OGH 4Ob318/87

OGH4Ob318/875.5.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Maier, Dr. Petrag und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** G*** U*** W***,

1040 Wien, Schwarzenbergplatz 14, vertreten durch Dr. Walter Prunbauer und Dr. Friedrich Prunbauer, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei S*** S*** H*** & Co.,

8051 Graz-Gösting, Wiener Straße 205, vertreten durch DDr. Walter Barfuß, DDr. Hellwig Torggler, Dr. Christian Hauer, Dr. Lothar Wiltschek und Dr. Guido Kucsko, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung (S 200.000) und Urteilsveröffentlichung (S 20.000), infolge Revisonsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 2.Jänner 1987, GZ 4 R 204/86-9, womit der Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 13.November 1986, GZ 19 Cg 380/86-3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig, die klagende Partei die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die beklagte Partei, die mit dem Hauptstandort in Graz und drei Zweigniederlassungen in Graz und Leoben den Handel mit Schuhen betreibt, kündigte am 21.September 1986 in der "Süd-Ost-Tagespost" und in der "Kleinen Zeitung" für die Woche vom 22. bis 27. September 1986 zahlreiche Aktionen und Angebote anläßlich ihres Jubiläums "10 Jahre Schuhhauptstadt Europas" an. Unter anderem wies sie auf ein täglich um 11,15 Uhr und um 17,00 Uhr stattfindendes "Ladenspiel" hin, bei dem entweder ein Brillantring im Wert von S 10.000 oder ein "Schuhgutschein" gewonnen werden konnte. Zur Teilnahme sei aus der Zeitung ein Kupon auszuschneiden, auszufülllen und in einen der Gewinnkörbe vor der Filiale Joanneumring oder bei der "Jubiläumstorte" einzuwerfen. Aus den abgegebenen Gewinnkarten würden jeweils fünf Personen gewählt, die am "Ladenspiel" teilnehmen könnten.

Zur Sicherung ihres gleichlautenden Unterlassungsanspruches beantragt die klagende Partei, es der beklagten Partei mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, auf einen bestimmten Schillingbetrag lautende "Schuhgutscheine" anzukündigen, die beim Kauf derart eingelöst würden, daß sie beim Kauf von Schuhen vom Kaufpreis abgezogen werden, und/oder solche "Schuhgutscheine" auszugeben und/oder einzulösen. Die beklagte Partei habe das angekündigte "Ladenspiel" durchgeführt und dabei eine Anzahl von "Schuhgutscheinen" im Werte von S 50 bis S 800 verlost, die beim Kauf von Schuhen vom Rechnungsbetrag abgezogen worden seien. Diese Vorgangsweise verstoße als verbotener Sondernachlaß gegen das Rabattgesetz.

Die beklagte Partei beantragte, das Sicherungsbegehren abzuweisen. Sie habe keinen Preisnachlaß gewährt oder angekündigt, sondern lediglich "Schuhgutscheine" verlost; dabei habe es sich um echte Warengutscheine gehandelt, mit denen Waren im verbrieften Wert erworben werden konnten. Die Spielteilnehmer hätten somit Waren im Nennwert des Gutscheins nicht verbilligt, sondern völlig unentgeltlich erhalten.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung ab; es hielt folgenden weiteren Sachverhalt für bescheinigt:

Zu Beginn des "Ladenspiels" zog ein Spielleiter jeweils fünf Kupons aus einem Gewinnkorb und teilte den dadurch ermittelten Spielteilnehmern mit, daß in verschiedenen Fächern der sogenannten "Geburtstagstorte" ein Brillantring sowie Gutscheine im Nennbetrag von S 50, S 100, S 300 und S 500 eingelegt seien. Jeder Teilnehmer konnte ein Fach wählen, worauf eine Art "Pokerspiel" begann: Der Spielleiter bot der Reihe nach Gutscheine von S 400, S 500, S 600 und zuletzt S 800 an, wobei er u.a. bemerkte, daß man um diesen Gutschein bereits schöne Schuhe erwerben könne; er versuchte so, den Teilnehmer zum Verzicht auf den ihm unbekannten Inhalt der Lade zu bewegen. Auf diese Weise wurden unter den Teilnehmern der "Ladenspiele" eine größere Zahl auf bestimmte runde Schillingbeträge lautender Gutscheine verlost.

Die Gutscheine wiesen unter anderem folgenden Wortlaut auf:

"Geschenk-Gutschein für Schuhe und alle bei uns erhältlichen Waren. Nach freier Wahl, im Werte von S ... Einlösbar in allen S***-Häusern."

Die Inhaber solcher Warengutscheine konnten bei der beklagten Partei Schuhe oder andere Waren im Nennwert des Gutscheins zum Normalpreis unentgeltlich erwerben. Die beklagte Partei bot auch Schuhe und Waren an, deren Preis im Bereich von S 50 lag. Rechtlich meinte das Erstgericht, daß die beklagte Partei durch das Ankündigen und Einlösen der Gutscheine keine ungleiche Behandlung ihrer Kunden herbeigeführt habe. Auch für die Teilnehmer des Gewinnspieles habe der von den übrigen Kunden geforderte Normalpreis gegolten; ihnen sei lediglich die Möglichkeit eingeräumt worden, unentgeltlich Waren im Nennwert der Gutscheine zu beziehen. Eine unzulässige Rabattgewährung durch Anrechnung der Gutscheine auf höhere Preise sei nicht erfolgt.

Das Rekursgericht gab dem Sicherungsbegehren mit der Maßgabe statt, daß vom Verbot nur ein solches Ankündigen und Gewähren eines Rabattes betroffen sei, das den gesetzlich zulässigen Barzahlungsnachlaß übersteigt; es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000, nicht aber S 300.000 übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Das Rekursgericht ging, abweichend von den Feststellungen des Erstgerichtes, davon aus, es sei nicht bescheinigt, daß die ausgegebenen Gutscheine nicht auch in Anrechnung auf über dem Nennbetrag liegende Warenpreise eingelöst worden seien. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß die Ankündigung der Gutscheinausgabe, die Erklärungen des Spielleiters und der Text der Gutscheine mehrdeutig gewesen seien. Ein nicht unwesentlicher Teil des Publikums habe bei flüchtiger Aufmerksamkeit durchaus den Eindruck gewinnen können, daß die Gutscheine auch zum Kauf über dem Nennwert liegender Waren unter Anrechnung des verbrieften Betrages auf den Kaufpreis berechtigten. Die beklagte Partei habe in keiner Form darauf hingewiesen, daß eine solche Anrechnung nicht möglich sei, sondern die Art der Einlösung der Gutscheine vielmehr offen gelassen. Die Ausgabe von Rabattgutscheinen durch Ziehung aus einem Gewinnkorb sei nicht anders zu beurteilen als eine unmittelbare freie Verteilung. Es sei aber nicht nur die Ankündigung, sondern auch die Einlösung der Gutscheine zu verbieten, weil es unglaubhaft sei, daß solche Gutscheine nicht gegen jede auch teurere Ware in Zahlung genommen worden seien.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt werde.

Die klagende Partei beantragte, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, in eventu, ihm nicht Folge zu geben. Der klagende Verband hält den Revisionsrekurs der beklagten Partei deshalb für unzulässig, weil alle relevanten Fragen von der herrschenden Rechtsprechung bereits behandelt und beantwortet worden seien. Dies trifft zwar im allgemeinen zu, begründet aber entgegen der Meinung der klagenden Partei noch nicht die Unzulässigkeit dieses Rechtsmittels. Gerade auf dem Gebiet des Wettbewerbs-, Zugaben- und Rabattrechts kann der Oberste Gerichtshof seiner Leitfunktion vielfach nur dann gerecht werden, wenn er nicht nur die richtige Wiedergabe von Leitsätzen der Judikatur, sondern auch die richtige Konkretisierung der jeweils in Betracht kommenden unbestimmten Gesetzesbegriffe prüft (OGH 11.9.1984, 4 Ob 355/84 - Geburtstagsaktion - ÖBl 1985, 51). Ein praktisch identer Fall wurde bisher nicht entschieden, zumal sich gerade der Wettbewerb in ständiger Anpassung und Nuancierung stets neuer zugkräftiger Formen der Kundenwerbung bedient.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der beklagten Partei ist daher zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

In ihrem Revisionsrekurs wiederholt die beklagte Partei ihre bereits im Rekursverfahren vorgetragenen Argumente, daß die Natur des Gutscheins sowohl nach der Ankündigung als auch nach seinem Text eindeutig auf den Erhalt einer Ware im verbrieften Nennwert abstelle und die Gutscheine nicht als Kulanz des Händlers, sondern als redlich erworbener Gewinn und verdiente Gegenleistung für die Bemühungen und das Risiko der Teilnehmer anzusehen seien. Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten:

Wie schon das Rekursgericht aufzeigte, kommt es bei der Prüfung der Frage, ob eine Ankündigung gegen das Rabattgesetz verstößt, immer auf den Gesamteindruck an, der sich beim flüchtigen Lesen oder Hören der Mitteilung ergibt. Maßgebend ist allein, wie die Ankündigung von den angesprochenen Interessenten aufgefaßt werden kann. Bei einer mehrdeutigen Äußerung muß der Werbende die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen. Der Unterlassungsanspruch besteht auch dann, wenn nur der - objektiv unrichtige - Eindruck der Gewährung eines unzulässigen Rabatts erweckt wurde (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht, 23 f; OGH 22.2.1977, 4 Ob 312/77 - 1.000 S-Sonderbonus - ÖBl 1977, 130;

19.12.1978, 4 Ob 403/78 - Foto-Ausarbeitungen - ÖBl 1979, 140;

11.11.1980, 4 Ob 385/80 - Sanitär- und Heizungsanlagen - ÖBl 1981, 132; 7.4.1981, 4 Ob 325/81 - Reisebüro-Wertbon - ÖBl 1982, 49 ua). Weder in den Zeitungsinseraten noch in den als bescheinigt angesehenen Erläuterungen des Spielleiters des "Ladenspiels" findet sich ein Hinweis, daß die Gutscheine nur dazu verwendet werden dürfen, um mit ihnen preislich entsprechende Schuhe zu erwerben. Der Ausdruck "Geschenk-Gutschein für Schuhe" ist diesbezüglich mehrdeutig. Es mag zutreffen, daß die auf runde Beträge lautenden Gutscheine auch so eingelöst werden konnten, daß die Spielteilnehmer eine Ware im Nennwert des Gutscheins erhielten. Darauf kommt es aber nicht an, denn damit war die Erwartung einer Anrechnung des Gutscheinwertes auf teurere Waren noch nicht ausgeschlossen. Der Gutschein selbst gibt dem Inhaber das ausdrückliche Recht, Schuhe und "alle" bei der beklagten Partei erhältlichen Waren "nach freier Wahl" in allen S***-Häusern einzulösen. Aus den von der beklagten Partei vorgelegten Katalogen und der Warenangebotsliste sind aber keine den Gutscheinen entsprechenden Warenpreise in runden Beträgen ersichtlich. Hier könnten die Nennwerte der Gutscheine die niedrigeren Preise nicht ausschöpfen; daß etwa ein Restbetrag bar ausgezahlt werden sollte, hat die beklagte Partei nicht einmal behauptet. Lediglich in den Zeitungsinseraten wurde mit runden Preisen geworben. Abgesehen davon, daß selbst hier die Einlösung eines Gutscheins über S 800 mangels Angebotes auf Schwierigkeiten stoßen müßte, hat die beklagte Partei die zugesagte "freie Wahl" in keiner Weise auf die im Inserat angeführten Waren beschränkt. Der Einwand der beklagten Partei, sie habe im Ergebnis doch nur Schuhe verlost, trifft daher nicht zu; sie hat vielmehr durch ihre Gewinnspielaktion den Eindruck erweckt, einen individuellen Preisnachlaß im Sinne des § 1 Abs 2 RabG anzukündigen und zu gewähren. Darauf, ob die beklagte Partei die angekündigten Rabatte auch tatsächlich gewährte, kommt es nicht an, da derjenige, der durch Gutscheine einen Preisnachlaß in Aussicht stellt, den Nachlaß in der Regel auch einräumt (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht, 85;

Schönherr in ÖBl 1979, 84; OGH 11.11.1980,

4 Ob 385/80 - Sanitär- und Heizungsanlagen - ÖBl 1981, 132). Auch der weitere Einwand, der Sondernachlaß sei deshalb zulässig, weil er nicht auf der Person des Abnehmers, sondern auf anderen Gründen beruhe, ist nicht stichhältig. Das der Verteilung der Gutscheine vorgeschobene "Ladenspiel" hatte offensichtlich nur den Zweck, die individuelle Begünstigung der Teilnehmer noch attraktiver und publikumswirksamer zu gestalten. Einen Gutschein erhielt jeder ausgeloste Teilnehmer; er konnte lediglich hoffen, durch sein Bestehen auf dem Öffnen einer bestimmten Lade einen wertvolleren Gutschein oder den Brillantring zu gewinnen. Eine mit Risiko behaftete Gegenleistung hatte er nicht zu erbringen. Nach wie vor war der angekündigte Preisnachlaß nur auf die auf Grund einer Verlosung ausgewählten Personen beschränkt, die einen solchermaßen erworbenen Gutschein vorweisen konnten. Daraus folgt aber der individuelle Charakter des Preisnachlasses (Baumbach-Hefermehl Wettbewerbsrecht 14 , 1832 dRabG § 1 RN 24; OGH 11.10.1977, 4 Ob 388/77 - Tageszeitung-Gratisbezug - ÖBl 1978, 104; 25.3.1980, 4 Ob 310/80 - Olympia-Tausender - ÖBl 1980, 139; 15.6.1982, 4 Ob 346/82 - Fotohandel-Bestpreisgarantie - ÖBl 1982, 162;

30.3.1982, 4 Ob 313/82 - Zeitungs-Testaktion - ÖBl 1983, 18;

8.2.1983, 4 Ob 308/83 - Surftrapez - ÖBl 1983, 91; 10.7.1984, 4 Ob 351/84 - Mercedes-Sondernachlaß - ÖBl 1984, 157; 11.9.1984, 4 Ob 355/84 - Geburtstagsaktion - ÖBl 1985, 51 ua). Auf die Art der Abgabe der Gutscheine durch Verlosung oder in der Weise eines Glückspiels kommt es nach der Rechtsprechung nicht an (OGH 28.7.1964, 4 Ob 329/64 - Elektrogeräte - ÖBl 1964, 117;

14.5.1985, 4 Ob 328/85 - RdW 1986, 112). Eine zulässige Preisermäßigung darf nicht als besondere Kulanz erscheinen, sondern muß sich als das deklarieren, was sie wirklich ist, nämlich eine aus sachlichen Gründen gerechtfertigte Preisreduktion. Diese Voraussetzungen liegen entgegen der Ansicht der Revisionsrekurswerberin nicht vor, weil die beklagte Partei ihre Preise nur für solche Kunden herabgesetzt hat, die einen Gutschein gewonnen hatten. Da der angekündigte Preisnachlaß schon aus der Höhe der Nennwerte keineswegs nur auf die zulässige Rabattgrenze beschränkt war, hat die beklagte Partei damit gegen § 2 RabG verstoßen (SZ 53/50 mwH), wobei ein Hinweis auf § 2 RabG allerdings entbehrlich erscheint, da sich diese Ausnahme ohnehin aus dem Gesetz ergibt (ÖBl 1981, 132).

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der klagenden Partei auf § 393 Abs 1 EO und hinsichtlich der beklagten Partei auf den §§ 402 Abs 2, 78 EO sowie §§ 50, 40 ZPO.

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