Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen; die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Beklagte betreibt als Pächterin eine Tankstelle. Sie besitzt für ihren Betriebsstandort Gewerbeberechtigungen für das Handelsgewerbe gemäß § 124 Z 11 GewO 1994 und für den Betrieb eines Buffets mit dem Berechtigungsumfang gemäß § 143 Z 3 und 7 GewO 1994. Die Beklagte betreibt an diesem Standort auf einer Verkaufsfläche von ca 200 m2 einen sogenannten "Mini Markt", in dem sie ua Vollmilch, Butter, Eier, verschiedene verpackte Käse- und Wurstsorten, Teigwaren, Fertiggerichte in Dosen, Tiefkühlgemüse, tiefgekühlten Fisch, tiefgekühlte Fertiggerichte, ofenfrisches Gebäck, alkoholische und alkoholfreie Getränke, Kindergrieß, Tiernahrung, Kinderbücher und Zeitschriften, CDs und Musikkassetten, Kinderspielzeug, Plüschtiere, Geldbörsen, bespielte Videokassetten zum Verkauf anbietet. Die Waren sind in Regalen, Kühlvitrinen und Kühltruhen übersichtlich geordnet. Im Geschäftslokal befindet sich auch ein Backofen zum Backen von Frischbrot.
Die Tankstelle der Beklagten ist von 00.00 Uhr bis 24.00 Uhr geöffnet. Auch der "Mini Markt" wird ständig offengehalten. In einem Faltprospekt warb die Beklagte dafür mit dem Hinweis auf die von ihr praktizierte Öffnungszeit. Darin waren auch die von ihr vertriebenen Lebensmittel und sonstigen Waren angegeben.
Am Sonntag, dem 21.1.1996, kaufte ein Erhebungsorgan der Wirtschaftskammer Salzburg zwischen 11.00 Uhr und 11.40 Uhr im "Mini Markt" der Beklagten Fischstäbchen, Röstgemüse, Milch, Mehl, Sauerrahm, Spaghettini, Speiseöl, Knackwürste, Butter, Schnittbohnen in der Dose, Semmeln, Wein, Obst, Eier und Reis um insgesamt S 276,60,-- ein.
Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragt der klagende Verband, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung im geschäftlichen Verkehr zu verbieten, Verkaufseinrichtungen zum Zwecke des Detailverkaufs von Waren, deren Verkauf gesetzlichen Öffnungszeiten unterliegt, zu Zeiten, während derer die entsprechenden Verkaufsstellen nach den die Öffnungszeiten regelnden Bestimmungen geschlossen zu halten sind, sowie an Sonn- und Feiertagen offenzuhalten oder, soweit eine räumliche Trennung der Waren, für deren Verkauf bestimmte Öffnungszeiten gelten, in der Verkaufseinrichtung nicht möglich ist, solche Waren außerhalb der diesen Waren entsprechenden Öffnungszeiten zu verkaufen, insbesondere Lebensmittel, die nicht von den Nebenverkaufsrechten des § 171 Abs 2 GewO 1994 beim Betrieb einer Tankstelle und des § 144 Abs 5 GewO 1994 beim Betrieb des Gastgewerbes umfaßt sind, wie beispielsweise Milch, Tiefkühlgemüse, Reis, Semmeln, Eier, Butter, Mehl, Fischstäbchen, Sauerrahm und Milchprodukte, sowie Waren des täglichen Bedarfs wie beispielsweise Blumen, Bücher, CDs, Musikkassetten, Kinderspielzeug, Plüschtiere, Tiernahrung, Videokassetten und Lederwaren, zu Zeiten, hinsichtlich derer die entsprechenden Verkaufsstellen nach den die Öffnungszeiten regelnden Bestimmungen geschlossen zu halten sind, insbesondere an Sonn- und Feiertagen sowie an Werktagen nach 19.30 Uhr, ausgenommen einmal in der Kalenderwoche im Rahmen der Möglichkeit des verlängerten Offenhaltens bis 21.00 Uhr, sowie an Samstagen nach 13.00 Uhr, ausgenommen im Rahmen der Möglichkeit des verlängerten Offenhaltens an einem Samstag im Monat nach 13.00 Uhr, sowie (sofern keine Lebensmittel, ausgenommen Süßwaren, verkauft werden) am 24.12. und 31.12. und an den letzten drei letzten Samstagen vor dem 24.12. zu verkaufen oder ein den vorstehenden Unterlassungsverpflichtungen widerstreitendes Offenhalten ihrer Verkaufsstelle oder ein Verkaufen von Waren anzukündigen.
Die Beklagte verstoße gegen die Bestimmungen des ÖffnungszeitenG sowie der ÖffnungszeitenV des Landeshauptmannes Salzburg, soweit sie - über die Befugnisse des § 171 Abs 2 GewO 1994 hinausgehend - Waren außerhalb der zulässigen Öffnungszeiten verkaufe und einen solchen Verkauf ankündige. Sie verstoße aber auch gegen § 171 Abs 3 GewO 1994, weil sie beim Verkauf der gemäß § 171 Abs 2 GewO erlaubten Waren ausschließlich diesem Verkauf dienende Verkaufsräume und Hilfskräfte verwende; überdies bleibe durch den Umfang der Verkaufstätigkeit der Charakter einer Tankstelle nicht gewahrt. Der "Mini Markt" trage vielmehr die Züge eines gut sortierten Einkaufsmarktes. Die Beklagte hätte daher die allgemeinen Öffnungszeiten gemäß §§ 2, 3 und 3 a ÖffnZeitG, die allgemeinen Geschäftszeiten gemäß § 2 ÖffnungszeitenV des Landeshauptmannes Salzburg sowie an den letzten drei Samstagen vor dem 24.12., am 24.12. und 31.12. die Sonderregelungen des § 4 ÖffnZeitG und des § 3 ÖffnungszeitenV des Landeshauptmannes Salzburg einhalten müssen. Die Beklagte verstoße aber auch gegen § 8 ÖffnZeitG, weil sie weder die Verkaufseinrichtungen für Waren, für die verschiedene Öffnungszeiten gälten, räumlich trenne, noch lediglich die den jeweiligen Öffnungszeiten entsprechenden Waren verkaufe.
Die Beklagte verstoße durch ihre Gewerbeausübung an Sonn- und Feiertagen auch gegen das Sonn- und Feiertags-BetriebszeitenG. An Sonn- und Feiertagen sei nur die Ausübung solcher Tätigkeiten zulässig, zu deren Durchführung nach den arbeitsrechtlichen Vorschriften die Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen zulässig sei. In Verbindung mit Punkt XI Z 3 ARG-V sei die Beklagte demnach nur berechtigt, Betriebsstoffe an Kraftfahrer abzugeben, Flüssiggas und Schmierstoffe zu verkaufen, notwendige Tätigkeiten sowie den Verkauf von Kraftfahrzeugersatzteilen und Kraftfahrzeugzubehör in dem zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Betriebsfähigkeit des Fahrzeuges oder für die Verkehrssicherheit notwendigen Umfang vorzunehmen. Gemäß Punkt XIII Z 1 der genannten V wäre die Beklagte weiter nur berechtigt, an Sonn- und Feiertagen im Rahmen ihres Buffets-Betriebs jene Tätigkeiten zu entfalten, die zur Aufrechterhaltung des Betriebs und Betreuung der Gäste für die in § 143 Z 3 und 7 GewO 1994 genannten, von ihrem Berechtigungsumfang umfaßten Verabreichungen von Speisen und Getränken erforderlich seien.
Durch die Übertretung aller dieser Bestimmungen verschaffe sich die Beklagte gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern einen Vorteil; sie verstoße damit auch gegen § 1 UWG.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrages. Ihr stünden in Ausübung des Tankstellengewerbes auch die Nebenrechte gemäß § 171 Abs 2 GewO 1994 zu. Das freie Gastgewerbe gemäß § 143 GewO umfasse auch die Nebenrechte gemäß §§ 144 Abs 1, Abs 2 und Abs 5 sowie 284 Abs 1 GewO 1994. Der beanstandete Verkauf sämtlicher Lebensmittel sei durch diese Nebenrechte gedeckt.
Der Warenverkauf in Ausübung eines Gastgewerbes in dem nunmehr durch §§ 144 und 284 GewO 1994 bezeichneten Umfang und beim Betrieb einer Tankstelle in dem nunmehr in § 171 Abs 2 GewO 1994 bezeichneten Umfang sei gemäß § 1 Abs 4 ÖffnZeitG von den Bestimmungen dieses Gesetzes ausgenommen. Sämtliche Tätigkeiten, auf die sich die Klage beziehe, unterlägen daher nicht den Bestimmungen des ÖffnungszeitenG; der beanstandete Verkauf von Waren außerhalb der normalen Öffnungszeiten gemäß § 2 ÖffnZeitG sei sohin zulässig. Daß noch andere Waren zum Zeitpunkt des Testkaufes im Betrieb der Beklagten vorrätig gewesen seien, habe auch nicht gegen § 8 ÖffnZeitG verstoßen. Eine Trennung von Waren, für deren Verkauf verschiedene Öffnungszeiten gelten, sei weder möglich noch zumutbar. § 144 Abs 3 und § 171 Abs 3 GewO 1994 verböten darüber hinaus die Verwendung "ausschließlich diesem Verkauf dienender Räume". Da gemäß § 281 Abs 3 GewO 1994 für die Ausübung der Nebenrechte des freien Gastgewerbes auch keine zusätzlichen Hilfskräfte verwendet werden dürften, sei die notwendige Überwachung der Verkaufsräume auch nur möglich, wenn eine räumliche Trennung nicht vorgesehen wäre. Das bloße Offenhalten jener Raumteile, in denen Waren feilgehalten würden, die einschränkenden Öffnungszeiten unterlägen, sei nicht rechtswidrig. Waren, die außerhalb der normalen Öffnungszeiten nicht verkauft werden dürften, würden auch nicht verkauft. Einzelne davon dürften aber ohne zeitliche Beschränkung verkauft werden, nämlich Zeitschriften, Getränke, Fertigspeisen, Gemüse und Salate, Soucen und Marinaden, Kaffee und Tee, Haltbarmilch und Reiseproviant, Essig und Öl, Brot und Gebäck sowie verpackte Wurstwaren und Milchprodukte.
Durch den beanstandenden "Mini Markt" habe der Betrieb der Beklagten auch nicht den Charakter einer Tankstelle verloren, weil die gesamte Tankstellenanlage mit ihren Manipulationsflächen, den Zapfsäulen und dem Flugdach ausschließlich den Charakter ihres Betriebs prägten. Was die parallelen "Charakterbestimmungen" der §§ 144 Abs 3 und 284 Abs 2 GewO 1994 betreffe, sei zu berücksichtigen, daß das freie Gastgewerbe des § 143 GewO 1994 in der Form eines "Tankstellen-Buffets" ausgeübt werde. Der Charakter einer solchen gastgewerblichen Betriebsanlage bestehe darin, daß sie auf die Bedürfnisse des Tankstellenbetriebs abgestellt sei, demnach im wesentlichen nur der Versorgung der Kraftfahrer während des kurzen Tankstellenaufenthalts diene. Diesem Erfordernis werde durch die Betriebsanlage der Beklagten Rechnung getragen.
Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Es bejahte die - im Revisionsrekursverfahren nicht mehr strittige - Aktivlegitimation des klagenden Verbandes. Durch den Verkauf an eine Testperson am Sonntag, dem 21.1.1996, habe die Beklagte gegen das ÖffnungszeitenG und die ÖffnungszeitenG des Landeshauptmannes Salzburg verstoßen. Auf die Nebenrechte der §§ 144 Abs 2 und 284 Abs 1 GewO 1994 könne sich die Beklagte nicht berufen, weil wegen der Größe der Verkaufsfläche des "Mini Marktes" von rund 200 m2, seiner Ausstattung und des Umfanges des Warenangebots nicht mehr der Charakter eines Gastgewerbebetriebs oder eines Verabreichungs- und Ausschankbetriebs gewahrt sei. Weitläufige, übersichtliche und gut zugängliche Regale mit einem umfangreichen Warensortiment, freizugängliche Kühlvitrinen und Kühltruhen zur Selbstentnahme von Waren gehörten nicht zur üblichen Ausstattung eines Gastgewerbebetriebs. Lediglich die Abgabe einer Flasche Wein an den Testkäufer sei durch § 144 Abs 5 GewO gedeckt gewesen. Der Testkauf zeige somit, daß die Beklagte nicht der im § 8 Abs 3 ÖffnZeitG enthaltenen Anordnung entspreche, mangels Möglichkeit oder Zumutbarkeit der Trennung der Verkaufseinrichtung für Waren, für deren Verkauf verschiedene Öffnungszeiten gelten, nur die den Öffnungszeiten entsprechenden Waren zu verkaufen. Die Beklagte habe aber auch in ihrem Prospekt angekündigt, daß sie Geschenkartikel, Plüschtiere, Tiernahrung, Musikkassetten und CDs täglich von 00.00 Uhr bis 24.00 Uhr verkaufe. Auch diese Ankündigung widerspreche dem ÖffnungszeitenG. Damit habe die Beklagte aber auch gegen § 1 UWG verstoßen.
Das Rekursgericht verbot der Beklagten, Verkaufseinrichtungen zum Zwecke des Detailverkaufs von Waren, deren Verkauf gesetzlichen Öffnungszeiten unterliegt, zu Zeiten, während derer die entsprechenden Verkaufsstellen nach den die Öffnungszeiten regelnden Bestimmungen geschlossen zu halten sind, sowie an Sonn- und Feiertagen offenzuhalten oder, soweit eine räumliche Trennung der Waren, für deren Verkauf bestimmte Öffnungszeiten gelten, in der Verkaufseinrichtung nicht möglich ist, solche Waren außerhalb der diesen Waren entsprechenden Öffnungszeiten zu verkaufen, insbesondere Lebensmittel, die nicht von den Nebenverkaufsrechten des § 171 Abs 2 GewO 1994 beim Betrieb einer Tankstelle, des § 144 Abs 5 GewO 1994 beim Betrieb des Gastgewerbes und des § 284 GewO 1994 beim Betrieb eines Buffets mit dem Berechtigungsumfang des freien Gewerbes gemäß § 143 Z 7 GewO 1994 umfaßt sind, wie beispielsweise Tiefkühlgemüse, Reis, Mehl, Fischstäbchen, und - soweit deren Abgabe nicht innerhalb eines charakterischen Verabreichungs- und Ausschankbetriebs erfolgt - Milch, Eier, Butter, Sauerrahm und Milchprodukte sowie Waren des täglichen Bedarfs wie beispielsweise Blumen, Bücher, CDs, Musikkassetten, Kinderspielzeug, Plüschtiere, Tiernahrung, Videokassetten, Lederwaren, zu Zeiten, hinsichtlich derer die entsprechenden Verkaufsstellen nach den die Öffnungszeiten regelnden Bestimmungen geschlossen zu halten sind, insbesondere an Sonn- und Feiertagen sowie an Werktagen nach 19.00 Uhr, ausgenommen einmal in der Kalenderwoche im Rahmen der Möglichkeit des verlängerten Offenhaltens bis 21.00 Uhr, sowie an Samstagen nach 13.00 Uhr, ausgenommen im Rahmen der Möglichkeit des verlängerten Offenhaltens an einem Samstag im Monat nach 13.00 Uhr, sowie am 24.12. und am 31.12. und an den letzten drei Samstagen vor dem 24.12., zu verkaufen oder ein den vorstehenden Unterlassungsverpflichtungen widerstreitendes Offenhalten ihrer Verkaufsstelle oder ein Verkaufen dieser Waren anzukündigen.
Das Mehrbegehren auf Erlassung eines Verbots ohne die sich aus § 284 GewO 1994 ergebenden Einschränkungen wies es hingegen ab. Weiters sprach das Rekursgericht aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Der Anregung der Beklagten, die Aufhebung einzelner Bestimmungen des ÖffnungszeitenG beim Verfassungsgerichtshof zu beantragen, sei nicht zu folgen gewesen. Das nunmehr bestehende System der allgemeinen Öffnungszeiten werde von der Lehre als verfassungskonform angesehen. Durch die Sonderregeln für Verkaufsstellen bestimmter Art in § 5 lit a und lit e ÖffnZeitG werde nicht in unzulässigerweise differenziert. Während nämlich der mit einem Kraftfahrzeug Reisende seine Fahrt jederzeit und allerorts ohne unverhältnismäßigen Zeitverlust zum Einkauf unterbrechen könne, sei dies dem Passagier von Zügen, Flugzeugen und Schiffen in der Regel nicht möglich. Ähnlich wie den Bedürfnissen der Benützer dieser Verkehrsmittel durch § 5 lit a ÖffnZeitG Rechnung getragen werde, werde den Bedürfnissen der Benützer von Kraftfahrzeugen durch die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs 4 lit e ÖffnZeitG entsprochen. Auch aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts bestünden gegen die Vorschriften des ÖffnZeitG und des BZG keine Bedenken. Daß in einigen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union liberalere Öffnungszeiten gälten, begründe keinen Verstoß der österreichischen Regelungen gegen das Gemeinschaftsrecht.
Die Nebenrechte des § 144 GewO 1994 stünden nur Gastgewerbetreibenden zu, nämlich Gewerbetreibenden, die das gebundene Gastgewerbe ausübten. Auf die zur Ausübung des freien Gastgewerbes im Sinne des § 143 GewO 1994 Berechtigten seien bloß einzelne Bestimmungen für Gastgewerbetreibende sinngemäß anzuwenden. Neben den Rechten des § 171 GewO 1994 könne sich die Beklagte daher nicht auf die Rechte des § 144 GewO 1994 berufen, wohl aber auf die Rechte nach § 284 Abs 1 und 2 GewO 1994 (früher § 191 Abs 8 GewO). Nach § 284 Abs 1 GewO 1994 seien Gewerbetreibende, die zur Verabreichung von Speisen und zum Ausschank von Getränken im Umfang des § 143 Z 7 GewO 1994 berechtigt seien, auch berechtigt, im Rahmen ihrer Gewerbeberechtigung warme und kalte angerichtete Speisen sowie Getränke sowohl in handelsüblich verschlossenen als auch in unverschlossenen Gefäßen zu verkaufen; sie seien weiters auch zum Verkauf von handelsüblich verpackten Lebensmitteln, die ohne Zubereitung zum Verzehr geeignet sind, sowie von Brot und Gebäck berechtigt. Bei Ausübung dieser Rechte müsse gemäß § 284 Abs 2 GewO 1994 der Charakter des Betriebs als Verabreichungs- und Ausschankbetrieb gewahrt bleiben; es dürften hiefür keine zusätzlichen Hilfskräfte verwendet werden. Wenn die Beklagten dem entgegen doch zusätzliche Hilfskräfte beschäftigt habe, könne ihr doch eine diesen Bestimmungen entsprechende Tätigkeit nicht für die Zukunft untersagt werden.
In teilweiser Abänderung des Beschlusses des Erstgerichtes sei in das Verbot auch die Einschränkung im Sinne des § 284 GewO 1994 aufzunehmen gewesen. Die Beklagte sei daher berechtigt, Milch, Eier, Butter, Sauerrahm, Milchprodukte und Semmeln ohne Beschränkung auf Öffnungszeiten zu verkaufen, sofern der Charakter des Betriebes als Verabreichungs- und Ausschankbetrieb gewahrt bleibe. Dieser Charakter sei derzeit aber ebensowenig gewahrt wie der Charakter des Betriebes einer Tankstelle im Sinne des § 171 Abs 3 GewO 1994. Die Behauptung, daß eine räumliche Trennung der Verkaufseinrichtung unmöglich oder unzumutbar sei, habe die Beklagte nicht konkretisiert. Es sei kein Hindernis zu erkennen, eine entsprechende Trennung der Verkaufseinrichtungen und des Sortiments vorzunehmen und jene Waren, die gesetzlichen Öffnungszeiten unterliegen, durch Absperrungen abzusondern. Der Kläger habe aber einer allfälligen Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der räumlichen Trennung durch die Fassung des Spruchs ohnedies Rechnung getragen.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen von der Beklagten erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Den Ausführungen im Revisionsrekurs, daß die Nebenrechte des § 144 GewO 1994 auch den zur Ausübung des freien Gastgewerbes gemäß § 143 Z 7 GewO 1994 Berechtigten zustünden, kann nicht beigepflichtet werden:
Zu den nicht bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerben zählt gemäß § 124 Z 9 GewO 1994 das Gastgewerbe. Gemäß § 142 Abs 1 GewO 1994 gehört zu den Tätigkeiten dieses Gewerbes die Beherbergung von Gästen (Z 1), die Verabreichung von Speisen jeder Art und der Verkauf warmer und angerichteter kalter Speisen (Z 2), der Ausschank alkoholischer Getränke und der Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen (Z 3) sowie der Ausschank nicht alkoholischer Getränken und der Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen (Z 4). Kein gebundenes Gewerbe gemäß § 124 Z 9 GewO 1994 ist die Verabreichung von gebratenen, gegrillten oder gesotteten Würsten, gebratenem oder gegrilltem Fleisch (ausgenommen Innereien) von Rindern und Schweinen, gegrilltem Geflügel und Fisch, Pommes frites, Fleisch- und Wurstsalaten, Fleisch- und Wurstmayonnaisesalaten, Brotaufstrichen, belegten Brötchen, üblichen kalten Beigaben, wie Essiggemüse, Mayonnaise, Senf, Kren und Gebäck, in einfacher Art, und von vorverpackt angeliefertem Speiseeis sowie der Ausschank von Milchmischgetränken, andere nicht alkoholischen kalten Getränken und Flaschenbier, wenn hiebei nicht mehr als acht Verabreichungsplätze bereitgestellt werden (§ 143 Z 7 GewO 1994). Dieses freie Gastgewerbe ist nicht an einem Befähigungsnachweis gebunden. Wesentlich für dieses Gewerbe ist die buffetmäßige Ausschank- und Verabreichungstätigkeit (Kinscher/Sedlak, GewO6 Anm 25 zu § 143). Die Nebenrechte des § 144 GewO 1994, zu denen gemäß Abs 2 dieser Gesetzesstelle auch der Verkauf von Lebensmitteln gehört, die in dem Gastgewerbebetrieb verwendet werden, und von Reiseproviant, knüpfen nicht - wie früher die GewO 1973 - an die Berechtigung des Gastgewerbetreibenden, sondern an die tatsächliche Ausübung bestimmter gastgewerblicher Tätigkeiten an (Kinscher/Sedlak aaO Anm 1 zu § 144 GewO 1994). Sie stehen Gastgewerbetreibenden zu, die Gäste beherbergen oder Speisen verabreichen und warme und angerichtete kalte Speisen verkaufen (§ 144 Abs 1 und 2 GewO 1994), Gastgewerbetreibenden, die alkoholische Getränke ausschenken und solche Getränke in unverschlossenen Gefäßen verkaufen oder nicht alkoholische Getränke ausschenken und solche Getränke in unverschlossenen Gefäßen verkaufen (§ 144 Abs 5 und 6 GewO 1994). Das freie Gastgewerbe im Sinne des § 143 GewO 1994 ist zur Vornahme dieser Tätigkeiten nicht uneingeschränkt berechtigt. Daß aber der Gesetzgeber bei der Umschreibung dieser Tätigkeiten nicht die Buffetbetriebe im Auge hatte, ergibt sich zweifelsfrei aus der Beschreibung der Nebenrechte dieser Gewerbetreibenden in § 284 GewO 1994: Diese sind (nur) zusätzlich berechtigt, im Rahmen ihrer Gewerbeberechtigung warme und kalte angerichtete Speisen sowie Getränke sowohl in handelsüblich verschlossenen als auch in unverschlossenen Gefäßen zu verkaufen; sie sind weiters auch zum Verkauf von handelsüblich verpackten Lebensmitteln, die ohne Zubereitung zum Verzehren geeignet sind, sowie von Brot und Gebäck berechtigt (Abs 1); die Bestimmungen des § 144 Abs 1 bis 7, also jene über die Nebenrechte des nicht bewilligungspflichtigen gebundenen Gastgewerbes gelten sinngemäß (nur) für Gewerbetreibende, die die in § 143 Z 6 oder 8 angeführten Tätigkeiten ausüben (Abs 4). Den in den letztgenannten Gesetzesstellen angeführten Betrieben, nämlich den Schutzhütten und Fremdenpensionen, wurden demnach nicht, wie die Beklagte meint, durch die GRNov 1992 Rechte entzogen, die ihnen nach der GewO 1973 zugestanden sind. Damit ist aber auch das Argument hinfällig, daß der Gesetzgeber mit der Umschreibung der Berechtigten im Sinne des § 144 GewO 1994 auch die Tätigkeiten der buffetmäßigen Ausschank- und Verabreichungsbetriebe erfassen wollte.
Bei der Ausübung der Nebenrechte gemäß § 144 Abs 1 und 2 GewO 1994 muß der Charakter des Betriebes als Gastgewerbe gewahrt bleiben und es dürfen ua keine zusätzlichen Hilfskräfte und keine zusätzlichen Räumlichkeiten verwendet werden (§ 144 Abs 3 GewO 1994). Bei der Ausübung der Nebenrechte der Tankstellen im Sinne des § 171 Abs 2 GewO 1994 muß der Charakter des Betriebes als Tankstelle gewahrt bleiben und es dürfen hiefür weder zusätzliche Hilfskräfte noch ausschließlich diesem Verkauf dienende Räume verwendet werden (§ 171 Abs 3 GewO 1994). Bei der Ausübung der Nebenrechte des freien Gastgewerbes gemäß § 143 Z 7 GewO 1994 muß der Charakter des Betriebes als Verabreichungs- und Ausschankbetrieb gewahrt bleiben; es dürfen hiefür keine zusätzlichen Hilfskräfte verwendet werden (§ 284 Abs 2 GewO 1994). Nach den Feststellungen betreibt die Beklagte in einem Verkaufslokal von 200 m2 Größe einen sogenannten "Mini Markt", der alle Ausstattungsdetails eines Supermarktes aufweist. Damit wird aber weder der Charakter eines Tankstellenbetriebs noch der eines Buffetbetriebs gewahrt, bestimmen doch die in Regalen übersichtlich aufgestellten Waren und das reichhaltige Warenangebot den Eindruck des Geschäftslokals. Der Auffassung der Beklagten, daß schon die auffälligen Anlagen des Tankstellenbetriebs dessen Charakter wahren, kann demnach nicht beigepflichtet werden.
Die der Beklagten in Ausübung des Tankstellenbetriebes und der buffetmäßigen Ausschank- und Verabreichungstätigkeit zustehenden Nebenrechte erfassen nicht den Verkauf der im Verbotsantrag aufgezählten Waren. Die Beklagte ist zu diesem Verkauf zwar aufgrund ihrer Gewerberechtigung des Handelsgewerbes gemäß § 124 Z 11 GewO 1994 berechtigt, unterliegt damit aber den Regeln des ÖffnungszeitenG. Von diesen Bestimmungen sind gemäß § 1 Abs 4 lit e ÖffnZeitG Tankstellen (nur) für den Verkauf von Betriebsstoffen für Kraftfahrzeuge sowie für den Kleinverkauf der im § 119 Abs 2 GewO 1973 (jetzt § 171 Abs 2 GewO 1994) angeführten Waren ausgenommen, die im Verbotsantrag ohnehin nicht enthalten sind.
Der Kläger hat mit seinem Begehren, der Beklagten zu verbieten, ihre Verkaufseinrichtungen zu Zeiten, während derer die Verkaufsstellen nach den die Öffnungszeiten regelnden Bestimmungen geschlossen zu halten sind, offenzuhalten, oder, soweit eine räumliche Trennung der Waren, für deren Verkauf bestimmte Öffnungszeiten gelten, in der Verkaufseinrichtung nicht möglich ist, solche Waren außerhalb der diesen Waren entsprechenden Öffnungszeiten zu verkaufen, der in § 8 Abs 3 ÖffnZeitG enthaltenen Anordnung entsprochen. Der Kläger ist somit - zugunsten der Beklagten - ohnehin davon ausgegangen, daß in ihrer Verkaufseinrichtung Waren feilgehalten werden, für deren Verkauf verschiedene Öffnungszeiten gelten, aber eine räumliche Trennung nicht schlechthin möglich oder zumutbar ist. Auf die vom Rekursgericht insoweit geäußerten Zweifel kommt es nicht an, weil das Verbotsbegehren in diesem Umfang nicht abgeändert wurde.
Der Anregung der Beklagten, Bestimmungen des ÖffnungszeitenG gemäß § 140 Abs 1 B-VG beim Verfassungsgerichtshof anzufechten, vermag der erkennende Senat nicht zu folgen. Die Beklagte hat offenbar eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes im Auge, wenn sie auf die unterschiedlichen Regelungen in § 1 Abs 4 lit e ÖffnZeitG für Tankstellen einerseits und auf § 5 lit a ÖffnZeitG für Verkaufsstellen in Bahnhöfen, auf Flugplätzen und an Schiffslandeplätzen sowie in § 5 lit e ÖffnZeitG für Zollfreiläden auf Flughäfen verweist. Abgesehen davon, daß die Sonderregelung für Verkaufsstellen in Bahnhöfen, auf Flugplätzen und an Schiffslandeplätzen von dem hier maßgebenden Warenkatalog nur Reiseproviant erfaßt, hat der Gesetzgeber damit keine unzulässige Differenzierung vorgenommen, wird doch durch die genannten Ausnahmen des § 5 ÖffnZeitG den Bedürfnissen des (liniengebundenen) Reiseverkehrs Rechnung getragen, wogegen § 1 Abs 4 lit e ÖffnZeitG in erster Linie auf die Bedürfnisse von Kraftfahrern abstellt, die zum überwiegenden Teil nicht Reisende sind. Es verstieße vielmehr gegen das Sachlichkeitsgebot, den Verkauf von Lebensmitteln in Tankstellen unbeschränkt zuzulassen, den übrigen Lebensmitteleinzelhandel aber an Öffnungszeiten zu binden.
Auch ein Verstoß gegen die Erwerbsausübungsfreiheit ist nicht zu erblicken. Wie der erkennende Senat bereits ausgeführt hat (4 Ob 2087/96g), kann die Erwerbsfreiheit durch Gesetz beschränkt werden, wenn die Einschränkung im öffentlichen Interesse geboten ist; die beschränkende Maßnahme muß zur Verwirklichung dieses öffentlichen Interesses geeignet und adäquat und auch sachlich zu rechtfertigen sein (Mayer, B-VG Kurzkomm 385; Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts7 Rz 1386; Öhlinger, Verfassungsrecht2, 308, jeweils mwN). Bei Beschränkungen der Erwerbsausübung steht dem Gesetzgeber ein größerer Gestaltungsspielraum als bei der Regelung des Antritts einer Erwerbsbetätigung offen; eine derartige Beschränkung ist nur dann verfassungswidrig, wenn das verfolgte Ziel "keinesfalls als im öffentlichen Interesse liegend" anzusehen ist (VfSlg 11.558; Mayer aaO 386 f).
Die von der Beklagten als verfassungswidrig bekämpften Bestimmungen regeln die Erwerbsausübung. Daß der Gesetzgeber mit der Festlegung der Nebenrechte von Gastgewerbetreibenden und Tankstellenbetreibern und der Regelung der Öffnungszeiten von Tankstellen den ihm offenstehenden weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum (Mayer aaO) überschritten hätte, ist nicht zu erkennen. Die Ausführungen im Revisionsrekurs bieten keinen Anlaß, von dieser Ansicht wieder abzugehen.
Die Bestimmungen über die Öffnungszeiten für die dem Kleinverkauf von Waren bestimmten Betriebseinrichtungen verstoßen - wie die Beklagte selbst erkennt - auch nicht gegen Art 30 EGV, weil darin eine typische Verkaufsmodalität liegt, die für alle betroffenen Geschäftsteilnehmer gilt, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben und den Absatz der inländischen und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich und tatsächlich in der gleichen Weise berührt (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht19 Rz 627 a Einl UWG mwN insbes die E EuGH EuZW 1994, 434 - Punto Casa Spa EuZW 1994, 435 - Tankstation 't Heukske; ÖBl 1994, 301 - Semerano Casa UnoSrl).
Daß andere Mitgliedstaaten der Gemeinschaft ohne Regeln über Öffnungszeiten auskommen, zeigt aber auch nicht den Mangel einer sachlichen Rechtfertigung der österreichischen Bestimmungen über die Öffnungszeiten auf.
Dem Revisionsrekurs war somit ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf §§ 78, 402 EO, §§ 40, 50, 52 Abs 1 ZPO, jene über die Kosten der Revisionsbeantwortung auf § 393 Abs 1 EO.
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