Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil, das in seinem Ausspruch über das Unterlassungsbegehren als unbekämpft unberührt bleibt, wird im übrigen dahingehend abgeändert, daß es einschließlich seines unbekämpften und bestätigten Teiles insgesamt wie folgt zu lauten hat:
1. Die beklagte Partei ist schuldig, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, Textilwaren der Marke "BLEIFREI" durch Preisvergleich mit "Anstatt-Preisen" unter Bezugnahme auf die Normalpreise in Vertriebsstellen anzubieten, in denen ein Normalpreisverkauf nicht oder nicht eine angemessene Zeit lang stattgefunden hat.
2. Die Klägerin wird ermächtigt, den stattgebenden Teil des Urteilsspruches binnen drei Monaten nach Rechtskraft auf Kosten der beklagten Partei österreichweit im Textteil einer Sonntagsausgabe der Tageszeitung "Kronen Zeitung" mit Normallettern in Fettdrucküberschrift, Fettdruckumrandung und gesperrt geschriebenen Prozeßparteien veröffentlichen zu lassen.
3. Die Mehrbegehren, die Klägerin zu ermächtigen, die im Punkt 2 näher bezeichnete Urteilsveröffentlichung auch in den Sonntagsausgaben der Tageszeitungen "Kurier" und "Täglich Alles" zu veröffentlichen und
es werde der beklagten Partei gegenüber festgestellt, daß diese der klagenden Partei gegenüber für sämtliche bereits entstandenen und in Hinkunft noch auftretenden Schäden aus einem wettbewerbswidrigen Verhalten beim Verkauf von Textilwaren unter der Marke "BLEIFREI" haftet,
werden abgewiesen.
Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin nachstehende anteilige Kosten zu ersetzen:
an Kosten des Verfahrens erster Instanz S 16.557,70 (darin S 1.532,20 Umsatzsteuer und S 7.364,50 Barauslagen),
an Kosten des Berufungsverfahrens S 14.752,98 (darin S 627,33 Umsatzsteuer und S 10.989,- Barauslagen).
Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit S 11.907,-
bestimmten anteiligen Kosten der Revisionsbeantwortung (darin S 1.984,50 Umsatzsteuer) zu ersetzen.
Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 795,- bestimmten anteiligen Barauslagen des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin handelt mit Textilien der Marke "BLEIFREI". Die Beklagte betreibt in Österreich Einzelhandelsgeschäfte für Modewaren. Sie erwarb über einen Zwischenhändler größere von der Klägerin am 1.7.1994 exportierte Restposten, reimportierte diese und brachte die Waren sodann in ihre Filialen in Neunkirchen, Feldbach, Steyr, Wolfsberg und Spittal/Drau, in welchen sie zunächst Jeans zum Preis von 998 S, Jeans-Gilets zum Preis von 898 S, Sweater zum Preis von S 698 und T-Shirts zum Preis von 298 S anbot. Ab 17.7.1994 warb sie in Flugblättern mit der Überschrift "Marken-Jeans zu Superpreisen! BLEIFREI" für die obgenannten Filialen mit folgenden Preisgegenüberstellungen:
"Colour-Jeans für Damen und Herren statt 998,- 299,-
Jeans-Gilets statt 898,- 299,-
Sweater statt 698,- 299,-
T-Shirs statt 298,- 99,-.
Die angeführten "Statt"-Preise sind unsere normalen Verkaufspreise".
Die Klägerin begehrte Unterlassung dieses Preisvergleiches mit "Anstatt-Preisen" unter Bezugnahme auf die Normalpreise in Vertriebsstellen, in denen ein Normalpreisverkauf von Textilwaren der genannten Marke nicht stattgefunden habe. Neben einem mittlerweile rechtskräftig zuerkannten, auf § 2 UWG gestützten Unterlassungsanspruch begehrt die Klägerin die Feststellung, wonach ihr die Beklagte für sämtliche bereits entstandenen und in Hinkunft noch auftretenden Schäden aus ihrem wettbewerbswidrigen Verhalten beim Verkauf von Textilien der Marke "BLEIFREI" hafte. Ferner begehrt sie die Ermächtigung zur Veröffentlichung des stattgebenden Teiles des Urteilsspruches österreichweit jeweils im Textteil von Sonntagsausgaben der Tageszeitungen "Kronen Zeitung", "Kurier" und "Täglich alles".
Der von ihr durch die wettbewerbswidrige Werbung der Beklagten erlittene Schade könne in seiner gesamten Reichweite derzeit noch nicht übersehen werden, ein erheblicher Schade sei jedoch in jedem Fall bereits jetzt eingetreten. So hätten Kunden der Klägerin mehrfach angekündigt, die geschilderte Werbeaktion zum Anlaß für eine Stornierung getätigter Bestellungen und Abstand von künftigen Bestellungen zu nehmen. Stornierungen seien auch tatsächlich erfolgt. Die Aktion der Beklagten habe einen Umsatzrückgang bewirkt.
Die Beklagte beantragt Abweisung der Klagebegehren.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab.
Das Berufungsgericht gab dem Unterlassungsbegehren statt. Die weiteren Begehren auf Feststellung und Urteilsveröffentlichung wies es ab. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Dem Feststellungsbegehren fehle mangels jeglicher Konkretisierung die Eignung, künftige Unsicherheiten aus dem Weg zu räumen. Es richte sich lediglich auf die Feststellung abstrakter Rechtsfolgen eines rechtswidrigen Verhaltens. Ein rechtliches Interesse der Klägerin sei nicht gegeben.
Auch das Veröffentlichungsbegehren sei nicht berechtigt. Die Klägerin sei ihrer Behauptungspflicht nicht nachgekommen und habe nicht dargetan, daß ein Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit noch besteht und mit welchen Mitteln ihm entsprochen werden könne. Insbesondere habe sie nicht ausgeführt, warum eine Veröffentlichung österreichweit in den Sonntagsausgaben dreier Tageszeitungen erforderlich sein sollte.
Das Berufungsurteil ist in seinem Ausspruch über das Unterlassungsbegehren in Rechtskraft erwachsen.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen die Abweisung des Feststellungs- und Veröffentlichungsbegehrens gerichtete außerordentliche Revision der Klägerin ist zulässig, weil das Berufungsgericht zu Unrecht davon ausgegangen ist, daß die Klägerin ihrer Behauptungs- und Beweispflicht im Hinblick auf das Veröffentlichungsbegehren nicht nachgekommen sei. Sie ist auch teilweise berechtigt.
Der in § 2 UWG normierte Schadenersatzanspruch setzt die Behauptung eines konkreten, durch die Werbemaßnahme der Beklagten verursachten und verschuldeten Schadens voraus (ÖBl 1967, 66), wobei leichte Fahrlässigkeit der Handelnden genügt (Fitz/Gamerith Wettbewerbsrecht2 88; ÖBl 1960, 14).
Voraussetzung jedes Feststellungsbegehrens ist das von Amts wegen zu prüfende rechtliche Interesse der Klägerin an der alsbaldigen Feststellung. Es ist dann zu verneinen, wenn die Klägerin bereits eine Leistungsklage erheben kann, deren Erfolg die begehrte Feststellung erübrigt (Rechberger ZPO Rz 11 zu § 228). Soweit nun die Klägerin eine Haftung der Beklagten für bereits entstandene Schäden (nach ihrem Vorbringen handelt es sich dabei um schon eingetretene Umsatzrückgänge) festgestellt haben will, fehlt ihr somit das rechtliche Interesse; sie hätte auf Leistung klagen müssen (ÖBl 1967, 66; Rechberger aaO Rz 11 zu § 228).
Die Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden ist nach ständiger Rechtsprechung nur zulässig, soweit bereits ein Schade eingetreten ist und die Möglichkeit zukünftiger weiterer Schäden besteht (ÖBl 1967, 66). Auch das Feststellungsbegehren unterliegt dem Bestimmtheitserfordernis des § 226 ZPO.
Das Begehren der Klägerin ist auf die Feststellung der Haftung der Beklagten aus einem "wettbewerbswidrigen Verhalten beim Verkauf von Textilien unter der Marke "BLEIFREI"" gerichtet und läßt die erforderliche Konkretisierung bezogen auf die vorliegende Verletzungshandlung und den der Klägerin dadurch entstandenen Schaden vermissen. Die Auffassung des Berufungsgerichtes, wonach die Fassung des Feststellungsbegehrens zu unbestimmt und damit nicht geeignet ist, künftige Unsicherheiten zu beseitigen (vgl Rechberger aaO Rz 11 zu § 228), ist daher nicht zu beanstanden.
Die Beklagte hat schon in ihrer Klagebeantwortung auf die mangelhafte Fassung des Feststellungsbegehrens hingewiesen, so daß es einer weiteren Anleitung und Aufklärung der anwaltlich vertretenen Klägerin nicht bedurfte.
Die Vorinstanzen haben daher das Feststellungsbegehren zu Recht abgewiesen.
Hingegen ist das auf § 25 Abs 3 UWG gestützte Veröffentlichungsbegehren teilweise berechtigt.
Zur Begründung ihres Begehrens auf Urteilsveröffentlichung brachte die Klägerin vor, die massiven und im gesamten Bundesgebiet erfolgten Wettbewerbsverletzungen rechtfertigten die Veröffentlichung des Unterlassungsanspruches in den Sonntagsausgaben dreier Tageszeitungen. Sie berief sich auf vorgelegte Urkunden und Parteienvernehmung. Schon aus ihrem Tatsachenvorbringen zur rechtswidrigen Handlung (Vornahme einer Werbeaktion mittels Flugblattes in mehreren Bundesländern Österreichs) ergibt sich, welche Verbreitung die Werbemaßnahme der Beklagten erfuhr. Die Klägerin ist damit entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ihrer Behauptungs- und Beweislast nachgekommen (vgl Ciresa Handbuch der Urteilsveröffentlichung Rz 259).
Die gesetzlichen Regelungen über die Urteilsveröffentlichung beruhen auf dem Gedanken, daß es häufig im Interesse der Allgemeinheit liegt, unlautere Wettbewerbshandlungen in aller Öffentlichkeit aufzudecken und die beteiligten Verkehrskreise über die wahre Sachlage aufzuklären. Die Urteilsveröffentlichung soll vor allem das Publikum aufklären und einer Weiterverbreitung unrichtiger Ansichten entgegenwirken (ÖBl 1980, 73 - Nerzölcreme "Mona Lisa"). Die Berechtigung des Begehrens auf Urteilsveröffentlichung hängt somit davon ab, ob an der Aufklärung des Publikums im begehrten Ausmaß ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin besteht; das hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu prüfen (ÖBl 1980, 73 - Nerzölcreme "Mona Lisa" mwN). Bei der dabei vorzunehmenden Interessenabwägung sind den Interessen dessen, dem das Recht auf Urteilsveröffentlichung zugesprochen wird und dem Interesse der beteiligten Verkehrskreise an der Aufklärung ausgewogen Rechnung zu tragen (EB zu Z 12 der Regierungsvorlage zur UWG-Novelle 1980, 249 BlgNR 15.GP, 7).
Für die Beurteilung, ob die Urteilsveröffentlichung notwendig ist, ist der Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz maßgebend (ÖBl 1980, 73 - Nerzölcreme "Mona Lisa" mwN; ÖBl 1986, 68; Ciresa aaO Rz 266). Daß zu diesem Zeitpunkt ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin an der Aufklärung der durch die Flugblattaktion der Beklagten irreführend informierten Öffentlichkeit noch bestand, ist im vorliegenden Fall nicht fraglich, werden doch die von der Klägerin angeführten, mit der Werbeaktion der Beklagten verbundenen Nachteile (Umsatzverluste durch Stornierungen) in aller Regel noch weiter wirken. Eine Aufklärung der Öffentlichkeit erscheint daher nach wie vor zielführend.
Das in § 25 Abs 3 UWG geforderte "berechtigte Interesse" an der Urteilsveröffentlichung bezieht sich aber nicht nur auf die Frage, ob grundsätzlich eine Befugnis zur Urteilsveröffentlichung erteilt werden kann, sondern auch auf die Art der Veröffentlichung (das sind deren Modalitäten) und deren Ausmaß (Ciresa aaO Rz 134 und 210).
Die Verbreitung der wettbewerbswidrigen Aussage im Wege von Flugblättern an verschiedenen Orten in vier Bundesländern Österreichs rechtfertigt die Urteilsveröffentlichung in der Sonntagsausgabe einer bundesweit vertriebenen Tageszeitung. Allerdings erlangte der Gesetzesverstoß der Beklagten keine so breite Publizität, daß eine Veröffentlichung in drei Tageszeitungen gerechtfertigt wäre. Nach der Art des Wettbewerbsverstoßes erscheint die Veröffentlichung in nur einer auflagenstarken Tageszeitung ausreichend, um den damit verfolgten Zweck der Aufklärung der in Irrtum geführten Verkehrskreise zu erfüllen.
In teilweiser Stattgebung der Revision war daher dem Veröffentlichungsbegehren in diesem Umfang Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 43 Abs 1 und 50 Abs 1 ZPO. Die Klägerin hat im ersten Verfahrensabschnitt (Verfahren erster Instanz und Berufungsverfahren) mit ihrem Unterlassungsbegehren und einem Teil des Veröffentlichungsbegehrens obsiegt und ist mit dem Feststellungsbegehren unterlegen. Der Prozentsatz ihrer Obsiegens entspricht 55 % des gesamten Streitgegenstandes. Die Beklagte hat der Klägerin somit 10 % der Prozeßkosten dieses Abschnittes und 55 % der in diesem Verfahrensabschnitt angefallenen Barauslagen zu ersetzen. Im Revisionsverfahren obsiegte die Klägerin lediglich mit einem mit 20.000 S zu bewertenden Anteil des Veröffentlichungsbegehrens, dies entspricht 1/20 des gesamten mit S 450.000 bewerteten Entscheidungsgegenstandes des Revisionsverfahrens. Die Klägerin hat der Beklagten somit 9/10 der Kosten der Revisionsbeantwortung, die Beklagte der Klägerin 1/20 ihrer Barauslagen im Revisionsverfahren zu ersetzen. § 43 Abs 2 ZPO war zugunsten der Beklagten nicht anzuwenden, da die Kosten des Revisionsverfahrens zu einem erheblichen Teil durch die Geltendmachung dieses Teilanspruches auf Urteilsveröffentlichung veranlaßt wurden.
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