Spruch:
Beiden Revisionsrekursen wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung - einschließlich des bestätigten Teiles - insgesamt wie folgt zu lauten hat:
"Einstweilige Verfügung
Zur Sicherung des Unterlassungsanspruches der Klägerin wird den Beklagten bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils geboten, das Inverkehrbringen und Bewerben von "Knoblauch nur 1 Dragee täglich" in jeder Darreichungsform und jeder Knoblauchkonzentration (Inhaltsmenge) in Verbindung mit gesundheitsbezogenen Angaben, die den Anschein erwecken, das Produkt sei dazu bestimmt, arzneiliche Wirksamkeit im Sinn des § 1 Abs 1 Z 1 bis 5 AMG zu entfalten, bis zur bescheidmäßigen Zulassung gemäß Arzneimittelgesetz als Arzneispezialität zu unterlassen, es sei denn, ein zur selbständigen Berufsausübung im Inland berechtigter Arzt bescheinigt, daß die Arzneispezialität zur Abwehr einer Lebensbedrohung oder schweren gesundheitlichen Schäden dringend benötigt wird und dieser Erfolg mit einer zugelassenen und verfügbaren Arzneispezialität nach dem Stand der Wissenschaft voraussichtlich nicht erzielt werden kann.
Das Mehrbegehren, den Beklagten das Inverkehrbringen und Bewerben des Produktes "Knoblauch nur 1 Dragee täglich" bis zur bescheidmäßigen Zulassung gemäß Arzneimittelgesetz schlechthin zu verbieten, wird abgewiesen.
Die Klägerin ist schuldig, den beklagten Parteien nachstehende anteilige Äußerungskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen: der erstbeklagten Partei 11.037,24 S (darin 1.839,54 S Umsatzsteuer) und der zweitbeklagten Partei 3.916,44 S (darin 652,74 S Umsatzsteuer)."
Die Klägerin hat die Hälfte ihrer Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen, die halben Kosten hat sie endgültig selbst zu tragen.
Die Klägerin ist schuldig, den beklagten Parteien nachstehende anteilige Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen: der erstbeklagten Partei 10.687,50 S (darin 1.781,25 S Umsatzsteuer) und der zweitbeklagten Partei 19.591,20 S (darin 3.265,20 S Umsatzsteuer).
Text
Begründung
Die Klägerin vertreibt unter der Bezeichnung K***** Knoblauchdragees, die in Österreich als Arzneispezialität nach dem Arzneimittelgesetz zugelassen sind. Die Erstbeklagte ist persönlich haftende Gesellschafterin der A***** GesmbH & Co KG (in der Folge A*****), die unter der Bezeichnung "Knoblauch nur 1 Dragee täglich" ebenfalls Knoblauchdragees vertreibt. Der Zweitbeklagte ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Erstbeklagten. A***** vertreibt derartige Knoblauchdragees seit 1993, wobei ein Dragee zunächst einer Menge von 4 Gramm frischem Knoblauch entsprach. Dieses Produkt war als Verzehrprodukt im Sinn des Lebensmittelgesetzes angemeldet. Mit Schreiben vom 24. 7. 1992 teilte das Bundesministerium für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz mit, daß kein Grund für die Untersagung des Inverkehrbringens gefunden wurde. 1997 brachte A***** ein Nachfolgeprodukt auf den Markt, bei dem 1 Dragee der Menge von 6 Gramm frischem Knoblauch entspricht. Dieses Produkte wurde mit Schreiben vom 26. 5. 1997 als Verzehrprodukt gemäß § 18 LMG angemeldet. Die Untersagungsfrist des § 18 Abs 2 LMG ist abgelaufen, ohne daß eine Untersagung erfolgt wäre. Zur Bewerbung ihres Produktes legte A***** ein Informationsblatt nachstehenden Inhalts in Apotheken zur freien Entnahme auf:
Sie schaltete in der "Kronen Zeitung" vom 6. 7. 1997 folgende Annonce:
Von 24 in Österreich vertriebenen - in einer Marktanalyse 1997 angeführten - Knoblauchprodukten ist neben jenem der Klägerin lediglich ein weiteres als Arzneimittel zugelassen; alle anderen sind als Lebensmittel oder Verzehrprodukte eingestuft.
Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches begehrt die Klägerin die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, womit den Beklagten bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils geboten werde,
a) die Inverkehrbringung (§ 2 Abs 10 AMG) von "Knoblauch nur 1 Dragee täglich" (schlechthin) in jeder Darreichungsform und jeder Knoblauchkonzentration (Inhaltsmenge) bis zu einer bescheidmäßigen Zulassung gemäß AMG als Arzneispezialität zu unterlassen, es sei denn, ein zur selbständigen Berufsausübung im Inland berechtigter Arzt erbringt eine Bescheinigung iSd § 11 Abs 7 AMG und
b) bis zu einer gemäß AMG bescheidmäßigen Zulassung des Produktes "Knoblauch nur 1 Dragee täglich" als Arzneispezialität für dieses in Österreich jegliche Werbung zu unterlassen.
Hilfsweise begehrt die Klägerin, der Beklagten aufzutragen, dem Letztverbraucher "sales folder" "Dieses eine Dragee" nicht mehr abzugeben und/oder Auslobungen gleichen oder ähnlichen Inhaltes zu unterlassen, sofern diese nicht genehmigte gesundheitsbezogene Angaben enthalten.
Das Produkt der Klägerin sei nach Art und Form seines Inverkehrbringens dazu bestimmt, arzneiliche Wirksamkeit im Sinn des § 1 Abs 1 Z 1 bis 4 AMG zu entfalten, werde es doch unter anderem als "blutdrucksenkend, cholesterinsenkend und herzstärkend" beschrieben. Es sei damit eine nach § 1 Abs 11 AMG zulassungspflichtige Arzneispezialität, die erst nach - hier nicht erfolgter - bescheidmäßiger Zulassung im Inland abgegeben werden dürfe. Sollte die Behörde einer allfälligen Anmeldung als Verzehrprodukt nicht widersprochen haben, so seien die von der Beklagten in Außenverpackung und Letztverbraucherfolder vorgenommenen Auslobungen nicht zugelassen bzw behördlicherseits nicht genehmigt, da sie verbotene Gesundheitsanpreisungen im Sinn des § 9 LMG enthielten.
Die beklagten Parteien beantragen Abweisung des Sicherungsantrages. Bei den von den Beklagten vertriebenen Knoblauchkapseln handle es sich nicht um ein Arzneimittel. Die Beklagten hätten bereits ein Vorgängerprodukt mit 4 Gramm Knoblauch Inhalt als Verzehrprodukt angemeldet. Das Gesundheitsministerium habe 1992 die Nichtuntersagung bestätigt. Das nun vertriebene 6 Gramm Knoblauch enthaltende Produkt sei am 26. 5. 1997 im Sinn des § 18 LMG als Verzehrprodukt angemeldet worden, eine Untersagung innerhalb der mittlerweile bereits abgelaufenen Frist sei nicht erfolgt. Abgesehen davon, daß das Produkt kein Arzneimittel sei, scheide ein Verstoß gegen § 1 UWG schon deshalb aus, weil die Beklagten in Einklang mit der Rechtsansicht des zuständigen Ministeriums gehandelt hätten, ihr Verhalten sei damit subjektiv nicht vorwerfbar. Die Werbung der Beklagten verstoße auch nicht das Verbot gesundheitsbezogener Angaben (§ 9 LMG). Die Aussagen beträfen allgemeine Eigenschaften von Knoblauch und seien nicht produktbezogen. Angesichts ihrer Erklärung, bis zum Abschluß des Rechtsstreites auf ein Inverkehrbringen des Werbefaltblatts zu verzichten, fehle es an der Wiederholungsgefahr.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag zur Gänze ab. Es verneinte - vom eingangs festgestellten Sachverhalt ausgehend - die Arzneimitteleigenschaft des von A***** vertriebenen Knoblauchproduktes. Dabei handle es sich um ein ordnungsgemäß angemeldetes und nicht untersagtes Verzehrprodukt im Sinn des Lebensmittelgesetzes. Die Beklagten hätten auch nicht gegen § 9 LMG verstoßen und nur die in der Allgemeinheit von alters her wohlbekannten Wirkungen von Knoblauch dargestellt; derartige Hinweise seien nach § 9 Abs 2 LMG zulässig.
Das Rekursgericht erließ das Sicherungshauptbegehren und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Das Verhalten der Beklagten sei auch dann wettbewerbswidrig, wenn es sich bei den von A***** vertriebenen Knoblauchdragees um ein Verzehrprodukt nach dem Lebensmittelgesetz handle. Die Annonce in der "Kronen Zeitung" lasse auf arzneiliche Wirkungen der Knoblauchkapseln schließen. Das zur freien Entnahme in Apotheken aufgelegte Informationsblatt enthalte nach § 9 Abs 1 LMG verbotene gesundheitsbezogene Angaben. Der Ausnahmetatbestand des § 9 Abs 2 LMG gelte nicht auch für Hinweise auf althergebrachte Wirkungen und gestatte nicht jede Art gesundheitsbezogener Ankündigungen. Die Beklagten handelten offenkundig zu Zwecken des Wettbewerbs und verstießen gegen § 1 UWG. Die Wiederholungsgefahr bestehe fort. Die in der Äußerung abgegebene unverbindliche Zusicherung der Beklagten, bis zum Ende des Rechtsstreites das beanstandete Informationsblatt nicht mehr abzugeben und keine Annoncen zu schalten, sofern deren Inhalte nach § 9 LMG oder mangels eines nach § 9 Abs 3 LMG erlassenen Bescheides nicht zulässig seien, beseitige die Wiederholungsgefahr nicht.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentlichen Revisionsrekurse der beklagten Parteien sind zulässig, weil das Rekursgericht die entscheidungswesentliche Frage der Beurteilung eines Produkts als Arzneimittel oder als Verzehrprodukt offengelassen und den Sachverhalt nur nach § 9 Abs 1 LMG beurteilt, dessenungeachtet aber das auf einen Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz gegründete Hauptbegehren erlassen hat. Sie sind auch teilweise berechtigt.
Arzneimittel sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung dazu dienen oder nach Art und Form des Inverkehrbringens dazu bestimmt sind, bei Anwendung an oder im menschlichen oder tierischen Körper
1. Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen,
2. die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände erkennen zu lassen,
3. von menschlichem oder tierischem Körper erzeugte Wirkstoffe oder Körperflüssigkeiten zu ersetzen,
4. Krankheitserreger, Parasiten oder körperfremde Stoffe abzuwehren, zu beseitigen oder unschädlich zu machen oder
5. die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände zu beeinflussen. Ob einem bestimmten Stoff daher die Qualität eines Arzneimittels zukommt, ist allein nach der Legaldefinition des § 1 Abs 1 AMG zu beurteilen. Danach sind zwei Kriterien maßgeblich: einerseits die objektive Zweckbestimmung ("die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung dazu dienen.....") und andererseits die subjektive Zweckbestimmung durch den Hersteller (nach Art und Form ihres Inverkehrbringens...."), wobei eines dieser Kriterien ausreicht (SZ 59/32; ÖBl 1993, 68 - Capillaris Haaraktivator; 4 Ob 62/88).
Verzehrprodukte sind gemäß § 3 LMG Stoffe, die dazu bestimmt sind, von Menschen gegessen, gekaut oder getrunken zu werden, ohne überwiegend Ernährungs- oder Genußzwecken zu dienen (in welchem Fall es sich um "Lebensmittel", das sind Nahrungs- oder Genußmittel im Sinn des § 2 LMG handeln würde) oder Arzneimittel zu sein. Verzehrprodukte sind gemäß § 1 Abs 3 Z 2 AMG keine Arzneimittel, sofern sie nach Art und Form ihres Inverkehrbringens nicht dazu bestimmt sind, die Zweckbestimmungen des Art 1 Abs 1 Z 1 bis 4 AMG zu erfüllen.
Ob ein bestimmter - nicht überwiegend Ernährungs- oder Genußzwecken
dienender - Stoff, dessen Zweckbestimmung es ist, gegessen, gekaut
oder getrunken zu werden (§ 3 LMG), die Qualität eines Arzneimittels
oder eines Verzehrproduktes zukommt, ist daher nach der subjektiven
Zweckbestimmung durch den Hersteller, Depositeur, Großhändler usw zu
beurteilen. Der Stoff ist dann Verzehrprodukt, wenn er nach Art und
Form des Inverkehrbringens die Zweckbestimmung des § 1 Abs 1 Z 1 bis
4 AMG nicht erfüllt, andernfalls ist er Arzneimittel (SZ 59/32; ÖBl
1993, 68 - Capillaris Haaraktivator; vgl 4 Ob 126/98b = WBl 1998, 458
= ecolex 1998, 857 [Schanda]).
Die Knoblauchkapseln der Beklagten unterliegen damit (abhängig von Art und Form ihres Inverkehrbringens) als Verzehrprodukt den Bestimmungen des Lebensmittelgesetzes (§ 18 LMG) oder als Arzneimittel den Zulassungsbestimmungen des Arzneimittelgesetzes (§ 11 Abs 1 AMG). Für die Beurteilung, ob ein Produkt nach Art und Form des Inverkehrbringens dazu bestimmt ist, bei Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper die Zweckbestimmung des Arzneimittelgesetzes zu erfüllen, ist die allgemeine Verkehrsauffassung maßgebend. Demnach kommt es darauf an, wie die Angaben der Beklagten auf der Verpackung ihres Mittels und im Inserat vom Verkehr aufgefaßt wurden, nicht aber darauf, wie sie die Beklagten verstanden wissen wollten. Die für die Beurteilung von Werbeankündigungen zu § 2 UWG entwickelten Grundsätze sind auch hier heranzuziehen; entscheidend ist danach der Gesamteindruck der Ankündigung, wie er sich bei flüchtiger Wahrnehmung für einen nicht ganz unerheblichen Teil der angesprochenen Kreise ergibt. Allfällige Zweifel gehen dabei zu Lasten der Beklagten, weil nach ständiger Rechtsprechung jeder Werbende bei mehrdeutigen Äußerungen die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen muß (ÖBl 1993, 68; Capillaris Haaraktivator mwN).
Die Verpackung weist im vorliegenden Fall auf den Inhaltsstoff Knoblauch sowie darauf hin, daß ein Dragee 6 Gramm frischem Knoblauch entspreche. Als Dosierung wird ein Dragee täglich angegeben. Aus diesen Angaben allein kann der Verbraucher nicht erkennen, daß das Produkt dazu bestimmt ist, arzneiliche Wirkungen im Sinn des § 1 Abs 1 Z 1 bis 4 AMG zu entfalten. Insoweit berufen sich die Beklagten zu Recht auf ihre schon erfolgte Anmeldung als Verzehrprodukt. Soweit die Knoblauchkapseln nach Art und Form ihres Inverkehrbringens als Verzehrprodukt anzusehen sind, verbietet § 18 Abs 1 LMG nur ein Inverkehrbringen vor Anmeldung. Der Hersteller kann sein Verzehrprodukt aber gleichzeitig mit der Anmeldung in Verkehr setzen; er riskiert in diesem Fall nur, daß er die Ware aus dem Verkehr ziehen muß, wenn das Ministerium ein Inverkehrbringen während der Untersagungsfrist verbietet (4 Ob 126/98b mwN = WBl 1998, 458 = ecolex 1998,857 [Schanda]).
Allerdings weisen die Beklagten in ihrem in Apotheken zur Entnahme durch den Verbraucher aufliegenden Informationsblatt darauf hin, daß Knoblauch noch immer das beste Naturmittel bei hohem Blutdruck und hohem Cholesterinspiegel sei, seine günstige Wirkung bei schneller Ermüdung, Vergeßlichkeit, Konzentrationsschwäche und allgemeinem Nachlassen der Leistungsfähigkeit seit alters her bekannt sei, dieser Stoff die Fließfähigkeit des Blutes verbessere und erhöhte Blutwerte senke, als pflanzliches Mittel zur Behandlung von Erkrankungen des Herzens, des Kreislaufs und Arterienverkalkung eingestuft werde, Sachverständige die Einnahme von 4 Gramm frischem Knoblauch als notwendigen Tagesbedarf festlegen und nur mit dieser Dosis die volle Wirksamkeit des Knoblauchs erwartet werden könne, sowie daß das Produkt der Beklagten diese für den Körper täglich erforderlichen 4 Gramm frischen Knoblauch in einem Dragee enthalte. Aufmachung und Inhalt dieser Aussage im Folder erwecken beim Konsumenten den Eindruck, es werde ein - wenngleich aus der Natur gewonnenes pflanzliches - Arzneimittel angeboten, das im Sinn des § 1 Abs 1 Z 1 AMG dazu bestimmt ist, Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern oder zu verhüten.
Als Arzneimittel dürfen die Knoblauchkapseln aber erst nach vorheriger Zulassung in Verkehr gebracht werden (§ 11 Abs 1 AMG). Soweit daher die Beklagten - ungeachtet ihrer Anmeldung als Verzehrprodukt - im Verkaufsfolder den Eindruck eines Arzneimittels erwecken, verstoßen Inverkehrbringen und Werbung mangels vorhergehender Zulassung gegen § 11 Abs 1 AMG. Daß mit den beanstandeten Angaben in der Absicht geworben wurde, einen Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen, ist ebenso offenkundig wie das Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs; es liegt daher auch ein Verstoß gegen § 1 UWG vor, den derjenige begeht, der sich schuldhaft über ein Gesetz (auch nicht wettbewerbsregelnden Charakters) in der genannten Absicht hinwegsetzt (ÖBl 1993, 72 mwN; ÖBl 1998, 200 - Schwarzkümmelöl).
Die Beklagten können sich auf die mangelnde subjektive Vorwerfbarkeit nicht berufen. Die Anmeldung der Knoblauchkapseln als Verzehrprodukt und die Nichtuntersagung ihres Inverkehrbringens rechtfertigen es nicht, das Produkt in Verbindung mit Angaben in Verkehr zu bringen, die den Eindruck eines Arzneimittels erwecken.
Der Einwand der Beklagten, das Informationsblatt enthalte nur Angaben über allgemein bekannte Wirkungen des Knoblauchs an sich, ist angesichts der eindeutig produktbezogenen Darstellungsweise des Verkaufsfolders und dessen Inhalt nicht berechtigt.
Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei ihren Angaben auch nicht um "althergebrachte Bezeichnungen" im Sinn des § 9 Abs 2 LMG. § 9 Abs 1 LMG verbietet gesundheitsbezogene Angaben beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln, Verzehrprodukten oder Zusatzstoffen, wobei nach lit a Angaben verboten sind, die sich auf die Verhütung, Linderung oder Heilung von Krankheiten oder Krankheitssymptomen oder auf physiologische oder pharmakologische, insbesondere jungerhaltende, Alterserscheinungen hemmende, schlankmachende oder gesunderhaltende Wirkungen beziehen oder den Eindruck einer derartigen Wirkung erwecken. Von diesem Verbot sind "althergebrachte Bezeichnungen" ausgenommen, die keinerlei Zweifel über die Beschaffenheit der Ware zulassen (§ 9 Abs 2 LMG). Grund für diese Ausnahmebestimmung ist, daß keinerlei Zweifel über die Beschaffenheit der Ware besteht, wenn die Bezeichnungen eingebürgert sind und der Verbraucher daher weiß, was tatsächlich gemeint ist. In einem solchen Fall werden keine übertriebenen gesundheitsbezogenen Erwartungen geweckt. "Althergebrachte Bezeichnungen" können sowohl für jedermann verwendbare Gattungsbezeichnungen (zB Hustenzuckerl) als auch individuelle Marken (zB die stilisierte Darstellung eines menschlichen Herzens in einer Marke) bestimmter Produkte sein (Barfuß/Smolka/Onder, LMG2 Kommentar zu § 9 Abs 2; vgl 1433 BlgNR 13. GP 3; ÖBl 1998, 200 - Schwarzkümmelöl, ). Der Oberste Gerichtshof hat dazu bereits erkannt, daß unter "althergebrachten Bezeichnungen" demnach nur Ankündigungen verstanden werden können, die Namensfunktion haben (ÖBl 1998, 200 - Schwarzkümmelöl). Dies trifft auf die von den Beklagten in ihrem Werbeblatt formulierten gesundheitsbezogenen Angaben - die im übrigen auch geeignet sind, übertriebene gesundheisbezogene Erwartungen zu erwecken - nicht zu.
Das Unterlassungsgebot ist daher insoweit berechtigt, als den Beklagten geboten wird, das Inverkehrbringen und Bewerben ihres Produkts in Verbindung mit gesundheitsbezogenen Angaben, die den Anschein erwecken, das Produkt sei dazu bestimmt, arzneiliche Wirksamkeit im Sinn des § 1 Abs 1 Z 1 bis 5 AMG zu entfalten, bis zur bescheidmäßigen Zulassung gemäß AMG als Arzneispezialität zu unterlassen. Insoweit verstoßen die beklagten Parteien gegen § 11 Abs 1 AMG.
Wiederholungsgefahr ist nach ständiger Rechtsprechung zu verneinen, wenn der Verletzer besondere Umstände dartun kann, die eine Wiederholung seiner gesetzwidrigen Handlung als ausgeschlossen oder zumindest äußerst unwahrscheinlich erscheinen lassen (ÖBl 1993, 18 - Pharma Service; ÖBl 1996, 35 - Rolls Royce; ÖBl 1998, 200 - Schwarzkümmelöl). Daß die unverbindliche Zusicherung der Beklagten kein verläßliches Indiz für ihre Sinnesänderung und ihren Willen, die verpönte Handlung in Zukunft zu unterlassen, ist, unterliegt keinem Zweifel (vgl ÖBl 1996, 35 - Rolls Royce; ÖBl 1998, 200 - Schwarzkümmelöl).
Angesichts der nach § 18 Abs 1 LMG erfolgten Anmeldung als Verzehrprodukt, der Nichtuntersagung seines Inverkehrbringens und dem der Annahme eines Verzehrprodukts nicht entgegenstehenden Inhalt der Verkaufsverpackung kann den Beklagten jedoch nicht schlechthin untersagt werden, die Knoblauchkapseln in Verkehr zu bringen und zu bewerben.
Den außerordentlichen Revisionsrekursen wird teilweise Folge gegeben und die einstweilige Verfügung im angeführten Umfang erlassen. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren, Inverkehrbringen und Bewerben des Produktes schlechthin zu verbieten, wenn es nicht nach AMG zugelassen ist, wird hingegen abgewiesen. Einer Beurteilung des Eventualbegehrens bedarf es nicht, weil das Klagebegehren teilweise berechtigt ist.
Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO, jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 43 und 50 ZPO. Die Klägerin hat ihren Sicherungsantrag zu weit gefaßt. Mangels anderer Anhaltspunkte für die Bewertung werden Obsiegen und Unterliegen mit jeweils 50 % bewertet. Bei der Höhe der anteilsmäßig bestimmten Kosten der beklagten Parteien war zu berücksichtigen, daß beide Beklagten im Verfahren erster Instanz zunächst durch einen gemeinsamen Anwalt vertreten waren. Insoweit wurden die Äußerungskosten auf beide Beklagte zu gleichen Teilen aufgeteilt. Bei der Bestimmung der anteiligen Kosten des Rechtsmittelverfahrens konnten der Erstbeklagten Kosten ihrer verspäteten Rekursbeantwortung nicht zugesprochen werden.
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