Normen
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §1
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §16
Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung ArtXLII
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §1
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §16
Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung ArtXLII
Spruch:
Anlehnende Reklame durch Anführung von Vergleichsbestellzeichen einer Konkurrenzfirma in einem Prospekt.
Kein Anspruch auf Rechnungslegung oder Auskunftserteilung bei Wettbewerbsverstößen.
Entscheidung vom 20. Oktober 1959, 4 Ob 334/59.
I. Instanz: Kreisgericht Ried im Innkreis; II. Instanz:
Oberlandesgericht Linz.
Text
Die beklagte Partei hat einen Prospekt in den Verkehr gebracht, mit dem sie Erzeugnisse der deutschen Firma V., nämlich lötlose Rohrverschraubungen mit Schneidring, anbietet. Die erste Seite des Prospektes enthält die Firmenbezeichnung V.-H. und die allgemeine Bezeichnung der Erzeugnisse, die zweite Seite allgemeine Hinweise und die folgenden weiteren fünf Seiten technische Angaben und Preise der einzelnen Erzeugnisse (wie: gerade Einschraubverschraubungen, gerade Verschraubungen, Winkel-Einschraubverschraubungen usw.). Vor den technischen Angaben und Preisen werden Vergleichs-Bestellzeichen angeführt, die in je drei untereinander angeordneten Zeilen zuerst die Bestellzeichen der klagenden Partei, dann die von V.-H. und schließlich die DIN-Bezeichnung des betreffenden Erzeugungsgegenstandes ersichtlich machen. Die klagende Partei verlangt unter Berufung auf §§ 1 und 9 UWG., daß der Beklagte die Verwendung von Prospekten mit dem beschriebenen Inhalt und die Verwendung des Markenwortes "Ermeto", insbesondere auch jede Bezugnahme auf die "Ermeto"-Rohrverschraubungen der klagenden Partei und die Anführung ihrer Bestellzeichen, unterlasse. Die klagende Partei werde ermächtigt, das Urteil in drei Zeitschriften zu veröffentlichen. Die beklagte Partei sei auch schuldig, über die verkauften Rohrverschraubungen Rechnung zu legen.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Der in Frage stehende Prospekt beziehe sich - so führt das Erstgericht aus - nur auf den Vertrieb von V.-Erzeugnissen durch die beklagte Partei. Die Verwendung des Namens bzw. des Firmenschlagwortes einer Konkurrenzfirma durch die beklagte Partei könne nicht dem § 9 UWG. unterstellt werden. Der Name der klagenden Partei sei nämlich deutlich nur als Bezeichnung ihrer eigenen Erzeugnisse verwendet worden, und es werde in keiner Weise der Anschein erweckt, als ob die beklagte Partei auch Erzeugnisse der klagenden Partei verkaufen würde.
Aber auch der Tatbestand der anlehnenden Werbung als Verstoß gegen § 1 UWG. könne in der Aufmachung des Prospektes nicht erblickt werden. Das Wesen der anlehnenden Reklame bestehe darin, daß der Wettbewerber damit rechne, die in der Masse der Kunden vorhandenen guten Vorstellungen von den als Vorspann benützten Waren würden mit der eigenen Ware verknüpft werden. Deshalb hebe er nicht den Unterschied der beiden Waren hervor, sondern werbe für die gemeinsamen Vorzüge der beiden. Davon sei im Prospekt der beklagten Partei keine Rede, da er nur darauf verweise, welche Bestellzeichen gleicher Größe entsprächen. Es handle sich somit um die bloße Gegenüberstellung der eigenen Warenbezeichnungen mit denen eines Konkurrenten, die an sich nicht sittenwidrig sei. Nach der österreichischen Rechtsprechung sei überhaupt die vergleichende Werbung an sich zulässig, wenn nicht besondere Umstände hinzuträten.
Infolge Berufung der klagenden Partei änderte das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß die beklagte Partei schuldig erkannt wurde, im geschäftlichen Verkehr die Verwendung des Markenwortes "Ermeto", jede Bezugnahme auf die klägerischen "Ermeto"-Rohrverschraubungen und die Anführung von "Ermeto"- Bestellzeichen, insbesondere auch in Prospekten, sofort zu unterlassen. Zugleich wurde der klagenden Partei die Befugnis erteilt, den stattgebenden Teil des Berufungsurteils zu veröffentlichen, dagegen das Mehrbegehren der klagenden Partei, die Verwendung bestimmter Prospekte zu unterlassen und über die verkauften Rohrverschraubungen Rechnung zu legen, abgewiesen. Ein Verstoß gegen § 9 UWG. liegt nach der Meinung des Berufungsgerichtes nicht vor. Mit Rücksicht darauf, daß die Blätter des Prospektes, auf denen sich die Vergleichstabellen befänden, deutlich die Namen V. und H. enthielten, komme klar zum Ausdruck, daß die beklagte Partei nur V.-H.-Erzeugnisse vertreibe. Sie benütze daher nicht das Kennzeichen des klägerischen Unternehmens in einer Weise, die Verwechslungen hervorrufen könnte. Hingegen liege der Tatbestand des § 1 UWG. vor. Ein sittenwidriges Schmarotzen am fremden Ruf werde dann angenommen, wenn der fremde Ruf als Vorspann der eigenen Werbung benützt werde. Die in Frage stehenden Vergleichstabellen des Prospektes der beklagten Partei enthielten nicht bloß eine zulässige Gegenüberstellung von Warenbezeichnungen. Die Rohrverschraubungen seien nämlich bis in geringfügige Einzelheiten genormt. Wenn ein Interessent eine der von den Streitteilen vertriebenen Armaturen oder Bestandteile benötige und nur über Bestellisten der einen oder der anderen Firma verfüge, könne er auf dem Wege eines Vergleiches der Bestellzeichen der einen Firma mit den DIN-Bezeichnungen auch die entsprechenden Stücke von der anderen Firma bestellen, ohne deren Bestellzeichen kennen zu müssen. Er gebe in einem solchen Fall der Firma die DIN-Bezeichnung bekannt und erhalte das gewünschte passende Stück. Die Anführung der Bestellzeichen der klagenden Partei im Prospekt der beklagten Partei könne daher nicht den Zweck haben, dem Abnehmer die gewünschte oder aus irgend welchen Gründen erforderliche Wahl zu erleichtern. Der Abnehmer werde durch die Anführung der "Ermeto"-Bestellzeichen vielmehr darauf gestoßen, daß er an Stelle der "Ermeto"-Erzeugnisse auch V.-H.-Erzeugnisse verwenden könne und daß er diese bei der beklagten Partei erhalte. Die Vergleichstabellen enthielten aber den versteckten, darum aber nicht weniger wirksamen Hinweis an die interessierten Kreise, diese sollten V.-H.-Erzeugnisse kaufen, weil zwischen V.-H. und "Ermeto" ohnedies kein Unterschied bestehe. Die aus anderen Gründen nicht erklärliche Anführung der Bestellzeichen der klagenden Partei im Prospekt der beklagten Partei könne nur den Zweck haben, den Namen der Klägerin als Vorspann für die eigene Werbung der Beklagten zu benützen. Es sei auch nicht maßgebend, ob die Erzeugnisse der Firma V. denen der klagenden Partei gleichwertig seien oder nicht. Eine schmarotzende Werbung sei auch dann, wenn sich die beiden in Frage kommenden Erzeugnisse in ihrer Qualität glichen, sittenwidrig. Die beklagte Partei verschaffe sich mit Hilfe einer derartigen Werbung und nicht durch den Hinweis auf die Vorteile der eigenen Ware, sondern durch die Ausnützung des Rufes eines fremden Erzeugnisses möglicherweise einen größeren Abnehmerkreis. Dies widerspreche den guten Sitten. Der anlehnende Vergleich sei somit mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht vereinbar. Der Unterlassungsanspruch der klagenden Partei sei daher begrundet, doch gehe ihr Begehren zu weit, weil die beklagte Partei vielleicht in der Lage sei, die anstößigen Stellen in ihrem Prospekt unleserlich zu machen und den Prospekt dann doch noch zu benützen. Das Klagebegehren sei in dieser Richtung aber auch undeutlich, weil es nur zusammen mit dem Inhalt des Prospektes verständlich sei. Dem Begehren sei im eingeschränkten Umfang ebenso wie dem Begehren auf Veröffentlichung des Urteils stattzugeben gewesen. Hingegen stehe der klagenden Partei gegen die beklagte Partei kein Anspruch zu, die Rechnungslegung zu verlangen. Nur dort, wo gemeinschaftliches oder fremdes Vermögen verwaltet werde, bestehe ein solcher Anspruch. Durch § 273 ZPO. sei hinlänglich vorgesorgt, daß dem Geschädigten über seine allfälligen Schwierigkeiten beim Beweis der Schadenshöhe hinweggeholfen werde. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb setze eine Rechnungslegungspflicht nicht fest, und es handle sich bei Ansprüchen nach diesem Gesetz auch nicht um die Herausgabe einer Bereicherung, sondern um den Ersatz eines Schadens, der sich mit der Bereicherung nicht decken müsse.
Der Oberste Gerichtshof gab den Revisionen beider Parteien nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die beklagte Partei vertritt den Standpunkt, daß dem Berufungsgericht eine Aktenwidrigkeit unterlaufen sei, als es festgestellt habe, daß jeder Interessent auf Grund der bloßen DIN-Bezeichnung der Erzeugnisse einer der beiden Parteien ohne weiteres in der Lage sei, die gleichartigen Waren der anderen Partei zu bestellen. Dem Akt liege zwar eine die DIN-Bezeichnungen enthaltende Vergleichsliste der klagenden Partei bei, diese Liste entspreche aber keineswegs dem allgemeinen Prospekt der Klägerin, in dem ausschließlich ihre Bestellzeichen angeführt seien. Eine Aktenwidrigkeit liegt indessen schon deshalb nicht vor, weil das Berufungsgericht auf die Vergleichsliste der klagenden Partei nicht Bezug genommen hat. Im übrigen geht aus der genannten Beilage hinlänglich deutlich hervor, daß der klagenden Partei die DIN-Bezeichnungen ihrer Erzeugnisse bekannt sind, sie diese jedem Interessenten auf Wunsch mitteilen kann und daher der Interessent auf Grund der DIN-Bezeichnungen der Erzeugnisse einer anderen Firma ohne weiteres in der Lage ist, Bestellungen zu machen. Soweit der Vorwurf der Aktenwidrigkeit gegen die Beurteilung der Vergleichstabellen im Prospekt der beklagten Partei gerichtet ist, bezieht er sich nicht auf Tatsachen, sondern auf die rechtliche Beurteilung der Tragweite dieser Tabellen, so daß schon aus diesem Grund der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit nicht vorliegen kann.
Als mangelhaft sieht die beklagte Partei das Verfahren des Berufungsgerichtes an, weil festzustellen unterlassen worden sei, daß das von der klagenden Partei vorgelegte DIN-Normblatt des Deutschen Normenausschusses fast ausschließlich nur im Besitz einer Erzeugerfirma, nicht aber im Besitz der Käufer sei, dies schon allein auf Grund der Tatsache, daß es die Käufer nicht notwendig hätten, sich solche DIN-Normblätter zu beschaffen, da sie ohnedies von den einzelnen Erzeugern Prospekte erhielten. Die von der beklagten Partei vermißte Feststellung war jedoch entbehrlich. Auch wenn die Behauptung der beklagten Partei richtig ist, die DIN-Normblätter im allgemeinen Geschäftsverkehr nicht verbreitet sind und die üblichen Prospekte der klagenden Partei die DIN-Bezeichnungen nicht enthalten sollten, ist ein Käufer von "Ermeto"- Erzeugnissen ohne weiteres in der Lage, gleichartige V.-Erzeugnisse zu bestellen. Er könnte nämlich bei der klagenden Partei die entsprechende DIN-Bezeichnung erheben oder den mit den DIN-Angaben versehenen Prospekt der klagenden Partei anfordern und dann nach der DIN-Bezeichnung bei der beklagten Partei bestellen. Umgekehrt ist der Käufer von V.-Erzeugnissen auf Grund der bloßen DIN-Angabe der beklagten Partei in der Lage, der klagenden Partei die DIN-Bezeichnung bekanntzugeben und auf deren Grundlage zu bestellen.
Ungeachtet dieser Möglichkeit hat die beklagte Partei in ihren Prospekt auch die Bestellzeichen der klagenden Partei in die DIN-Vergleichstabelle aufgenommen, ohne aus Geschäftsrücksichten auf die Käufer hiezu genötigt zu sein und ohne daß sie nachgewiesen hätte, daß diese Art von Vergleichslisten handelsüblich wäre.
Der beklagten Partei ist zuzugeben, daß die vergleichende Reklame im allgemeinen nicht als sittenwidrig anzusehen ist. Im vorliegenden Fall handelt es sich aber nicht um eine farblose oder vereinzelte Gegenüberstellung der eigenen Erzeugnisse und der der Konkurrenz (wie etwa in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes SZ. XXVII 205), sondern um eine namentliche, mehrmals wiederkehrende, in gedruckten Prospekten enthaltene Beziehung auf Waren der klagenden Partei. Der im Technischen liegende Vergleich kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß der Käufer durch die mehrfache Gleichstellung der Waren der Streitteile den Eindruck empfängt, die Erzeugnisse seien auch in qualitativer Hinsicht zumindest gleichwertig. Die Tatsache, daß durch eine auf jeder die einzelnen Waren betreffenden Seite des Prospektes der beklagten Partei angebrachte Vergleichstabelle die Aufmerksamkeit des Lesers immer wieder angezogen wird, macht dies besonders augenfällig. Der beklagten Partei konnte es - da ihr andere Gründe nicht zur Seite stehen - nur darum gehen, vom Ruf und Ansehen der "Ermeto"-Erzeugnisse in der Form zu zehren, daß sie ihre eigenen Waren ihnen gleichstellte und auf diese Weise Personen, denen die Bezeichnung und der Wert der klägerischen Waren geläufig sind, als Käufer anlockte. Ein solches als anlehnende Reklame zu bezeichnendes Vorgehen ist - wie das Berufungsgericht richtig erkannte - sittenwidrig, weil der Wettbewerb nicht die Vorzüge der eigenen Ware zum Gegenstand hat, sondern in eine fremde Rechts- und Interessensphäre eingreift (vgl. etwa Reimer in ÖJZ. 1954 S. 185; Hohenecker - Friedl, Wettbewerbsrecht, S. 67, 81).
Ebensowenig wie die Revisionsgrunde der Aktenwidrigkeit und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt daher auch der von der beklagten Partei geltend gemachte Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung vor. Das Berufungsgericht hat vielmehr mit Recht den Tatbestand des § 1 UWG. als gegeben angenommen und die beklagte Partei zur Unterlassung in angemessenem Umfang verurteilt. Gemäß § 25 Abs. 4 UWG. konnte die klagende Partei zur Veröffentlichung des Urteils ermächtigt werden, weil nur dadurch die für sie nachteiligen Einwirkungen auf einen größeren Abnehmerkreis behoben werden können.
Der Revision der beklagten Partei war somit der Erfolg zu versagen.
Die Revision der klagenden Partei richtet sich dagegen, daß das Berufungsgericht ihr Begehren, der beklagten Partei aufzutragen, Rechnung zu legen, abgewiesen hat. Sie wendet sich gegen die jetzige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, insbesondere die Entscheidungen JBl. 1959 S. 282 (Elektra) und EvBl. 1958 Nr. 388, in denen der Standpunkt vertreten worden ist, daß bei Schadenersatzansprüchen, insbesondere nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, vom Schädiger nicht verlangt werden kann, er müsse Rechnung legen oder Auskunft erteilen.
Die klagende Partei verweist zunächst auf die Bestimmung des Art. XLII EGZPO., wonach derjenige, der nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes ein Vermögen oder Schulden anzugeben verpflichtet ist, mit Urteil zur Offenbarung verhalten werden kann. Die klagende Partei ist sich aber bewußt, daß es sich zumindest beim ersten Fall nach dieser Gesetzesstelle um eine prozessuale Bestimmung handelt, die nur dann anzuwenden ist, wenn Vorschriften des bürgerlichen Rechtes einen Anspruch auf Rechnungslegung oder Auskunftserteilung geben. Eine solche Vorschrift fehlt im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb.
Es ist nun allerdings richtig, daß das Fehlen einer ausdrücklichen Bestimmung nicht unbedingt dahin führen muß, jeden Anspruch auf Rechnungslegung oder Auskunftserteilung zu verneinen. Aus der Natur der privatrechtlichen Beziehungen kann ein solcher als Hilfsanspruch folgen, etwa dann, wenn über Vermögenschaften Rechnung gelegt werden soll, die mehreren Personen gemeinsam gehören, oder wenn über die Verwaltung fremden Vermögens Rechenschaft abzulegen ist oder sonst die Rechnungslegung dem Wesen und Sinn der Rechtsbeziehung entspricht. Dies ist etwa der Fall, wenn ein Unternehmen veräußert wird und dem Ersteher nach der Natur des Rechtsgeschäftes durch die Mitteilung der erforderlichen Unterlagen ermöglicht werden muß, den Betrieb weiterzuführen (SZ. XV 155), oder wenn auf Grund eines nichtigen Rechtsgeschäftes die Vertragspartner in die Lage versetzt werden sollen, den früheren Vermögenszustand wiederherzustellen (SZ. XXIV 304). Andererseits hat der Oberste Gerichtshof in seinen Entscheidungen SZ. XXX 54, EvBl. 1956 Nr. 193 und SZ. III 65 ausgesprochen, daß die in Prozenten eines Einkommens ausgedrückte Unterhaltsverpflichtung keine Eidesleistungs- und Rechnungslegungspflicht nach sich zieht. Vorher hatte der Oberste Gerichtshof in der allerdings nicht eingehend begrundeten Entscheidung SZ. XXII 58 unter bloßer Berufung auf die Regeln des redlichen Verkehrs das Gegenteil angenommen.
In den maßgebenden Fällen bezieht sich die Rechnungslegung auf Vermögen, an dem der Person, zu deren Gunsten sie gefordert wird, Rechte zustehen. Dem Berechtigten soll ermöglicht werden, nach dem durch die Rechnungslegung klargestellten Stand des Vermögens über dieses weitere Verfügungen zu treffen (ArbSlg. 7006, SZ. III 65). Das Gesetz normiert in vielen dieser Fälle die Rechnungslegungs- und Auskunftspflicht sogar ausdrücklich, wie etwa im ABGB. die §§ 150 (Vater), 238 (Vormund, Kurator), 786 (Hofdekret JGS. 1051/1847 - Haupt- und Noterbe), 830, 837 (Gemeinschaft des Eigentums), 1012 (Bevollmächtigung), 1039 (Geschäftsführung ohne Auftrag), 1198 (Erwerbsgesellschaft), 1239 (Ehepakte), 1366 (Bürgschaft), dann § 35 GAngG. (austretender Dienstnehmer), § 115 EO. (Zwangsverwalter).
Darüber hinaus ist Rechnung zu legen, wenn die Pflicht dazu im Gesetz festgelegt ist, wie etwa nach den §§ 14 bis 16 HAG., 10 Abs. 5, 14 Abs. 2 AngG.
Bei Schadenersatzansprüchen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb betrifft die Rechnungslegung und Auskunftserteilung Rechtsgeschäfte außerhalb der Rechtssphäre des Geschädigten. Es soll der Umfang der vom Konkurrenten geschlossenen Rechtsgeschäfte klargelegt werden, damit der Geschädigte in die Lage versetzt wird, das Ausmaß der Geschäfte, die ihm dadurch entgangen sind, zu berechnen, ohne daß aber die beiderseitigen Geschäfte identisch wären. Die fremden Geschäfte des Schädigers sollen nur die Grundlage für die Berechnung des Schadens bilden. Durch die geforderte Rechnungslegung soll der Beweis für diese Berechnung erleichtert und der Geschädigte in die Lage versetzt werden, den angemessenen Betrag des Schadenersatzes zu fordern und einzuklagen.
Das allgemeine Schadenersatzrecht, auf das auch in Wettbewerbsangelegenheiten zurückgegriffen werden kann, verpflichtet im § 1323 ABGB. den Schädiger, Ersatz des verursachten Schadens zu leisten und zu diesem Zweck alles in den vorigen Stand zurückzuversetzen oder bei Untunlichkeit Geldersatz zu vergüten. Das Gesetz trägt dem Schädiger Rechnungslegung nicht auf. Auch aus der Natur der zivilrechtlichen Deliktshaftung ergibt sich die Pflicht dazu nicht. Die Obliegenheit, den Schaden gutzumachen, hat nämlich mit der Frage, wie die Schadenshöhe im einzelnen zu beweisen und festzustellen wäre, unmittelbar nichts zu tun. Es ist nicht anders als bei sonstigen Verpflichtungen, die der Schuldner in einer der Abmachung entsprechenden Weise zu erfüllen hat, ohne daß sich aus der Leistungsverpflichtung an sich ein Anspruch des Berechtigten ergeben würde, der Leistungspflichtige habe ihm, beim Nachweis seiner vertragsmäßigen Ansprüche zu helfen. So wie der Berechtigte gehalten ist, seinen Anspruch selbständig zu beziffern und im Prozeß zu behaupten und zu beweisen, muß auch der Geschädigte die Höhe seines Schadens selbst klarstellen und den allgemeinen Beweislastregeln folgend beweisen, ohne die Mitwirkung des Schädigers verlangen zu können. Darum hat der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung EvBl. 1958 Nr. 388 in einem allgemeinen Schadenersatzfall die Rechnungslegungspflicht des Schädigers abgelehnt, weil diese keinen anderen Zweck haben sollte, als den Inhalt fremder Rechtsgeschäfte auszuforschen, um "einzelne für die Bezifferung des behaupteten Schadens maßgebende Umstände zu erfahren". Aus der bloßen Tatsache der Schädigung allein kann daher nicht, wie die zweite Instanz in der Entscheidung SZ. VII 280 bei einem Fall nach §§ 1, 9 UWG. oder die Entscheidung Rspr. 1928 Nr. 189 oder Peter, Das österreichische Urheberrecht, S. 247 Anm. 4, angenommen haben, auf die Pflicht des Schädigers zur Rechnungslegung als Vorbereitungsmaßnahme der Schadensgutmachung geschlossen werden.
Daraus, daß in Fällen der Wettbewerbseingriffe der Beweis schwieriger als in anderen Schadenersatzprozessen erbracht werden kann (vgl. SZ. XXVI 189, die aber eine Rechnungslegungspflicht nicht aufstellt), kann der Bestand eines privatrechtlichen Rechnungslegungsanspruches nicht gefolgert werden. Ein solcher Anspruch könnte nur in allen Schadenersatzfällen gleichmäßig aus dem Gesetz zu erschließen oder zu verneinen sein.
Das Argument der Entscheidung SZ. XIV 19, der Schädiger nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb könne nicht besser als ein Geschäftsführer behandelt werden, dem nach § 1039 ABGB. die Pflicht zur Rechnungslegung obliegt, ist nicht so überzeugend, wie die klagende Partei annimmt. Der Geschäftsführer ohne Auftrag muß nämlich nach österreichischem Recht den Willen haben, nicht für sich, sondern für den Geschäftsherrn tätig zu werden (§ 1039 ABGB:
"... ein fremdes Geschäft auf sich genommen hat ..."; Swoboda in Klang 1. Aufl. II/2 S. 865; ImmZ. 1959 S. 139, JBl. 1958 S. 309, GlUNF. 2431). Dieser Wille kann bei Wettbewerbsverstößen beim Schädiger nicht vorausgesetzt werden. Der Geschäftsführer ohne Auftrag verwaltet fremdes Vermögen und hat darüber Rechnung zu legen. Er wird aber nicht dazu herangezogen werden können, aus Gründen der Beweiserleichterung zu irgendeinem Zweck Geschäftsvorgänge aus der eigenen Rechtssphäre aufdecken zu müssen. Der Hinweis auf die Geschäftsführung ohne Auftrag kommt auch in der deutschen Rechtslehre vor (vgl. etwa Tetzner, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 2. Aufl. S. 46 ff.), ist dort aber berechtigter als im österreichischen Recht, weil § 687 Abs. 2 DBGB. auch die Fälle der unechten, nicht das Interesse des Geschäftsherrn, sondern das eigene Interesse verfolgenden Geschäftsführung der Geschäftsführung ohne Auftrag zuzählt. Handlungen des unlauteren Wettbewerbs werden normalerweise in Schädigungs- und Bereicherungsabsicht gesetzt.
Ebenso ist der farblose Hinweis auf Treu und Glauben, die den Schädiger zur Rechnungslegung verpflichten sollen, nicht ausreichend. Wenn sich der Anspruch bei sach- und sinngemäßer Auslegung weder aus dem Gesetz noch aus der Natur der Rechtsbeziehung ergibt, könnte ein Verstoß gegen die Regeln der Anständigkeit nicht angenommen werden. Auch hier besteht übrigens ein Unterschied zwischen dem österreichischen und dem deutschen Recht, weil der § 242 DBGB., der von der Leistung des Schuldners nach Treu und Glauben handelt, im österreichischen Recht keine entsprechende Bestimmung gleichen Inhaltes hat.
Das Bedenken der klagenden Partei, die Bestimmung des § 273 ZPO. könnte keine geeignete Abhilfe gegen Beweisschwierigkeiten bieten, weil jede Grundlage für die Berechnung des Schadens ohne Rechnungslegung fehle, ist nicht berechtigt. Die unverhältnismäßige Schwierigkeit, die Höhe des Schadens herauszubringen, wird es ermöglichen, eine Ermessensentscheidung zu fällen, für die sich aus den Angaben eines Sachverständigen über die Geschäftslage der Beteiligten genügend Anhaltspunkte als Rahmen ergeben werden. Daß auch der Gesetzgeber die Beweisschwierigkeiten im immateriellen Güterrecht erkannt hat, ohne deshalb eine Rechnungslegungspflicht des Schädigers vorauszusetzen, ergibt sich aus den §§ 109 PatG. 1950 und 29 MSchG. 1953, nach denen der Zivilrichter sowohl über das Vorhandensein als auch über die Höhe des Schadens und der Bereicherung nach freiem Ermessen entscheiden kann. Diese Bestimmungen gehen über den Inhalt des § 273 Abs. 1 ZPO. hinaus und erweitern den Abs. 2 dieser Gesetzesstelle, nach dem unter bestimmten Voraussetzungen auch über den Grund des Anspruchs nach freiem Ermessen entschieden werden kann. Kadecka, Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, S. 48 f., und Weinmann - Walden, Die Gesetzgebung gegen den unlauteren Wettbewerb, S. 77, haben auf die Wichtigkeit des § 273 ZPO. in Wettbewerbssachen besonders aufmerksam gemacht.
Der Hinweis der klagenden Partei auf die von der hier vertretenen Ansicht abweichende, zur Annahme des Bestehens einer Rechnungslegungspflicht hinneigende Rechtsmeinung in Patent- und Urheberrechtsangelegenheiten (zum § 96 PatG. 1950 etwa SZ. XIV 19 und PatBl. 1933 S. 78, zu § 87 UrhG. Peter a. a. O. S. 249 f. und die erläuternden Bemerkungen zum Urheberrechtsgesetz) ist nicht maßgebend. Denn es kann auf die Sonderstellung dieser Angelegenheiten verwiesen werden, auf die der Oberste Gerichtshof schon in seiner Entscheidung Rspr. 1936 Nr. 138 (Abel hat die Entscheidung glossiert) bei der Erwähnung einer Entscheidung des deutschen Reichsgerichtes Bezug genommen hat. Es kann auch nicht außer Betracht gelassen werden, daß bei der unbefugten Verwendung von Patent- und Urheberrechten der Vergleich mit der Geschäftsführung ohne Auftrag näher liegt als bei Wettbewerbsverstößen. Im Urheberrecht wird nämlich der Täter so behandelt, "als habe er die Geschäfte des Klägers besorgt" (Rintelen, Urheberrecht und Urhebervertragsrecht, S. 217; Mitteis, Grundriß des österreichischen Urheberrechtes, S. 157 ff.). Es wird im Gesetz von der Herausgabe des Gewinnes (§ 87 Abs. 4 UrhG.) und vom angemessenen Entgelt (§§ 86, 87 Abs. 3 UrhG.) gesprochen und der Ersatz des Vermögensschadens sehr eingeengt (§ 87 Abs. 5 UrhG.). Im Patentgesetz (§§ 96 Abs. 2, 108 Abs. 3, 109) wird gleichfalls von der Herausgabe der Bereicherung und nicht bloß vom Schaden gesprochen (vgl. dazu GR. 1955 S. 51).
Die deutsche Rechtsprechung lehnt in Wettbewerbssachen die Pflicht zur vollen Rechnungslegung zwar ab, will aber eine Pflicht zur Auskunftserteilung der Natur der Rechtsbeziehung entnehmen, obwohl das deutsche Reichsgericht in seiner Entscheidung RGZ. 47, 100 eine Rechnungslegungspflicht für das Schadenersatzrecht abgelehnt hatte. Hinzuweisen wäre etwa auf die Entscheidungen des deutschen Bundesgerichtshofes BGHZ. 10, 385 sowie BGHZ. 5, 116 und die Entscheidungen des deutschen Reichsgerichtes DREvBl. 1942 Nr. 57, GRUR. 1939 S. 642 und RGZ. 108, 1 (dazu Godin - Hoth, Wettbewerbsrecht, S. 86; Baumbach - Hefermehl, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, 7. Aufl. S. 129 f.; Reimer, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, 3. Aufl. S. 838 ff.; Tetzner a. a. O. S. 46 ff.; ihnen für das Schweizer Recht folgend: von Büren, Kommentar zum Bundesgesetz über den unlauteren Wettbewerb, S. 176). Die Begründung der deutschen Rechtsprechung und Rechtslehre (der unter anderem die schon erwähnte Entscheidung Rspr. 1936 Nr. 138 gefolgt ist) spricht von Hilfsansprüchen, Treu und Glauben und von Geschäftsführung ohne Auftrag und bezieht sich auf die im österreichischen Recht in dieser Form fehlenden Bestimmungen des schon früher angeführten § 242 DBGB. und des § 259 DBGB. (Inhalt und allgemeine Voraussetzung der Pflicht zur Rechnungslegung). Es wird auch auf den sehr gewichtigen Einwand Bezug genommen, daß die Pflicht, dem Konkurrenten aus dem eigenen Geschäftsbereich Auskünfte geben zu müssen, geschäftlichen Mißbräuchen Tür und Tor öffnet. Auch dieser Einwand spricht dafür, daß die an sich nicht besonders überzeugende Argumentation der deutschen Rechtsprechung und Lehre für das österreichische Recht abzulehnen ist.
Der Oberste Gerichtshof sieht daher keinen Grund, von der jetzigen Rechtsprechung, die eine Rechnungslegungs- oder Auskunftspflicht des Schädigers bei Wettbewerbsverstößen verneint, abzugehen (zu demselben Ergebnis sind Hohenecker - Friedl a. a. O. S. 98 f. und wohl auch Haemmerle, Handelsrecht, I S. 176 f., gekommen. Undeutlich ist die Stellungnahme Kiwes, Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, S. 236).
Das Berufungsgericht hat der klagenden Partei das Recht, von der beklagten Partei Rechnungslegung oder Auskunftserteilung zu verlangen, auf Grund ausreichender Feststellungen daher mit Recht verweigert und dieses Klagebegehren abgewiesen.
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