Normen
ZugG §2 Abs1 litd
ZugG §2 Abs1 litd
Spruch:
Das Einräumen einer kostenlosen Parkmöglichkeit - auch in der Form, daß zunächst ein Entgelt zu entrichten ist, welches bei einem bestimmten Mindesteinkauf rückerstattet wird - ist jedenfalls dann eine handelsübliche Nebenleistung iS des § 2 Abs. 1 lit. d ZugG, wenn dadurch der Zugang zu dem betreffenden Geschäft erleichtert wird
OGH 22. 5. 1984, 4 Ob 316/84 (OLG Linz 5 R 249/83; KG Wels 1 Cg 339/83)
Text
Die klagende Partei begehrt zur Sicherung ihres gleichlautenden Unterlassungsbegehrens, der beklagten Partei mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr neben Waren unentgeltliche Zugaben in der Form anzukundigen, daß der Ersatz der Parkgebühr von 20 S bei einem (bei der beklagten Partei vorgenommenen) Wareneinkauf in einem 100 S übersteigenden Wert in Aussicht gestellt wird. Die klagende Partei erblickt in dieser Einräumung einer unentgeltlichen Parkmöglichkeit eine unzulässige Zugabengewährung, zumal die Voraussetzungen einer handelsüblichen Nebenleistung iS des § 2 Abs. 1 lit. d ZugG nicht gegeben seien.
Die beklagte Partei sprach sich gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung aus. Zwischen der (von Kunden bei der beklagten Partei eingekauften) Hauptware und der Nebenleistung (Einräumung einer unentgeltlichen Parkmöglichkeit) bestehe kein innerer Zusammenhang, weil einem Kaufvertrag ein von einem Einkauf bei der beklagten Partei völlig unabhängiger Verwahrungsvertrag gegenüberstehe. Die Rückvergütung des Verwahrungsentgeltes von 20 S für den Fall eines Einkaufes bei der beklagten Partei in einem 100 S übersteigenden Wert sei eine handelsübliche Nebenleistung in Form einer unentgeltlichen Parkmöglichkeit.
Die beanstandete Ankündigung hat folgenden Wortlaut: "Die 20 S betragende Parkgebühr (bei unbegrenzter täglicher Parkdauer) wird bei einem Einkauf ab 100 S an den Kassen in Abzug gebracht. Darüber hinaus stehen mit Ausnahme an den Markttagen (Mittwoch und Samstag) 60 weitere Parkplätze zur Verfügung".
Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung im wesentlichen mit der Begründung, die beklagte Partei habe die von ihr behauptete Handelsüblichkeit der Nebenleistung nicht bescheinigt.
Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300 000 S übersteige. In rechtlicher Hinsicht vertrat das Rekursgericht die Auffassung, die Einräumung einer kostenlosen Parkmöglichkeit auf eigenem oder fremdem Gelände an Kunden sei eine handelsübliche Nebenleistung; dies sei Dienst am Kunden und halte sich im Rahmen wirtschaftlich vernünftiger kaufmännischer Gepflogenheiten. Das gelte auch für den hier vorliegenden Fall einer Anrechnung bereits bezahlter Parkgebühren auf den Kaufpreis für eingekaufte Waren. Darin könne weder ein Preisnachlaß noch ein Fall psychischen Kaufzwanges erblickt werden.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Klägers nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Dem Rekursgericht ist zunächst insoweit zu folgen, als der vorliegende Sachverhalt nur nach dem Zugabengesetz beurteilt werden kann. § 1 UWG scheidet aus, weil von psychischem Kaufzwang ebensowenig gesprochen werden kann wie von anreißerischer Werbung; auch eine verbotene Rabattgewährung liegt nicht vor (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht[14], 1834 § 1 RabG RN 26).
In der deutschen Lehre und Rechtsprechung besteht Übereinstimmung darüber, daß das Einräumen einer kostenlosen Parkmöglichkeit - auch in der Form, daß hiefür zunächst ein Entgelt zu entrichten ist, welches beim Einkauf rückvergütet wird - jedenfalls dann eine handelsübliche Nebenleistung iS des § 1 Abs. 2 lit. d dZugV (entspricht § 2 Abs. 1 lit. d öZugG) ist, wenn dadurch der Zugang zu dem betreffenden Geschäft zumindest erleichtert wird (Baumbach-Hefermehl aaO 1792, § 1 dZugV RN 84; Hoth-Gloy, Zugabe und Rabatt 165, § 1 dZugV Anm. 54; von Gamm in Reimer, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht[4] II 234 f. RN 25, 545 RN 32; von Godin, Wettbewerbsrecht[2], 503 § 1 dZugV Anm. 30; Tetzner, Recht und Unrecht der Zugabe 57; ebenso BGH 13. 3. 1964 - Wagenwaschplatz - GRUR 1964, 509 = JZ 1964, 373 = MDR 1964, 481 = NJW 1964, 1274). Dieser Auffassung kann auch für den Bereich des österreichischen Zugabenrechtes gefolgt werden, zumal auch die einzige diesen Fragekomplex betreffende Vorentscheidung des OGH (7. 4. 1964, 4 Ob 307/64 - Parkgebühr - JBl. 1964, 566 = ÖBl. 1964, 88 = RZ 1964, 141) auf einer ähnlichen Linie liegt.
Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß die von der beklagten Partei gebotene Parkmöglichkeit für die Dauer eines ganzen Tages eingeräumt wird. Fraglich kann in diesem Zusammenhang nur sein, ob man auch in einem solchen Fall noch von einer handelsüblichen - sich also im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Gepflogenheiten haltenden - Nebenleistung sprechen kann (zum Begriff der "Handelsüblichkeit" s. 4 Ob 301/84 Nr. 15).
Ob eine Nebenleistung handelsüblich ist, ist - vor allem bei Fehlen einer tatsächlichen Branchenübung - nach dem Zweck der gesetzlichen Zugabenbeschränkungen - Schutz des Käufers vor unsachlicher und irreführender Wertreklame, Vermeidung gegenseitiger Übersteigerung - zu beurteilen (4 Ob 301/84 Nr. 15 mit weiteren Hinweisen). Eine die zeitliche Dauer der kostenlosen Parkmöglichkeit betreffende Branchenübung ist in erster Instanz von niemandem - weder in diesem noch in jenem Sinn - behauptet worden. Die Gefahr einer Preisverschleierung scheidet im vorliegenden Fall von vornherein aus; ebensowenig droht wohl für die Zukunft eine gegenseitige Übersteigerung der Mitbewerber. Es besteht aber auch keine Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung des Kunden. Das Abstellen eines Fahrzeuges in der Parkgarage der beklagten Partei kostet ohne Rücksicht auf seine zeitliche Dauer (einheitlich) 20 S; mit der Rückvergütung dieses Betrages wird also dem Kunden nur dasjenige ersetzt, was er auch dann zu zahlen hat, wenn er sein Fahrzeug nur kurzfristig zum Zweck eines Einkaufes bei der beklagten Partei in deren Garage abstellt. Im Vordergrund steht daher immer noch die Erleichterung des Einkaufes durch Einräumung einer kostenlosen Parkmöglichkeit. Daß der Kunde darüber hinaus die Möglichkeit hat, sein Fahrzeug auch noch länger, gegebenenfalls einen ganzen Tag lang, in der Garage stehenzulassen, ist eine Folge des von der beklagten Partei aufgestellten Einheitstarifes, nicht aber eine zusätzliche, zum Zweck des Anlockens von Kunden unentgeltlich angebotene Leistung; diese Möglichkeit wird im übrigen auch in der Werbung der beklagten Partei (s. insbesondere das Zeitungsinserat) keineswegs besonders hervorgehoben, sondern nur in Klammern, also gewissermaßen "nebenbei", erwähnt. Die dadurch bewirkte zeitliche Ausdehnung der kostenlosen Parkmöglichkeit hält sich durchaus in Grenzen (von Gamm aaO 234 RN 25); sie wiegt nicht so schwer, daß sie als eigenständiges, die Grenzen vernünftiger kaufmännischer Gepflogenheiten überschreitendes Lockmittel und damit nicht mehr als bloßer Teil der - an sich gewiß handelsüblichen - Nebenleistung der beklagten Partei angesehen werden müßte.
Daß aber die beklagte Partei die Rückvergütung der Parkgebühr und damit die in der Einräumung einer kostenlosen Parkmöglichkeit gelegene unentgeltliche Nebenleistung aus den von ihr angeführten Gründen von einem bestimmten Mindesteinkauf in ihrem Geschäft abhängig macht, ist unbedenklich, weil es der beklagten Partei freisteht, die Bedingungen, unter denen sie eine unentgeltliche Zugabe gewähren will, selbst festzusetzen.
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