Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie insgesamt, einschließlich des bestätigten Teiles, wie folgt zu lauten haben:
"Einstweilige Verfügung
Zur Sicherung des Anspruches der Klägerin auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen wird der Beklagten ab sofort verboten, im geschäftlichen Verkehr beim Vertrieb von Parfumeriewaren, insbesondere bei den Produkten Lait Hydratant Parfume von Clarins und After Shave Lotion von Givenchy, auf nicht existierende Preisempfehlungen zu verweisen.
Das Mehrbegehren, der Beklagten zu untersagen, Preise mit den Worten 'Gesehen um' oder ähnlichen Worten, ohne diese genau zu konkretisieren, zu vergleichen, wird
abgewiesen.
Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit S 6.611,40 bestimmten anteiligen Äußerungskosten (darin S 1.101,90 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Die Klägerin hat die halben Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig, die halben Kosten endgültig selbst zu tragen.
Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit S 18.189,-- bestimmten anteiligen Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 3.031,50 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Klägerin vertreibt in Filialen in ganz Österreich Parfumerieartikel. Die Beklagte vertreibt in Bregenz, Dornbirn, Feldkirch und Wien Parfumeriewaren.
Im Juli 1994 brachte die Beklagte in ihrem Geschäftslokal in Wien *****, an den Regalen Schilder mit folgender Aufschrift an:
"Bei den angegebenen Richtpreisen handelt es sich um allgemein gültige, verbindliche oder unverbindliche Preisempfehlungen".
Für die - im Geschäftslokal der Beklagten angebotenen - Artikel Lait Hydrantant Parfume von Clarins und After Shave Lotion von Givenchy gibt es keine Preisempfehlungen. Auf den Preisetiketten dieser Produkte war die Angabe "Richtpreis" durch "Gesehen um" ersetzt. Der von der Beklagten verlangte Preis wurde als "Sparpreis" bezeichnet; die Differenz zwischen beiden Preisen als "Ersparnis" ausgewiesen.
In einem Prospekt für eine Aktion vom 28.7. bis 13.8.1994 stellte die Beklagte ihren "Sparpreis" jeweils höheren "Gesehen um"-Preisen gegenüber. Bei einzelnen Preisen wurde auf eine Fußnote verwiesen, wonach diese Preise "Richtpreise, das heißt allgemein gültige, verbindliche oder unverbindliche Preisempfehlungen" seien.
Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr beim Vertrieb von Parfumeriewaren, insbesondere bei den Produkten Lait Hydrantant Parfume von Clarins und After Shave Lotion von Givenchy,
a) auf nicht existierende Preisempfehlungen zu verweisen,
b) Preise mit den Worten "Gesehen um" oder ähnlichen Worten, ohne diese genau zu konkretisieren, zu vergleichen.
Der Hinweis auf nicht existierende Preisempfehlungen sei irreführend iS des § 2 UWG. Der Vergleich mit "Gesehen um"-Preisen sei mehrdeutig. Der Konsument könne nicht entnehmen, ob es sich beim Vergleichspreis um einen Durchschnittspreis, einen empfohlenen Preis, einen gebundenen Preis, einen früheren Preis oder den Preis eines Konkurrenten handle. Eine sofortige Überprüfung sei nicht möglich; demnach liege ein Verstoß gegen §§ 1, 2 UWG vor.
Die Beklagte beantragte, den Sicherungsantrag abzuweisen.
In ihren Geschäften werde nicht auf Preisempfehlungen verwiesen. Der Hinweis auf "Gesehen um"-Preise sei nicht irreführend und daher auch nicht wettbewerbswidrig. Es liege auch kein Verstoß gegen § 1 UWG vor, weil die Namen von Mitbewerbern nicht genannt seien und auch nicht der Eindruck erweckt werde, daß deren Preise überhöht seien. Daß die "Schon gesehen um"-Preise über den Preisen von Mitbewerbern lägen, habe die Klägerin nicht behauptet.
Die Prospekte mit den von der Klägerin beanstandeten Hinweisen seien von der Free Parfumerie Import HandelsgesellschaftmbH verteilt worden. Die Werbeaktion sei längst abgeschlossen; es bestehe keine Wiederholungsgefahr. Die Vorgangsweise der Beklagten entspreche dem EU-Recht.
Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung.
Würden eigene Preise "Schon gesehen um"-Preisen gegenübergestellt, so hätten die angesprochenen Verkehrskreise keine Möglichkeit, zu erkennen und nachzuprüfen, mit welchem Preis verglichen werde. Ohne weitere Erklärung werde die Preisgegenüberstellung dahin aufgefaßt, daß mit den Preisen ausgesprochener Billigbieter verglichen werde. Unzulässig sei ein Vergleich mit Preisen, die gar nicht existierten. Die Preisgegenüberstellungen der Beklagten seien daher wegen mangelhafter und fehlender Information ("Schon gesehen um"-Preise) und wegen falscher Angaben (Vergleich mit nicht bestehenden Richtpreisen und Preisempfehlungen) zur Irreführung geeignet.
Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Seit der UWG-Novelle 1988 BGBl 1988/422 sei vergleichende Werbung nicht mehr generell unzulässig. Sie dürfe jedoch auch weiterhin nicht irreführend sein. Bei der Werbung mit "Schon gesehen um"-Preisen habe der Werbende bereits in der Ankündigung entweder ausreichend deutlich klarzustellen, um welche Preise es sich bei den Vergleichspreisen handle oder er dürfe nur mit solchen Preisen vergleichen, die als eher günstig zu bezeichnen seien. Die Beklagte habe weder offengelegt, von wem die "Preisempfehlungen" stammen, noch habe sie angegeben, bei welchen Mitbewerbern sie die wesentlichen höheren "Gesehen um"-Preise erhoben habe. Ihre Preisvergleiche seien, weil nicht überprüfbar, irreführend iS des § 2 UWG.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig und teilweise berechtigt. Die Beklagte erklärt zwar, die Entscheidung des Rekursgerichtes ihrem ganzen Inhalt nach anzufechten; der Revisionsrekurs enthält aber nur Ausführungen zum Verbot des Vergleichs mit "Gesehen um"-Preisen. Auf das Verbot des Verweises auf nicht existierende Preisempfehlungen ist daher nicht weiter einzugehen.
Vergleichende Preiswerbung ist, sofern sie nicht irreführend iS des § 2 UWG oder sittenwidrig iS des § 1 UWG ist, seit der UWG-Novelle 1988 BGBl 1988/422 grundsätzlich erlaubt. Eine reine Preisgegenüberstellung unter namentlicher Nennung des Mitbewerbers ist demnach zulässig. Der vergleichende Hinweis auf den höheren Preis des Mitbewerbers kann für sich allein nicht mehr als unlauterer Hinweis auf die Minderwertigkeit des fremden Angebotes angesehen werden (ecolex 1994, 182 - Einstärkengläser; s auch ÖBl 1989, 152 - Bella Figura).
Die Gegenüberstellung der eigenen Preise mit "Schon gesehen um" ("Gesehen um")-Preisen ist als anonymer Vergleich keine vergleichende Werbung ieS (s Roth, Die vergleichende Werbung nach der UWG-Novelle 1988, RdW 1988, 411 [413]). Jeder Vergleich zu Werbezwecken will die angesprochenen Verkehrskreise über für den Kaufentschluß wesentliche Umstände informieren. Die Information entspricht nur dann den Grundsätzen des Leistungswettbewerbs, wenn dem angesprochenen Publikum alle wesentlichen Umstände mitgeteilt werden, die es in die Lage versetzen, sich selbst ein objektives Urteil über die Vorzüge der angebotenen Leistung gegenüber der verglichenen Leistung zu bilden (s WBl 1990, 274-Bank-Pfandverkauf).
Diese Voraussetzung ist bei der Werbung mit Preisgegenüberstellungen erfüllt, wenn aus dem Wortlaut oder aus dem Gesamtbild der - als Einheit zu betrachtenden - Ankündigung ausreichend deutlich hervorgeht, auf welche Preise jeweils zu Werbezwecken hingewiesen wird (stRsp ÖBl 1976, 161 - Preisgegenüberstellung mwN; ÖBl 1984, 77 - Muttertagsangebot; ÖBl 1986, 66 - Tapetenstudio; ÖBl 1988, 75 - Teppich-Ausverkauf; ÖBl 1989, 144 - Großer Schuhverkauf uva). Nur dann kann das angesprochene Publikum beurteilen, welche Aussagekraft der Werbevergleich hat. Wer mit Preisgegenüberstellungen wirbt, hat demnach alles Erforderliche vorzukehren, um eine einwandfreie, jedes Mißverständnis ausschließende Aufklärung des Publikums über die Art der jeweils herangezogenen Vergleichsgrundlage sicherzustellen und mögliche Irrtümer in dieser Richtung hintanzuhalten (ÖBl 1976, 161 - Preisgegenüberstellung). Der Werbende ist aber, sofern nicht eine besondere Vorschrift besteht (so nunmehr BGBl 1993/852 für den Kleinverkauf von Orientteppichen unter der Bezeichnung "Pfandverkauf", der nicht als Versteigerung durchgeführt wird), nicht verpflichtet, die Richtigkeit seiner Behauptung dem Kunden gegenüber nachzuweisen (ecolex 1994, 237 - Schätzgutachten).
Wer seine Preise "Schon gesehen um"-Preisen gegenüberstellt, muß demnach entweder schon in der Ankündigung ausreichend deutlich klarstellen, um welche Preise es sich dabei handelt, oder aber nur solche Vergleichspreise als "schon gesehen" anführen, die als eher günstig bezeichnet werden können und daher keinesfalls über den Marktpreisen vergleichbarer Mitbewerber liegen dürfen (ÖBl 1987, 76 - Aktionspreise mwN). Grund dafür ist, daß die "Schon gesehen um"-Preise von einem nicht unbeträchtlichen Teil des angesprochenen Publikums jedenfalls auch als Angebote von Billigbietern verstanden werden können. Die besondere Preisgünstigkeit des eigenen Angebotes wird ja idR dadurch besonders herausgestrichen, daß auf die höheren Preise bekannt preisgünstiger Anbieter verwiesen wird (ÖBl 1987, 76 - Aktionspreise). Werden demnach die zum Vergleich herangezogenen Preise von vergleichbaren Mitbewerbern tatsächlich verlangt, so ist der Hinweis auf "Schon gesehen um" ("Gesehen um")-Preise nicht wettbewerbswidrig, auch wenn die Preise nicht weiter erläutert werden.
Daß der Hinweis nicht ausreicht, um die Richtigkeit der Ankündigung überprüfen zu können, schadet nicht. Eine Werbebehauptung darf nicht zur Irreführung geeignet sein; ihre Zulässigkeit setzt aber nicht voraus, daß die angesprochenen Verkehrskreise ihre Richtigkeit durch entsprechende Nachforschungen überprüfen können. Ein solches Erfordernis ergibt sich auch nicht aus der Forderung dem angesprochenen Publikum bei einem Werbevergleich alle jene wesentlichen Umstände mitzuteilen, die es in die Lage versetzen, sich selbst ein objektives Urteil über die Vorzüge der angebotenen Leistung gegenüber denen der sonstigen Mitbewerber zu bilden (s WBl 1990, 274 - Bank-Pfandverkauf). Dieses Erfordernis stellt klar, daß der Werbevergleich alle Informationen enthalten muß, die notwendig sind, um seine Aussagekraft beurteilen zu können.
Für den Preisvergleich gilt nichts anderes. Auch wenn ein strenger Maßstab anzulegen ist, weil Preigegenüberstellungen sehr werbewirksam sind, ist doch immer nur zu beurteilen, ob der durch den Preisvergleich erweckte Eindruck in einem für den Kaufentschluß wesentlichen Punkt zur Irreführung geeignet ist. Weder aus § 2 UWG noch aus § 1 UWG läßt sich ableiten, daß eine Preisgegenüberstellung auch jene Informationen enthalten müsse, die notwendig sind, um ihre Richtigkeit durch entsprechende Nachforschungen überprüfen zu können. Das Fehlen dieser Angaben macht den Preisvergleich weder unvollständig noch unrichtig, aber - möglicherweise - weniger überzeugend und damit weniger werbewirksam als er wäre, wären die Vergleichspreise nicht nur behauptet, sondern nachprüfbar belegt. Ein derartiger Mangel begründet aber keine Wettbewerbswidrigkeit, ist es doch (bloß) Aufgabe des Wettbewerbsrechts, unlauteren Wettbewerb zu verhindern, um dadurch den Leistungswettbewerb zu sichern (s Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht17 Allg Rz 76).
Die Beklagte hat die "Gesehen um"-Preise nicht näher erläutert. Ihre Preisgegenüberstellung ist dennoch zulässig, wenn die Vergleichspreise nicht über den Marktpreisen vergleichbarer Mitbewerber liegen. Dazu hat die Klägerin nichts vorgebracht. Ihr Unterlassungsanspruch wäre aber nur dann begründet, wenn sie behauptet und bescheinigt hätte, daß vergleichbare Mitbewerber Preise verlangen, die unter den von der Beklagten angeführten Vergleichspreisen liegen. Die Behauptungslast für die Anspruchsgrundlagen trifft in jedem Fall den Kläger. Da die Klägerin ihr nicht genügt hat, war der Sicherungsantrag in diesem Punkt abzuweisen.
Dem Revisionsrekurs war teilweise Folge zu geben.
Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 43, 50, 52 Abs 1 ZPO.
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