OGH 4Ob234/08b

OGH4Ob234/08b20.1.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei Land Niederösterreich als Jugendwohlfahrtsträger, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft M*****, wider den Gegner der gefährdeten Partei Ramzan B*****, wegen einstweiliger Verfügung nach § 382b EO, infolge Revisionsrekurses der gefährdeten Partei (im Revisionsrekurs als „nasciturus" vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft M*****, Jugendwohlfahrt bezeichnet) gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 5. November 2008, GZ 23 R 311/08w-9, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Melk vom 17. Oktober 2008, GZ 4 C 125/08i-5, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Land Niederösterreich als Jugendwohlfahrtsträger beantragte unter Berufung auf seine Stellung als gesetzlicher Vertreter des ungeborenen Kindes der Gattin des Gegners der gefährdeten Partei die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382b EO. Es bestehe der Verdacht, der Gegner der gefährdeten Partei habe seine schwangere Gattin misshandelt. Die Sicherheit des ungeborenen Kindes sei deshalb bei einer Rückkehr der Mutter in die gemeinsame Wohnung mit ihrem Gatten nicht gewährleistet. Die gesetzliche Vertretungsbefugnis des Antragstellers beruhe auf § 1 nö JugendwohlfahrtsG. Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag zurück, ohne zuvor dem Gegner der gefährdeten Partei eine Äußerungsmöglichkeit eingeräumt zu haben. Der Antragsteller sei nicht zur Vertretung eines ungeborenen Kindes legitimiert.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Rechtsstellung und Vertretung eines nasciturus zulässig sei; dem antragstellenden Jugendwohlfahrtsträger fehle die Vertretungsbefugnis für ein ungeborenes Kind.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (OGH) ist der Revisionsrekurs gegen eine Entscheidung, mit der die ohne vorherige Anhörung des Verfügungsgegners beschlossene Abweisung eines Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung bestätigt wurde, nach §§ 78 und 402 Abs 2 und 4 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig (RIS-Justiz RS0012260).

Daran anknüpfend gelangte die jüngere Rechtsprechung des OGH (4 Ob 43/03g; RIS-Justiz RS0117002) zum Ergebnis, Gleiches müsse auch dann gelten, wenn der Sicherungsantrag ohne Anhörung des Gegners aus formellen Gründen zurückgewiesen wurde, biete doch der § 402 Abs 2 EO keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Anfechtbarkeit der Bestätigung eines ohne Anhörung des Verfügungsgegners zurückgewiesenen Sicherungsantrags anders zu beurteilen sei als die Bestätigung eines ohne Anhörung des Verfügungsgegners abgewiesenen Sicherungsantrags. Insoweit mangle es an einer Ausnahme von dem im Anwendungsbereich der Exekutionsordnung auch sonst geltenden Anfechtungsausschluss gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO.

Diese Ansicht wurde im Schrifttum (E. Kodek in Angst, EO² § 402 Rz 17; Zechner, Sicherungsexekution und einstweilige Verfügung, 277) gebilligt; ihr ist auch im hier vorliegenden Fall eines Sicherungsantrags nach § 382b EO zu folgen. Dem Gesetz sind nämlich keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Regelungsverfügung nach dieser Bestimmung ihrem rechtlichen Wesen nach eine Sonderstellung unter den einstweiligen Verfügungen einnähme (idS auch König, Einstweilige Verfügungen im Zivilverfahren³ Rz 4/34 mwN). Damit ist auch eine verfahrensrechtliche Gleichbehandlung geboten. Im Streitfall wurde der Sicherungsantrag ohne vorherige Anhörung des Gegners der gefährdeten Partei zurückgewiesen; diese Entscheidung wurde vom Rekursgericht zur Gänze bestätigt. Der Revisionsrekurs gegen diese Entscheidung ist nach den zuvor aufgezeigten Erwägungen gemäß §§ 78 und 402 Abs 2 und 4 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig. Der Ausspruch des Rekursgerichts über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses steht dem nicht entgegen (§ 526 Abs 2 ZPO). Das Rechtsmittel ist somit ohne Sachprüfung zurückzuweisen.

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