hinaus sei aber auch eine Irreführung der Konsumenten nicht erkennbar: Das Käuferpublikum werde mit der Typenbezeichnung "KV 220" nicht von vorneherein ganz bestimmte Geräte in Verbindung bringen; ihm werde es darauf gar nicht ankommen. Vielmehr werde es erwarten, ein - zwar bestimmtes - Fernsehgerät der Marke Sony zu günstigen Bedingungen erwerben zu können; das treffe aber auch zu. Ein Lockangebot liege darin nicht.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Beklagte hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung verstößt die Werbung mit Preisgegenüberstellungen - die sog. "statt-Preis"-Werbung - dann gegen § 2 UWG, wenn mangels näherer Erläuterung, auf welche Preise sich der Vergleich bezieht, eine Irreführung des Käuferpublikums möglich ist; dabei ist angesichts der suggestiven Wirkung einer derartigen Werbemethode ein strenger Maßstab anzulegen und im Interesse der angesprochenen Verkehrskreise zu fordern, daß aus dem Wortlaut oder aus dem Gesamtbild der - als Einheit zu betrachtenden - Ankündigung ausreichend deutlich hervorgeht, auf welche Preise jeweils zu Vergleichszwecken hingewiesen wird (ÖBl.1988, 75 mwN). Daß das beanstandete Inserat über die Videokamerarecorder nicht erkennen lasse, worauf sich der "statt-Preis" bezogen habe - auf den früher vom Beklagten für die gleichen Geräte verlangten Preis, auf Preise von Mitbewerbern, auf einen Listenpreis udgl. - ,hat die Klägerin in erster Instanz nicht beanstandet und ist auch nicht Gegenstand ihres Unterlassungsbegehrens. Zutreffend hat schon das Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß im übrigen aus dem Inserat ohnehin deutlich hervorgeht, daß der Beklagte den neuen Preis von S 29.990 seinem eigenen früheren Preis gegenübergestellt hat (ÖBl 1984,156). Der Hinweis der Revision auf die Rechtsprechung zur "statt-Preis"-Werbung geht daher ins Leere.

Entscheidend ist in Wahrheit, ob die im Fehlen der Markenbezeichnungen gelegene Unvollständigkeit der beanstandeten Werbeanzeige zur Irreführung geeignet ist. Das haben die Vorinstanzen mit Recht verneint: Über die Preisbemessung könnte zwar irregeführt werden, wenn zu einem bestimmten Preis angebotene (Elektro-)Geräte, insbesondere Geräte der Unterhaltungselektronik, nur nach Marke und allgemeinen Ausstattungsmerkmalen umschrieben werden, jedoch mehrere Geräte mit unterschiedlichen Preisklassen unter diese globale Umschreibung fallen, so daß der Verbraucher nicht erkennen kann, auf welches Gerät sich der genannte Preis bezieht (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15, 1220 Rz 278 zu § 3 dUWG). Das trifft aber hier nicht zu. Die Beklagte hat die Geräte allgemein - der Gattung nach - mit den maßgeblichen technischen Daten angegeben; alle diese Geräte fallen - gleich unter welcher Marke sie vertrieben werden - in dieselbe Preisklasse. Inwiefern dadurch beim Verbraucher der Eindruck einer besonderen Preisgünstigkeit hervorgerufen werden könnte, ist nicht zu sehen. Aber auch die Werbeanzeige über den "Sony Stereocolor KV 220" verstößt nicht gegen § 2 UWG. Wer sich für ein Stereocolorgerät der Marke Sony in der entsprechenden Preisklasse interessiert hat, konnte - wie mangels gegenteiliger Behauptung der Klägerin vorauszusetzen ist - beim Beklagten ein solches Gerät der Type KV 2220 um den angegebenen Preis tatsächlich erwerben. Auf die genaue Typenbezeichnung legen die angesprochenen Verkehrskreise in aller Regel keinen Wert; sie ist bei Fernsehgeräten udgl. weithin unbekannt. Wer aber so genaue Kenntnisse über die Produktpalette der Marke Sony hatte, daß ihm die Typenbezeichnungen geläufig waren, der wird die Angabe "KV 220" auch als Druckfehler erkannt haben. Keinesfalls kann - entgegen den Revisionsausführungen - angenommen werden, daß das Inserat einen nicht ganz unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise veranlassen konnte, in dem Bewußtsein, daß es Geräte der Type KV 2220 gibt, aus Interesse am vermeintlich neuen Gerät der Type KV 220 das Geschäft des Beklagten aufzusuchen. Kommt ein Gerät auf den Markt, das irgendwelche neuen Errungenschaften aufweist, dann erwartet das Publikum, daß diese in der Werbung besonders herausgestrichen werden. Das Inserat der Beklagten war aber völlig unauffällig gestaltet und erwähnte als Besonderheit bloß den geringen ("nur") Preis; den Eindruck, hier werde eine neue Type angeboten, vermochte es nicht zu erwecken. Der durch das Inserat allenfalls ausgelöste Irrtum, es gebe ein Gerät der Type KV 220, betrifft somit keine Umstände, auf die der Verkehr Wert legt. Zwischen dem Umstand, daß die durch die Handlung hervorgerufene Vorstellung nicht den Tatsachen entspricht, und dem Entschluß, sich mit dem Angebot zu befassen, muß aber nach ständiger Rechtsprechung ein Zusammenhang bestehen (ÖBl.1987, 18 mwN). Da schon aus diesem Grund der Tatbestand des § 2 UWG zu verneinen ist, muß auf die Frage der Wiederholungsgefahr nicht eingegangen werden.

Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Urteils.

Der Kostenausspruch gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO.

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