Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und die Entscheidung des Rekursgerichtes dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 29.566,35 (darin enthalten S 2.687,85 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Beklagte betreibt den Großhandel mit Baubeschlägen, darunter auch mit Türschließern; ihre Gewerbeberechtigung umfaßt auch die Belieferung verarbeitender Unternehmen. Auf Grund einer weiteren Gewerbeberechtigung ist sie zur Vermittlung von Geschäften zwischen Großhändlern und verarbeitenden Betrieben befugt.
Am 18. Februar 1987 richtete die Beklagte an die Beschlägegroßhändler ein Schreiben, in dem sie ihre Absicht, eine einmalige begrenzte Musteraktion zum Zweck der Bekanntmachung ihrer neuen BKS-Türschließer bei den verarbeitenden Betrieben durchzuführen, mitteilte und um Bekanntgabe ersuchte, wer sich an dieser Aktion beteiligen wolle. Für den Fall der Zustimmung, die die Beklagte auch bei Nichtäußerung bis zum 23. Februar 1987 annehmen wollte, kündigte sie weitere Mitteilungen an.
Am 27. Februar 1987 sandte die Beklagte an die Großhändler ein weiteres Rundschreiben mit folgendem Inhalt:
"... Im Rahmen der Musteraktion erhalten Sie die an uns
einlangenden Bestellkarten, in denen Sie als Händler angeführt
werden. Für diese Sonderaktion berechnen wir Ihnen an ... folgende
Preise rein netto:
Vario 86 ÖS 454,-- + MWSt/Stück,
Cyclo Stabil 8707 ÖS 594,-- + MWSt/Stück.
Die entsprechenden Aktionspreise an die Verarbeiter wollen Sie
bitte verrechnen:
Vario 86 ÖS 515,-- + MWSt/Stück,
Cyclo Stabil 8707 ÖS 675,-- + MWSt/Stück ..."
Diesem Rundschreiben war auch das an die verarbeitenden Betriebe gerichtete Werbeschreiben angeschlossen, das unter anderem folgenden Inhalt hatte:
"... Heute möchten wir Ihnen zusätzlich die Möglichkeit geben, mit einem Probierangebot einen BKS-Türschließer Ihrer Wahl in der Praxis zu testen. Und das zu einem einmaligen Probierpreis:
1 Stück BKS-Türschließer
Vario 86..... ÖS 515,-- + MWSt = ÖS 618,--
1 Stück BKS-Türschließer
Cyclo Stabil 8707..... ÖS 675,-- + MWSt = ÖS 810,--
... Fordern Sie doch einfach mit beigefügter Bestellkarte Ihren gewünschten Test-Türschließer an! Die Lieferung erfolgt sofort, frei Haus ...". Am Ende des Schreibens heißt es noch: "Geben Sie uns bitte mit ihrer Bestellung auch den zuständigen Händler bekannt". Die Beklagte erhielt von den verarbeitenden Betrieben in der Folge 52 Bestellkarten. In 47 davon waren die Namen der gewünschten Großhändler bekanntgegeben; in diesen Fällen erfolgte die Belieferung der Kunden einschließlich der Fakturierung durch die einzelnen Großhändler. In den restlichen fünf Bestellfällen lieferte die Beklagte direkt an die verarbeitenden Betriebe aus. Zur Sicherung inhaltsgleicher Unterlassungsansprüche beantragte die Klägerin - eine Vereinigung zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs -, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen
a) mit Preisen für ihre Produkte gegenüber Kunden von Großhandelsunternehmen (insbesondere Verarbeitungsbetrieben) zu werben (insbesondere in Rundschreiben);
b) ihren Kunden, insbesondere dem Beschlägegroßhandel, Preise zu empfehlen bzw. vorzuschlagen, ohne ausdrücklich und unmißverständlich auf die Unverbindlichkeit des Preisvorschlages (bzw. der Preisempfehlung) hinzuweisen.
Die Beklagte empfehle ihren Kunden (Großhändlern) mit den Worten "die entsprechenden Aktionspreise an die Verarbeiter wollen Sie bitte verrechnen ..." die Einhaltung bestimmter Preise, ohne auf deren Unverbindlichkeit hinzuweisen. Damit führe sie ein nicht eingetragenes Empfehlungskartell durch, was nicht nur den Straftatsbestand nach § 102 KartG erfülle, sondern auch gegen
§ 1 UWG verstoße. Darüber hinaus liege auch ein Verstoß gegen
§ 2 UWG vor: Da sich nicht alle österreichischen
Beschlägegroßhändler an der Einführungsaktion der Beklagten beteiligt hätten, würden die im Rundschreiben an die Verarbeitungsbetriebe angegebenen Preise nicht überall eingehalten, so daß die Empfänger dieses Rundschreibens über die Preise im Großhandel getäuscht würden. Die Beklagte übe aber auch sittenwidrig Druck auf die Großhändler aus; zahlreiche Großhändler würden sich nur deshalb an der Aktion beteiligen, um die Erwartungen ihrer Kunden, die Türschließer zum Probierpreis überall erhalten zu können, nicht zu enttäuschen und ihre Kunden nicht zu verärgern. Die Beklagte sprach sich gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung aus. Zum Gegenstand ihres Unternehmens gehöre unter anderem auch die Belieferung der verarbeitenden Betriebe. Sie vertreiben zwar ihre Produkte üblicherweise über Großhändler, bewerbe diese aber - oft auf Wunsch der Großhändler - auch direkt bei den verarbeitenden Betrieben. Darüber hinaus besitze sie auch die Gewerbeberechtigung, Geschäfte zwischen Großhändlern und verarbeitenden Betrieben zu vermitteln. Im Rahmen der Werbeaktion habe sie solche Geschäfte für Großhändler vermittelt; es sei zulässig, zu diesem Zweck gegenüber deren Kunden zu werben. Es liege auch nicht der Fall einer Preistäuschung vor: Die angekündigten Waren seien zu den angekündigten Preisen bei den beteiligten Großhändlern und bei der Beklagten selbst erhältlich gewesen. Die Erwartung, daß die neuen Produkte überall zu den beworbenen Einführungspreisen erhältlich seien, sei nicht erweckt worden. Das an die Verarbeitungsbetriebe versandte Rundschreiben enthalte ein Angebot der Beklagten. Die Großhändler hätten frei entscheiden können, ob sie an der Aktion teilnehmen wollten; daher fehle es auch an einer Preisempfehlung. Durch ein solches einmaliges und beschränktes Einführungsangebot könne kein Kartell begründet werden. Schließlich habe sie auf die Großhändler auch keinen Druck ausgeübt, sich an der Aktion zu beteiligen; das an die Verarbeitungsbetriebe erstellte Angebot habe sich nur auf einen einzigen Probeartikel beschränkt. Mit dieser Aktion habe die Beklagte weder in bestehende geschäftliche Beziehungen eingegriffen noch die Großhändler veranlaßt, sich aus unsachlichen Motiven für die Teilnahme an der Einführungsaktion zu entscheiden.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Aus dem eingangs im wesentlichen wiedergegebenen Sachverhalt leitete es rechtlich folgendes ab:
Die Beklagte sei auf Grund ihrer Gewerbeberechtigung berechtigt gewesen, ihre Waren den Verarbeitungsbetrieben unter Nennung eines Preises anzubieten. Die Verarbeitungsbetriebe seien im Fall des Kaufes eines Einführungsartikels nicht genötigt gewesen, sich an den Großhandel zu wenden; daher könne keine Rede davon sei, daß die Beklagte auf die Mitbewerber sittenwidrig Druck ausgeübt hätte, sich an der Einführungsaktion zu beteiligen. Das an die Verarbeitungsbetriebe gesandte Schreiben habe auch nicht den Eindruck erweckt, daß die Einführungsartikel nur über den Großhandel erhältlich seien. Die Beklagte habe somit nicht gegen § 1 und § 2 UWG verstoßen. Da die Werbeaktion nur das Angebot zum Erwerb eines einzigen Stücks zu Testzwecken umfaßt habe, könne auch kein Kartell vorliegen.
Das Rekursgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung, wobei es die Ansprüche des Sicherungsantrages in umgekehrter Reihenfolge anführte und seinem Ausspruch zu lit b (Preiswerbung) zur Verdeutlichung die Worte "wenn die Großhändler in den Vertrieb eingeschaltet werden" hinzufügte; weiters sprach es aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei.
Das Rekursgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und stellte zusätzlich fest, daß sich ein namentlich genannter Großhändler nicht an der Einführungsaktion der Beklagten beteiligte. Auf dieser Tatsachengrundlage führte es in rechtlicher Hinsicht folgendes aus:
Ein Ankündigungskartell im Sinne des § 1 Abs 1 Z 5 KartG setze mit Preisangaben versehene Ankündigungen von Waren und Leistungen voraus, die nur oder auch für den Verbraucher bestimmt seien. Das sei hier nicht der Fall gewesen, weil sich die Werbeaktion der Beklagten nicht an Letztverbraucher, sondern an Verarbeitungsbetriebe gerichtet habe. Ein Empfehlungskartell im Sinne des § 1 Abs 1 Z 4 KartG liege nur dann vor, wenn eine Empfehlung mit der subjektiven Absicht verbunden sei, eine Regelung oder Beschränkung des Wettbewerbs, somit eine Änderung der gegebenen Wettbewerbssituation zu bewirken; dafür enthalte aber das Parteienvorbringen keine Anhaltspunkte. Daher könne es auch auf sich beruhen, ob eine Verletzung des Kartellgesetzes auch ohne Vorliegen besonderer Unlauterkeitskriterien gegen das UWG verstoße. Die Beklagte habe mit dem an die Verarbeitungsbetriebe gerichteten Schreiben jedoch in irreführender Weise eine - tatsächlich nicht vorhandene - Preisbindung der zweiten Hand vorgegeben. Eine Preisankündigung des Herstellers sei nur dann nicht irreführend, wenn alle von dieser Preisankündigung betroffenen Händler den angekündigten Preis verlangten. Da sich im vorliegenden Fall nicht alle Großhändler an der gegenständlichen Aktion beteiligt hätten, fehle es an diesem Erfordernis. Das Rundschreiben wäre nur dann nicht irreführend gewesen, wenn auf die Unverbindlichkeit der Preisangabe hingewiesen worden wäre. Die Beklagte habe aber auch Druck auf die Großhändler ausgeübt: Durch die Vorgabe des für die Verarbeitungsbetriebe bestimmten Preises habe die Beklagte die Großhändler gezwungen, zu diesem und nicht zu einem höheren Preis zu verkaufen, weil sie sonst Gefahr gelaufen wären, ihre Kunden zu verlieren oder zumindest zu verärgern. Diese Gefahr wäre aber auch durch die Weigerung, an der Aktion teilzunehmen, herbeigeführt worden, weil dann die Erwartung der Kunden, daß die beworbene Ware bei allen Großhändlern erhältlich sei, enttäuscht worden wäre. Durch die Verdeutlichung des Spruches werde bloß klargestellt, daß die Werbung mit Preisen gegenüber den Kunden der Großhändler, welche diese Preise verlangen sollen, nur dann verboten sein solle, wenn die Großhändler in den Vertrieb eingeschaltet würden. Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten. Die Beklagte macht einen wesentlichen Verfahrensmangel und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantragt, die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen; hilfsweise stellt sie auch einen Aufhebungsantrag.
Die Klägerin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist berechtigt.
Mit Recht bekämpft die Beklagte die Auffassung des
Rekursgerichtes, sie habe bei den Verarbeitungsbetrieben irrige
Vorstellungen über eine Preisbindung der Großhändler erweckt; der
Hinweis auf die Möglichkeit der Einschaltung des "zuständigen
Händlers" sei nicht geeignet gewesen, einen Irrtum über den von den
Großhändlern verlangten Preis zu erwecken. Aus dem festgestellten
Sachverhalt ergibt sich nämlich nicht, daß die Beklagte die
Verarbeitungsbetriebe aufgefordert hätte, die Türschließer im Rahmen
des Testangebotes bei den Großhändlern zu beziehen. Das
Rundschreiben vom Februar 1987 enthält neben der Aufforderung, die
beigefügten Bestellkarten an die Beklagte einzusenden, lediglich den
Zusatz: "Geben Sie uns bitte mit Ihrer Bestellung auch den
zuständigen Händler bekannt". Welchen Eindruck diese Ankündigung auf
den Durchschnittsleser vermittelt, ist eine Rechtsfrage, die nach
objektiven Maßstäben zu beantworten ist; maßgeblich ist die
Verkehrsauffassung, nämlich der Eindruck, wie er sich bei auch nur
flüchtigem Lesen durch den Durchschnittsinteressenten ergibt, wobei
der Ankündigende bei Mehrdeutigkeit der Ankündigung die für ihn
ungünstigste Auslegung gelten lassen muß (Hohenecker-Friedl,
Wettbewerbsrecht 23; SZ 47/31). Aus der Bitte, zugleich mit der Bestellung auch den zuständigen Händler bekanntzugeben, konnten aber die angesprochenen Verarbeitungsbetriebe nur schließen, daß der zuständige Händler bei der Durchführung der Testaktion irgendwie eingeschaltet werde. Das Werbeschreiben der Beklagten erweckt aber nicht den Eindruck, daß die Bestellungen an den zuständigen Händler zu richten seien und die Geräte im Rahmen dieser Aktion bei allen Großhändlern bezogen werden könnten. Da schließlich nur jeweils ein einziger Artikel im Rahmen der Testakion bezogen werden konnte, konnten die Verarbeitungsbetriebe aus der tatsächlichen Abwicklung des Testkaufs (Auslieferung und Fakturierung durch die Großhändler) auch nicht zu der unrichtigen Auffassung gelangen, sie könnten noch weitere Geräte zum Probierpreis bei den Großhändlern beziehen. Aus denselben Gründen konnten die Verarbeitungsbetriebe aber auch nicht auf eine bestehende Preisbindung der zweiten Hand schließen (vgl dazu Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht14 1142 f Rz 289 zu § 3 dUWG). Der vom Rekursgericht zur Begründung seiner gegenteiligen Auffassung herangezogenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (ÖBl 1982, 158) lag ein anderer Sachverhalt zugrunde: Dort wurde eine Preisherabsetzung ohne ausreichenden Unverbindlichkeitshinweis im Fernsehen und auf der Verpackung des beworbenen Produkts angekündigt, obwohl die Preis nicht von allen Detailhändlern in diesem Ausmaß herabgesetzt wurden; die Artikel konnten vom beworbenen Publikum auch nicht beim beklagten Erzeugungsunternehmen gekauft werden. Im vorliegenden Fall kann es der Beklagten daher auch nicht schaden, daß sich nicht alle Großhändler an ihrer Werbeaktion beteiligt haben.
Soweit die Klägerin in ihrer Revisionsrekursbeantwortung darauf hinweist, daß die Werbeankündigung der Beklagten auch deshalb unzulässig sei, weil sie ein Kartell durch Ankündigung enthalte, ist ihr folgendes zu entgegnen: Gemäß § 1 Abs 1 Z 5 KartG sind mit Preisangaben versehene Ankündigungen von Waren oder Leistungen nur dann Kartelle im Sinne dieses Bundesgesetzes, wenn sie dem Letztverbraucher bekannt werden. Aus dem Akteninhalt ergibt sich aber kein Anhaltspunkt dafür, daß die von den Verarbeitungsbetrieben zum Test angeschafften Türschließer von ihnen nicht mehr weiter umgesetzt, sondern für ihre eigenen gewerblichen Zwecke hätten verwendet werden sollen; nur im letztgenannten Fall könnten aber die Verarbeitungsbetriebe auch als "Letztverbraucher" angesehen werden. Da die Werbeankündigung der Beklagten nicht zur Irreführung geeignet ist und schon deshalb kein Verstoß gegen § 2 UWG vorliegen kann, war auf das Argument des Revisionsrekurses, die Beklagte habe mit dem Testangebot keine Wettbewerbsabsicht verfolgt, nicht mehr einzugehen.
Auch der Auffassung der Beklagten, die Gestaltung ihrer Testaktion sei nicht geeignet gewesen, auf die Großhändler in
sittenwidriger Weise Druck zur Warenabnahme auszuüben, ist
beizupflichten. Der Oberste Gerichtshof hat zwar in der vom
Rekursgericht zur Begründung seiner gegenteiligen Meinung herangezogenen Entscheidung ÖBl. 1982, 92 die Sittenwidrigkeit einer Werbeaktion bejaht, bei der Gutscheine, die zum unentgeltlichen Bezug einer Probeware in Einzelhandelsgeschäften berechtigten, in großer Anzahl an Endverbraucher verteilt und die Händler dadurch gezwungen wurden, die betreffende Ware bestellen, um nicht Kunden zu verärgern oder zu verlieren. Ein solcher Fall liegt aber hier nicht vor: Während nämlich Einzelhändler bei massenweiser Verteilung von Warengutscheinen an Endverbraucher damit rechnen müssen, daß eine große Anzahl der Gutscheinbesitzer davon auch Gebrauch machen werden, und sich deshalb mit der entsprechenden Warenmenge eindecken werden, hatte die Beklagte den Großhändlern, die sich an ihrer Aktion beteiligen sollten, bekanntgegeben, daß sie den Verarbeitungsbetrieben das Angebot machen werde, ein Exemplar eines Türschließers zu Testzwecken zu kaufen. Die Großhändler brauchten daher bloß auf die Bestellkarten zu warten und konnten dann den allfälligen Bedarf an Hand der eingegangenen Bestellungen decken. Daher konnte die beanstandete Werbeaktion bei den Großhändlern gar nicht die Befürchtung erwecken, daß eine große Anzahl ihrer Kunden - zu denen ja nicht bloß die Verarbeitungsbetriebe gehören - dieses Testangebot annehmen würden; sie waren deshalb auch nicht gezwungen, durch entsprechende Einkäufe einem allfälligen Ansturm ihrer Kunden gerecht zu werden. Auch von einem "Einspannen" der Großhändler in eine Werbeaktion der Beklagten (vgl dazu Baumbach-Hefermehl aaO 930 f Rz 728 zu § 1 b UWG), kann hier nicht gesprochen werden, hatte es doch die Beklagte den Großhändlern freigestellt, sich an der Aktion zu beteiligen.
Den Vorinstanzen ist aber auch darin beizupflichten, daß kein Empfehlungskartell verwirklicht worden ist. Nur Empfehlungen zur Einhaltung bestimmter Preise, Preisgrenzen, Kalkulationsrichtlinien, Handelsspannen oder Rabatte, durch die eine Regelung oder Beschränkung des Wettbewerbes, besonders bei der Erzeugung, dem Absatz oder den Preisen, erreicht wird oder erreicht werden soll, sind unter den weiteren in § 1 Abs 1 Z 4 lit a und b KartG genannten Voraussetzungen als Kartelle anzusehen. Dieser Tatbestand setzt daher eine Regelung oder Beschränkung des Wettbewerbs voraus (Koppensteiner Wettbewerbsrecht 102). Mit der Zuordnung von Preisempfehlungen zum Kartellbegriff also zu einem wettbewerbsbeschränkenden Sachverhalt, trägt das Gesetz der Tatsache Rechnung, daß solche Empfehlungen unter den von ihm selbst umschriebenen Voraussetzungen wie vertragliche Bindungen des Händlerpreises durch Lieferanten wirken können und dann Beschränkungen des Händlerwettbewerbs zur Folge haben (Koppensteiner aaO 56). Ob eine Wettbewerbsbeschränkung vorliegt, ist stets eine "Maß- und Gradfrage" (Koppensteiner aaO 106 mit weiteren Literaturhinweisen).
Im vorliegenden Fall muß der Testaktion der Beklagten die Eignung abgesprochen werden, den Wettbewerb in relevanter Weise zu regeln oder zu beschränken: In ihrem Rahmen konnte ein kleiner Teil des Kundenkreises der Großhändler nur ein einziges Mal ein einziges Musterstück erwerben. Die beanstandete Aktion beschränkte sich damit nur auf eine geringe Anzahl von Geschäftsfällen der Großhändler, die keine Auswirkungen auf die künftigen Einkäufe der Verarbeitungsbetriebe und damit auf deren Wettbewerb haben konnten. Unter solchen Umständen kann aber von einem Empfehlungskartell keine Rede sein. Daher erübrigt es sich auch darauf einzugehen, ob ein Verstoß gegen das Kartellgesetz auch einen Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG begründen könnte.
Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben und die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen, ohne daß auch noch der Verfahrensmangel, der in einem Verstoß des Rekursgerichtes gegen § 405 ZPO erblickt wird hätte geprüft werden müssen. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 41, 50 ZPO.
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