OGH 4Ob214/99w

OGH4Ob214/99w28.9.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1. Elfriede K*****, 2. Wilhelm K*****, beide vertreten durch Dr. Andreas Öhler, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1. Karl Z*****, 2. Andrea Z*****, 3. Stadt Wien, vertreten durch Dr. Peter Rudeck, Rechtsanwalt in Wien, 4. S*****verein *****, wegen Einräumung eines Notwegs, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller und des als "beteiligter Nebenintervenient auf Seiten der Drittantragsgegnerin" beigetretenen Zentralverbands *****, vertreten durch Dr. Rainer Schischka, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 7. Mai 1999, GZ 43 R 224/99f-82, mit dem der Beschluß des Bezirksgerichts Hernals vom 2. Jänner 1999, GZ 2 Nc 12/96i-70, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs der Antragsteller und der Revisionsrekurs des als "beteiligter Nebenintervenient auf Seiten der Drittantragsgegnerin" beigetretenen Zentralverbands ***** werden zurückgewiesen.

Die Drittantragsgegnerin hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

1. Zum Revisionsrekurs der Antragsteller

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 16 Abs 3 AußStrG) - Ausspruch des Rekursgerichts ist der ordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig:

Die Antragsteller machen geltend, daß keine Rechtsprechung zur Frage der im Notwegeverfahren begehrten Ausweitung einer nach dem Wiener Kleingartengesetz (WrKlGG) bereits bestehenden Wegeverbindung für eine als Kleingartengebiet gewidmete Liegenschaft bestehe. Sie legen aber nicht dar, aus welchen Gründen die vom Rekursgericht herangezogene Rechtsprechung zum Notwegegesetz nicht anwendbar sein soll. Danach sind die Bestimmungen des Notwegegesetzes einschränkend auszulegen (SZ 67/119 uva) und es entscheidet die öffentlich-rechtliche Widmung, ob zur üblichen Bewirtschaftung und Benutzung der Liegenschaft ein Notweg erforderlich ist (EvBl 1994/26 ua). Dabei sind nur Bedürfnisse der Liegenschaft selbst und nicht solche des jeweiligen Eigentümers zu berücksichtigen; es kommt daher darauf an, ob der Bedarf aller Wahrscheinlichkeit nach auch bei jedem späteren Erwerber und Bewohner der Liegenschaft bestehen wird (SZ 67/119 = JBl 1995, 325 = NZ 1995, 110 mwN).

Rechtliche Beurteilung

Mit dieser Rechtsprechung steht die angefochtene Entscheidung im Einklang:

Die Liegenschaft der Antragsteller ist als ganzjährig bewohnbares Kleingartengebiet gewidmet. Nach § 5 Abs 1 WrKlGG müssen Kleingärten unmittelbar oder über Aufschließungswege mit einer öffentlichen Verkehrsfläche verbunden sein. § 6 Abs 1 WrKlGG setzt fest, daß Aufschließungswege mindestens 1,20 m breit sein sollen; befahrbare Aufschließungswege müssen mindestens 3 m breit sein und bei Richtungsänderungen einen äußeren Radius von 10 m zulassen. Das Gesetz unterscheidet nicht zwischen Kleingärten, die ganzjährig bewohnbar sind, und solchen, für die dies nicht zutrifft; es ist auf Flächen mit der Widmung "Grünland - Erholungsgebiet - Kleingartengebiet" und "Grünland - Erholungsgebiet - Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen" sowie auf vorübergehend kleingärtnerisch genutzte Flächen anzuwenden (§ 1 Abs 1 WrKlGG). Wenn somit ein Kleingarten durch einen 1,20 m breiten Aufschließungsweg mit dem öffentlichen Wegenetz verbunden ist, dann ist den Bestimmungen des Wiener Kleingartengesetzes Genüge getan und zwar unabhängig davon, ob der Kleingarten ganzjährig oder nur im Sommer bewohnbar ist.

Es trifft daher nicht zu, daß der im vorliegenden Fall bestehende, an seiner engsten Stelle 1,20 m breite Aufschließungsweg den gesetzlichen Bestimmungen nicht entspräche. Für die Zulässigkeit des begehrten Notwegs kommt es allein darauf an, ob die nach der öffentlich-rechtlichen Widmung der Liegenschaft zulässige und von den Antragstellern auch beabsichtigte Nutzung der Liegenschaft durch Errichtung zweier Wohnhäuser mit je 50 m**2 Grundfläche in gekuppelter Bauweise die Verbreiterung des Weges auf 3 m notwendig macht. Nach dem festgestellten Sachverhalt ist dies nicht der Fall; daran ist der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, gebunden.

Der fehlende Bedarf kann auch nicht durch eine allfällige Verpflichtung der Antragsteller aufgrund des Bescheides vom 9. 11. 1994 begründet werden. Auch wenn die Antragsteller verpflichtet wären, auf ihrem Grundstück einen 3 m breiten Aufschließungsweg anzulegen, so folgt daraus nicht, daß auch andere Grundeigentümer die gleiche Verpflichtung träfe.

Das Argument der Antragsteller, die von ihnen behauptete Verpflichtung sei für das Gericht bindend, weil auch die Annahme öffentlich-rechtlicher Hindernisse für die Einräumung eines Notwegs durch die Verwaltungsbehörde das Gericht binde, ist schon deshalb verfehlt, weil eine derartige Bindung nicht (mehr) besteht. Seit der Aufhebung der entsprechenden Bestimmung in § 9 Abs 4, § 16 Abs 6 NWG durch den VfGH (VfSlg 10.300; Kdm BGBl 1985/31) ist die Verwaltungsbehörde beim Entgegenstehen öffentlicher Rücksichten nur noch zu hören; sie kann aber nicht mehr bindend entscheiden (EvBl 1985/81; s Petrasch in Rummel, ABGB**2 § 480 Rz 8).

Die angefochtene Entscheidung ist weder nichtig noch mangelhaft. Nichtig und mangelhaft soll die Entscheidung deshalb sein, weil das Erstgericht Vorbringen und Beweismittel des als "Nebenintervenient" beigetretenen Zentralverbands der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter berücksichtigt hat. Die Verbreiterung der Entscheidungsgrundlage kann jedoch weder eine Nichtigkeit noch einen Verfahrensmangel begründen; das gilt um so mehr in einem Verfahren, in dem das Gericht die maßgebenden Verhältnisse von Amts wegen zu erheben hat (§ 12 NWG).

Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 25 Abs 1 NWG iVm §§ 40, 50 ZPO. Der Drittantragsgegnerin war für ihre Revisionsrekursbeantwortung kein Kostenersatz zuzuerkennen, weil sie auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels nicht hingewiesen hat. Der Kostenersatzanspruch des Antragsgegners setzt nämlich auch im Notwegeverfahren voraus, daß sein Einschreiten zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig war (s EvBl 1985/127; EvBl 1987/138).

2. Zum Revisionsrekurs des Zentralverbands *****.

Der Rechtsmittelwerber bekämpft die Zurückweisung seiner Rekursbeantwortung und beantragt, ihm den dafür begehrten Kostenersatz zuzuerkennen. Im übrigen läßt er den Beschluß des Rekursgerichts unangefochten. Er ist demnach durch die angefochtene Entscheidung nur insoweit beschwert, als ihm für seine Rekursbeantwortung keine Kosten zuerkannt wurden.

Das Interesse an der Änderung einer Kostenentscheidung reicht aber im Hinblick auf die Unanfechtbarkeit der Kostenentscheidungen der Gerichte zweiter Instanz (§ 528 Abs 2 Z 3 ZPO) nicht aus, um die für ein Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof notwendige Beschwer zu begründen (SZ 61/6 uva; s Kodek in Rechberger, ZPO vor § 461 Rz 9 mwN). Der Revisionsrekurs des Zentralverbands ***** war daher mangels Beschwer als unzulässig zurückzuweisen.

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