Spruch:
Dem Revisionsrekurs der klagenden Parteien wird nicht Folge gegeben.
Dem Revisionsrekurs der beklagten Parteien wird hingegen Folge gegeben und die vom Rekursgericht erlassene einstweilige Verfügung ersatzlos aufgehoben.
Die Entscheidung über den Sicherungsantrag hat
daher - einschließlich des bestätigten und in Rechtskraft
erwachsenen Teiles - wie folgt zu lauten:
"Die Anträge der klagenden Parteien
1.) den beklagten Parteien werde zur ungeteilten Hand ab sofort verboten, in dem auf dem Grundstück 689/5 Grundbuch Amras errichteten Geschäftsgebäude in Innsbruck, Grabenweg Nr. 4, auf der in dem mit Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 23. Juli 1985, Zl. Vi-5466/3/1985, genehmigten Einreichplan als Mietobjekt bezeichneten Fläche von ca. 800 m2 im geschäftlichen Verkehr mit Letztverbrauchern beim Einzelhandel Waren des täglichen Bedarfs, insbesondere Lebens- und Genußmittel, Wasch- und Putzmittel, Drogerie- und Haushaltswaren, zu verkaufen und solche Waren auf dieser Fläche zum Zwecke der Besichtigung und des Verkaufes durch Letztverbraucher aufzustellen und den Zutritt zu dieser Fläche durch Letztverbraucher im Rahmen des Lebensmittelmarktes zu gestatten:
2.) den beklagten Parteien werde zur ungeteilten Hand aufgetragen, binnen einer Frist von 2 Wochen alle Vorkehrungen zur baulichen und betriebsorganisatorischen Abtrennung der in dem mit Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 23. Juli 1985, Zl. VI-5466/3/1985, genehmigten Einreichplan als Mietfläche und Geschäftsfläche bezeichneten zwei Geschäftseinheiten, insbesondere durch Errichtung der im Baubescheid vom 23. Juli 1985 vorgesehenen und bewilligten brandbeständigen Trennmauer und des zur Geschäftsfläche vorgesehenen Einganges, durchzuführen; die einstweilige Verfügung werde für die Zeit bis zur rechtskräftigen Entscheidung des von den klagenden Parteien zur Geltendmachung der behaupteten Ansprüche anhängig gemachten Rechtsstreites bewilligt,
werden abgewiesen."
Die klagenden Parteien sind schuldig, den beklagten Parteien die mit S 35.349,60 (darin enthalten S 3.213,60 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Der Antrag der beklagten Parteien, für den im Revisionsrekursverfahren erstatteten Schriftsatz mit dem Antrag auf Aussetzung des Revisionsrekursverfahrens und der Anregung auf Einleitung eines Normenkontrollverfahrens Kosten zuzusprechen, wird abgewiesen.
Text
Begründung
Die Zweitbeklagte erwirkte die Baubewilligung des Stadtmagistrates Innsbruck vom 23. Juli 1985 zur Errichtung eines Geschäftshauses mit den Ausmaßen 80,20 x 31,10 x 3,60 m in Innsbruck, Grabenweg 4. Nach den einen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Bauplänen waren im Erdgeschoß ein Lagerraum, zwei Geschäftsräume im Ausmaß von 698 m2 (geplant als Mietgeschäft) und 787 m2, drei Kühlräume und zwei Personalräume vorgesehen. Punkt 10 der Baubewilligung enthält die Auflage, das Mietgeschäftslokal vom Geschäftslokal brandbeständig zu trennen. Bei dem für diese Bebauung vorgesehenen Grundstücken Nr. 689/4 und 689/5 KG Amras handelt es sich nicht um "Sonderflächen für Einkaufszentren" im Sinne des § 16 des Tiroler Raumordnungsgesetzes (TROG), nach dessen Abs 1 Einkaufszentren Gebäude mit Verkaufsräumen von insgesamt mehr als 400 m2 Nutzfläche, in Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern mit mehr als 800 m2 Nutzfläche, sind, in denen insbesondere auch Waren des täglichen Bedarfes, jedenfalls Lebensmittel, angeboten werden. Entgegen diesem Baubescheid errichtete die Zweitbeklagte im Erdgeschoß nicht die vorgesehene brandbeständige Trennmauer, so daß nunmehr ein einheitliches Geschäftslokal mit einer Verkaufsfläche von ca. 1600 m2 und nur einem Eingang besteht. Die Erstbeklagte nahm in diesem Geschäftslokal den Lebensmitteleinzelhandel auf. Die Drittbeklagte ist die persönlich haftende Gesellschafterin der Erstbeklagten, der Viertbeklagte deren Geschäftsführer. Am 5. November 1986 drohte der Stadtmagistrat Innsbruck der Zweitbeklagten gemäß § 44 Abs 3 der Tiroler Bauordnung (TBO) einen Abbruchsauftrag mit der Begründung an, daß die vorgeschriebene Trennwand fehle und nunmehr eine einzige Geschäftseinheit mit mehr als 1000 m2 Verkaufsfläche bestehe, welche nur auf Grund einer Baubewilligung zur Errichtung eines Einkaufszentrums hätte errichtet werden dürfen. Am 5. Dezember 1986 stellte die Zweitbeklagte bei der Baubehörde den Antrag, den derzeitigen Ausbauzustand baubehördlich zu bewilligen. Der Stadtmagistrat Innsbruck hat gegen die Zweitbeklagte auch eine Strafanzeige gemäß § 53 Abs 1 lit a TBO erstattet.
Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsbegehrens beantragten die Kläger die Erlassung der aus dem Spruch ersichtlichen einstweiligen Verfügung. Die Beklagten hätten die Baubewilligung erschlichen, da sie in Wahrheit nie beabsichtigt hätten, zwei getrennte Geschäftslokale zu errichten. § 16 b TROG bezwecke die Erhaltung der Nahversorgungsstruktur und die Regelung des Wettbewerbs. Die Beklagten, nämlich die Erstbeklagte als Betreiberin des Lebensmittelmarktes, die Zweitbeklagte als Bauwerberin und Errichterin des Gebäudes, die Drittbeklagte als einzige Komplementärin der Erst- und der Zweitbeklagten sowie der Viertbeklagte als Geschäftsführer der Drittbeklagten, hätten im gemeinsamen Zusammenwirken vorsätzlich dem § 16 b TROG und der TBO zuwidergehandelt, um sich gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern, die sich an die Beschränkungen der Verkaufsflächen halten, einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Dadurch, daß sie Waren des täglichen Bedarfs auf einer Verkaufsfläche von ca. 1600 m2 im Einzelhandel anböten und verkauften, ohne die Bewilligung für die Errichtung eines Einkaufszentrums erhalten zu haben, hätten sie auch gegen § 1 UWG verstoßen. Die Auffassung der Beklagten, daß § 16 b TROG verfassungswidrig sei, weil der mit dieser landesgesetzlichen Bestimmung verfolgte Zweck der Bedarfsregelung in die Kompetenz des Bundes falle, treffe nicht zu. Die Beklagten müßten sich so lange an diese Bestimmung halten, als sie zum Rechtsbestand gehöre. Die Kläger könnten daher verlangen, daß die Beklagten als Mittäter den Handel mit Waren des täglichen Bedarfs auf der im Einreichplan als Mietobjekt bezeichneten Fläche unterließen und den gesetzwidrigen Zustand durch Errichten der in der Baubewilligung vorgesehenen Trennmauer beseitigten. Die Beklagten sprachen sich gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung aus. Die Erstklägerin sei keine Vereinigung zur Förderung wirtschaftlicher Interessen von Unternehmern im Sinne des § 14 UWG, sondern eine Körperschaft öffentlichen Rechts mit Zwangsmitgliedschaft aller einschlägig Gewerbetreibenden und behördlichen Funktionen; sie sei daher nicht legitimiert, Klagen auf Unterlassung nach dem UWG zu erheben. Die Beklagten hätten erst im Zuge der Verwirklichung des Bauvorhabens erkannt, daß § 16 b TROG verfassungswidrig sei. Sie hätten sich entschlossen, nur ein einziges Geschäftslokal zu errichten, weil sich die Verhandlungen mit potentiellen Mietern zerschlagen hätten. Der Verfassungsgerichtshof habe gleichartige Bestimmungen anderer Landesgesetzgeber bereits aufgehoben, weil Bundeskompetenzen in Anspruch genommen worden seien. Die Beklagten hätten den Lebensmittelhandel bei der Gewerbebehörde angemeldet; ihre gewerbliche Tätigkeit sei daher so lange erlaubt, bis sie untersagt werde. Dies sei bisher nicht geschehen. Das Gewerbestandortverfahren sei noch nicht abgeschlossen. Die Kläger seien auch nicht berechtigt, die Einhaltung des Flächenwidmungsplanes auf dem Zivilrechtsweg durchzusetzen. § 30 Abs 4 TBO beschränke Einwendungen wegen widmungswidriger Verwendung von Grundstücken auf die Nachbarn; die Kläger seien aber nicht Eigentümer von Nachbargrundstücken. Die Auffassung der Beklagten, zur beanstandeten Handlungsweise befugt zu sein, sei durch das Gesetz so weit gedeckt, daß sie mit gutem Grund vertreten werden könne; die Beklagten könnten nämlich mit gutem Grund annehmen, daß § 16 b TROG als verfassungswidrig aufgehoben werde. Die beantragte Befristung der einstweiligen Verfügung bis zum rechtskräftigen Abschluß des Hauptverfahrens widerspreche § 389 EO; im Fall einer Aufhebung des § 16 b TROG durch den Verfassungsgerichtshof müßte die Baubewilligung sofort erteilt werden; dann könnte der Fall eintreten, daß die einstweilige Verfügung noch in einem Zeitraum wirksam wäre, für den eine dem tatsächlichen Zustand entsprechende Baubewilligung vorliege. Den Beklagten stehe es - bei Einhaltung der Raumordnungsvorschriften - frei, ob sie die als Mietlokal bezeichnete oder die für das eigene Geschäftslokal vorgesehene Fläche benützten. Zwischen der Frage, welcher Gebäudeteil benützt werde, und der Frage, ob die zulässige Verkaufsfläche überschritten wurde, bestehe kein innerer Zusammenhang. Da im Provisorialverfahren keine baupolizeilichen Maßnahmen getroffen werden könnten, dürfe den Beklagten auch nicht aufgetragen werden, die in den Plänen vorgesehene Trennmauer zu errichten. Ein baupolizeilicher Auftrag könnte nur nach rechtskräftiger Abweisung eines neuerlichen Bauansuchens erlassen werden; das Verfahren über das nachträgliche Ansuchen der Zweitbeklagten sei aber bei der Baubehörde noch anhängig.
Das Erstgericht erließ eine einstweilige Verfügung im Umfang des Punktes 1 des Sicherungsantrages gegen Erlag einer Sicherheitsleistung von S 800.000,--; Punkt 2 des Sicherungsantrages wies es hingegen ab. Auf Grund des eingangs wiedergegebenen Sachverhalts führte das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht folgendes aus:
Die Landesgremien der Kammern der gewerblichen Wirtschaft seien gemäß § 14 UWG berechtigt, Ansprüche auf Unterlassung nach dem UWG geltend zu machen. Die Beklagten hätten nicht nur gegen die TBO, sondern auch gegen § 16 b TROG verstoßen. Die letztgenannte Bestimmung diene auch der Regelung des Wettbewerbs. Der Auffassung, daß ein Gesetz verfassungswidrig sei, könne ein Gericht erster Instanz nicht Rechnung tragen. Ein Verstoß gegen eine wettbewerbsbezogene Vorschrift werde immer auch als Verstoß gegen § 1 UWG angesehen. Die Bewilligung der einstweiligen Verfügung sei jedoch vom Erlag einer angemessenen Sicherheit abhängig zu machen gewesen, weil die einstweilige Verfügung tief in die Interessen der Beklagten eingreife. Der Anspruch auf Beseitigung des dem UWG widerstreitenden Zustandes umfasse keinesfalls die Vornahme baulicher Maßnahmen; Punkt 2 des Sicherungsantrages sei daher abzuweisen gewesen.
Dem Rekurs der Kläger gegen den abweisenden Teil des Beschlusses des Erstgerichtes gab das Rekursgericht nicht Folge; hingegen gab es dem Rekurs der Beklagten teilweise Folge und änderte den Ausspruch des Erstgerichts über Punkt 1 des Sicherungsantrages dahin ab, daß es den Beklagten zur ungeteilten Hand ab sofort bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreites verbot, "in dem Geschäftsgebäude in Innsbruck, Grabenweg 4, auf einer 800 m2 übersteigenden Nutzfläche an Verkaufsräumen im geschäftlichen Verkehr mit Letztverbrauchern im Einzelhandel Waren des täglichen Bedarfs, insbesondere Lebens- und Genußmittel, Wasch- und Putzmittel sowie Drogerie- und Haushaltswaren zu verkaufen, solche Waren auf der vom Verbot betroffenen Fläche zum Zwecke der Besichtigung und des Verkaufes an bzw. durch Letztverbraucher aufzustellen und Letztverbrauchern im Rahmen ihres Lebensmittelmarktes Zutritt zu der vom Verbot betroffenen Fläche zu gestatten. "Zugleich erhöhte das Rekursgericht die von den Klägern zu leistende Sicherheit auf S 2,000.000,--. Den Antrag der Kläger, das beantragte Verbot auf die in dem zum Baubescheid gelegten Einreichplan als Mietobjekt bezeichnete Fläche von ca. 800 m2 zu beziehen, wies das Rekursgericht ab. Es sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 15.000,--, der Wert des Streitgegenstandes, über den es insgesamt entschieden habe, S 300.000,-- übersteige und der Revisionsrekurs gegen den abändernden Teil der Rekursentscheidung zulässig sei. Das Rekursgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichts, billigte auch dessen Rechtsansicht über die Aktivlegitimation der Erstklägerin und führte in rechtlicher Hinsicht weiter aus:
Die Mißachtung der für Verkaufsräume, in denen Waren des täglichen Bedarfes angeboten werden, bestehenden flächenmäßigen Beschränkung nach § 16 b TROG und die Ausnützung der nach der TBO bestehenden Rechtslage - nach welcher ein Abbruchsauftrag vor der Entscheidung über einen nachträglichen Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung nicht vollzogen werden kann und der Umstand, daß der Fortführung des Geschäftsbetriebes auf einer 800 m2 übersteigenden Verkaufsfläche die Erklärung der Gewerbebehörde, die Anmeldung einer weiteren Betriebsstätte der Erstbeklagten nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen, nicht im Wege steht - verstoße gegen die guten Sitten. Die Erstbeklagte verschaffe sich dadurch Wettbewerbsvorteile gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern. Die übrigen Beklagten hätten als Mittäter gehandelt. Ein Antrag auf Aufhebung bestimmter Stellen des § 16 b TROG durch den Verfassungsgerichtshof hätte nicht gestellt werden können, ein solches Gesetzesprüfungsverfahren mit einer Verzögerung der Entscheidung verbunden gewesen wäre, die mit der im Provisorialverfahren gebotenen Raschheit im Widerspruch stünde. Die Sittenwidrigkeit des beanstandeten Verhaltens liege allerdings nicht darin, daß die Erstbeklagte (auch) in den in den Einreichplänen als Mietlokal bezeichneten Geschäftsräumen den Handel mit Waren des täglichen Bedarfs betreibe, sondern darin, daß ihre geschäftliche Tätigkeit in Räumen ausgeübt werde, deren gesamte Nutzfläche 800 m2 übersteigt. Da den Beklagten nicht vorgeschrieben werden könne, in welchem Teil des ihnen zur Verfügung stehenden Gebäudes die auf eine Gesamtfläche von 800 m2 beschränkte geschäftliche Tätigkeit zu erfolgen habe, sei die einstweilige Verfügung des Erstgerichts in diesem Umfang abzuändern gewesen. Die vom Erstgericht auferlegte Sicherheit sei jedoch unzureichend:
Sollte nämlich der Verfassungsgerichtshof vor der Entscheidung im Hauptverfahren Teile des § 16 b TROG aufheben, dann müßte die Klage abgewiesen werden und die Klägerin dem Beklagten gemäß § 394 EO Ersatz leisten. Da das Verbot tief in die Interessen der Beklagten eingreife, erscheine eine Sicherheit von S 2 Millionen angemessen. Dem Rekurs der Klägerin gegen den abweisenden Teil des Beschlusses des Erstgerichts sei jedoch nicht Folge zu geben, weil der Beseitigungsanspruch nach § 15 UWG nicht die Herstellung des einer Baubewilligung entsprechenden Zustandes umfasse.
Gegen jenen Teil des Beschlusses, mit dem das Rekursgericht den Antrag, das Verbot auf die in dem zur Baubewilligung gelegten Einreichplan als Mietobjekt bezeichnete Fläche von ca. 800 m2 zu beziehen, abgewiesen und die Sicherheitsleistung auf mehr als S 400.000,-- erhöht hat, richtet sich der - als Rekurs bezeichnete - Revisionsrekurs der Kläger mit dem Antrag, die einstweilige Verfügung des Erstgerichts wiederherzustellen und die Sicherheitsleistung auf S 400.000,-- herabzusetzen; hilfsweise stellen die Kläger auch einen Aufhebungsantrag.
Die Beklagten bekämpfen mit ihrem Revisionsrekurs die vom Rekursgericht erlassene einstweilige Verfügung sowie die Höhe der Sicherheitsleistung; sie beantragen die Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne der gänzlichen Abweisung des Sicherungsantrages, hilfsweise die Erhöhung der Sicherheitsleistung auf S 10 Millionen.
Beide Parteien beantragen, dem Revisionsrekurs ihres jeweiligen Gegners nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Zufolge des Ausspruches des Rekursgerichtes, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streit-(Beschwerde-)Gegenstandes S 15.000,--, der Wert des Streitgegenstandes, über den das Rekursgericht entschieden hat, jedoch insgesamt S 300.000,-- übersteige, sind die Rechtsmittel beider Parteien gemäß § 528 Abs 2, § 502 Abs 4 Z 2 ZPO ohne die in § 502 Abs 4 Z 1 ZPO genannten Beschränkungen zulässig (Fasching, ZPR Rz 2025); der Ausspruch des Rekursgerichtes, daß der Revisionsrekurs gegen den abändernden Teil der Rekursentscheidung zulässig sei, ist daher unbeachtlich und hat nicht die Wirkung einer Beschränkung der Revisionsrekursgründe auf erhebliche Rechtsfragen.
Der Revisionsrekurs der Kläger ist nicht berechtigt; jenem der Beklagten kommt hingegen Berechtigung zu.
I. Zum Revisionsrekurs der Beklagten:
Die Beklagten führen in ihrem Rechtsmittel aus, daß das Rekursgericht den Klägern etwas anderes zugesprochen habe, als diese begehrt hätten. Ein solcher Verstoß gegen § 405 ZPO (SZ 42/138 ua) liegt tatsächlich vor.
Gemäß § 405 ZPO ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Unzulässige Abweichungen vom Klagebegehren sind entweder der Zuspruch eines Mehr oder von etwas anderem. Ein solches aliud liegt dann vor, wenn die zugesprochene Rechtsfolge eine andere ist als die begehrte; dabei sind auch die zur Begründung der Rechtsfolge vorgetragenen und zur Entscheidung herangezogenen Tatsachen miteinander zu vergleichen (Fasching aaO Rz 1449 f). Auch einem Unterlassungsbegehren, an dessen Bestimmtheit im Interesse der Erfassung aller gleichartigen oder auch nur ähnlichen Handlungsweisen sowie der Vermeidung allzu leichter Umgehung keine strengen Anforderungen gestellt werden dürfen (Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Rz 509; ÖBl. 1979, 104), kann im Fall seiner Undeutlichkeit nur in jenem Rahmen eine klarere Fassung gegeben werden, der durch das Vorbringen des Klägers gedeckt ist (ÖBl. 1980, 73; ÖBl. 1981, 159; SZ 47/9). Im vorliegenden Fall haben die Kläger zwar vorgetragen, daß der in der Mißachtung gesetzlicher Bindungen bestehende Wettbewerbsverstoß im Anbieten und Verkaufen von Waren des täglichen Bedarfes auf einer größeren Verkaufsfläche als 800 m2 liege; sie haben ihr Unterlassungsbegehren jedoch ausdrücklich damit begründet, daß sie Anspruch auf Unterlassung des Betriebes des Lebensmittelmarktes auf der im Einreichplan als Mietobjekt bezeichneten Fläche hätten, und ihrem Unterlassungsbegehren ausdrücklich auf diese "im Einreichplan als Mietobjekt bezeichnete Fläche" beschränkt. Das Rekursgericht ist daher mit seinem auf eine 800 m2 übersteigende Verkaufsfläche abgestellten Verbot über den Sicherungsantrag hinausgegangen; während nämlich nach dem Antrag der Kläger die Beklagten nur dann gegen das beantragte Verbot verstoßen würden, wenn sie den Einzelhandel mit Waren des täglichen Bedarfs ganz oder teilweise auf der im Einreichplan als Mietlokal bezeichneten Fläche betreiben, könnte auf Grund der vom Rekursgericht erlassenen einstweiligen Verfügung die Exekution nach § 355 EO schon dann beantragt und bewilligt werden, wenn der Einzelhandel mit Waren des täglichen Bedarfs auf einer 800 m2 übersteigenden Verkaufsfläche betrieben wird, und zwar unabhängig davon, welcher Teil der Gesamtverkaufsfläche des Gebäudes von ca. 1600 m2 dazu benützt wird.
Daher war die vom Rekursgericht erlassene einstweilige Verfügung ersatzlos aufzuheben.
II. Zum Revisionsrekurs der Kläger:
Die Kläger bekämpfen in erster Linie jenen Teil der Rekursentscheidung, mit dem ihr Antrag, das Verbot auf die in den Einreichplänen als Mietobjekt bezeichnete Fläche von 800 m2 zu beziehen, abgewiesen wurde. Die Beklagten hätten nicht nur gegen § 16 b TROG sondern auch gegen die TBO verstoßen; die Kläger hätten daher Anspruch darauf, daß die Beklagten der Baubewilligung entsprechend nur jenes Geschäftslokal benützten, das im Bauplan nicht als Mietobjekt bezeichnet ist. Dem kann nicht gefolgt werden:
Nicht jede Wettbewerbshandlung, die eine gesetzliche Bestimmung verletzt, ist deshalb allein schon sittenwidrig; sie ist es vielmehr nur dann, wenn über ein Gesetz bewußt hinweggegangen wird, um im Wettbewerb einen Vorsprung gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen (ÖBl. 1960, 68; ÖBl. 1969, 69; ÖBl. 1972, 11; ÖBl. 1973, 33; ÖBl. 1977, 157). Die Beklagten könnten aber einen Wettbewerbsvorteil gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern nicht dadurch erreichen, daß sie zum Zwecke des Einzelhandels mit Waren des täglichen Bedarfs nur das im Bauplan als Mietlokal bezeichnete Geschäftslokal mit einer Verkaufsfläche von 698 m2 und nicht auch gleichzeitig das zweite Geschäftslokal benützen. Ein solches Verhalten könnte auch keine Änderung des zulässigen Verwendungszwecks von Gebäudeteilen (§ 25 lit d TBO) bilden, weil die widmungswidrige Benützung eines im Bauplan als Mietlokal bezeichneten Geschäftslokals durch den Bauführer
(bzw. Grundstückseigentümer) selbst keinen Einfluß auf die Zulässigkeit des Gebäudes nach der TBO haben könnte. Aus dem Vorbringen der Kläger geht aber hervor, daß sie die Änderung des Verwendungszwecks des im Bauplan als Mietlokal bezeichneten Geschäftslokales nur im Zusammenhalt mit der Überschreitung der in § 16 b TROG festgelegten Höchstgrenzen für die zum Handel mit Waren des täglichen Bedarfs bestimmten Geschäftsräume als Verstoß gegen
§ 1 UWG geltend machen, welche nur dann vorliegen könnte, wenn gleichzeitig auch das weitere Geschäftslokal benützt wird. Wenn auch
§ 16 b Abs 2, letzter Satz, TROG bestimmt, daß der Bauwerber durch nähere Angaben über die vorgesehene Nutzung der Verkaufsräume nachzuweisen hat, daß das zu errichtende Gebäude nicht als Einkaufszentrum verwendet werden soll, wozu im Fall der Unterbringung mehrerer Betriebe des Handels im Gebäude auch Angaben über die betriebsorganisatorischen Verhältnisse dieser Betriebe zueinander gehören, wird dadurch kein subjektiv öffentliches Nachbarrecht begründet (VwGH vom 30. April 1981, 06/0835 /79: Hauer Tiroler Baurecht § 16 b TROG E 1). Wer entgegen der vorgesehenen Nutzung ein im Bauplan als Mietlokal bezeichnetes Geschäftslokal nicht vermietet, sondern selbst benützt, verstößt nur dann gegen § 16 b TROG und allenfalls gegen § 1 UWG, wenn die tatsächlich benützte Verkaufsfläche die zulässigen Grenzen übersteigt. Ob dies durch die gänzliche oder teilweise Benützung eines Mietlokals oder eines für die Benützung durch den Bauwerber vorgesehenen Geschäftslokals geschieht, macht dabei keinen Unterschied. Im Rahmen des Unterlassungsanspruchs nach § 1 UWG haben die Kläger somit kein Recht, somit von den Beklagten ausschließlich die Unterlassung der Benützung des im Bauplan als Mietlokal bezeichneten Raumteiles zu verlangen. Da aber die Kläger Punkt 1 des Sicherungsantrages ausdrücklich auf dieses Mietlokal eingeschränkt haben - was sich auch deutlich aus ihren Ausführungen im Revisionsrekurs ergibt -, ist dieses Begehren nicht berechtigt.
Die Abweisung des Punktes 1 des Sicherungsantrages durch das Rekursgericht war daher zu bestätigen.
Da § 16 b TROG für die Entscheidung über den Sicherungsantrag nicht präjudiziell ist, kam eine Anfechtung dieses Gesetzes beim Verfassungsgerichtshof nicht in Betracht.
Eine Entscheidung über die Kosten der Äußerungsschriftsätze der Beklagten hatte zu entfallen, weil die Beklagten darin keine Kosten verzeichnet haben.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 78, 402 EO, §§ 41, 50, 52 Abs 1 ZPO. Im Rekursverfahren haben die Beklagten die Kosten ihres Rekurses und ihrer Rekursbeantwortung lediglich auf der Basis von S 50.000,-- verzeichnet; diese Kosten konnten daher zur Gänze berücksichtigt werden. Im Revisionsrekursverfahren betrug die Bemessungsgrundlage - entgegen den Ausführungen im Revisionsrekurs der Beklagten - S 310.000,--, weil der dem Beseitigungsanspruch entsprechende, mit weiteren S 310.000,-- bewertete Sicherungsantrag nicht mehr Gegenstand des Verfahrens war.
Der von den Beklagten im Revisionsrekursverfahren zusätzlich zu den Rechtsmittelschriften erstattete weitere Schriftsatz war zur zweckentsprechender Rechtsverteidigung nicht erforderlich; der darin gestellte Kostenantrag war daher abzuweisen.
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