OGH 4Ob238/01f

OGH4Ob238/01f16.10.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bundesarbeitskammer, ***** vertreten durch Dr. Heinz Kosesnik-Wehrle, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei E***** AG, ***** vertreten durch Dr. Harald Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 450.000 S), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Beklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 3. August 2001, GZ 4 R 80/01s-9, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die Beklagte macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, dass die angefochtene Entscheidung der Rechtsprechung widerspreche, wonach jeder Wettbewerbsverstoß ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs voraussetzt. Das Rekursgericht habe das Unterlassungsgebot bestätigt, obwohl das beanstandete Handeln weder die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 UWG noch die des § 2 UWG erfülle. Die Vorinstanzen hätten sich mit den beiden grundlegenden Voraussetzungen Wettbewerbszweck und Kaufrelevanz nicht auseinandergesetzt.

Die Vorinstanzen haben die Vorgangsweise der Beklagten, bei der Benachrichtigung von Gewinnern eines von ihr veranstalteten Gewinnspiels den unzutreffenden Eindruck zu erwecken, dass die Gewinnanforderung die Zahlung eines "Organisationsbeitrags" von 800 S voraussetze, als wettbewerbswidrig beurteilt. Dieses Verhalten ist, wie die Beklagte zu Recht aufzeigt, nicht schon deshalb wettbewerbswidrig, weil es dem das gesamte Wettbewerbsrecht beherrschenden Wahrheitsgrundsatz widerspricht; es ist nur dann wettbewerbswidrig, wenn die Beklagte mit dem ihr angelasteten Verhalten zu Zwecken des Wettbewerbs handelt. Die Beklagte meint, dass kein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs vorliege, weil mit einer wahrheitswidrigen Angabe über einen zu zahlenden "Organisationsbeitrag" weder ihr eigener noch fremder Absatz gefördert werde.

Rechtliche Beurteilung

Die Argumentation der Beklagten wäre schlüssig, wenn die fehlende Absatzförderung das Vorliegen einer Wettbewerbshandlung ausschlösse. Das trifft jedoch nicht zu. Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, dass ein Verhalten geeignet ist, die Wettbewerbslage irgendwie zu beeinflussen (4 Ob 135/99b = ÖBl 2000, 109 - Bezirkstelefonbuch ua; s auch Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht22 EinldUWG Rz 215). In einem solchen Fall ist in der Regel zu vermuten, dass der Handelnde die Absicht hat, eigenen oder fremden Wettbewerb zu fördern (4 Ob 10/96 = ÖBl 1996, 241 - Forstpflanzen ua; Baumbach/Hefermehl aaO EinldUWG Rz 235 mwN). Ist demnach eine Handlung geeignet, die Wettbewerbslage zu beeinflussen, so begründet sie regelmäßig ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs, weil damit die objektiven Voraussetzungen erfüllt sind und das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen vermutet wird.

Das trifft auch im vorliegenden Fall zu: Die Beklagte täuscht durch die Gestaltung ihres Benachrichtungsschreibens vor, dass ein "Organisationsbeitrag" zu zahlen sei, wenn der von ihr zugesagte Gewinn angefordert wird. Damit verschafft sie sich finanzielle Mittel, die ihr nicht zustehen. Diese "Einnahmen" sind geeignet, ihre Finanzkraft und damit ihre Wettbewerbsposition zu stärken. Das ihr vorgeworfene Verhalten ist demnach eine Wettbewerbshandlung; damit ist auch zu vermuten, dass die Beklagte in Wettbewerbsabsicht handelt.

Als weitere erhebliche Rechtsfrage macht die Beklagte geltend, dass das Unterlassungsgebot entgegen der Rechtsprechung zu weit formuliert sei und keine Rechtsprechung zur Frage der Fassung des Unterlassungsgebots bei einem Verstoß gegen § 2 UWG bestehe. Die zuletzt genannte Frage ist schon deshalb nicht erheblich, weil das Verhalten der Beklagten nicht nach § 2 UWG, sondern nach § 1 UWG zu beurteilen ist. Aber auch davon abgesehen, ist die von der Beklagten aufgeworfene Frage nicht im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO erheblich:

Das gegen die Beklagte ergangene Unterlassungsgebot orientiert sich

im Sinne der ständigen Rechtsprechung (4 Ob 17/91 = ÖBl 1991, 105 -

Hundertwasser-Pickerln II; 4 Ob 16/91 = ÖBl 1991, 108 -

Sport-Sonnenbrille uva) am konkreten Wettbewerbsverstoß und ist zulässigerweise etwas allgemeiner formuliert, um Umgehungen nicht allzu leicht zu machen. Müsste, wie von der Beklagten begehrt, im Unterlassungsgebot näher bestimmt werden, durch welche Angaben der unzutreffende Eindruck erweckt wird, so wäre der Unterlassungstitel praktisch wertlos. Die Beklagte hätte es in der Hand, durch eine Änderung ihres Benachrichtigungsschreibens dem Unterlassungsgebot auszuweichen, ohne dass sichergestellt wäre, dass der zur Täuschung geeignete Eindruck nicht erweckt wird.

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