OGH 4Ob322/98a

OGH4Ob322/98a15.12.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** KG, *****, vertreten durch Dr. Karl Grigkar, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Mag. pharm. Kurt S*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Riha, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert S 100.000.-), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 14. Juli 1998, GZ 40 R 342/98k-18, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Döbling vom 8. April 1998, GZ 15 C 179/97x-14, als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird ersatzlos aufgehoben. Die Sache wird an das Berufungsgericht zur Entscheidung über die Berufung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Beklagte ist Eigentümer der Liegenschaft Wien 18, W***** Straße *****, und hat zwei in diesem Haus gelegene Geschäftslokale an die Klägerin vermietet, die darin eine Apotheke betreibt.

Die Klägerin begehrt die Feststellung, daß der von ihr zu zahlende frei vereinbarte Mietzins auf Basis des Mietvertrages vom 29. 12. 1986 sowie der Ergänzungsvereinbarung vom 1. 2. 1992 monatlich S 25.798,72 netto wertgesichert beträgt. Sie bringt dazu vor, der Vermieter konfrontiere sie immer wieder mit unbegründeten Mietzinsforderungen und Kündigungen, rühme sich einer Mietzinsnachforderung in Höhe von S 648.669,35 s.A., die mit einer angeblich größeren Nutzfläche des Bestandobjektes gegenüber dem Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages begründet werde, stelle Mietzins- und Betriebskosten-Forderungen im Zusammenhang mit einem angeblich unerlaubt errichteten Büro in Höhe von S 154.871,74 und schreibe ihr ab 1. 1. 1997 einen monatlichen Mietzins von S 34.981,98 vor. Die Klägerin habe daher ein rechtliches Interesse an der Feststellung, daß ein monatlicher Mietzins von S 25.798,72 netto den vertraglichen Gegebenheiten entspreche.

Der Beklagte bestreitet ein rechtliches Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung, wendet sich hingegen nicht gegen die Behauptung der Klägerin, der monatliche Mietzins betrage auf Basis des Mietvertrages und der Ergänzungsvereinbarung S 25.798,72 netto wertgesichert. Die Hausverwaltung habe der Klägerin keinen erhöhten Mietzins vorgeschrieben oder ein Erhöhungsbegehren gestellt; selbst wenn der Beklagte rechtsirrig vermeint habe, ihm stünde auf Grund einer größeren Nutzfläche ein höherer Mietzins zu, sei der Klägerin schon vor Klageeinbringung bekannt gewesen, daß einer Erhöhung des Mietzinses zwingende Normen des MRG entgegenstünden.

Das Erstgericht bejahte die Feststellungsfähigkeit des gestellten Begehrens ebenso wie das Vorliegen eines rechtlichen Interesses iS des § 228 ZPO und gab dem Klagebegehren Folge.

Das Berufungsgericht hob mit dem angefochtenen Beschluß aus Anlaß der Berufung der Beklagten das Urteil des Erstgerichtes und das diesem vorangegangene Verfahren wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges als nichtig auf und wies die Klage zurück. Jegliche Überprüfung des Hauptmietzinses auf seine gesetzliche Zulässigkeit gehöre gem. § 37 Abs 1 Z 8 MRG in das Außerstreitverfahren. Aus Begehren und Vorbringen der Klägerin sei ersichtlich, daß diese die Feststellung anstrebe, sie schulde (nur) den von ihr genannten Mietzins unabhängig vom nachträglichen Hervorkommen einer größeren Nutzfläche des Bestandobjektes; dies sei ein im Außerstreitverfahren zu behandelndes Begehren auf Feststellung der Höhe des derzeit geschuldeten Mietzinses. In Wien sei die Einleitung eines solchen Verfahrens vor Anrufung der Gemeindeschlichtungsstelle unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Klägerin ist auch ohne das Vorliegen der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zulässig (§ 519 Abs 1 Z 1 ZPO); das Rechtsmittel ist auch berechtigt.

Maßgebend für die Prüfung, welche Art des Verfahrens anzuwenden ist,

ist der Inhalt des von der Partei gestellten Entscheidungsbegehrens

und ihr Sachvorbringen; ohne Einfluß ist es hingegen, was der Gegner

einwendet oder ob der behauptete Anspruch begründet ist

(Würth/Zingher, MRG20 Rz 4 zu § 37 mwN). Grundsätzlich ist davon

auszugehen, daß die Geltendmachung von Ansprüchen, die sich auf

Vereinbarungen gründen, dem Rechtsweg vorbehalten ist, während

Ansprüche, die sich unmittelbar auf das Gesetz stützen, in das

Außerstreitverfahren verwiesen sind; bestehen miteinander

konkurrierende Anspruchsgrundlagen, muß sich der Kläger/Antragsteller

bei der Wahl des Verfahrens entscheiden, worauf er sein Begehren

gründen will (Würth/Zingher aaO Rz 5 mwN). Feststellungsansprüche im

Mietzinsbereich (§ 37 Abs 1 Z 8 MRG) sind nur soweit ins

Außerstreitverfahren verwiesen, als sie auf Feststellung der

gesetzlichen (Un-)Zulässigkeit von Mietzinsbestandteilen gerichtet

sind; die Feststellung hingegen, daß der begehrte Mietzins einer

bestimmten Vereinbarung (nicht) entspricht, kann nur im Rechtsweg

begehrt werden (Würth/Zingher aaO Rz 19 mwN). So verweist § 37 Abs 1

Z 8 MRG zwar unter anderem die Prüfung der Zulässigkeit des

vereinbarten oder begehrten Hauptmietzinses nach den zwingenden

gesetzlichen Bestimmungen über die Mietzinsbildung in das

außerstreitige Verfahren nach § 37 Abs 3 MRG, während die anderen

Fragen, von deren Beantwortung die Feststellung der Höhe des

Hauptmietzinses abhängt, etwa die Erfüllung der allgemeinen

bürgerlich - rechtlichen Voraussetzungen für das Zustandekommen oder

Weiterbestehen einer gültigen Vereinbarung, im streitigen Rechtsweg

zu klären sind (MietSlg 37.493/15; JBl 1968, 38 = MietSlg XXXVII/36;

SZ 64/163 = WoBl 1992, 82).

Die Klägerin strebt - wie sich aus ihrem Vorbringen klar ergibt - die Feststellung an, der von ihr betraglich genannte Mietzins entspreche dem nach ihrem Vertrag mit dem Beklagten Geschuldeten; ihre Klage zielt demnach auf die Feststellung des Inhalts einer Vereinbarung, nicht hingegen auf eine Klärung der Frage, ob der vertraglich vereinbarte Mietzins auch dem Gesetz entspricht. Unabhängig von der Berechtigung ihres Begehrens ist der Rekurswerberin daher beizupflichten, daß ihr Feststellungsanspruch nach den dargestellten Grundsätzen im streitigen Rechtsweg geltend zu machen ist.

Der angefochtene Beschluß war deshalb ersatzlos aufzuheben. Das Berufungsgericht wird im fortgesetzten Verfahren die Berufung meritorisch zu erledigen haben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.

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