European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2011:0040OB00228.10Y.0215.000
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.959,48 EUR (darin 326,58 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte, die mit ihrem Lebensmittelunternehmen einen Jahresumsatz von mehr als 60 Mio EUR in Österreich erzielt, produziert und vertreibt ua seit etwa fünf Jahren das Produkt „Waldbeeren Fruchtschnitte“. Dabei handelt es sich um einen rechteckigen, rotbraunen Riegel mit einem Gewicht von 40 g, der auf der Ober‑ und Unterseite jeweils von einer Oblate bedeckt ist. Bricht man den Riegel auseinander, entfaltet sich (leichter) Waldbeerenduft. Die Verpackung (ca 14 cm x 5 cm) hat folgendes Aussehen:
Auf der Rückseite der Verpackung ist ‑ abgesehen von Angaben über die enthaltenen Nährwerte, den Hersteller, das Gewicht und das Mindesthaltbarkeitsdatum ‑ folgender Hinweis abgedruckt:
„Fruchtschnitte-Zutaten: Apfelpulver, Oligofruktosesirup, Rosinen, getrocknete Marillen‑(Aprikosen-)stücke, getrocknete Apfelstücke, Haferflocken, pflanzliches Fett, Mandeln, Oblaten (Weizenmehl, Kartoffelstärke, pfl. Öl), Aroniasaftkonzentrat, Mehrfruchtsaftkonzentrat 2,6 %* (in veränderlichen Gewichtsanteilen: Himbeere, Brombeere, Heidelbeere, Walderdbeere), Dextrin, Zitronensaftkonzentrat, natürliches Aroma, Speisesalz. Gesamtfruchtgehalt: 56 %
*entspricht 14 % Waldbeerensaft.“
Auf der Verschlusslasche befindet sich folgende hellgraue Aufschrift:
„WALDBEEREN Für unsere saftige Fruchtkombination werden nur die besten Früchte verwendet. Kann Spuren von Haselnüssen und Soja enthalten.“
Die „Waldbeeren Fruchtschnitte“ der Beklagten ist aus einer Grundmasse hergestellt, die aus getrockneten, im Anschluss zu Apfelpulver gemahlenen Äpfeln und dem Ballaststoff Oligofructosesirup besteht. Damit die Grundmasse nicht von klebriger Konsistenz ist, werden Rosinen, getrocknete Marillen und getrocknete Äpfel in Form von Fruchtstücken sowie Haferflocken zugegeben; Fett bindet die Masse; Mandeln machen das Produkt bissfester. Weiters wird der Masse aus einer besonderen Kirschsorte hergestelltes Aroniasaftkonzentrat sowie 2,6 % Mehrsaftkonzentrat hinzugesetzt, wobei der Anteil an Aroniasaftkonzentrat mengenmäßig höher ist. Für 100 g Schnitte werden 2,6 % Mehrfruchtsaftkonzentrat verwendet; um dieses herzustellen, werden 23 g Waldbeeren (bestehend aus Himbeeren, Brombeeren, Heidelbeeren und Walderdbeeren, deren Gewichtsanteile veränderlich sind) benötigt. Die Waldbeeren werden ohne weitere Zusätze zu Saft gepresst, dem anschließend das Wasser entzogen wird, wodurch ein Konzentrat übrig bleibt. Der Konzentrationsfaktor liegt etwa bei 8,8. Das Konzentrat ist intensiver im Geschmack als der Saft, bewirkt eine längere Haltbarkeit des Produkts und verleiht der Schnitte die notwendige feste Konsistenz.
Die nach § 14 Abs 1 UWG zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen legitimierte Klägerin begehrte die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung im geschäftlichen Verkehr, [den unrichtigen Eindruck zu erwecken, die von ihr hergestellte „Waldbeeren Fruchtschnitte“ enthalte in einem nicht zu vernachlässigendem Ausmaß Waldfrüchte, insbesondere Himbeeren, Heidelbeeren, Brombeeren und Erdbeeren, insbesondere durch die Abbildung von Waldfrüchten, die sich noch auf ihren Pflanzen befinden, auf der Verpackung, wenn tatsächlich die Fruchtschnitte überwiegend aus anderem Obst, insbesondere Apfelpulver und getrockneten Apfelstücken, zubereitet ist und die abgebildeten Waldfrüchte nur in untergeordnetem Ausmaß, insbesondere nur in einem Gesamtausmaß von 2,6 % in Form eines Mehrfruchtsaftkonzentrats, enthalten sind]; hilfsweise, [wie oben] sofern darauf nicht hinreichend deutlich hingewiesen wird. Die Klägerin begehrte weiters die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung.
Die „Waldbeeren Fruchtschnitte“ enthalte keine Waldbeeren, sondern nur einen geringen Anteil an Mehrfruchtsaftkonzentrat aus Waldbeeren, im Übrigen überwiegend Apfelpulver sowie Stücke getrockneter Äpfel, Weintrauben und Marillen. Aufgrund der Bezeichnung als „Waldbeeren Fruchtschnitte“ und der Verpackungsgestaltung, die ausschließlich naturgetreue Waldbeeren aufweise, rechne der Konsument damit, in der Schnitte insbesondere die teureren und gesünderen Waldbeeren vorzufinden, nicht in erster Linie Apfelpulver und getrocknete Äpfel, Rosinen und Marillen, die nur mit 2,6 % Mehrfruchtsaftkonzentrat angereichert seien. Äpfel hätten den Nimbus von billigem, das ganze Jahr über erhältlichem Obst. Daher sei die Packungsaufmachung irreführend iSd § 2 Abs 1 Z 2 UWG. Aufgrund der Aufmachung der Verpackung habe der Verbraucher keinen Grund, die klein gedruckte Zutatenliste zu lesen und die dort angeführten Mengenverhältnisse zu hinterfragen, sondern nehme an, dass das Produkt ausschließlich oder zumindest überwiegend aus Waldbeeren bestehe. Die Zutatenliste schließe daher die Irreführungseignung der Aufmachung nicht aus. Die Beklagte verstoße auch gegen § 5 Abs 2 Z 1 Lebensmittelsicherheits‑ und Verbraucherschutzgesetzes (LMSVG) und könne sich nicht auf eine vertretbare Rechtsansicht berufen, weil sie mit der Aufmachung des Produktes eine außergewöhnliche Zusammensetzung unterstelle, die nicht gegeben sei. Der Gesetzesverstoß sei geeignet, zu einer nicht unerheblichen Nachfrageverlagerung zu Lasten der Mitbewerber der Beklagten zu führen.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Aufmachung der beanstandeten Verpackung sei nicht irreführend. Der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher könne die Beschaffenheit der „Waldbeeren Fruchtschnitte“ den Angaben auf der Verpackung problemlos entnehmen. Aus dem Zutatenverzeichnis ergebe sich zweifelsfrei, dass dem Produkt Waldbeeren in Form eines Fruchtsaftkonzentrats zugesetzt seien. Das Produkt sei unter wertbestimmender Mitverwendung von Waldbeeren hergestellt worden, weil rund 23 g Waldbeeren pro 100 g Fruchtschnitte zu Konzentrat verarbeitet und beigegeben würden. Für die Herstellung einer 40 g‑Fruchtschnitte würden knapp 10 g Waldbeeren benötigt. Das Produkt enthalte demnach Waldbeeren in hoher Menge. Da die Zugabe von Waldbeeren in Form ganzer Früchte lebensmitteltechnisch nicht möglich sei, müssten die Waldbeeren zuvor verarbeitet werden. Einer Vielzahl von Lebensmitteln würden Früchte über Fruchtsaftkonzentrat zugesetzt und ihnen damit ihre besondere Beschaffenheit verliehen. Im Zutatenverzeichnis der „Waldbeeren Fruchtschnitte“ seien die Zutaten und deren Menge näher angeführt. Das Produkt entspreche der Kennzeichnungsvorschrift des § 4 Abs 1 Z 7a LMKV.
Das Erstgericht gab dem Unterlassungshauptbegehren statt und erteilte die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung im beantragten Umfang. Es liege eine irreführende Geschäftspraktik (§ 2 Abs 1 Z 2 UWG) vor, weil der Verbraucher infolge der Blickfangwerbung auf der Verpackung damit rechne, eine Fruchtschnitte zu kaufen, die überwiegend aus Waldbeeren bestehe, obwohl diese Zutat darin nur in untergeordnetem Ausmaß von 2,6 % in Form eines Fruchtsaftkonzentrats enthalten sei. Dieses Verhalten verstoße auch gegen § 5 Abs 2 Z 1 iVm Abs 4 LMSVG, weil das Verbot von zur Täuschung geeigneten Angaben über die Eigenschaften des Lebensmittels auch für die Aufmachung gelte. Überdies sei das Verhalten der Beklagten geeignet, eine nicht unerhebliche Nachfrageverlagerung zu Lasten ihrer Mitbewerber herbeizuführen und daher als sonstige unlautere Handlung iSd § 1 UWG zu beurteilen.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, das es das Klagebegehren abwies; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 30.000 EUR übersteige und die Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung zur Irreführungseignung einer Lebensmittelverpackung mit grafischer Hervorhebung der geschmacksbestimmenden Zutaten, die jedoch mengenmäßig nicht dominierten, fehle. „Schnitten“ seien Mehlspeisen mit zumindest brot‑ oder kuchenähnlicher Konsistenz mit der gleichen Grundmasse wie Torten. Beim Erwerb einer Fruchtschnitte rechne der Verbraucher mit einer derartigen Konsistenz; diese werde beim hier zu beurteilenden Produkt ‑ wie in diesem Segment üblich ‑ durch eine Grundmasse von gemahlenen und getrockneten Äpfeln, Rosinen, Marillen, Haferflocken, Fett und Mandeln erreicht. Das weite Feld von Fruchtschnitten werde ‑ wie gerichtsbekannt ‑ von verschiedenen Geschmacksrichtungen bestimmt. Ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher erwarte von einer Fruchtschnitte „Waldbeere“, dass sie (neben der sie als Schnitte definierenden Grundmasse) der Geschmacksrichtung „Waldbeere“ ausreichend Rechnung trage; er gehe aber allein schon aufgrund ihrer Dimension und Haltbarkeit nicht davon aus, dass sie ganze, unbehandelte Waldbeeren enthalte. Werde einem solchen Produkt ausreichend Waldbeeren in Form eines Fruchtsaftkonzentrats beigefügt, erfülle dies die Verbrauchererwartung, weil die Verwendung von Konzentraten zur Geschmacksgebung in der Lebensmitteltechnologie gängige Praxis und dem Verbraucher bekannt sei, der damit rechne, dass die Fruchtschnitte nach Waldbeeren rieche, schmecke und Waldbeeren enthalte. Bei einem Anteil von 23 g Waldbeeren auf 100 g Schnitte werde dieser Vorstellung mit dem Produkt der Beklagten auch entsprochen. Eine Irreführung des Verbrauchers (§ 2 UWG) liegt daher ebenso wenig vor wie ein Verstoß gegen die Bestimmung des § 5 Abs 2 Z 1 iVm Abs 4 LMSVG. Das Zutatenverzeichnis enthalte genaue Angaben zur Zusammensetzung des Produkts, das deshalb nicht mit zur Irreführung geeigneten Angaben in Verkehr gebracht oder beworben werde. Ganz anders stellte sich die Situation dar, falls die Beklagte auf der Verpackung Waldbeeren abbildete, für das Produkt jedoch statt Fruchtsaftkonzentrat lediglich mit moderner Biotechnologie hergestelltes „natürliches“ Waldbeeraroma verwendete, dessen Ausgangsbasis nicht die jeweiligen Früchte seien, oder falls sie sogar künstliches Aroma verwendete. Auch falls diese Aromen dem Gemeinschaftsrecht entsprächen, hätten sie mit den abgebildeten Waldbeeren nichts gemein. Das Verhalten der Beklagten sei auch keine unlautere Geschäftspraktik oder sonstige unlautere Handlung gemäß § 1 UWG.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Nach Auffassung der Klägerin übergehe das Berufungsgericht, dass auf der beanstandeten Verpackung ausschließlich Himbeeren, Heidelbeeren, Brombeeren und Walderdbeeren abgebildet seien und jeder Hinweis auf anderes verwendetes Obst fehle. Dieser Blickfang präge den Gesamteindruck des Produkts und lasse die Zutatenliste in den Hintergrund treten. Der Verbraucher erwarte demnach eine überwiegend aus Waldbeeren ‑ unter Verwendung ganzer Früchte ‑ hergestellte Fruchtschnitte, was auf das Produkt der Beklagten nicht zutreffe, dessen Zutaten von Apfelpulver, Rosinen, Marillen und Kirschensaftkonzentrat dominiert würden. Enthalte das Produkt gerade jene Obstsorte in nur untergeordnetem Ausmaß, die ausschließlich auf der Verpackung abgebildet und namensgebend sei, sei dies geeignet, den Verbraucher zu täuschen. Zugleich liege ein Verstoß gegen § 5 Abs 2 Z 1 LMSVG vor.
1.1. Zu den wesentlichen Merkmalen eines Produkts, die im Fall unrichtiger Angaben oder sonstiger Täuschungseignung den Tatbestand der irreführenden Geschäftspraktik (§ 2 Abs 1 Z 2 UWG) erfüllen können, zählt auch dessen Zusammensetzung (vgl Art 6 Abs 1 lit b Richtlinie 2005/29/EG vom 11. 5. 2005 des Europäischen Parlaments und des Rates über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt idF ABl L 253 vom 25. 9. 2009 S 18; Wiltschek, UWG² Anm 8 zu § 2 unter Hinweis auf die RV zur UWG‑Nov 2007).
1.2. Im Fall der Irreführung über die Beschaffenheit (etwa durch die Art der Verpackung) werden der Ware bestimmte Eigenschaften zugesprochen, die für den Absatz oder die Nachfrage durch den Kunden förderlich sind, tatsächlich allerdings nicht vorliegen (vgl Nordemann in Götting/Nordemann, UWG § 5 Rz 1.38).
1.3. Die Werbeangaben, die ein Unternehmer über Bestandteile und zur stofflichen Beschaffenheit des angebotenen Produkts macht, sind für den Verkehr von wesentlicher Bedeutung, da aus diesen Angaben auf bestimmte Eigenschaften oder Wirkungen, insbesondere auf die Güte der Ware, geschlossen wird. Solche Fehlvorstellungen sind grundsätzlich für die (Kauf‑)Entscheidung relevant. Angaben über die stoffliche Beschaffenheit, die nicht der Wahrheit entsprechen, sind daher in aller Regel irreführend (so auch Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG28 § 5 Rn 4.3; Sosnitza in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG5 § 5 Rz 262).
1.4. Zu den Informationen über die Zusammensetzung zählen nicht nur Angaben zur Zusammensetzung einer Ware, wie zB das Zutatenverzeichnis, sondern auch und gerade die Bezeichnung einer Ware (Weidert in Hartge‑Bavendamm/Henning‑Bodewig, UWG² § 5 C Rz 30). Denn die Bezeichnung eines Produkts löst bei dem angesprochenen Verkehrskreis Erwartungen aus, etwa über die stoffliche Beschaffenheit oder die Zusammensetzung und die damit verbundene Qualität, und veranlasst aufgrund dieser Erwartungen die wirtschaftliche Entscheidung (Nordemann in Götting/Nordemann, UWG § 5 Rz 1.46; vgl 4 Ob 20/91 ‑ Himbeer Essig betreffend eine Enttäuschung der Verbrauchererwartung über den Inhalt an wertbestimmenden Bestandteilen eines Lebensmittels).
2. Maßfigur für die lauterkeitsrechtliche Prüfung einer gegenüber Verbrauchern angewendeten Geschäftspraktik (§ 1 Abs 1 Z 2 UWG) ist ein angemessen gut unterrichteter und angemessen aufmerksamer und kritischer Durchschnittsverbraucher (RIS‑Justiz RS0114366 [T5]). Die Maßfigur kann auch als mündiger Konsument bezeichnet werden (4 Ob 245/07v).
3.1. Die Irreführungseignung ist ‑ auch nach der UWG‑Nov 2007 (4 Ob 109/08w) ‑ nach dem Gesamteindruck der strittigen Ankündigung zu beurteilen (RIS‑Justiz RS0078524, RS0043590 [T36, T39, T40]; RS0078470 [T13]; RS0078352). Der Gesamteindruck ist aber nicht gleichbedeutend mit dem Gesamtinhalt der Ankündigung. Denn er kann schon durch einzelne Teile der Ankündigung, die (etwa auf einem Flaschenetikett, vgl 4 Ob 20/91 ‑ Himbeer Essig, und 4 Ob 379/76 ‑ Kürbis‑Salatöl) als Blickfang besonders herausgestellt sind, entscheidend geprägt werden. In solchen Fällen darf auch der blickfangartig herausgestellte Teil der Ankündigung für sich allein nicht irreführend sein (4 Ob 109/08w; RIS‑Justiz RS0078542). In solchen Fällen kann nur ein ausreichend deutlicher aufklärender Hinweis zum Wegfall der Irreführungseignung führen (RIS‑Justiz RS0078542, RS0118488).
3.2. Macht sich der Adressat der geschäftlichen Handlung über die Beschaffenheit eines Produkts keine Vorstellungen, kann er auch nicht in die Irre geführt werden. Kommt es ihm hierauf nicht an, fehlt es an der erforderlichen wettbewerblichen Relevanz. Dies schließt zB Erwartungen über die Wirkungen des beworbenen Produkts aber nicht aus (Weidert in Hartge‑Bavendamm/Henning‑Bodewig, UWG² § 5 C Rz 39).
4.1. Nach diesen Grundsätzen ist die Beurteilung des Berufungsgerichts aus rechtlichen Gründen nicht zu beanstanden; auf dessen zutreffende Begründung ist zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Den Argumenten der Revision ist ergänzend entgegenzuhalten:
4.2. Der mündige Konsument erwartet von einem als „Waldbeeren Fruchtschnitte“ bezeichneten Produkt weder eine unter Verwendung ganzer Früchte, noch ‑ im Verhältnis zu anderen Obstzutaten ‑überwiegend aus Waldbeeren hergestellte Fruchtschnitte. Ganze Früchte muss er als Zutat schon aufgrund der geringen Breite der Schnitte, deren erkennbar fester Konsistenz und der vorausgesetzten längeren Haltbarkeit eines solchen Lebensmittels ausschließen, und ohne Kenntnis der Zutatenliste hat er keine Vorstellung davon, in welchem Ausmaß die namensgebenden Früchte in der Schnitte enthalten sind und ob diese Zutat mengenmäßig gegenüber sonstigen (Obst‑)Zutaten überwiegt.
4.3. Die Verbrauchererwartung der Maßfigur ist in erster Linie dadurch gekennzeichnet, dass eine „Waldbeeren Fruchtschnitte“ aus echten Waldbeeren (und nicht bloß aus Aromastoffen) hergestellt ist und auch nach solchen Früchten schmeckt. Ersteres ist hier der Fall, letzteres hat die Klägerin nicht bestritten; auch ist dieser Umstand nicht Gegenstand des Unterlassungsbegehrens.
4.4. In welchem mengenmäßigen Verhältnis bei einer Fruchtschnitte Grundmasse und namensgebende Obstsorte stehen, spielt in der Verbrauchererwartung und damit für die Kaufentscheidung hingegen nur eine untergeordnete Rolle. Werden (wie hier) für eine Fruchtschnitte von 40 g rund 10 g Waldbeeren verarbeitet ‑ der geringere prozentuelle Anteil des Beerenkonzentrats an der Gesamtmasse ist allein auf einen Verarbeitungsvorgang zurückzuführen ‑, ist dieses Verhältnis jedenfalls ausreichend hoch, die Verbrauchererwartungen über den Fruchtanteil zu erfüllen. Damit kann der Beklagten aber nicht vorgeworfen werden, sie habe allein mit der Gestaltung der Verpackung ihres Produkts beim Verbraucher Erwartungen hervorgerufen, die das Produkt nicht erfüllt.
4.5. Aus der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz über die Kennzeichnung von verpackten Lebensmitteln (Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 ‑ LMKV) ergibt sich, dass verpackte Ware ua mit ihrer Sachbezeichnung und einer Zutatenliste zu kennzeichnen ist (§ 4 Abs 1 Z 1 und Z 7a LMKV); eine Mindestmenge, die zur Auslobung bestimmter Zutaten erreicht werden muss, enthält diese Norm hingegen nicht.
4.6.1. Gemäß § 5 Abs 2 Lebensmittelsicherheits‑ und Verbraucherschutzgesetz ‑ LMSVG ist es verboten, Lebensmittel mit zur Irreführung geeigneten Angaben in Verkehr zu bringen oder zu bewerben. Zur Irreführung geeignete Angaben sind insbesondere zur Täuschung geeignete Angaben über die Eigenschaften des Lebensmittels, wie Art, Identität, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprung oder Herkunft und Herstellungs‑ oder Gewinnungsart. Dieses Verbot gilt sinngemäß auch für die Aufmachung (§ 5 Abs 4 LMSVG).
4.6.2. In welchem Verhältnis das lauterkeitsrechtliche Irreführungsverbot des § 2 UWG und das ‑ ebenfalls auf Unionsrecht beruhende ‑ allgemeine lebensmittelrechtliche Irreführungsverbot des § 5 Abs 2 LMSVG stehen (zur vergleichbaren deutschen Rechtslage s Nordemann in Götting/Nordemann, UWG § 5 Rz 1.127), bedarf keiner näheren Untersuchung, weil die Beklagte (auch) gegen letztere Bestimmung nicht verstoßen hat.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.
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