OGH 4Ob2110/96i

OGH4Ob2110/96i25.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter, sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei d***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Normann Dick und Dr.Michael Dick, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei B***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Christian Kuhn und Dr.Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 480.000), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 7.März 1996, GZ 2 R 63,64/95-13, womit die Beschlüsse des Handelsgerichtes Wien vom 31.März 1995, GZ 24 Cg 111/95x-2 und vom 2.Mai 1995, GZ 24 Cg 111/95x-8, bestätigt wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten des Revisionsrekursverfahrens endgültig, die klagende Partei hat diese Kosten vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Beide Parteien betreiben in ganz Österreich durch zahlreiche Zweigstellen den Einzelhandel mit Parfümeriewaren.

Im Februar und März 1995 ließ die Beklagte in österreichischen Tageszeitungen ganz- oder dreiviertel-seitige Inserate mit folgendem Aussehen einschalten:

Für die Neueröffnung ihrer Filiale in Altenmarkt ließ die Beklagte folgenden Prospekt auflegen:

(Vorderseite)

(Rückseite)

Mit der Behauptung, daß bei der Zeitungswerbung, mit Preisgegenüberstellungen nicht ausreichend deutlich dargestellt sei, auf welche Preise sich der Vergleich beziehe, zumal die Aufklärung in geringer Druckgröße an unauffälliger Stelle angebracht werde, begehrt die Klägerin zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Zeitungen mit Preisgegenüberstellungen, insbesondere durch Anführung eines "Statt"-Preises und einer in Prozenten angeführten Preisersparnis, zu werben, wenn nicht mit hinreichender Deutlichkeit darauf hingewiesen wird, welcher Preis zum Vergleich herangezogen worden ist, all dies insbesondere hinsichtlich der im einzelnen aufgezählten Waren.

Unter Hinweis auf das Flugblatt der Beklagten anläßlich der Eröffnung der Filiale in Altenmarkt begehrt die Klägerin zur Sicherung des gleichzeitig erweiterten Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes in Flugblättern und sonstigen Druckwerken mit Preisgegenüberstellungen, insbesondere durch Anführung eines "Statt"-Preises und einer in Prozenten angeführten Preisersparnis, zu werben, wenn nicht mit hinreichender Deutlichkeit darauf hingewiesen wird, welcher Preis zum Vergleich herangezogen wurde, all dies insbesondere hinsichtlich weiterer im einzelnen aufgezählter Artikel.

Das Erstgericht gab beiden Sicherungsanträgen statt. Der Hinweis auf die Vergleichspreise trete gegenüber der angekündigten Preisherabsetzung völlig in den Hintergrund und könne auch nur gelesen werden, wenn das Blatt um 90 Grad gedreht werde. Die Werbung verstoße daher gegen § 2 UWG.

Das Rekursgericht bestätigte beide Beschlüsse und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes (je) S 50.000,- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Augenfällig an der beanstandeten Werbung in Zeitungsinseraten sei neben der Überschrift und der Angabe des werbenden Unternehmens die Abbildung der einzelnen Waren, der (jetzige günstige) Preis in großem weißem Druck und die mit schwarzer Schrift auf einem runden gelben Feld gedruckte, in Prozenten angegebene Ersparnis. Der beanstandete "Statt"-Preis finde sich unauffällig in schwarzem Kleinstdruck unter der in weißen Blockbuchstaben aufgedruckten Bezeichnung der Waren und auch unter der - gleich klein und dünn wie der "Statt"-Preis gedruckten - näheren Beschreibung der Ware oder Angabe ihrer Packungsgröße. Die etwa gleiche Größe und Schriftart wie jene der "Statt"-Preise - schwarzer Kleinstdruck - weise der am rechten Rand von unten nach oben geschriebene Hinweis auf die Vergleichspreise auf. Dem flüchtigen Betrachter werde demnach der Hinweis auf "Statt"-Preise entgehen. Er werde lediglich die aktuellen Preise und das Ausmaß der jeweiligen prozentmäßigen Preisherabsetzung beachten. Im Hinblick auf die Überschriften "Wer mehr bezahlt, ist selber schuld" bzw "Der BIPA EU-Tiefpreis ist einzigartig! Vergleichen Sie!" sei zu folgern, daß mit Preisen von Konkurrenten verglichen werde. Mit Recht habe das Erstgericht bei dieser Sachlage im Sinne der Rechtsprechung eine mögliche Irreführung des Käuferpublikums angenommen, das durch den im Kleinstdruck vorgenommenen, um 90 Grad gedrehten Hinweis, wonach "Statt"-Preise die bisher gültigen Normalverkaufspreise seien, nicht aufgeklärt werde.

Das Werbeflugblatt stimme im wesentlichen mit den Zeitungsinseraten überein. Auch hier ließe die Überschrift "Lieber weniger ÖS als zuviel DM" und mehrere Hinweise auf einen EU-Tiefpreis an einen Vergleich mit Konkurrenten aus der Bundesrepublik Deutschland denken.

Die Überschrift auf der anderen Seite des Flugblattes "Neueröffnung:

ab 20.April '96 - um 8.00 Uhr in Altenmarkt, Hauptstr. 39" weise demgegenüber auf ein Eröffnungsangebot hin. Bei einem solchen nehme das Publikum regelmäßig an, daß die "Statt"-Preise die künftig allgemein geforderten Preise des Ankündigenden seien. Ein erheblicher Teil des Publikums werde das selbst dann annehmen, wenn der Werbende kein Einzelkaufmann, sondern eine Handelskette mit einer Vielzahl von Filialen sei. Da die Beklagte selbst ihre "Statt"-Preise als ihre bisher gültigen Normalpreise verstanden wissen wolle, liege somit jedenfalls eine Irreführung des Publikums vor.

Von einer Überschreitung des Hauptanspruches durch die zweite einstweilige Verfügung könne keine Rede sein, weil eine einstweilige Verfügung auch vor der Einleitung eines Rechtsstreites möglich ist. Bei einer Änderung des Klagebegehrens sei das Prozeßgericht zur Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung zur Sicherung des geänderten Anspruches schon dann zuständig, wenn ein Schriftsatz überreicht wird, der die Klageänderung enthält.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluß erhobene außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten ist zwar zulässig, weil eine weitere Klärung der Probleme der "Statt"-Preis-Werbung erforderlich ist; er ist aber nicht berechtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes verstößt eine Werbung mit "Statt"-Preisen dann gegen das Gesetz, wenn mangels näherer Erläuterung, welche Preise zum Vergleich herangezogen werden, eine Irreführung des Käuferpublikums möglich ist. Wegen der suggestiven Wirkung einer solchen Werbemethode ist dabei ein strenger Maßstab anzulegen und im Interesse der angesprochenen Verkehrskreise zu fordern, daß aus dem Wortlaut und dem Gesamtbild der als Einheit zu betrachtenden Ankündigung ausreichend deutlich hervorgeht, auf welche Preise jeweils zu Vergleichszwecken hingewiesen wird (ÖBl 1986, 66 - Tapetenstudio mwN; ÖBl 1989, 144 - Großer Schuhverkauf uva). Eine solche Werbung ist also in Österreich erlaubt, wenn die Umworbenen nicht irregeführt oder verunsichert werden (Fitz/Gamerith, Wettbewerbsrecht 21; ÖBl 1996, 130 - Preiß'n Kracher). Bei einer unklaren Ankündigung muß der Ankündigende die für ihn ungünstigte Auslegung gelten lassen (Fitz/Gamerith aaO 18; ÖBl 1979, 75 - V-Geburtstags- aktion; ÖBl 1984, 17 - Markisen-Preisknüller; ÖBl 1989, 144 - Großer Schuhverkauf; MR 1989, 181 - Orientteppiche; WBl 1995, 167 - Eröffnungsangebote; ÖBl 1996, 130 - Preiß'n Kracher uva).

Ein zeitlich begrenztes Angebot mit "Statt"-Preisen oder ähnlichen Wendungen ("bisher .......... jetzt"; allenfalls mit Durchstreichen des alten Preise; "bis zu 50 % reduziert") bringt freilich schon deutlich zum Ausdruck, daß auf die bisherigen (normalen-) Preise des Werbenden Bezug genommen wird (Fitz/Gamerith aaO; ÖBl 1979, 75 - V-Geburtstagsaktion; ÖBl 1979, 128 - Sport-K-Superpreise; ÖBl 1986, 66 - Tapetenstudio; ÖBl 1996, 130 - Preiß'n Kracher uva). In ÖBl 1996, 130 - Preiß'n Kracher hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, es sei allgemein bekannt und werde daher von den Kaufinteressenten bereits erwartet, daß Supermärkte, Einkaufszentren und Verkaufsketten immer wieder - oftmals sogar nur in einzelnen Filialen - (zeitlich begrenzte) Preisherabsetzungen durchführen und bei solchen Aktionen einzelne Waren oder Warengruppen verbilligt abgeben. Preisschilder oder Plakate in Geschäften, auf denen jeweils unter Bezugnahme auf einen anderen - durchge- strichenen - Preis die aktuellen neuen Preise bekanntgegeben werden, würden daher vom Publikum nur dahin verstanden, daß die durchgestrichenen Preise die früheren Preise des Werbenden sind, welche herabgesetzt wurden. Infolge dieser weitverbreiteten Praxis fehle für jede andere Deutung einer solchen Ankündigung auf Preisschildern oder Plakaten in den Geschäften, wie etwa, daß die durchgestrichenen Preise unverbindlich empfohlene Richtpreise der Markenartikel- hersteller seien, jeder Anhaltspunkt, sodaß es einer umfangreichen Gedankenoperation des Lesers bedürfte, um die Ankündigung solcher Preise annehmen zu können; dies entspreche nicht der Auffassung des Durchschnittsinteressenten. Dazu komme hier noch, daß die Beklagte mit dem Hinweis auf "Preiß'n Kracher" auf eine Preissenkung anläßlich des EU-Beitritts hingewiesen habe. Da in diesem Falle daher in der Werbung auf eigenen Regalständern oder Plakaten an der Wand eines Geschäftslokals der Beklagten keine mehrdeutige Preisankündigung erblickt werden könne, liege kein Verstoß gegen § 2 UWG vor.

Im Fall der Entscheidung ÖBl 1988, 75 - Teppich-Ausverkauf hatte die beklagte Teppichhändlerin inseriert, daß sie "neue, alte und antike Orientteppiche im Wert von mehreren Millionen Schilling bis zu 50 % reduziert" verkaufe. Darin erblickte der Oberste Gerichtshof einen hinreichend deutlichen Hinweis darauf, daß es sich bei dem "Statt-Preis um den eigenen vorher verlangten Preis handle. In MR 1989, 181 - Orientteppiche war es darum gegangen, daß die beklagte Teppichhändlerin in einem Prospekt für ihre Teppiche mit der Angabe geworben hat: "- 50 %". Sie hat also nicht mit "Statt"-Preisen im eigentlichen Sinn des Wortes geworben, sondern vielmehr in bezug auf Orientteppiche eine allgemeine prozentmäßige Preisherabsetzung angekündigt. Mangels Vorliegens besonderer Umstände konnte diese Angabe nur als die Ankündigung einer Senkung der sonst allgemein geforderten Preise dieses Unternehmens verstanden werden, zumal die Schreibweise "- x-%" jener entspricht, mit der üblicherweise Preisnachlässe zum Ausdruck gebracht werden; eine Bezugnahme auf die Preise von Mitbewerbern ist darin nicht zu erkennen. Überdies gibt es vom Hersteller unverbindlich empfohlene Richtpreise oder Listpreise für Orientteppiche nicht. Es lag daher keine irreführende Angabe vor.

Der diesmal zu beurteilende Sachverhalt ist jedoch anders beschaffen:

In den Überschriften zu den beiden Zeitungsinseraten wird deutlich auf Preise anderer Anbieter hingewiesen. Der Satz "Wer mehr bezahlt, ist selber schuld" wird vom Publikum zweifellos nicht dahin verstanden werden, daß derjenige wirtschaftlich unsinnig handelt, der früher bei der Beklagten gekauft hat; vielmehr muß der Hinweis in dem Sinn aufgefaßt werden, daß es einzig und allein vernünftig ist, bei der Beklagten und nicht bei einem ihrer Mitbewerber einzukaufen. Auch die Überschrift "Der BIPA EU-Tiefpreis ist einzigartig! Vergleichen Sie!" weist auf die Preise anderer hin (arg. "einzigartig"). Dazu kommt noch, daß die Beklagte durchwegs Markenartikel angeboten hat, also Waren, von denen das Publikum annimmt, es gebe einen empfohlenen Herstellerpreis oder Listenpreis udgl. Unter diesen Umständen ist es aber im Sinne der dargestellten Rechtsprechung geboten, daß der Händler in seinen Werbeanzeigen klarstellt, daß es sich bei den Vergleichspreisen um eigene, nicht mehr gültige Preise handelt (so auch Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht18, 968 Rz 319 zu § 3 d UWG). Diese - erforderliche - Aufklärung hat die Beklagte aber nicht in der gebotenen Deutlichkeit gegeben. Ist nämlich der Hinweis über den Charakter des Vergleichspreises - wie hier - in ganz kleinen Druck senkrecht zur Einschaltung gebracht, dann ermöglicht das eine Irreführung des Publikums (ÖBl 1982, 71 - Botschafts-Ausfolgescheine).

Im Werbeflugblatt warb die Beklagte für ihre neueröffnete Filiale in Altenmarkt. Bei Eröffnungsangeboten nimmt das Publikum regelmäßig an, die "Statt"-Preise seien die künftigen allgemein geforderten Preise des Ankündigenden (ÖBl 1977, 10 - Preisgegenüberstellung bei Eröffnungsaktion; ÖBl 1986, 66 - Tapetenstudio; WBl 1995, 167 - Eröffnungsangebote ua). Würde man entgegen dem Standpunkt der Beklagten die Meinung vertreten, daß dies auch für die Neueröffnung der Filiale einer Handelskette gelte, dann wäre ihre Werbung deshalb zu beanstanden, weil - wie sich aus dem, gleichfalls wenig deutlichen aufklärenden Hinweis auf der Rückseite ergibt - die "Statt"-Preise in Wahrheit die "bisher gültigen Normalpreise" waren. Aber selbst wenn man sich der Auffassung der Beklagten anschließen wollte, daß "Statt"-Preise in einem Eröffnungsangebot der Filiale einer Handelskette im allgemeinen als die üblichen Preise dieser Handelskette zu verstehen seien, wäre für die Beklagte nichts zu gewinnen:

Die Aufmachung des beanstandeten Werbeflugblattes mit der großen Überschrift "Lieber weniger ÖS, als zuviel DM" enthält - wie die Beklagte selbst einräumen muß (S. 93) - eine für einen großen Teil des Publikums deutlich erkennbare Anspielung auf die Klägerin als ihre Mitbewerberin. Wird dann außerdem noch der herabgesetzte Preis als EU-Tiefpreis bezeichnet, dann kann das zumindest einen nicht unbeträchtlichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise zur Überzeugung bringen, die Vergleichspreise seien jene der Klägerin (oder die sonst üblicherweise für die entsprechenden Artikel verlangten Preise).

Mit Recht haben daher die Vorinstanzen beiden Sicherungsanträgen stattgegeben.

Der Ausspruch über die Kosten der Beklagten gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 40, 50 Abs 1, § 52 ZPO, jener über die Kosten der Klägerin auf § 393 Abs 1 EO.

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