OGH 4Ob197/97t

OGH4Ob197/97t7.7.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. K*****gesmbH & Co KG, 2. M***** GmbH & Co KG, 3. K***** GesmbH, 4. M***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Christian Ebert und Dr.Thomas Huber, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei V***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Lothar Wiltschek, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Urteilsveröffentlichung und Entschädigung (Streitwert im Provisorialverfahren S 350.000), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 15.Mai 1997, GZ 1 R 72/97h-11, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Parteien wird gemäß §§ 402 Abs 4, 78 EO iVm § 526 Abs 2 Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Tatsachen im Sinn des § 7 Abs 1 UWG (und des § 1330 Abs 2 ABGB) sind - im Gegensatz zu objektiv nicht überprüfbaren Werturteilen, welche erst aufgrund einer Denktätigkeit gewonnen werden und eine rein subjektive Meinung des Erklärenden wiedergeben - Umstände, die ihrer allgemeinen Natur nach objektiv überprüfbar sind (stRspr SZ 60/255; ÖBl 1993, 84 und 1994, 111; Korn/Neumayr Persönlichkeitsschutz im Zivil- und Wettbewerbsrecht 26 ff). Die Richtigkeit der verbreiteten Äußerung muß grundsätzlich einem Beweis zugänglich sein, so daß das Verbreiten nicht nur subjektiv angenommen oder abgelehnt, sondern als richtig oder falsch beurteilt werden kann (MR 1993, 14; ÖB 1994, 111). Der Begriff der Tatsachenbehauptung ist nach Lehre und Rechtsprechung weit auszulegen (ÖBl 1993, 84 und ÖBl 1994, 111); selbst rein subjektive Auffassungen wiedergebende Urteile gelten als Tatsachenmitteilung ("konkludente Tatsachenbehauptung"), wenn sie greifbare, einem Beweis zugängliche Vorgänge zum Gegenstand haben und von einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Empfänger in diesem Sinn aufgefaßt werden (ÖBl 1991, 58 und 1993, 84). Daß das Verhalten eines Dritten aufgrund eigener gedanklicher Tätigkeit interpretiert und einer wertenden Stellungnahme unterzogen wird, schließt daher das Vorliegen einer Tatsachenmitteilung noch nicht aus (ÖBl 1994, 111).

Selbst wenn man bei Anwendung dieser Grundsätze entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes die hier zu Punkt a 5) beanstandete Aussage, die "Krone" pfusche durch eventuell kritische Berichterstattung in Sachen Tunnel der SPÖ und ÖVP nicht drein", als "konkludente Tatsachenbehauptung" im Sinn einer wertenden Schlußfolgerung beurteilt, hätte dies auf das Verfahrensergebnis keinen Einfluß. Der durchschnittliche Leser kann der Äußerung, wonach die Klägerin durch eventuell kritische Berichterstattung der SPÖ und ÖVP nicht "dreinpfusche", entnehmen, daß die Klägerin bemüht ist, eine kritische Berichterstattung über das Tunnelprojekt in der Steirer Krone zu vermeiden und die politische Auffassung der Mehrheitsparteien zu unterstützen. Gerade dies ist nach dem bescheinigten Sachverhalt der Fall, die inkriminierte Aussage ist somit nicht unwahr.

Die Auffassung des Rekursgerichtes, wonach die Beklagte die Wahrheit der zu den Punkten a 2), a 3) und a 4) inkriminierten Aussagen bescheinigt hat und keiner dieser Vorwürfe im Sinn einer unnötigen Herabsetzung gegen § 1 UWG verstoße, ist angesichts des als bescheinigt angenommenen Sachverhalts nicht zu beanstanden. Der Wahrheitsbeweis ist nach ständiger Rechtsprechung schon dann als erbracht anzusehen, wenn er den Inhalt der Mitteilung im wesentlichen bestätigt (ÖBl 1992, 71 und 133). Daß Zeitungen für oder gegen Projekte eintreten und dementsprechend Stimmung machen, ist keineswegs ungewöhnlich, der hier erhobene Vorwurf verstößt schon deshalb nicht gegen § 1 UWG.

Die Auffassung des Rekursgerichtes, wonach der Aussage der Beklagten, die Medien würden zunehmend zum Spielball politischer Interessen, ein ausdrücklicher Bezug auf die Klägerin nicht entnommen weden kann und diese Aussage aus ihrem Gesamtzusammenhang als Werturteil zu verstehen ist, steht mit der eingangs wiedergegebenen Rechtsprechung in Einklang. Sie ist nicht zu beanstanden, gibt doch die Behauptung der Beklagten ihre aufgrund einer Denktätigkeit gewonnene rein subjektive Auffassung wieder (ÖBl 1992, 47 - Opernball - Demo I).

Gleiches gilt für die zu Punkt a 6) inkriminierte Aussage, es möge zwar im Sinn der großzügigen steirischen Politiker sein, sich das Stillschweigen von Österreichs auflagenstärkster Tageszeitung durch einige Steuermillionen zu sichern, die Steirer würden dadurch aber bloß hinters Licht geführt. In der Auffassung des Rekursgerichtes, es handle sich dabei um ein politische Wertung mit dem Ziel der Meinungsbildung, stellt keine auffallende, die Rechtssicherheit gefährdende Fehlbeurteilung dar, kann doch ein und dieselbe Äußerung je nach dem Zuammenhang, in den sie gestellt wird, unter den Begriff der Tatsachenbehauptung oder unter den Begriff des Werturteiles fallen. Entscheidend ist hiebei, wie die Äußerung von einem nicht unerheblichen Teil der Empfänger verstanden wird. Daß aber ein nicht unerheblicher Teil der Leser diese Äußerung aus ihrem Gesamtzusammenhang als Anprangerung eines politischen Mißstandes mit dem Ziel der Meinungsbildung verstehen konnte, ist nicht zweifelhaft.

Diese Erwägungen führen zur Zurückweisung des außerordentlichen Revisionsrekurses.

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