Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Kosten des Rekursverfahrens.
Text
Begründung
Im Verfahren 38 Cg 48/87 des Handelsgerichtes Wien wurde der Beklagten auf Antrag des Klägers mit einstweiliger Verfügung vom 19. Februar 1987, ON 4, verboten, "einen Saisonschlußverkauf außerhalb des von der jeweils zuständigen Kammer der gewerblichen Wirtschaft gemäß § 5 Abs 1 AusVG festgesetzten Saisonschlußverkaufszeitraumes, insbesondere für Pelzwaren im Naheverhältnis und während des für den Einzelhandel mit Bekleidung festgesetzten Saisonschlußverkaufszeitraumes, anzukündigen". Infolge Rekurses der Beklagten bestätigte das Oberlandesgericht Wien diese einstweilige Verfügung mit der Einschränkung, daß dieses Verbot nicht für Ankündigungen jeweils 7 Tage vor Beginn der Verkaufsveranstaltung zu gelten habe (4 R 64/87-9). Zur Begründung seines Antrages hatte der Kläger vorgebracht, daß die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien als Saisonschlußverkaufszeitraum für alle Waren (ausgenommen Pelzwaren) die Zeit vom 17. Jänner bis 7. Februar 1987 und für den Pelzhandel die Zeit vom 2. März bis zum 13. April 1987 festgesetzt und ordnungsgemäß kundgemacht habe. Die Beklagte habe in der "Kronen-Zeitung" vom 14. Jänner 1987 nicht nur - im Einklang mit § 5 Abs 4 AusVG - für ihren am 17. Jänner 1987 beginnenden Saisonschlußverkauf von Textilien geworben, sondern gleichzeitig einige Seiten weiter in artgleicher knalliger Aufmachung einen Saisonschlußverkauf für Pelzwaren in der Zeit vom 14. bis 31. Jänner 1987 angepriesen. Die Beklagte veranstalte sohin ihren Saisonschlußverkauf im Pelzhandel außerhalb der dafür festgesetzten Zeit. Der Erstrichter, der das Tatsachenvorbringen des Klägers für bescheinigt erachtet hatte, war rechtlich davon ausgegangen, daß die Beklagte - nach dem Gesamteindruck ihrer Werbung für den Durchschnittskonsumenten - einen Saisonschlußverkauf für einen anderen als den festgesetzten Zeitraum angekündigt und damit gegen § 5 Abs 1 AusVG sowie § 1 UWG verstoßen habe. Das Rekursgericht brachte bei Behandlung der Rechtsrüge der Beklagten nicht klar zum Ausdruck, ob es einen Verstoß gegen § 5 Abs 1 oder einen solchen gegen § 5 Abs 4 AusVG annehme; es sah sich aber veranlaßt, eine dem § 5 Abs 4 AusVG entsprechende Einschränkung des Spruches vorzunehmen.
Im vorliegenden Verfahren (38 Cg 77/87 des Handelsgerichtes Wien) begehrt der Kläger, der Beklagten für die Dauer des Rechtsstreites mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, Verkaufsveranstaltungen gemäß § 5 Abs 1 AusVG früher als 7 Tage vor dem Beginn des von der jeweils zuständigen Kammer festgelegten Saisonschlußverkaufszeitraumes bekanntzumachen oder mitzuteilen. Die Kärntner Handelskammer, und zwar die Landesgremien des Textil- und des Schuhhandels, habe den Winterschlußverkauf 1986/87 für die Zeit vom 17. Jänner bis 7. Februar 1987, das Landesgremium des Textilhandels der Steiermark habe ihr für die Zeit vom 17. Jänner bis 30. Jänner 1987, für Sportbekleidung jedoch für die Zeit vom 2. Februar bis 14. Februar 1987 festgesetzt und ordnungsgemäß verlautbart. Die Beklagte habe jedoch schon am 2. Jänner 1987 (in Kärnten) einen Prospekt versandt, in dem sie den Winterräumungsverkauf verschiedener Textilien - darunter auch Trainingsanzüge - angekündigt habe. Einen gleichartigen Prospekt habe sie am 7. Jänner 1987 in der Steiermark verteilt. Hiebei sei jeweils der Zeitraum des Winterschlußverkaufes (17. Jänner bis 7. Februar 1987 bzw. 17. Jänner bis 30. Jänner 1987) angeführt, gleichzeitig aber am Ende der Prospektseite im Widerspruch dazu angekündigt worden: "Angebote gültig vom 5. bis 31. Jänner 1987". Damit verstoße die Beklagte gegen § 5 Abs 4 AusVG.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrages. Sie bestritt, daß die Prospekte tatsächlich am 2. und 7. Jänner 1987 verteilt worden seien sowie daß die zuständigen Kammern Winterschlußverkaufszeiträume festgesetzt und gesetzmäßig verlautbart hätten; überdies stammten diese Verordnungen von den dafür nicht zuständigen Präsidenten der jeweiligen Landeskammern der gewerblichen Wirtschaft. Auch fehle dem Kläger im Hinblick auf die vollstreckbare einstweilige Verfügung des Handelsgerichtes Wien vom 19. Februar 1987, 38 Cg 48/87-4, das Rechtsschutzinteresse, weil das nunmehr angestrebte Unterlassungsgebot in dieser Verfügung schon enthalten sei.
Der Erstrichter erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Er nahm folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:
Zweck des klagenden Verbandes ist u.a. die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbes. Ihm gehören die Landesgremien Steiermark, Salzburg, Tirol und Wien für den Handel mit Parfumeriewaren und Kosmetika sowie die Landesgremien Wien, Steiermark und Kärnten für den Handel mit Textilien und Sportartikeln an.
Die Beklagte betreibt den Handel mit Waren aller Art, insbesondere auch den Einzelhandel in ihren Filialen in Klagenfurt, Villach-Süd, St. Veit an der Glan und Lienz.
Die Landesgremien des Textil- und des Schuhhandels in der Kärntner Handelskammer haben den Winterschlußverkauf für den 17. Jänner bis 7. Februar 1987, das Landesgremium des Textilhandels in der Steiermärkischen Handelskammer für die Zeit vom 17. Jänner bis 30. Jänner 1987, für Sportkleidung aber für die Zeit vom 2. Februar bis 14. Februar 1987 festgesetzt, kundgemacht und in der Österreichischen Textilzeitung Nr. 2043 vom 13. November 1986 sowie im Rundschreiben der Handelskammer Steiermark vom 26. November 1986 verlautbart.
Die Beklagte hat unter der Bezeichnung "KGM" am 2. Jänner 1987 Prospekte mit Postwurfsendung versandt. Auf Seite 4 des Prospektes befand sich eine in auffallend großen, auf weißem Grund in roten Blockbuchstaben geschriebene Überschrift mit dem Wortlaut "G*** W***!". Darunter, jedoch deutlich kleiner, stand:
"vom 17. 1. - 7. 2. 1987". Rechts daneben befand sich in einem weißen auffälligen Stern die Abbildung einer Frau mit zwei Kindern.
Am Ende der Seite 4, links unten, war zu lesen: "Abgebote gültig vom
5. bis 31. 1. 1987". Diese Ankündigung galt für die Filialen der Beklagten in Klagenfurt, Villach, St. Veit und Lienz-Debant. Ein gleichartiger Prospekt wurde in der Steiermark am 7. Jänner 1987 verteilt. Auf Seite 4 wurde in großen, blauen Blockbuchstaben der "W***" angekündigt. Darüber
befand sich in kleinen Blockbuchstaben der Hinweis "... vom 17. bis 30. Jänner '87". Am Ende dieser Seite, links unten, fand sich in sehr kleiner Schrift der Hinweis: "Angebote gültig vom 5. bis 31. 1. 1987".
Rechtlich meinte der Erstrichter, die siebentägige Frist des § 5 Abs 4 AusVG, innerhalb deren der Winterschlußverkauf 1987 für Kärnten und Steiermark hätte angekündigt werden dürfen, habe am 10. Jänner 1987 begonnen, nicht jedoch schon am 2. oder am 7. Jänner 1987. Auch der in den beiden Prospekten enthaltene Hinweis, daß die Angebote vom 5. bis 31. Jänner 1987 gültig seien, entspreche nicht dem Erfordernis einer ordnungsgemäßen Ausverkaufsankündigung.
Nach § 5 Abs 1 AusVG sei die örtlich zuständige Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft dazu berufen, die Zeiträume für Saisonschlußverkäufe u.dgl. festzusetzen und in der für amtliche Kundmachungen bestimmten Landeszeitung zu verlautbaren. Bedenken gegen die hier bescheinigte Art der Festsetzung und Kundmachung hätten sich nicht ergeben.
Das Verhalten der Beklagten widerspreche den Bestimmungen des § 5 AusVG und sei daher wettbewerbs- und sittenwidrig (§ 1 UWG), weil sie sich einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern verschaffe. Der hier geltend gemachte Anspruch sei anders geartet als jener, über den zu 38 Cg 48/87 abgesprochen wurde.
Das Gericht zweiter Instanz wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 15.000, nicht aber S 300.000 übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof nicht zulässig sei. Rechtlich vertrat es die Auffassung, dem Kläger fehle das Rechtsschutzinteresse an der einstweiligen Verfügung, weil das angestrebte Unterlassungsgebot in der zu 38 Cg 48/87 des Handelsgerichtes Wien - mittlerweile rechtskräftig - erlassenen einstweiligen Verfügung enthalten sei. Wegen der Verschiedenheit der rechtserzeugenden Sachverhalte liege zwar keine Streitanhängigkeit vor; habe aber der Kläger schon einen Exekutionstitel zur Durchsetzung der angestrebten Unterlassung, dann stehe einer neuerlichen Klageführung die Einrede des mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses entgegen. Da dieser Umstand zur Abweisung des Klagebegehrens führen müsse, sei damit auch einem neuerlichen Sicherungsbegehren der Boden entzogen. Der Kläger wäre auf Grund der einstweiligen Verfügung zu 38 Cg 48/87 in der Lage, die Unterlassung der jetzt beanstandeten Wettbewerbshandlung der Beklagten durch eine Exekutionsführung nach § 355 EO zu erwirken. Bei der Exekutionsbewilligung sei nur vom Spruch des Titels auszugehen, nicht aber von dessen Begründung. Durch die vorangegangene einstweilige Verfügung sei der Beklagten verboten worden, außerhalb des von der zuständigen Kammer festgesetzten Zeitraumes einen Saisonschlußverkauf anzukündigen; die Bezugnahme auf Pelzwaren sei nur demonstrativ. Im vorliegenden Fall werfe der Kläger der Beklagten vor, früher als 7 Tage vor dem Beginn des von der zuständigen Kammer festgelegten Zeitraumes Verkaufsveranstaltungen nach § 5 Abs 1 AusVG bekanntgemacht zu haben; diese Verhaltensweise sei aber vom Spruch der bereits erlassenen einstweiligen Verfügung umfaßt. Schon aus diesem Grund sei der Rekurs der Beklagten berechtigt.
Da diese Entscheidung mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes übereinstimme, lägen die Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO, § 528 Abs 3 ZPO nicht vor.
Gegen diesen Beschluß wendet sich die außerordentliche "Revision" (richtig: der außerordentliche Revisionsrekurs) des Klägers mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses.
Rechtliche Beurteilung
Die Beklagte beantragt, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben. Der außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Frage des Verfahrensrechtes abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit und Rechtssicherheit deshalb erhebliche Bedeutung zukommt, weil das Rekursgericht - wie bei der sachlichen Behandlung des Rechtsmittels darzulegen sein wird - von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist (§ 502 Abs 4 Z 1, § 528 Abs 2 ZPO).
Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.
Der Ansicht des Rekursgerichtes, daß der Kläger auf Grund der
einstweiligen Verfügung des Handelsgerichtes Wien vom
19. Februar 1987, 38 Cg 48/87-4, Exekution zur Unterlassung des im
vorliegenden Verfahren beanstandeten Verhaltens der Beklagten führen
könnte, kann nicht gefolgt werden. Mit der erwähnten einstweiligen
Verfügung wurde der Beklagten verboten, "einen Saisonschlußverkauf
außerhalb des ..... festgesetzten Saisonschlußverkaufszeitraumes
..... anzukündigen". Dieser Spruch ist - für sich
genommen - doppeldeutig: Er kann einerseits so gelesen werden, daß
die Wortgruppe "außerhalb des ..... festgesetzten
Saisonschlußverkaufszeitraumes" als nähere Bestimmung des Wortes "Saisonschlußverkauf" zu verstehen ist, der Beklagten also verboten werde, einen Saisonschlußverkauf anzukündigen, der außerhalb des von der zuständigen Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft festgesetzten Saisonschlußverkaufszeitraumes stattfindet. Andererseits kann die angeführte Wortgruppe aber auch als nähere Bestimmung des Zeitwortes "ankündigen" verstanden werden, was dann den Sinn ergäbe, daß der Beklagten verboten werde, außerhalb des ..... festgesetzten Zeitraumes einen (innerhalb dieses Zeitraumes stattfindenden) Saisonschlußverkauf anzukündigen.
Ist der Sinn eines Spruches zweifelhaft, so sind - entgegen der Meinung des Rekursgerichtes - nach ständiger Rechtsprechung die Entscheidungsgründe (die Begründung) zur Auslegung heranzuziehen (SZ 25/121; SZ 28/128; SZ 48/41; SZ 49/54 und 81; ÖBl 1985, 49 uva.; Heller-Berger-Stix 188). Berücksichtigt man aber die Begründung der einstweiligen Verfügung zu 38 Cg 48/87, dann ergibt sich daraus zweifelsfrei, daß der Beklagten dort die Ankündigung eines Saisonschlußverkaufes untersagt wurde, der außerhalb der festgelegten Zeiträume stattfand, weil eben die Beklagte durch die Ankündigung eines stark verbilligten Abverkaufes von Pelzen außerhalb der für einen Winterräumungsverkauf solcher Waren vorgesehenen Zeit gegen § 5 Abs 1 AusVG verstoßen hatte. In dem hier zur Entscheidung stehenden Fall geht es jedoch darum, daß die Beklagte - nach den Klagebehauptungen, die die Grundlage des begehrten Spruches bilden - einen Saisonschlußverkauf für die Zeit ab dem 17. Jänner 1987 (oder ab dem 2. Februar 1987) entgegen § 5 Abs 4 AusVG schon mehr als 7 Tage früher, nämlich am
2. und 7. Jänner 1987, angekündigt habe. (Der Kläger verweist zwar auch darauf, daß in den Ankündigungen der Beklagten von der Gültigkeit der Preise in der Zeit ab 5. Jänner 1987 die Rede sei, macht dies aber nicht zum Gegenstand eines entsprechenden Unterlassungsbegehrens.)
Das vom Kläger hier angestrebte Verbot ist sohin von der im vorangegangenen Verfahren 38 Cg 48/87 erlassenen einstweiligen Verfügung nicht umfaßt; diese kann somit nicht als Titel für die Bewilligung einer Exekution auf Unterlassung einer künftigen verfrühten (§ 5 Abs 4 AusVG) Ankündigung eines (im dafür vorgesehenen Zeitraum stattfindenden) Saisonschlußverkaufes dienen. Wollte man aber - im Hinblick auf die Ausführungen des Rekursgerichtes im Verfahren 38 Cg 48/87 - die Auffassung vertreten, auch nach der Begründung dieser Entscheidung bleibe unklar, ob der Beklagten ein Verstoß gegen § 5 Abs 1 oder ein solcher gegen § 5 Abs 4 AusVG untersagt worden sei, käme man zu keinem anderen Ergebnis. In diesem Fall könnte die im früheren Verfahren ergangene einstweilige Verfügung überhaupt nicht als Grundlage irgendeiner Exekutionsbewilligung dienen, gehen doch alle sich aus dem Exekutionstitel ergebenden Unklarheiten bezüglich des Umfanges der geschuldeten Leistung zu Lasten der betreibenden Partei (JBl 1958, 98 uva.).
Der vom Rekursgericht herangezogene Abweisungsgrund erweist sich demnach als nicht berechtigt.
Die Beklagte macht in ihrer Revisionsrekursbeantwortung erstmals geltend, sie habe am 24. April 1987 mit dem Kläger im Verfahren 38 Cg 701/86 des Handelsgerichtes Wien einen Vergleich geschlossen, dessen Punkt c) exakt dem hier gestellten Unterlassungsbegehren entspreche; damit ist aber für die Beklagte indes nichts zu gewinnen: Die - auf Abweisung des Klage- und Sicherungsbegehrens abzielende - Einrede des mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses wegen Vorhandensein eines Exekutionstitels (ÖBl 1979, 81 ua.) muß in erster Instanz erhoben werden, widrigenfalls sie am Neuerungsverbot scheitert. Aber auch die Beschwer, die eine Voraussetzung für die Zulässigkeit jedes Rechtsmittels bildet (ÖBl 1987, 51 mwN), kann dem Kläger nicht abgesprochen werden, begründet doch jedenfalls die Belastung durch den Ausspruch über die Verfahrenskosten erster Instanz sein rechtliches Interesse an der Beseitigung der seinen Sicherungsantrag abweisenden Entscheidung des Rekursgerichtes (JBl 1977, 650; JBl 1985, 170; 3 Ob 1026/86).
Das Gericht zweiter Instanz hat sich auf Grund seiner - vom Obersten Gerichtshof nicht gebilligten - Rechtsauffassung nicht mit der Beweisrüge der Beklagten befaßt, nach deren Ansicht weder der 2. Jänner noch der 7. Jänner 1987 als Tag der Versendung der beanstandeten Werbeankündigungen hinreichend bescheinigt worden sei. Diese Beweisrüge kann entgegen der Meinung des Klägers nicht damit abgetan werden, daß es sich dabei um eine unzulässige Neuerung handle. Das Vorbringen der Beklagten in erster Instanz, sie habe bisher nicht verifizieren können, daß die Prospekte tatsächlich am
2. und 7. Jänner 1987 zur Verteilung gelangt seien, weshalb sie diese Zeitpunkte bestreite (ON 2 S 8), kann gewiß nicht als Außerstreitstellung des Umstandes gewertet werden, daß die Versendung jedenfalls außerhalb der Frist des § 5 Abs 4 AusVG erfolgt wäre. Es bleibt daher zu prüfen, ob die Erledigung der Beweisrüge aus anderen rechtlichen Gründen entbehrlich ist. Dies trifft aber nur teilweise zu:
Der Beklagten ist darin beizupflichten, daß die ordentlichen Gerichte nur an gehörig kundgemachte Verordnungen gebunden sind und demzufolge eine nicht oder nicht gehörig kundgemachte Verordnung nicht anzuwenden haben (ÖBl 1986, 160 mwN). Nach § 5 Abs 1 AusVG ist die örtlich zuständige Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft verpflichtet, die für Saisonschlußverkäufe, Saisonräumungsverkäufe, Inventurverkäufe u.dgl. festgesetzten Zeiträume "in der für amtliche Kundmachungen bestimmten Landeszeitung zu verlautbaren". Dies ist im gegebenen Zusammenhang als Anordnung einer bestimmten Form der Kundmachung dieser Verordnung zu verstehen (ÖBl 1986, 160). Fehlt es an einer gehörigen Kundmachung der von der Kammer vorgenommenen Festsetzung eines Saisonschlußverkaufszeitraumes, dann kann auch keinem Unternehmer der Vorwurf eines Verstoßes gegen die Bestimmung des § 5 AusVG, insbesondere auch seines Absatzes 4, gemacht werden. Die von der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Kärnten festgesetzten Wintersaisonschlußverkäufe sind - wie der Oberste Gerichtshof erhoben hat - in der Tat nicht in der für amtliche Kundmachungen bestimmten "Kärntner Landeszeitung" veröffentlicht worden. Ob der auf Kärnten beschränkte Prospekt Beilage ./D schon am 2. Jänner oder erst ab dem 10. Jänner 1987 versandt worden ist, ist unter diesen Umständen unerheblich.
Die von der Handelkammer Steiermark festgelegten Winterräumungsverkäufe für Textilien (ausgenommen Wintersportbekleidung) für die Zeit vom 17. Jänner 1987 bis einschließlich 30. Jänner 1987 und für Wintersportbekleidung und Schischuhe für die Zeit vom 2. bis einschließlich 14. Februar 1987 sind hingegen in der dafür vorgesehenen "Grazer Zeitung" (Stück 45, ausgegeben am 7. November 1986, S. 605 und 606), demnach ordnungsgemäß, kundgemacht worden. Die - vom Kläger behauptete und vom Erstrichter angenommene - Festsetzung eines Winterräumungsverkaufes für "Sportbekleidung" schlechthin in der Zeit vom 2. Februar bis 14. Februar 1987 ist nicht erfolgt. Aus dem von der Beklagten in der Steiermark versandten Prospekt (Beilage F) geht hervor, daß sie neben verschiedenen anderen Textilien unter der Überschrift "Sportmode für Freizeitfans" einen "Cospo-Trainer-Glanzanzug", sonst aber keine Sportbekleidung angeboten hat. Da Trainingsanzüge nicht unter den Begriff der Wintersportbekleidung fallen, ist für die Frage, ob die Beklagte die Frist des § 5 Abs 4 AusVG eingehalten hat, der Zeitraum vom 2. Februar bis 14. Februar 1987 nicht maßgeblich.
Gegen die Gesetzmäßigkeit der hier sohin allein anwendbaren Verordnung der Handelskammer Steiermark über den Winterräumungsverkauf für Textilien (ausgenommen Wintersportbekleidung) vom 7. November 1986 bestehen - entgegen den Ausführungen der Beklagten (ON 2 S. 9) - keine Bedenken. Die Festsetzung eines Saisonschlußverkaufes betrifft nicht nur die Interessen von Mitgliedern der Sektion Handel, sondern notwendigerweise auch die Interessen der Lieferanten (Produzenten), die der Sektion Gewerbe oder der Sektion Industrie angehören; von einer sektionseigenen Angelegenheit (§ 41 Abs 2 HKG) der Sektion Handel (§ 37 HKG) kann daher in diesem Zusammenhang nicht gesprochen werden. Diese Verordnung stammt - nach dem Ergebnis der Erhebungen des Obersten Gerichtshofes - nicht vom Präsidenten der Handelskammer für Steiermark, sondern von deren Präsidium (§ 7 lit b HKG), welches nach den Bestimmungen der für die Geschäftsführung der Landeskammern erlassenen Rahmengeschäftsordnung (§ 54 Abs 1 HKG) auch zuständig war (§ 26 Abs 3 Satz 1, § 27 RahmenGO). Für die Annahme, die Verordnung wäre gesetzwidrig im Sinne des Art. 139 Abs 3 lit b B-VG, besteht sohin keine Grundlage.
Die Entscheidung hängt sohin nur noch davon ab, ob die Beklagte tatsächlich schon am 7. Jänner 1987, also außerhalb der siebentägigen Frist des § 5 Abs 4 AusVG, durch Versendung des Prospektes Beilage F den Winterräumungsverkauf in der Steiermark für die Zeit ab 17. Jänner 1987 angekündigt hat. Da das Rekursgericht die Beweisrüge der Beklagten (auch) zu diesem Punkt (ON 5 S. 23), unerledigt gelassen hat, mußte infolge Rekurses des Klägers der angefochtene Beschluß aufgehoben und dem Gericht zweiter Instanz eine neuerliche Entscheidung aufgetragen werden.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf die §§ 78, 402 Abs 2 EO i. V.m. § 52 ZPO.
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