Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Klägerin begehrt S 100.000,-- sA.
Der Klägerin stehe gegen Eveline G***** eine Vergleichsforderung von S 2,651.431,-- zu. Die Beklagten hafteten für die Schuld von Eveline G*****. Sie hätten deren Unternehmen übernommen.
Die Beklagten erhoben gegen den aufgrund der Klage erlassenen Zahlungsbefehl verspätet Einspruch. Sie beantragen, ihnen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen.
Die Post werde vom Briefträger immer in den Geschäftsräumlichkeiten übergeben.Während der urlaubsbedingten Abwesenheit des Briefträgers habe dessen Vertreter die Hinterlegungsanzeige in den Briefkasten gelegt. Daß die Beklagten nicht im Briefkasten nachgeschaut hätten, sei ein minderer Grad des Versehens.
Das Erstgericht bewilligte den Wiedereinsetzungsantrag, ohne Bescheinigungen aufzunehmen und ohne die Bewilligung zu begründen.
Das Rekursgericht wies den Rekurs der Klägerin zurück. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Auch elementare Verstöße gegen Verfahrensgrundsätze machten den Beschluß nicht anfechtbar. Das Erstgericht habe aber ohnedies keine grundlegenden Verfahrensbestimmungen verletzt, auch wenn es trotz des teilweise unverständlichen Vorbringens keine Bescheinigungsmittel aufgenommen habe.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Die Klägerin ist der Auffassung, daß das Erstgericht sowohl gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs als auch gegen den Grundsatz der Rechtskraft verstoßen habe. Es könne dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, daß selbst krasse Verstöße sanktionslos sein sollten.
Gemäß § 153 ZPO ist gegen die Entscheidung, wodurch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt wird, ein Rechtsmittel nicht zulässig. Motiv des Gesetzgebers für den Rechtsmittelausschluß war, daß dadurch kein berechtigtes Interesse einer Partei verletzt und die Wahrheitsfindung nur gefördert werden könne (SZ 13/167). Der Zwischenstreit über die Wiedereinsetzung sollte rasch und ohne große Mühe überwunden werden (B. Fink, Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Zivilprozeßrecht 182 mwN; 1 Ob 502/96 = RdW 1996, 475).
Der Rechtsmittelausschluß des § 153 ZPO ist eine - auch aus der Sicht der EMRK - unbedenkliche Einschränkung des rechtlichen Gehörs. Die Garantien des Art 6 EMRK gelten nicht für rein verfahrenstechnische Angelegenheiten, die keinen Einfluß auf die Rechtsdurchsetzung und die Sache selbst haben (1 Ob 502/96 = RdW 1996, 475 mwN).
Der Rechtsmittelausschluß gilt jedoch nicht, wenn die Wiedereinsetzung ohne gesetzliche Grundlage bewilligt wurde (Wiedereinsetzung entgegen § 58 Abs 2 EO: EvBl 1963/490;
Wiedereinsetzung gegen Versäumung einer materiellrechtlichen Frist:
SZ 68/227 = RdW 1996, 362 = JUS-Extra OGH-Z 2061). Eine entgegen dem Gesetz bewilligte Wiedereinsetzung ist unbeachtlich (stRsp ua EvBl 1982/119; JBl 1983, 493). Dem Prozeßgegner wird aber zur Vermeidung übermäßigen Verfahrensaufwandes zugebilligt, umgehend klären zu lassen, ob die "Wiedereinsetzung" rechtens ist oder nicht. Das Rekursrecht bezieht sich in diesem Fall nur auf die Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrages, nicht aber auf seine materielle Berechtigung (SZ 68/227 = RdW 1996, 362 = JUS-Extra OGH-Z 2061).
Die materielle Berechtigung des Beschlusses, mit dem die Wiedereinsetzung bewilligt wird, kann in keinem Fall überprüft werden. Das muß auch dann gelten, wenn "elementare Verfahrensgrundsätze" verletzt werden (Gitschthaler in Rechberger, ZPO § 153 Rz 1; aM LGZ Wien WoBl 1992, 227 = AnwBl 1993, 45 [Wallner]). Auch in diesem Fall wird kein berechtigtes Interesse einer Partei verletzt, wird die Wahrheitsfindung durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung doch nur gefördert. Jene Gründe, die den Gesetzgeber zum Rechtsmittelausschluß bewogen haben, treffen auch in diesem Fall zu.
Ob § 153 ZPO nicht anzuwenden ist, wenn sich das Gericht bei einer Kumulierung von Wiedereinsetzung und Widerspruch über die von der Partei bestimmte Reihenfolge der Erledigung der Anträge hinwegsetzt (bejahend B. Fink aaO 183; LGZ Wien WoBl 1992, 227 = AnwBl 1993, 45 [Wallner]), braucht im vorliegenden Fall nicht geklärt zu werden. Selbst wenn die Anfechtbarkeit in diesem Fall bejaht würde, folgte daraus nicht, daß der Rechtsmittelausschluß auch dann nicht anzuwenden wäre, wenn die Wiedereinsetzungohne Aufnahme von Bescheinigungen bewilligt und dieser Beschluß nicht begründet wird.
Der Revisionsrekurs mußte erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 ZPO.
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