OGH 4Ob284/04z

OGH4Ob284/04z8.2.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Dr. Prof. h.c. Thomas D*****, vertreten durch Berger Saurer Zöchbauer, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei V***** GmbH, *****, wegen Wiederaufnahme des Revisionsverfahrens zu 4 Ob 199/04z (24 Cg 90/99i des Handelsgerichts Wien) in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Wiederaufnahmsklage wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Wiederaufnahmskläger strebt mit seiner unmittelbar beim Obersten Gerichtshof eingebrachten Wiederaufnahmsklage die Wiederaufnahme des Revisionsverfahrens zu 4 Ob 199/04z an, in dem im Verfahren 24 Cg 90/99i des Handelsgerichts Wien der Oberste Gerichtshof mit Urteil vom 9. November 2004 entschieden und das auf Unterlassung gerichtete Klagebegehren des (nunmehrigen) Wiederaufnahmsklägers abgewiesen hat. Der Oberste Gerichtshof ging dabei von den Feststellungen der Vorinstanzen aus, 1996 hätten sich der (nunmehrige Wiederaufnahms- und dortige) Kläger und die R***** GmbH (die Muttergesellschaft der [nunmehrigen Wiederaufnahms- und dortigen] Beklagten) auf ein Sanierungskonzept geeinigt, wonach der Kläger seinen Gläubigern Quotenzahlungen zu leisten und die Muttergesellschaft der Beklagten die dafür notwendigen Barmittel zur Verfügung zu stellen habe. Der Kläger wiederum habe sich zum Abschluss der zur Durchführung einer geplanten gemeinsamen Kooperation notwendigen Verträge verpflichtet. Die Muttergesellschaft der Beklagten habe zwar zunächst ihre Verpflichtung zur Erfüllung des außergerichtlichen Ausgleichs des Klägers eingehalten, die letzten vier Ausgleichsraten vom 15. November und 15. Dezember 1998, 15. Jänner und 15. Februar 1999 jedoch nicht mehr gezahlt. Dem Kläger sei es dann gelungen, eine Geldgeberin in Gestalt der P***** GmbH zu finden, welche sich zur Bezahlung von 907.998 ATS an die Gläubiger des Klägers zur Abwendung des Terminsverlusts bereit erklärt habe. Sie habe tatsächlich auch - ohne der Beklagten, den Banken oder dem Kläger gegenüber dazu verpflichtet zu sein, jedoch in der Absicht, den Aufwand von der Muttergesellschaft der Beklagten zurückzufordern - am 10. Mai 1999 Verbindlichkeiten des Klägers in der genannten Höhe bei verschiedenen Banken beglichen. Auf Seite 6 des erwähnten Urteils des Obersten Gerichtshofs wird in diesem Zusammenhang außerdem festgehalten, die Geldgeberin habe in der Absicht bezahlt, den Aufwand von der Muttergesellschaft der Beklagten zurückzufordern, wie dies durch die zu 10 Cg 125/00y des Landesgerichts Innsbruck eingebrachte und mittlerweile rechtskräftig zu Gunsten der (dort) klagenden Partei entschiedene Klage auch tatsächlich geschehen sei.

In rechtlicher Hinsicht vertrat der Oberste Gerichtshof die Auffassung, die von den Streitteilen und der Muttergesellschaft der Beklagten erbrachten oder noch zu erbringenden Leistungen stünden in einem Austauschverhältnis. Der Erfüllung des außergerichtlichen Ausgleichs des Klägers durch die Muttergesellschaft der Beklagten stehe als Leistung des Klägers die Einbringung seines Know-hows und die Unterstützung der Beklagten bei der Vermarktung des Tees gegenüber, wobei sich allerdings die Muttergesellschaft infolge Nichtzahlung der letzten vier Ausgleichsraten vertragswidrig verhalten habe. Diese Nichtzahlung habe der Kläger als Anlass für eine Vertragsauflösung genommen, gleichzeitig aber die Vertragserfüllung durch die Muttergesellschaft der Beklagten durchgesetzt, indem er einen Dritten unter Hinweis auf die auf Grund des Zusammenarbeitsvertags bestehende Zahlungsverpflichtung dazu bewogen habe, den für die Ausgleichserfüllung erforderlichen Betrag zu zahlen, um danach von der Muttergesellschaft der Beklagten Ersatz zu verlangen. Der Kläger habe damit die der Muttergesellschaft der Beklagten obliegende und in der Erfüllung seines außergerichtlichen Ausgleichs bestehende Gegenleistung verlangt (und auch zur Gänze erhalten). Wer eine Verpflichtung seines Vertragspartners - und sei es auch über den Umweg der Leistung eines Dritten - durchsetze, könne die ihm obliegende Gegenleistung nicht aus dem Grund der Nichterfüllung der Verpflichtung des Vertragspartners verweigern. Der Kläger habe dadurch, dass er die der Muttergesellschaft der Beklagten obliegende Gegenleistung (= seine Entschuldung) durchgesetzt habe, zu erkennen gegeben, dass er am Vertrag festhalte. Könnte der Kläger den Zusammenarbeitsvertrag vorzeitig auflösen, so würde dies zu dem untragbaren Ergebnis führen, dass unter Aufrechterhaltung des übrigen Vertragsinhalts eine Teilverpflichtung aus einem einheitlichen Rechtsverhältnis herausgelöst und für erloschen erklärt werde. Die durch die - letztlich doch erfolgte - Erfüllung des außergerichtlichen Ausgleichs durch die Muttergesellschaft der Beklagten bewirkte Entschuldung des Klägers bliebe bestehen, die Beklagte wäre aber nicht mehr berechtigt, den Tee wie bisher zu vermarkten, obwohl ihre Muttergesellschaft die für die gesamte Vertragsdauer vereinbarte Gegenleistung erbracht habe. Der Wiederaufnahmskläger vertritt nunmehr die Auffassung, der Oberste Gerichtshof sei - in Abweichung von den Feststellungen der Vorinstanzen - davon ausgegangen, dass die Geldgeberin nicht nur in der Absicht gezahlt habe, den Aufwand von der Muttergesellschaft der Beklagten zurückzufordern, sondern dass dies auch tatsächlich geschehen sei. Tatsächlich habe die Muttergesellschaft der Beklagten ihre Verbindlichkeiten gegenüber der Geldgeberin nicht erfüllt, sie habe lediglich 44.568,89 EUR gezahlt; 21.417,95 EUR seien jedoch offen geblieben. Außerdem sei über das Vermögen der Muttergesellschaft der Beklagten am 17. November 2004 das Konkursverfahren eröffnet worden; auch die Beklagte selbst sei insolvent. Die neuen Tatsachen und Beweismittel, die der Kläger vor Schluss der Berufungsverhandlung nicht mehr habe geltend machen können, seien die „laufende und schließlich endgültige Nichterfüllung der Verbindlichkeiten der Muttergesellschaft gegenüber der Geldgeberin, der bevorstehende Konkurs der Beklagten, die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Muttergesellschaft der Beklagten und die vergeblichen Versuche der Einbringlichmachung der aushaftenden Forderung im Rahmen eines Fahrnisexekutions- und des Konkursverfahrens".

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof ist für Wiederaufnahmsklagen in aller Regel nicht zuständig, es sei denn, dass er gesetzwidrig von Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen abgewichen ist und die Wiederaufnahmsklage nur diese abweichenden oberstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen und nur das oberstgerichtliche Urteil zum Gegenstand der Anfechtung macht (RIS-Justiz RS0044576, 4 Ob 305/84; 9 ObA 107/88 mwN; zuletzt 9 ObA 223/99f). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben:

Entgegen der Auffassung des Klägers war für den Obersten Gerichtshof nämlich nicht maßgebend, dass die Geldgeberin nicht nur in der Absicht gezahlt habe, den Aufwand von der Muttergesellschaft der Beklagten zurückzufordern, sondern dass dies - nämlich der Aufwandsersatz - auch tatsächlich geschehen sei. Grundlage der Entscheidung war, dass die Geldgeberin den Aufwand von der Muttergesellschaft der Beklagten zurückfordern wollte und dies - nämlich die Rückforderung - durch die zu 10 Cg 125/00y des Landesgerichts Innsbruck eingebrachte und mittlerweile rechtskräftig zu Gunsten der (dort) klagenden Partei entschiedene Klage auch tatsächlich geschehen ist. Insofern ist der Oberste Gerichtshof auch nicht von den Feststellungen der Vorinstanzen abgewichen, beruft sich der Kläger doch lediglich darauf, dass die Muttergesellschaft der Beklagten die von ihr übernommenen Verpflichtungen gegenüber der Geldgeberin (!) nicht bzw nur teilweise erfüllt habe. Dies hat aber auf das Verhältnis zwischen dem Kläger, der Beklagten und deren Muttergesellschaft keinerlei Auswirkungen. Allein dieses Verhältnis ist aber maßgebend:

Der Oberste Gerichtshof hat ausdrücklich dargelegt, dass derjenige, der eine Verpflichtung seines Vertragspartners - und sei es auch über den Umweg der Leistung eines Dritten - durchsetzt, die ihm obliegende Gegenleistung nicht aus dem Grund der Nichterfüllung der Verpflichtung des Vertragspartners verweigern kann. Der Kläger hat dadurch, dass er die der Muttergesellschaft der Beklagten obliegende Gegenleistung (= seine Entschuldung) durchgesetzt hat, zu erkennen gegeben, dass er am Vertrag festhalte. Vor diesem Hintergrund sind die weiteren Ausführungen des Obersten Gerichtshofs zu sehen, wonach die Muttergesellschaft der Beklagten die für die gesamte Vertragsdauer vereinbarte Gegenleistung - dem Kläger (!) gegenüber - erbracht habe.

Soweit sich der Kläger in seiner Wiederaufnahmsklage in diesem Zusammenhang auf die (bereits eröffneten bzw bevorstehenden) Konkursverfahren über das Vermögen der Beklagten und deren Muttergesellschaft bezieht, geht es auch hier um die Frage der Einbringlichkeit der Forderungen der Geldgeberin gegen die Muttergesellschaft, nicht jedoch um das Verhältnis zwischen dem Kläger, der Beklagten und deren Muttergesellschaft. Damit war aber die Wiederaufnahmsklage gemäß § 538 ZPO bereits im Vorprüfungsverfahren zurückzuweisen.

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