Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.046,90 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 174,48 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Beklagte schloss im Oktober 1969 mit der Republik Österreich einen Mietvertrag über in deren Eigentum stehende Grundstücke zum Betrieb einer Sportanlage. Im schriftlichen Mietvertrag wurde vereinbart, dass der Mieter sämtliche sich aufgrund dieses Vertrags ergebenden öffentlichen Abgaben zu tragen bzw dem Vermieter zu ersetzen hat, falls derartige Abgaben von diesem bezahlt worden sind.
Nach Gründung der Klägerin (Bundesimmobiliengesellschaft mbH) wurde auch die streitgegenständliche Liegenschaft in das Eigentum der Klägerin übertragen.
Die Beklagte ist ein nicht auf Gewinn gerichteter, gemeinnütziger Verein im Sinn des Vereinsgesetzes 2002 (Sportdachverband).
In den Jahren 2005 bis 2007 bezahlte die Beklagte nach Vorschreibung der Klägerin Grundsteuer, die der Klägerin für die Jahre 2004 bis 2007 mit Grundsteuerbescheiden der zuständigen Stadtgemeinde vorgeschrieben worden waren. Auch für die Jahre 2007 und 2008 bezahlte die Klägerin die mit in Rechtskraft erwachsenen Bescheiden vorgeschriebene Grundsteuer und stellte sie der Beklagten mit Rechnung vom 25. 3. 2008 sowie 23. 3. 2009 im Ausmaß von insgesamt 17.256,96 EUR in Rechnung.
Das zuständige Finanzamt wies den nachträglichen Antrag der Beklagten auf rückwirkende Befreiung von der Grundsteuer (rechtskräftig) ab.
Das Erstgericht gab der auf die eingangs erwähnte Mietvertragsbestimmung gestützte Zahlungsklage statt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge und sprach - nach Abänderungsantrag der Beklagten - aus, dass die Revision im Hinblick auf ein anderes mögliches Ergebnis der Vertragsauslegung zulässig sei. Der Wortlaut der Mietvertragsklausel sei eindeutig, eine davon abweichende Parteienabsicht nicht festgestellt. Vertragszweck sei offenkundig, den Vermieter abzusichern, dass durch eine nachträgliche Erhöhung von Betriebskosten, Abgaben oder dergleichen der Mietzins nicht aufgezehrt werde. Es könne nicht auf eine gemeinsame Parteiabsicht geschlossen werden, dass erst später anfallende Abgaben nicht erfasst sein sollten. Da auch die Überwälzung der Grundsteuer von der vertraglichen Einigung der Parteien umfasst sei, bleibe kein Raum für eine ergänzende Vertragsauslegung. Anknüpfungspunkt für die Grundsteuerpflicht sei das Eigentum am Grundstück. Die Beklagte sei aber nur Mieterin, weshalb auch der Befreiungstatbestand des § 2 Z 4 GrStG 1955 nicht anzuwenden sei. Die Bescheide, mit denen der Klägerin Grundsteuer vorgeschrieben worden seien, seien überdies in Rechtskraft erwachsen. Da die Klägerin die ihr vorgeschriebene Grundsteuer auch bezahlt habe, treffe die Beklagte aufgrund der im Mietvertrag getroffenen Vereinbarung die Zahlungspflicht. Einen Schadenersatzanspruch, weil gegen den Grundsteuerbescheid kein Rechtsmittel ergriffen worden sei, obwohl nach Ansicht der Beklagten ein Grundsteuerbefreiungstatbestand vorliege, habe die Beklagte nicht eingewendet.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Beklagten, mit der sie die Abweisung des Klagebegehrens anstrebt, ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.
Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, ist nur dann eine erhebliche Rechtsfrage, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS-Justiz RS0042936). Steht die Vertragsauslegung durch die Vorinstanzen mit den Grundsätzen von Lehre und Rechtsprechung im Einklang, liegt hingegen keine erhebliche Rechtsfrage vor, kommt doch der Beurteilung, ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, keine darüber hinausgehende Bedeutung zu (RIS-Justiz RS0042776).
Wurde nicht bewiesen, dass für den einen Vertragspartner aus dem Erklärungsverhalten des anderen eine vom Inhalt der Urkunden abweichende Erklärungsbedeutung zu erschließen war, ist die Absicht der Parteien im Rahmen der rechtlichen Beurteilung allein aus der Urkunde nach dem objektiven Aussagewert des Textes und dem Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung im Zusammenhalt mit dem Zweck der Vereinbarung zu ermitteln (RIS-Justiz RS0017833). Eine ergänzende Vertragsauslegung setzt eine „Vertragslücke“, also eine planwidrige Unvollständigkeit der vertraglichen Regelung voraus (RIS-Justiz RS0017829).
Die Auffassung des Berufungsgerichts, die vertragliche Regelung über die vom Mieter zu übernehmenden öffentlichen Abgaben sei umfassend und lasse im Hinblick auf den erkennbaren Zweck, den Mietzins für die Liegenschaftseigentümerin im Wert zu erhalten, keine Ausnahme, etwa für die aufgrund einer Änderung der Eigentümerstruktur fällig werdende Grundsteuer, zu, bildet keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung. Die allgemeine Grundsteuerpflicht bestand auch schon zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, die damalige Eigentümerin war nur aufgrund ihrer Rechtsstellung als öffentliche Körperschaft befreit. Eine Steuerpflicht eines neuen Eigentümers, an den die Republik Österreich jederzeit veräußern könnte, war daher vorhersehbar, dessen ungeachtet verpflichtete sich die Beklagte zur (unbeschränkten) Tragung der auf den Mietgegenstand entfallenden Betriebskosten und öffentlichen Abgaben (siehe Punkt 3. des Mietvertrags, Beilage ./A, ./1).
Die von der Beklagten als der Rechtsansicht des Berufungsgerichts widersprechend genannte Entscheidung 3 Ob 78/95 (3 Ob 79/95) zur ergänzenden Vertragsauslegung im Fall einer Gesetzesänderung betrifft einen mit dem hier zu beurteilenden Fall nicht vergleichbaren Fall. Hier trat keine Änderung der Gesetzeslage ein, welche die Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht vorhersehen konnten, sondern die Änderung der Eigentumsverhältnisse auf Vermieterseite löste bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorhersehbare Rechtsfolgen aus (Steuerpflicht).
Da die Beklagte sohin keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen vermochte, war ihre Revision zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 und 50 ZPO; die Klägerin wies auf die Unzulässigkeit der Revision hin.
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