OGH 4Ob30/07a

OGH4Ob30/07a24.4.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Thomas W*****, vertreten durch Dr. Josef Olischar und Dr. Johannes Olischar, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Gina E*****, vertreten durch Dr. Christiane Buchleitner, Rechtsanwältin in Wien, wegen 21.454 EUR sA (Revisionsinteresse 12.580,38 EUR sA), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 3. Oktober 2006, GZ 40 R 167/06i-17, womit das Urteil des Bezirksgerichts Döbling vom 10. April 2006, GZ 9 C 336/05f-13, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 749,70 EUR (darin 124,95 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Anfang 2005 beabsichtigte die Beklagte, eine in ihrem Haus gelegene Wohnung für die Dauer eines Jahres zu vermieten und schaltete ein Inserat. Der Kläger suchte ein Mietobjekt, das er mit seiner Familie bis zur geplanten Fertigstellung eines Eigenheims Ende Juni 2006 bewohnen konnte. Er nahm mit der Beklagten Kontakt auf. Nach Besichtigung vereinbarten die Streitteile eine monatliche Gesamtmiete von 870 EUR und eine Mietdauer von 13 Monaten beginnend ab 1. 7. 2005 bis zum 31. 7. 2006. Am 11. 4. 2005 übersendete der Kläger der Beklagten ein verbindliches Anbot des Inhalts, das Bestandobjekt ab 1. 7. 2005 befristet bis 31. 7. 2006 gegen eine monatliche Gesamtmiete von 870 EUR zu mieten und eine Kaution von 2.610 EUR zu leisten. Er ließ sich auch das Recht einräumen, eine neue Küche einzubauen, die Parkettböden abzuschleifen und zu versiegeln, die Fenster zu streichen, die Böden in Küche und Vorzimmer neu zu verlegen sowie allfällige weitere Verbesserungsmaßnahmen vorzunehmen. Er verzichtete ausdrücklich auf Ersatz der Investitionen, behielt sich aber vor, mit einem allfälligen Nachmieter eine Investitionsablöse zu vereinbaren. Die Beklagte unterfertigte das Anbot und übersandte es dem Kläger.

In der Folge äußerte die Beklagte Bedenken, der Kläger könnte nach der vereinbarten Zeit nicht ausziehen und das Mietverhältnis zu einem unbefristeten werden, worauf der Kläger ein weiteres Anbot verfasste; dieses sah eine der gesetzlichen Mindestbefristung entsprechende Mietdauer von drei Jahren vor. Auch dieses Anbot unterfertigte die Beklagte. In der Folge teilte sie dem Kläger am 30. 5. 2005 mit, sie werde die Wohnung nicht an ihn vermieten.

Der Kläger begehrt Schadenersatz wegen Nichterfüllung des Mietvertrags. Er habe innerhalb eines Monats nach Weigerung der Beklagten, den Vertrag einzuhalten, eine Ersatzwohnung beschaffen und für eine Mindestvertragsdauer von drei Jahren anmieten müssen. Diesen neuen Mietvertrag könne er erst nach Ablauf von insgesamt 16 Monaten auflösen. Wegen der zur Verfügung stehenden kurzen Zeit habe er auch einen Makler einschalten müssen. Er begehre die Differenz zwischen den mit der Beklagten vereinbarten und den höheren Mietzinsen der Ersatzwohnung für die Dauer von 16 Monaten und den Ersatz der Maklerkosten.

Die Beklagte wendete ein, sie habe erst kurz vor der geplanten Übergabe der Wohnung erfahren, dass das Mietverhältnis nicht nach den vereinbarten 13 Monaten kündbar sei. Sie habe die Wohnung deshalb nicht übergeben, weil die beabsichtigten Investitionen bei ihr den Verdacht hätten entstehen lassen, der Kläger werde länger als 13 Monate bleiben wollen.

Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 18.953,62 EUR samt Zinsen, das Mehrbegehren von 2.500,38 EUR und ein Zinsenmehrbegehren wies es ab. Es stellte noch fest, der Kläger hätte für die beabsichtigten Investitionen 2.500 EUR aufwenden müssen. Die Miete für die Ersatzwohnung betrage monatlich 1.700 EUR, an Maklerprovision habe der Kläger 5.563,62 EUR aufwenden müssen. Der zugesprochene Betrag ergebe sich aus der Differenz zwischen den für die Ersatzwohnung aufzuwendenden 16 Monatsmieten und den mit der Beklagten vereinbarten 13 Monatsmieten zuzüglich der Maklerkosten und abzüglich der Aufwandsersparnis von 2.500 EUR.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge und verpflichtete sie - in Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung - zur Zahlung von 8.873,62 EUR sA. Dieser Betrag errechne sich aus der Maklerprovision zuzüglich der Mietzinsdifferenz für sieben Monate von Juli 2005 bis einschließlich Jänner 2006, dem Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz, abzüglich der Ersparnis für unterbliebene Investitionen von 2.500 EUR. Unter Einschluss der bereits vom Erstgericht rechtskräftig abgewiesenen Teile des Klagebegehrens verfiel ein Mehrbegehren von 12.580,38 EUR sA und ein Zinsenmehrbegehren der Abweisung.

Rechtlich führte das Berufungsgericht aus, der unberechtigte Vertragsrücktritt führe zur Schadenersatzpflicht der Beklagten. Der Kläger habe seine Schadenminderungspflicht nicht verletzt; die Einschaltung eines Maklers sei aus Zeitmangel erforderlich gewesen. Angesichts der vergleichbaren Lage und Größe der Ersatzwohnung verstoße auch die Höhe der dafür aufzuwendenden Monatsmiete nicht gegen die Schadenminderungspflicht. Schadenersatz in Höhe künftig erst entstehender Mietzinse könne aber nicht zugesprochen werden. Die Mietzinsverpflichtung des Klägers für künftige Perioden sei noch von ungewissen, derzeit noch nicht vorhersehbaren Umständen abhängig. Zu denken sei etwa an die Möglichkeit einer Mietzinsminderung, einer Vertragsaufhebung nach § 1118 ABGB oder einer einvernehmlichen vorzeitigen Vertragsauflösung. Zugesprochen werden könne daher nur die Mietzinsdifferenz bis zum Schluss der Verhandlung erster Instanz. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung zur Frage der Berücksichtigung eines Deckungsgeschäfts in Form eines Dauerschuldverhältnisses (Miete) fehle.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist zulässig, aber nicht berechtigt. Der Revisionswerber macht geltend, sein Schade sei schon mit Abschluss des Deckungsgeschäfts der Höhe nach abschließend verwirklicht. Sollte er sich nachträglich vermindern, so stehe der Beklagten ohnehin eine Leistungskondiktion analog § 1435 ABGB zu. Dem ist zu entgegnen:

Der Kläger begehrt Ersatz jenes Schadens, der ihm aus von der Beklagten verschuldeter Nichterfüllung des Mietvertrags entstanden ist. Er berechnet diesen Schaden konkret ausgehend von den Mehrkosten, die er für die Miete einer gleichwertigen Ersatzwohnung aufwenden muss. Diese Mehrkosten hat er erst bei Fälligkeit der jeweiligen Monatsmieten zu tragen, sodass auch sein Schaden nicht schon vorweg mit Abschluss des Mietvertrags für zukünftige Zinsperioden, sondern erst mit Fälligkeit der jeweiligen Mietzinse entsteht. Entgegen der vom Kläger in der Revision verfochtenen Auffassung steht daher dessen weiterer Schaden vor diesem Zeitpunkt nicht fest, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Ersatzmietverhältnis aus welchen Gründen auch immer vorzeitig aufgelöst werden wird und dem Kläger ab diesem Zeitpunkt überhaupt kein weiterer Mietzinsschaden mehr entstehen kann. Die für diesen Fall in der Revision angesprochene Möglichkeit der Beklagten, zuviel bezahlte Ersatzbeträge zu kondizieren, ist verfehlt. Nach § 406 ZPO ist die Verurteilung zu einer Leistung nur zulässig, wenn ihre Fälligkeit zum Zeitpunkt der Urteilsschöpfung bereits eingetreten ist. Der in der Klage geltend gemachte Anspruch muss daher spätestens zum Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz fällig sein, widrigens die Klage abzuweisen ist (Rechberger in Rechberger, ZPO³ § 406 Rz 7). Von diesem Grundsatz ausgenommen sind nur Ansprüche mit Unterhaltscharakter (Fucik in Fasching/Konecny² III § 406 ZPO Rz 25 f; Rechberger aaO Rz 8). Eine Verurteilung zur Zahlung künftig fällig werdender Mietzinse hat der Oberste Gerichtshof schon bisher für unzulässig erachtet (MietSlg 20.696; vgl ferner MietSlg 48.642; siehe auch Fucik aaO § 406 Rz 32). Nichts anderes kann für künftig (allenfalls noch) fällig werdende Schadenersatzansprüche wegen zu leistender Mietzinse gelten. Das Berufungsgericht hat daher zutreffend nur die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz fällig gewordenen Mietzinse der Schadensberechnung zugrunde gelegt.

Die voranstehenden Erwägungen sind daher folgendermaßen zusammenzufassen:

Hat der Geschädigte Anspruch auf Ersatz des Zinsaufwands für eine Mietwohnung, so kommt eine Verurteilung zur Leistung nur für Mietzinse in Betracht, die bei Schluss der Verhandlung erster Instanz bereits fällig waren.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.

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