OGH 4Ob333/85

OGH4Ob333/8516.9.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl, Dr. Resch, Dr. Kuderna und Dr. Gamerith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T*** Film Video Gesellschaft m.b.H., Wien 13., Elisabethallee 61-63, vertreten durch Dr. Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei H*** Groß- und Einzelhandel Gesellschaft m.b.H., Linz, Haunspergerstraße 1, vertreten durch Dr. Waltraute Steger, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterlassung (Streitwert S 300.000,--) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 18. Jänner 1985, GZ. 4 R 242/84-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 16. Juli 1984, GZ. 24 Cg 865/83-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Beide Parteien befassen sich (ua) mit dem Vertrieb von Video-Kassetten.

Am 1. April 1982 lieferte die Klägerin der Beklagten eine Reihe solcher Kassetten zum Gesamtpreis von S 36.155,20 (Beilage B). Vertragsinhalt waren dabei auch die "Allgemeinen Liefer- und Zahlungsbedingungen" der Klägerin, welche ua. folgenden "Hinweis" enthalten:

"Sämtliche CTFV-Programme sind urheberrechtlich geschützt und nur für den Privatgebrauch (nicht öffentliche Wiedergabe) lizensiert. Der Vertragspartner verpflichtet sich daher, die von CTFV gelieferten Kassetten ausschließlich an Privatpersonen weiterzuverkaufen bzw. zu vermieten. Jede darüber hinausgehende gewerbliche Nutzung, insbesondere die Überspielung auf Leerkassetten, Sendung und sonstige öffentliche Wiedergabe ist ausdrücklich untersagt und löst automatisch Schadenersatzansprüche der Urheberrechtsinhaber aus" (Beilage A).

Mit ihren Schreiben vom 12. Oktober und vom 15. November 1982 (Beilagen C, D) bot die Beklagte einen Teil der von der Klägerin gelieferten Kassetten der V***-Alpine AG zur Miete an. Mit der Behauptung, daß die Beklagte mit dieser Vorgangsweise gegen die oben wiedergegebene Verpflichtung verstoßen habe, begehrt die Klägerin - allein aus dem Rechtsgrund des Vertrages - die Verurteilung der Beklagten, das Vermieten von Video-Kassetten aus dem Repertoire der Klägerin an andere als Privatpersonen, insbesondere an die V***-Alpine AG, zu unterlassen. Die Beklagte beantragt die Abweisung dieses Urteilsantrages. Da im Vorbringen der Klage jeder Hinweis darauf fehle, daß die Klägerin "Urheberrechtsinhaberin" der in Rede stehenden Video-Kassetten sei, fehle ihr die aktive Klagelegitimation. Die Beklagte habe die von der Klägerin gekauften Kassetten niemals an andere als Privatpersonen weitergegeben. Die der V***-Alpine AG angebotenen Exemplare wären für die Baustellensozialleistungen dieses Unternehmens bestimmt gewesen; von dem Angebot der Klägerin sei aber gar kein Gebrauch gemacht worden.

Außer Streit steht, daß die Bestimmungen der "Allgemeinen Liefer- und Zahlungsbedingungen" der Klägerin beim Abschluß des Kaufvertrages von den Parteien nicht mündlich erörtert worden waren. Das Erstgericht wies die Klage ohne Aufnahme von Beweisen ab. Die strittige Stelle der Vertragsbedingungen könne nur dahin verstanden werden, daß die gelieferten Kassetten anderen Personen nur zum Zweck der nichtöffentlichen Wiedergabe (Privatgebrauch) weitergegeben werden dürften; auch eine Kapitalgesellschaft wie die V***-Alpine AG sei in diesem Sinn eine "Privatperson", solange sie - was hier gar nicht behauptet werde - die Kassetten nicht öffentlich wiedergeben wolle.

Das Berufungsgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000,-- nicht aber S 300.000,-- übersteigt und die Revision an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin und damit auch deren Aktivlegitimation ergebe sich aus der von der Beklagten vertraglich übernommenen Verpflichtung, die gelieferten Video-Kassetten ausschließlich an "Privatpersonen" weiterzuverkaufen oder zu vermieten. Im Zusammenhang mit den übrigen Vertragsbestimmungen könne diese Klausel nur als Verbot verstanden werden, die Kassetten an Gewerbetreibende im Rahmen ihres Gewerbebetriebes weiterzugeben. Da die Beklagte durch ihr an die V***-Alpine AG gerichtetes Angebot dieser Verpflichtung zuwidergehandelt habe, bestehe der Unterlassungsanspruch der Klägerin zu Recht. Ihrem Urteilsantrag sei daher - in einer entsprechend präzisierten, den Anforderungen der § 226 ZPO, § 7 Abs 1 EO genügenden und durch das Klagevorbringen gedeckten Fassung - stattzugeben gewesen.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird von der Beklagten mit Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung bekämpft; die Beklagte beantragt, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Wiederherstellung des Ersturteils abzuändern.

Die Klägerin beantragt, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

Mit Rücksicht auf den Streitwertausspruch des Berufungsurteiles wäre eine Revision gegen diese Entscheidung nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechtes oder des Verfahrensrechtes abhinge, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt (§ 502 Abs 4 Z 1 ZPO); eine solche Rechtsfrage ist aber hier nicht zu beantworten: Ob mit der Verpflichtung der Beklagten, die gelieferten Video-Kassetten nur an "Privatpersonen" weiterzuverkaufen oder zu vermieten, die Weitergabe solcher Kassetten ausschließlich zum Privatgebrauch sichergestellt oder aber die Unzulässigkeit ihrer Überlassung an Gewerbetreibende im Rahmen ihres Gewerbebetriebes festgehalten werden sollte, ist eine nach dem Vertragszweck und dem Zusammenhang der einzelnen Vertragsbestimmungen zu lösende Auslegungsfrage, welcher keine über den konkreten Einzelfall hinausreichende "erhebliche" Bedeutung i.S. des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zukommt. Das gleiche gilt für die von der Beklagten weiterhin bestrittene Aktivlegitimation der Klägerin; ob der in die Vertragsbedingungen aufgenommene "Hinweis" im Sinne der Ausführungen der Revision dahin zu verstehen ist, daß nur die dort genannten "Urheberrechtsinhaber" und nicht auch die Klägerin als Vertragspartner der Beklagten zur Klage auf Unterlassung eines vertragswidrigen Verhaltens berechtigt wären, ist gleichfalls eine durch Auslegung des strittigen Vertragspunktes zu beantwortende Frage, deren Bedeutung wiederum auf den vorliegenden Fall beschränkt bleibt. Daß aber auch die Frage, ob durch eine Neuformulierung des Urteilsspruches, wie sie das Berufungsgericht hier vorgenommen hat, im Einzelfall nur eine - grundsätzlich zulässige (ÖBl. 1980, 128; ÖBl. 1981, 159; ÖBl. 1983, 45 uva.) - Verdeutlichung vorgenommen oder aber das Klagebegehren unter Berücksichtigung des dazu erstatteten Vorbringens in unzulässiger Weise überschritten wird (§ 405 ZPO), gleichfalls keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung ist, sondern ausschließlich den Einzelfall betrifft, hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen (4 Ob 328/84).

Aus den angeführten Erwägungen war die Revision der Beklagten mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO als unzulässig zurückzuweisen.

Da die Klägerin auf die Unzulässigkeit dieses Rechtsmittels nicht hingewiesen hat, muß sie die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung gemäß §§ 40, 50 ZPO selbst tragen.

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