Spruch:
Der ausserordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Es entspricht der einhelligen, primär durch den Verfassungsgerichtshof geprägten Rechtsprechung aller Höchstgerichte (SZ 66/84 mwN), zur Lösung des Abgrenzungsproblems zwischen Hoheits- und Privatwirtschaftsverwaltung zuerst nach den rechtstechnischen Mitteln zu fragen, die der Gesetzgeber zur Vollziehung der jeweiligen Verwaltungsaufgabe bereitstellte. Dieser Gesichtspunkt erübrigt im Falle rechtsförmlichen Organverhaltens eine Anknüpfung an Handlungsmotive bzw -zwecke, weil die Abgrenzungsfrage schon gelöst ist, wenn eine bestimmte Materie staatlicher Vollziehung etwa durch die Erlassung von Verordnungen und Bescheiden - also durch rechtstechnische Mittel, die der Hoheitsverwaltung eigentümlich sind - zu vollziehen ist (MR 1999, 73 - Sektenbroschüre). Die Einordnung eines nach außen hin neutralen, also eines nicht schon in einer bestimmten, durch die Rechtsordnung geregelten Rechtsform in Erscheinung tretenden tatsächlichen Verhaltens, das in gleicher Weise sowohl in der Hoheits- als auch in der Privatwirtschaftsverwaltung eines Rechtsträgers vorkommen kann, erfolgt nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs durch deren Zuordnung zum Kernbereich der jeweils in Betracht kommenden Verwaltungsmaterie, der durch das Kriterium der Rechtsform gesetzlich eindeutig determiniert ist. Dabei wird nach einem hinreichend engen inneren und äußeren Zusammenhang des Realakts mit einer bestimmten zu vollziehenden Materie gefragt und das Vorliegen von Hoheitsverwaltung dann bejaht, wenn der Realakt einen solchen Zusammenhang mit einer Aufgabe staatlicher Vollziehung hat, die ihrem Wesen nach hoheitlicher Natur ist, seien doch dann alle mit deren Besorgung verbundenen - auch rein tatsächlichen - Verhaltensweisen solche in Vollziehung der Gesetze (SZ 60/156; SZ 64/85; JBl 1999, 386; MR 1999, 73 - Sektenbroschüre mwN). Demgemäß wird ein nach Sachgesichtspunkten verknüpfter und der Vollziehung einer bestimmten Verwaltungsmaterie dienender Tätigkeitsbereich, der in seinem Kern der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben dient, einheitlich als hoheitlich angesehen. Das gilt auch im Falle der Anmaßung einer bestimmten Vollziehungskompetenz durch einen Rechtsträger oder für Verhaltensweisen eines Organs in Überschreitung seines Befugniskreises, ja selbst bei strafgesetzwidrigen oder sonst deliktischen Organhandlungen (MR 1999, 73 - Sektenbroschüre mwN).
Dass das NÖ AWG 1992, welches auf dem Gebiet der Abfallwirtschaft Aufgaben der Gemeinden im eigenen Wirkungsbereich regelt (§ 32 NÖ AWG), den Gemeinden dazu die Handlungsformen des öffentlichen Rechts zur Verfügung stellt (§ 28: Verordnungsrecht der Gemeinde; § 16:
Feststellungsbescheide; § 18: Enteignungsbescheide; § 33:
Verwaltungsstrafen), wird von der Klägerin nicht bestritten. Sie wirft allein die Frage auf, ob nicht ein funktionaler Zusammenhang zwischen der beanstandeten Tätigkeit der Beklagten (Aufforderung zur Vertragskündigung) und den ihr nach dem NÖ AWG eingeräumten hoheitlichen Befugnissen deshalb fehle, weil Alttextilien nicht als Abfall iSd NÖ AWG zu beurteilen seien. Von dieser als erheblich bezeichneten Rechtsfrage hängt die Entscheidung jedoch nicht ab: An der Beurteilung des Realaktes der Beklagten als Hoheitsakt änderte sich selbst dann nichts, wenn sich der Rechtsträger dabei eine bestimmte Vollziehungskompetenz angemaßt oder eines seiner Organe seinen Befugniskreis überschritten haben sollte. Davon unberührt bleibt die Möglichkeit der Klägerin, diese Frage zum Gegenstand eines Feststellungsbescheid gemäß § 16 NÖ AWG zu machen.
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